Archiv der Kategorie: Politik Gesellschaft

Bemühungen eines Bürgers, der sich um unsere Demokratie bemüht mit meine Stellungnahme

Lieber Herr Sommer,

viel schlimmer ist, dass Politiker, die ihrer Vernunft gehorchen und in der Lage sind, richtige logische Schlüsse zu ziehen, in Populismuszeiten keine Chance mehr haben, gewählt zu werden. Das gilt auch für die Bereitschaft, längere Abhandlungen zu lesen, selbst dann, wenn sie volkswirtschaftlich sinnvoll und wohlstanderhaltend sind. Auch Moderationen über 2 bis 3 Minuten nimmt die Schwarmintelligenz der Deutschen nicht mehr wahr – außer einer Bürger-Elite, die mit Vernunft betonten Ideen kaum Chancen bekommen. Selbst die Wissenschaft wird durch das Füllhorn der staatlichen Unterstützungen korrumpiert, und zum political correctness gedrängt. Das geht leider quer durch alle Parteien.

Früher habe ich geglaubt, Demokratie wäre in der Lage, Probleme zu lösen. Leider aber ist die ausgeartet in die Verfolgung von emotionalen, einseitigen Lösungen, wobei nur die Vielfalt zum Ziel führen würde. Als Beispiel nenne ich das Elektro-Auto. In Deutschland ist es überflüssig wie ein Kropf, aber dem unbedarften Bürger wird klargemacht, hinten kommt kein Abgas raus, also rettet es das Klima. Einzelne Personen bestimmen dann die Scene, wie Elon Musk, der für Kalifornien notwendige Elektro-Autos entwickelt hat, die Städte würden sonst im Smog ersticken. Das gilt besonders für die chinesischen Städte. Nachweislich ist das E-Auto ökologisch nicht zielführend, wird aber auch von der Presse zum Goldstandard erhoben. Nebenwirkungen und Risiken werden PR-Tricks völlig unterdrückt. Die florierende deutsche Automobil-Industrie ist darauf reingefallen, weil die EU ja den auf Eingaben deutscher Politiker nicht das einzelne Auto im Verbrauch reduzieren will, sondern auf den sogenannten Flottenverbrauch setzt. Fälschlicher Weise wird ein E-Auto als CO2-neutral gezählt und reduziert den durchschnittlichen Flottenverbrauch, damit die großen SUVs weiter verkauft werden können, die kurzfristig maximal fünf Jahre den Profit garantieren. Das wird von allen Parteien gut geheißen – außer der AFD, deren Aufkommen von allen Demokraten mit Recht als Katastrophe empfunden wird.

Ich schreibe Ihnen nur, weil ich Ihr gutgemeintes und wertvolles Engagement etwas eingrenzen möchte. Unserer Demokratie geht es nicht gut. Die dahinter stehende Selbstorganisation eines Volkes durch freie Demokratie wird immer mehr eingeengt. Corona ist nur ein Beispiel, aber auch der Tatsache geschuldet, dass der Bildungsstand unseres Volkes in Sachen Naturwissenschaften einen Tiefpunkt erreicht. Verschwörungstheoretiker aller Arten überdecken jegliche Art von Vernunft. Vielleicht können Sie das einmal in Ihren Kommentaren und Bemühungen einfließen lassen.

Ansonsten Hochachtung

(Wegen Makuladegeneration kann ich nicht mehr lesen und schreiben, aber diktieren. Bitte nehmen Sie mir gelegentliche Verständnis-Irritationen nicht übel)

Jean Pütz

(Demokratie Plus) – Am 26. September 2021 ist es wieder so weit. Ich freue mich jetzt schon darauf. Sie gehört zu den Ritualen von Wahlen ebenso wie Umfragen, Hochrechnungen und Straßeninterviews.

Die „Elefantenrunde“.

Niemand weiß genau, wer wann diesen Begriff prägte. Es gibt sie seit über einem halben Jahrhundert, mit im Grunde immer gleichem Konzept: Am frühen Wahlabend versammelt sich die Runde der Vorsitzenden aller im Bundestag vertretenen Parteien in einem Fernsehstudio und interpretiert die Wahlergebnisse.

Das ist schon allein deshalb immer wunderschön anzuhören, weil fast jedes Mal fast alle Parteien die Wahl im Grunde gewonnen haben – glaubt man deren Protagonist*innen. Es gab schon Abende, an denen ein (noch) amtierender Bundeskanzler als Einziger im Raum nicht realisieren wollte, dass seine Zeit abgelaufen war.

Köstlich klingen auch die in Variationen immer wieder dargebrachten Erklärungen, warum denn die reine Prozentzahl so enttäuschend ausfiel, wo doch im Grunde die übergroße Mehrheit der Wählerinnen und Wähler die Position der jeweiligen Partei teilen würde.

Meist seien die angeblich gerade an diesem Tag zu Hause geblieben. Wahlweise wegen zu guten oder zu schlechten Wetters, wegen der falschen Annahme, die Wahl sei ohnehin schon gewonnen oder verloren oder aus anderen, oft überraschend kreativen Gründen.

Eine krachende Wahlniederlage wird zumeist damit begründet, dass man seine – zweifellos klugen und mehrheitsfähigen Positionen – nicht genügend „vermitteln“ konnte.

Faktisch nie hört man den Satz: „Wir haben die Wahl verloren, weil die große Mehrheit der Wähler*innen unsere Ziele nicht teilt.“

Das ist tatsächlich nicht der politischen Rhetorik geschuldet, sondern einer Variante des Phänomens der verzerrten Wahrnehmung.

In der vergangenen Woche sprachen wir über die egocentric bias – kurz gesagt, die Überschätzung der eigenen Bedeutung für Prozesse und Ergebnisse. Wir haben gesehen, dass ein kluger Umgang mit diesem Phänomen zum Beispiel in Beteiligungsprozessen durchaus eine positive Wirkung haben kann.

Heute wollen wir uns eine andere Ausprägung dieser Verzerrung genauer anschauen.

Wir Menschen neigen nicht nur dazu, unsere eigene Rolle (im Positiven wie im Negativen) überzubewerten. Das gilt auch für unsere Sicht auf die Wirklichkeit. Wir glauben in der Regel nicht nur, dass wir Recht haben, wir glauben auch, dass weit mehr Menschen unsere Meinung teilen, als dies der Fall ist.

Verantwortlich dafür sind mehrere Effekte, die zwei wichtigsten sind das Phänomen der Verfügbarkeitsheuristik und die so genannte Bestätigungsverzerrung: die confirmation bias.

Letztere besagt im Grunde, dass wir aus einer Fülle von Informationen tendenziell intensiver jene wahrnehmen, die unsere Meinung bestätigen. Wir bevorzugen also, was uns bestätigt, indem

  • passende Informationen besser in Erinnerung bleiben,
  • passende Informationen höher gewertet werden als gegensätzliche,
  • Informationsquellen für unpassende Informationen gemieden werden.

Das allein verzerrt bereits unsere Wahrnehmung. Dazu kommt, wie wir diese – bereits vorselektierten – Informationen interpretieren.

Hier kommt die Verfügbarkeitsheuristik ins Spiel: Wir bewerten die Wahrscheinlichkeit von Ereignissen je nach ihrer Verfügbarkeit.

Wenn ein Ereignis besonders spektakulär ist, wenn wir davon besonders viel in den Medien lesen, dann halten wir es für besonders häufig.

Und das gilt eben auch für Meinungen. Wir nehmen tendenziell eher zur Kenntnis, was uns bestätigt. Und wir neigen zusätzlich dazu, diese Bestätigungen auch noch für besonders repräsentativ zu halten.

Genau das ist das Geschäftsmodell der Sozialen Medien. Die dortigen Algorithmen checken für uns genau nach diesen Kriterien. Inhalte, die mit unseren Vorlieben korrespondieren, bekommen wir besonders häufig angezeigt, andere werden ausgeblendet. So wirken sie quasi als Katalysator und fügen dieser Verzerrung eine weitere Ebene hinzu:

Wir bekommen ein vorgefiltertes Abbild der Welt präsentiert, selektieren selbst noch einmal und das, was am Ende übrig bleibt, wird dann auch noch verallgemeinert.

Geht es um ganz unbequeme Wahrheiten, so steht am Ende dieser Verzerrungskette dann auch schon mal eine glatte Leugnung der Wirklichkeit. Der Klimawandel ist dann nur ein Fake, Corona eine Erfindung von Bill Gates und Flüchtlinge sind nur hier, um unsere Töchter zu vergewaltigen.

So extrem scheitert die Wirklichkeit nur an wenigen Menschen, aber wir alle sind von den Verzerrungen nicht gefeit. Wir alle unterliegen ihnen – in unterschiedlicher Intensität.

So entsteht am Ende des Tages gesellschaftliche Spaltung, durch Selbstbestätigungsblasen, deren Mitglieder nicht mehr in der Lage sind, mit Anderen wertschätzend zu diskutieren – die es ihnen ja auch nicht leicht machen, weil ihre Blase ihnen eine ganz andere Wirklichkeit vorspiegelt und möglicherweise beide davon überzeugt sind, die Meinung der „schweigenden Mehrheit“ zu teilen.

Schlimm? Sicher. Unlösbar? Keinesfalls. In der kommenden Woche schauen wir uns gemeinsam an, wie wir diese Verzerrungen in Diskursen – und in Beteiligungsprozessen – nicht nur berücksichtigen, sondern tatsächlich austricksen können.

Herzlichst, Jörg Sommer 

Mittelstands-Pleiten häufen sich wegen Mainstream-Klimarettungs-Politik

Monatelang wurde gestritten, in der letzten Juniwoche schließlich stimmte der Bundestag der Carbon-Leakage-Verordnung zum Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) zu. Am Mittwoch beschloss auch das Bundeskabinett die Regelung. „Carbon Leakage“ bezeichnet die Produktionsverlagerung ins Ausland aufgrund von CO2-Kosten. Genau diesen Effekt soll die Verordnung verhindern.

Doch sie bleibt weit hinter den Erwartungen der Unternehmen zurück. Die Hoffnungen Tausender Firmen des industriellen Mittelstands, die Regierungskoalition aus Union und SPD würde den Entwurf des Bundesumweltministeriums noch an entscheidenden Stellen nachbessern, haben sich nicht erfüllt.

Ihn beschleiche Resignation, „weil man schon heute klar vorausberechnen kann, dass man trotz aller Anstrengungen und trotz jahrhundertelanger erfolgreicher Arbeit wegen der politischen Rahmenbedingungen am Standort Deutschland kaum noch bestehen kann“, sagte Volker Schulte, technischer Leiter und Prokurist der Olsberg GmbH im Sauerland, dem Handelsblatt. „So eine kopflose und desaströse Politik haben die energieintensiven deutschen Mittelständler nicht verdient“, sagte Schulte.

In dem 1577 gegründeten Unternehmen sind zwei Eisengießereien betroffen, eine davon am Hauptsitz des Unternehmens in Olsberg, die andere in Königshütte in Sachsen-Anhalt. In Olsberg arbeiten 150 Menschen in der Gießerei, in Sachsen-Anhalt 50.

1500 Unternehmen mit Kompensationsansprüchen
Mit dem CO2-Preis sollen Investitionen in klimafreundliche Technologien gefördert werden. Das gilt für den privaten Bereich wie für Unternehmen. Die Gastherme im Heizungskeller soll durch eine elektrische Wärmepumpe ersetzt werden, der Verbrenner-Pkw durch ein E-Auto. Unternehmen sollen erdgas- oder kohlebefeuerte Anlagen durch strom- oder wasserstoffbasierte Verfahren ersetzen. Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb mit Ländern stehen, in denen es vergleichbare Belastungen nicht gibt, sollen eine Kompensation erhalten.

Nach Angaben der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt), die beim Umweltbundesamt (UBA) angesiedelt ist, sind etwa 1500 Unternehmen berechtigt, die Kompensation in Anspruch zu nehmen. Das voraussichtliche Kompensationsvolumen beziffert die DEHSt für 2021 auf 274 Millionen Euro, für 2022 auf 329 Millionen Euro.

Doch die Kompensation ist knapp bemessen. „Wir bekommen eine Kompensation in Höhe von 26 Prozent der Kosten, die der CO2-Preis bei uns auslöst. 50 bis 80 Prozent dieser Kompensation müssen wir in Klimaschutzmaßnahmen investieren“, kritisierte Schulte. „Wir bleiben auf 74 Prozent der Kosten sitzen. Das frisst die Umsatzrendite annähernd auf“, sagte er. „Unsere Wettbewerber in Europa kennen die Kostenlast, die das BEHG verursacht, nicht. Sie stehen im Ringen um Aufträge künftig deutlich besser da als wir.“

Die Olsberg-Gießereien sind kein Einzelfall. Dem Handelsblatt liegen Berechnungen für einzelne Unternehmen vor, denen zufolge die CO2-Kosten die Umsatzrendite sogar übersteigen. Das gilt bereits ab einem CO2-Preis von 25 Euro. Mit dem geplanten Anstieg des CO2-Preises wachsen die wirtschaftlichen Probleme deutlich.

Eine praktikable Alternative steht nicht zur Verfügung
Gibt es für die Olsberg-Gießereien einen Ausweg? Die Gießereien des Unternehmens werden mit Öfen betrieben, die mit Kokskohle befeuert werden. Könnte das Unternehmen nicht einfach auf das deutlich weniger CO2-intensive Erdgas umsteigen?

Schulte ist skeptisch: „Es ist für uns nicht leicht, Alternativen zu Koks zu finden. Wir brauchen Temperaturen von 1540 Grad Celsius, den Kohlenstoff zum Aufkohlen des Eisens und die reduzierende Atmosphäre im Ofen für den Einsatz auch geringerwertiger Schrotte“, sagte der promovierte Ingenieur. Das lasse sich mit einem erdgasbetriebenen Ofen nicht erreichen. „Das funktioniert nicht einmal auf der Ebene technischer Versuche.“

Wäre Strom eine Alternative? Grundsätzlich kommt ein Induktionsofen in Betracht, der mit Strom betrieben wird. „Wir würden dann an Recyclingfähigkeit einbüßen, mehr Strom verbrauchen als die gesamte Stadt Olsberg und beim aktuellen Strommix in Deutschland kaum weniger CO2 ausstoßen als aktuell“, sagte Schulte.

Tausende Unternehmen bekommen gar keine Kompensation
Außerdem gehe bei strombasierten Hochtemperaturprozessen der Effizienzvorteil von Strom verloren. „Es wäre also sinnvoll, den Strom zunächst für die Elektromobilität oder für den Betrieb von Wärmepumpen im Gebäudesektor einzusetzen. Sollte es dann in einigen Jahren tatsächlich gelungen sein, Strom aus erneuerbaren Quellen im Übermaß zur Verfügung zu haben, könnte er auch für Hochtemperaturprozesse in der Industrie eingesetzt werden“, sagt Schulte. Aber bis dahin dürfte es seiner Meinung nach noch ein weiter Weg sein.

Neben Fälle mit einer aus Sicht der Unternehmen unzureichenden Kompensation treten Tausende Fälle von Firmen, die gar keinen Ausgleich erhalten, obwohl sie erhebliche CO2-Kosten haben und im internationalen Wettbewerb stehen. Das liegt beispielsweise daran, dass die Unternehmen die für die Kompensation erforderliche Handelsintensität nicht belegen können, weil diese schlicht nicht statistisch erfasst wird. Die Handelsintensität sagt aus, in welchem Umfang ein Unternehmen Handel mit Drittstaaten außerhalb der EU betreibt.

Zur Beantwortung der Frage, ob und inwieweit ein Unternehmen im internationalen Wettbewerb steht, ist die Handelsintensität aus Sicht vieler Firmen daher völlig ungeeignet. Ihr Argument: Ein Autozulieferer, der seine Gussteile zu hundert Prozent an ein Autowerk in Deutschland liefert, steht im internationalen Wettbewerb – er muss sich gegen Konkurrenz aus Frankreich, Ungarn oder Asien durchsetzen.

Zu den Unternehmen, die komplett leer ausgehen, gehören Feuerverzinker, Teile der Keramikindustrie und der Textilindustrie. In den betroffenen Branchen wächst die Verzweiflung.

„Die Carbon-Leakage-Verordnung zum BEHG stellt für viele Unternehmen der Keramikindustrie ein Desaster dar“, sagte Christoph René Holler, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Keramische Industrie, dem Handelsblatt. „Die Geschirrindustrie bekommt eine Kompensation in Höhe von 49 Prozent, muss also noch 51 Prozent der Kosten, die das BEHG verursacht, selbst tragen, ähnlich sieht es für die Sanitärkeramik aus“, klagt Holler.

Das belaste die Wettbewerbsfähigkeit enorm. „Für technische Keramik gibt es gar keine Kompensation. Das gleicht einem massiven Anschlag auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen“, sagte er.

An Warnungen hat es nicht gefehlt
Aus Sicht der Unternehmen ist die Lage besonders ärgerlich, weil es an Warnungen in den vergangenen Monaten nicht gemangelt hat. Die Union macht die SPD für das Ergebnis verantwortlich: „Die Union wollte wesentlich weitreichendere Entlastungen gerade von kleinen und mittelständischen Unternehmen. In den Verhandlungen mit der SPD haben wir daher intensiv auf eine weitere Erhöhung der Kompensationsgrade und niedrigere Zugangsschwellen zum Carbon-Leakage-Schutz gedrungen“, sagte Unionsfraktionsvize Stephan Stracke (CSU) dem Handelsblatt.

Dies sei jedoch aufgrund des starken Widerstands des Koalitionspartners und des Bundesumweltministeriums nicht erreichbar gewesen. „Die Verweigerungshaltung der SPD zeigt, wie weit sich die SPD bereits von den berechtigten Schutzinteressen der Arbeitnehmer entfernt hat“, ergänzte er.

Die Sozialdemokraten weisen den Vorwurf zurück. Für die SPD sei klar, dass die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen Unternehmen sichergestellt sein müsse, sagte Bernd Westphal, energiepolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, dem Handelsblatt. „Die Verordnung enthält zudem eine Evaluierungsklausel, die eine Überprüfung bis Ende 2021 vorsieht“, sagte Westphal. Damit sei sichergestellt, dass auf mögliche Überforderungen – im Dialog mit den betroffenen Akteuren – zu gegebener Zeit reagiert werden könne.

Das Bundesumweltministerium hat wenig Verständnis für die Kritik. Die Verordnung schaffe „ein solides Fundament für einen wirkungsvollen Schutz vor Verlagerungen deutscher Unternehmen ins Ausland“, sagte ein Ministeriumssprecher. „Wenn beim Vollzug der Verordnung erkennbar wird, dass die Regelungen nicht ausreichen, um einen angemessenen Schutz zu gewährleisten, ist eine Anpassung der Regelungen möglich.“

Ist Besserung in Sicht, falls die Grünen an der nächsten Bundesregierung beteiligt sind? Dieter Janecek, Sprecher für Industriepolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, weckt Hoffnung: „Leider wird die Carbon-Leakage-Verordnung dem Anspruch eines nachhaltig-innovativen und klimaneutralen Umbaus der industriellen Prozesse nicht gerecht.“ Die Verordnung sei handwerklich schlecht gemacht und führe zu Nachteilen im internationalen Wettbewerb.

 

Wissen und Gerechtigkeit

Als Mitglied bei Wikimedia möchte ich Ihnen die folgende Pressemitteilung nicht vorenthalten. Das Problem ist, dass viele, bei denen es besonders um die Gerechtigkeit geht, etwas umfangreichere Informationen verabscheuen. Alles mündet letztlich in der Frage, wie es gelingt, etwa die Hälfte der Bevölkerung an vernunftbetonten Informationen zu beteiligen. Damit steigt und fällt auch die freie Demokratie, in der Populismus und auf Überschriften reduzierte Inhalte keine Chance haben. Dies daraus resultierende Unwissen bestärkt die Verschwörungstheoretiker und Untergangspropheten.

Hier ein lesenswerter Newsletter von Wikimedia, der Muttergesellschaft von Wikipedia.

Jean Pütz

(Wikimedia) – Für die Schule war das letzte Jahr eine echte Herausforderung. In Wechsel- oder Distanzmodellen hieß es Unterricht neu denken. Dabei helfen hochwertige Bildungsinhalte wie die von ARD, ZDF und Deutschlandradio. Voraussetzung ist aber, dass diese Inhalte auch flexibel an die Bedürfnisse der Nutzenden – in dem Fall Schüler*innen – angepasst werden können. Remix ist der Standard in der unterrichtlichen Praxis.

Der „Runde Tisch Freie Lizenzen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk“ macht dies seit 2018 möglich. Jedes Jahr lädt Wikimedia Deutschland Vertreter*innen der Rundfunkanstalten, Bildungsakteure und Ehrenamtliche dazu ein, gemeinsam über den freien Zugang zu Inhalten zu diskutieren. Beim Runden Tisch am 25. Juni wurde Bilanz gezogen. Denn Vieles hat sich in den letzten Jahren bewegt:

„Seit über einem Jahr stellen wir im ZDF ausgewählte Clips von Terra X unter CC-Lizenz zur Verfügung. Unsere Bilanz fällt sehr positiv aus. Allein über die Wikipedia konnten wir schon über 15 Millionen Abrufe sammeln. Auch die Rückmeldungen von den Schulen sind positiv.“

Sophie Burkhardt, ZDF, HR Neue Medien, Leitung funk

Eine Befürchtung in den ersten Runden war, dass die bereitgestellten Inhalte in sinnentstellenden Kontexten auftauchen. Geklärt haben wir daraufhin, was auch die freien Lizenzen CC BY oder CC BY-SA eben nicht erlauben: Sinnentstellendes, Verbreitung ohne die Kenntlichmachung der Bearbeitung, Verletzung der Urheberpersönlichkeit Weder das ZDF noch wir konnten bisher Fälle von Missbrauch ausmachen. Im Gegenteil: Die Inhalte werden mit korrektem Quellennachweis auf Schulserver, auf Videoplattformen und Sammlungen gespiegelt. Zudem nutzen Wikipedia-Aktive die Inhalte, binden sie in Artikel ein und übersetzen sie ins Englische, Niederländische, Spanische, Katalanische und sogar Lateinische!

„Herdenimmunität“ gegen Desinformation
Falschinformationen, das wissen wir, verbreiten sich schnell. Die Teilnehmenden des Runden Tisches sind sich einig, dass es gerade jetzt wichtig ist, verlässliche Informationen bereitzustellen – nur so lässt sich der Tendenz zur gezielten Desinformation wirksam begegnen. Gesicherte Informationen aus guten Quellen müssen möglichst schnell, einfach und leicht verbreitet und genutzt werden können (vgl. dazu diesen Blogbeitrag).

„Verlässliche und gut recherchierte Informationen bewirken – wenn sie sichtbar und überall zugänglich sind – eine „Herdenimmunität“ gegen Fake News und Verschwörungstheorien, nicht nur in der Pandemie. Deshalb wünschen wir Länder uns eine stärkere Zusammenarbeit von ARD, ZDF und Deutschlandradio gerade auch mit Kultur- und Bildungseinrichtungen, wie sie im Rahmen des Runden Tisches nun schon seit 2018 mit Leben gefüllt wird.“

Antwort an einen Kollegen, der sich um den Fortbestand unserer Deutschen Demokratie sorgt – Mit einer Einführung von Jean Pütz

Sehr geehrter Kollege,

zu Ihrer intelligenten Analyse möchte ich Ihnen gratulieren. Als ehemaliger Oberstudienrat für Mathematik und Physik an Berufsfachschulen musste ich auch Pädagogik studieren, im Gegensatz zum Kurrikulum für gymnasiale Studienräte. Davon habe ich später enorm profitiert, auch weil ich freiwillig ein Parallel-Studium der empirischen Soziologie absolviert habe. Es war nicht geplant, wurde aber zum Fundament meiner wissenschaftsjournalistischen Berufung durch den WDR als Quereinsteiger.

Im Geheimen müssen Sie mir zustimmen, dass das, was Sie und ich unter Demokratie verstehen, sich leider auf dem absteigenden Ast befindet. Ihre Beschreibung wirkt auch als Resignation, denn die Selbstorganisations-Mechanismen, die meine Generation nach dem 2. Weltkrieg geprägt haben, wurden bestimmt durch Mangel, Kreativität zum Überleben und dem Bewusstsein, dass es bergauf ginge. Aber unsere Gesellschaft ist sich der Ursache des Wohlstands nicht mehr bewusst, alles wird als Selbstverständlich hingenommen. So erzeugen selbst die kreativsten Ideen, die uns das Leben erleichtern, nur ein müdes Lächeln. Warum auch nur einen Gedanken darauf verlieren, wenn der ausufernde Sozialstaat einen jederzeit auffängt, die Neugier, die Jugendliche so getrieben hat, hat das Zeitliche gesegnet. Zur Information reichen die Bildzeitungs-Überschriften nach dem Prinzip: Bad News is good News – mehr als drei Zeilen zu lesen, macht sich kaum jemand die Mühe. So verlieren die Zusammenhänge immer mehr  ihre Überzeugungskraft.

Nun gibt es im privaten als auch im sozialen Leben allein schon deshalb Probleme, die die uns umgebende Natur erzeugt. Das Wissen über Naturgesetze könnte das Verständnis verbessern. Aber warum? Wie im Mittelalter herrscht immer noch das tief in uns verankerte Prinzip, dass nicht sein darf, was nicht sein kann, kein Wunder, das Verschwörungstheorien bei einem Drittel der Bevölkerung fruchtbaren Boden finden. Hinzu kommt, dass in der Schwarmintelligenz der Deutschen und Europäer das komplexe Wissen abhanden gekommen ist. Lineares Denken herrscht vor, Verzweigungen passen nicht mehr in das Oberflächliche unserer Zeit.

Gestatten Sie mir zwei Beispiele:

1. Berechtigterweise ist CO2 als eine der Ursachen für die Klimaproblematik identifiziert. Lineares Denken heißt, dass das dann zum Teufel deklariert wird. Vermutete Teufel hat man früher auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Dass es aber auch ein Wertstoff sein könnte, wenn man nicht populistisch linear, sondern verzweigt denkt, wird vehement abgestritten.  In die grün-ideologische Vermeidung von CO2 werden dann Milliarden von staatlichen Investitionen gesteckt. Das korrumpiert sogar die Wissenschaft und wird dann zum Dogma erhoben. Jemand, der dann auf Nebenwirkungen und Risiken aufmerksam macht, wird politisch und sozial an den Pranger gestellt. Hinzukommt, dass das dem Volk so eingebläut wurde, weil es ja so einfach verständlich ist, dass sich die Populisten sich dem bemächtigt haben. ein Politiker, die das ablehnen und die Vernunft in den Vordergrund stellen, was die Demokratie ja fordert, haben keine Chance mehr. So passiert es, dass die Demokratie nicht mehr in der Lage ist, Probleme zu lösen. Die müssten ja zumindest auf ein Minimum eines rationalen Fundamentes aufbauen. Was können sie gegen die Behauptungen machen, dass das Elektro-Auto die Welt retten kann, denn hinten kommt ja kein CO2-strotzendes Abgas heraus …..

2. Oder, noch einmal nach dem Prinzip, dass nicht sein darf, was nicht sein kann: Die Natur der Verteilung der elektrischen Energie beruht auf dem Angebotsprinzip. Wird auch nur im geringsten die Nachfrage übertroffen, also mehr verbraucht als angeboten, bricht das Netz zusammen. Ein GAU von nicht nur Stunden, sondern Tagen kann die Folge sein. Kann das unsere Volkswirtschaft überstehen? Aber CO2-Vermeidung  erfordert ja, und da besteht offenbar demokratischer Konsens, weg mit den Kraftwerken. Die Atomkraftwerke sind ja schon in Form von strahlenden Denkmälern in der Landschaft verschwunden.

Doch da gibt es ja noch die Sonne und den Wind und das angeblich reichlich, also müssen diese die Lücken ausfüllen. Ist ja auch plausibel, jeder, der die Nase in die Sonne oder den Wind hält, stimmt dem emotional zu. Nun ist nur noch jemand erforderlich, der dem Volk weiß macht, diese Energie würde selbst in unseren mittleren Breiten ausreichen, unsere gesamte Wirtschaft mit der notwendigen Energie zu versorgen. Das ist leider der Grünen-Ideologie gelungen, verbunden mit dem Vorbild-Prinzip: Am deutschen Wesen muss die Welt genesen. Es wird unisolo behauptet, unser Beispiel würde die ganze Welt so schlüssig überzeugen, dass sie uns alles nachmachen – bei nur 2% Anteil weltweit. In den berühmten Weltklima-Konferenzen und der EU sind wir so in Sachen Klimarettung die Stars geworden. Viele von uns propagierte Grenzwerte wurden dort angenommen und beschlossen. Nach meinem Wissen aber hat sich nur Deutschland dazu verpflichtet. Wer weiß, ob das für viele andere Länder nur reine Lippenbekenntnisse sind, Stichwort China, Brasilien, Indien – neuerdings die Hauptverursacher. Wenn es hart auf hart kommt, werden sie darauf pfeifen. Doch Deutschland hat die weiße Weste. So wurde zum Beispiel vieles schon vom Bundestag in Gesetzesform gebracht, Nebenwirkungen und Risiken spielten keine Rolle. So wird ab 2030 das Erdgas, welches heute vorwiegend das Wohlbefinden in unseren Wohnungen und Gebäuden mit Wärme und Kälte und die dafür notwendige Energie sichert, abgeschafft. Das soll durch elektrische Energie geleistet werden, was physikalisch gesehen natürlich der größte Schwachsinn ist. Dem Volk wird auch vorenthalten, dass schon allein das gepriesene Elektroauto so viel Strom benötig, dass für die Gebäude gar nichts mehr übrig bleiben kann. Wie gesagt, dass selbst bei kleinster Überlastung der Total-Ausfall nicht zu verhindern ist, aber das ist offenbar den Ideologen kein Problem.

Unsere Demokratie scheitert an diesen Hunderten von Widersprüchen, die im Wunschdenken der Politiker verschwinden. Zum Schluss möchte ich noch zwei dieser besonders schwerwiegenden Widersprüche herausstellen:

a) Das Volk stöhnt bereits, wenn der Bezinpreis um 10 Cent steigt, und zwar nur, weil die Länder, die das Erdöl aus der Erde fördern, einmal eben auf Reduzierung der Produktion geschaltet haben. Milliarden von Barrel bestimmen heute und in der näheren Zukunft die Weltpolitik. Glaubt wirklich jemand, dass das von heute auf morgen verhindert werden kann?

b) Welchen politischen Wirbel hat die sogenannte Nordtrasse der Erdölpipeline durch die Ostsee ausgelöst. Wenn ich mich richtig erinnere, kostet sie mindestens 10 Milliarden und soll bei Greifswald Deutschland beglücken. (Darauf freut man sich schon. In Greifswald gibt es übrigens auch ein Forschungs-Institut, welches mit großem Erfolg nach der Möglichkeit sucht, aus der Fusion von Wasserstoff zu Helium grenzenlose Energie zu gewinnen. Vor 40 Jahren hat man mir gesagt, das sei so um 2020 der Fall, heute rechnet man immer noch mit weiteren 40 Jahren.) Mit dieser Pipeline – und einigen weiteren z. B. die politisch gewünschte durch die Ukraine – werden Milliarden Kubikmeter Erdgas fließen, die  ja irgendwo sinnvoll verbraucht werden müssen und CO2 erzeugen, wenngleich auch viel geringer als von Kohle. Hoffentlich entstehen nicht zu viele Leckagen, denn Methan beeinfluss  über 50 mal stärker das Klima als CO2.

c) Um die Amerika zu besänftigen, insbesondere unter der Trump-Ära, hat sich Deutschland zusätzlich zum russischen Erdgas verpflichtet, große Terminals an unserer Nordsee-Küste zu errichten, wo die großen Flüssiggas-Tanker anlegen, die das in Texas aus der Erde gepresste Fracking-Gas anliefern können. Von dort aus wird es dann vorwiegend als Methan-Gas in das tausende von Kilometer verzweigte deutsche Erdgasnetz eingespeist.

Eigenartig, denn ab 2030 soll das Erdgas ja ausgedient haben. Wolkenkuckucksheime über Wolkenkuckucksheime. Die katastrophale Nebenwirkung: Deutschland macht seine eigene Zukunft kaputt, ohne dass eine Chance besteht, auch nur minimal zur Senkung der Atmosphären-Temperatur aus Deutschland heraus beizutragen.

Ob das unsere Demokratie übersteht, ist die Frage. Nicht nur die AFD bietet Anlass zur Sorge, sondern auch die populistischen Parolen der aus der SED hervorgegangenen aber angeblich geläuterten Linken, die aber trotzdem sich immer noch der Kollektivierung verschworen haben.

Jean Pütz

(Demokratie Plus) – Irgendwie ist es noch mal glimpflich ausgegangen. Das ist zumindest die überwiegende Meinung in Medien und den meisten Parteien.

Wir sprechen von der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt. Dort wurde ein selbst innerhalb der AfD besonders rechtslastiger Landesverband mit über 20% der Stimmen „nur“ zweitstärkste Partei und (fast) alle zeigen sich erleichtert.

So sieht unsere demokratische Wirklichkeit im Jahr 2021 aus. Zumindest an der Oberfläche.

Denn schauen wir ein wenig genauer hin, sind die Ergebnisse noch weitaus dramatischer: Nahezu in jedem Jahrgang unterhalb von 45 Jahren war die AfD stärkste Partei oder lag mit der CDU gleichauf.

Was treibt junge Menschen in Teilen Deutschlands heute dazu, mehrheitlich eine Partei zu wählen, deren zentrales Führungspersonal mit völkisch-nationalistischen und rassistischen Positionen auffällt und eng mit Alt- und Neonazis verbandelt ist?

Die Erklärungsmuster, die dazu kursieren, sind wenig überzeugend.

Wenn der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz, davon spricht, viele Ostdeutsche seien eben „diktatursozialisiert“ und nicht in der Demokratie angekommen, so könnte dies möglicherweise das Wahlverhalten der Älteren in Sachsen-Anhalt erklären, faktisch haben jedoch genau jene den völligen Erfolg der AfD verhindert.

Dass nun ausgerechnet deren Kinder, weit überwiegend Jahre nach dem Ende der DDR geboren, von jener „sozialisiert“ worden sein sollen, scheitert schon an den Gesetzen der Logik.

Eine andere Erklärung bekam ich jüngst von einer ostdeutschen Politik-Professorin angeboten. Wir hatten eine kleine Debatte darüber, wie rechtes, „queres“, demokratieverachtendes Denken entsteht – und was die Demokratie unternehmen kann und muss, um wieder an Attraktivität zu gewinnen.

Ihre Diagnose: Es läge vor allem am „demokratischen Analphabetismus“.

Es fehle schlicht an der Kenntnis unserer elementaren demokratischen Institutionen und Prozesse. Ihre logische Schlussfolgerung: Auch die Angebote neuer Beteiligungsformate – bis hin zu den gerade beliebten Bürgerräten – bräuchte zunächst einmal eine Bildungsphase für die Teilnehmenden, um vernünftige Debatten und Ergebnisse erwarten zu lassen.

Das klingt zunächst einmal sehr attraktiv. Auch weil es uns einen vermeintlich klaren Weg aufzeigt, wie wir unsere Demokratie stärken können: Mit mehr Wissen.

Doch leider ist dieser Weg einer Sackgasse. Wer glaubt, Demokratie sei eine Frage der Bildung hat weder Demokratie noch Bildung wirklich verstanden. Dieser Ansatz hat keine Aussicht auf Erfolg. Denn:

Demokratie ist keine Frage des Wissens.

In den USA hat es eine lange Tradition, die Reihenfolge der bislang 46 Präsidenten auswendig zu lernen, abzufragen und die Unterrichtsräume mit ihnen zu dekorieren. Nummer 45 wurde dennoch ein gewisser Donald Trump. Und es ist durchaus möglich, dass er auch wieder die Nummer 47 sein wird.

Wenn unsere Schülerinnen und Schüler also in Zukunft die Liste unserer ehemaligen Bundeskanzler*innen aufsagen, die Rolle des Bundespräsidenten erklären und souverän die D’Hondtsche Höchstzahl genauso erläutern, wie das Kumulieren und Panaschieren, wird das die Wahlergebnisse kaum verändern. Denn:

Demokratie ist keine Frage des Wissens.

Sondern der Haltung.

Demokratische Haltung ist in der Tat keine Frage des Wissens. Sie ist aber auch keine genetische Disposition. Sie kann nicht gelehrt und durch Klausuren gefestigt werden. Sie ist keine Frage des Lehrens, sehr wohl aber eine des Lernens.

Demokraten werden wir aus Erfahrungen. Weil wir als akzeptierte Mitglieder einer Gemeinschaft Respekt und Selbstwirksamkeit erfahren. Weil wir lernen, im respektvollen Konflikt mit anderen unsere Interessen zu artikulieren und Lösungen anzustreben. Das müssen wir erleben, reflektieren und so die Sicherheit gewinnen, dass dies der Weg ist, indem wir in einer freien Gesellschaft Gemeinwohl generieren.

Es ist also durchaus eine Frage unseres Bildungssystems. Wenn wir in Ländern wie Sachsen-Anhalt nachhaltig über Jahre hinweg zu großen Teilen Wähler*innen mit Präferenzen für demokratieverachtende Positionen produzieren, dann müssen wir dieses Bildungssystem kritisch hinterfragen.

Mehr Politik-Wissen in den Lehrplan zu schreiben, wird da aber nicht genügen.

Beteiligungspraktiker*innen wissen, dass Belehrungen zum Anfang von Beteiligungsprozessen die Debatten ganz schnell ins Kippen bringen können. Auch Lehrer*innen wissen, dass Betragensnoten keine besseren Menschen produzieren. Warum sollten dann Demokratienoten bessere Demokrat*innen produzieren?

Es geht nicht darum, Demokratie zu lehren und zu prüfen. Es geht darum, Demokratie zu erleben. Dazu gehören Diskurse, Debatten, aber eben auch demokratisch getroffene Entscheidungen über viele Alltagsfragen im schulischen Kontext. Es geht um demokratische Wirksamkeit der Schüler*innen in ihrem schulischen Alltag. Doch das sind wir nicht gewöhnt.

Bereits der Gedanke daran irritiert uns.

Stattdessen praktizieren wir noch heute ein Schulkonzept, das in all seinen Grundlagen noch aus dem Kaiserreich stammt. Wir können wir da ernsthaft glauben, dass wir so Demokrat*innen produzieren?

Wenn wir langfristig eine starke Demokratie wollen, dann müssen wir demokratische Haltung von den jungen Menschen nicht einfordern, sondern sie ihnen ermöglichen. Dann müssen wir Selbstwirksamkeit ermöglichen und Autorität hinterfragen lassen. Dann müssen wir über Lehrpläne sprechen, über die Lehrer*innenausbildung, vor allem aber: Über das Konzept Schule.

Über ein neues, ein demokratisches Konzept von Schule.

Wie das aussehen kann, darüber sprechen wir in einigen der folgenden Ausgaben von demokratie.plus. Ihre Gedanken dazu interessieren mich – wie immer – sehr.

Herzlichst, Jörg Sommer 

Rückbesinnung auf soziale Marktwirtschaft ? Ein Manager wird geehrt, der dies fordert –

Die soziale – und ich füge hinzu – die soziologische Marktwirtschaft ist zu verdanken, das Deutschland aus der totalen Zerstörung nach dem 2. Weltkrieg wie ein Phönix aus der Asche hervorgegangen ist. Das damals sogenannte ‚Wirtschaftswunder‘ beruhte auf Ideen, die bereits einige kluge Denker im 2. Weltkrieg gefasst hatten. Sie wollten ein Mittelding zwischen dem amerikanischen Kapitalismus, der durch größere Kreativität ermöglichende Freiheit der Wirtschaft als Gegenspieler zur Planwirtschaft des Kommunismus und Sozialismus schafft. Es war vor allen Dingen der in Frankfurt entstandene Ordo-Kreis unter Leitung von Walter Eucken, der den Begriff ‚soziale Marktwirtschaft ‚ prägte.

Umgesetzt in konkrete Politik hat ein Berater des damaligen Wirtschaftsministers Ludwig Erhard, mit Namen Professor Dr. Alfred Müller-Armack. Heute noch ziehe ich den Hut vor ihm, denn ich konnte an der Universität zu Köln seine von Logik durchsetzten Vorlesungen miterleben. Sein Erfolgsrezept: Er bezog nicht nur die Prozesse der Wirtschaft in sein Denken mit ein, sondern auch wichtige soziologische Gesetzmäßigkeiten, die das Verhalten von Menschen in der Gesellschaft beschreibt. Im Mittelpunkt stand die Preisbindung durch den Markt, in dem sich Angebot und Nachfrage begegnen. Das artet leicht in extreme Preisschwankungen aus, wie das heute noch an der Börse zu beobachten ist. Dieses sollte die soziale Marktwirtschaft zügeln, und zwar im Sinne, dass die Wirtschaft einen gewissen Freiheits-Spielraum behält, aber Auswüchse verhindert, z. B. durch Preisabsprachen, Korruption, direkte Eingriffe durch den Staat, usw. Die Überwachungsfunktion wurde einem möglichst unabhängigen Kartellamt übertragen, welches die Regeln auch durch notwendige Sanktionen und Strafen streng kontrolliert.

Schon am Anfang hat Müller-Armack auch die Nachhaltigkeit der Ökologie mit einbezogen. Wie ich selbst belegen kann, denn durch seine Vorlesungen hat er mich als Student der Volkswirtschaft und Soziologie an der Universität zu Köln von dem genialen Mechanismus der begrenzten Marktwirtschaft überzeugt. Ich bin stets Überzeugungstäter geblieben. Leider ist mit der Zeit der ökologische Aspekt in den Hintergrund getreten und die soziale Marktwirtschaft hat Kratzer bekommen. Es ist sehr schwer, Menschen von der Kraft der Selbstorganisation einer Gesellschaft zu überzeugen. Auf den ersten Blick scheint der direkte Eingriff plausibler, weil dem Einzelnen oft der Überblick verwehrt ist. Stichwort: Man muss da etwas tun, man glaubt, dass die staatliche Intelligenz größer ist als das freie Spiel der Markt-Kräfte.

Darunter leidet auch die derzeitig notwendige Bewältigung der Klimakrise. Die Grünen-Ideologie z. B. verkündet, dass Technologie-Verbote, direkte Gängelung der Bürger und populistische Plausibilität , das heißt, eine versteckte Planwirtschaft, unbedingt notwendig wären. Damit hebeln sie die geniale soziale und ökologische Marktwirtschaft aus, vielleicht ist ihnen das gar nicht bewusst. Nebenwirkungen und Risiken und die Wahl des kleineren Übels, welches bei wirtschaftlichem Handeln immer anfällt, wird ausgeklinkt, tradierte Verhaltensweisen der Menschen finden keine Berücksichtigung, obwohl die beabsichtigten Maßnahmen und die nach Mainstream entstandenen Gesetze in eine Sackgasse führen. Die Methode der unideologischen Optimierung, unter Einbezug der technischen Fortschritte, wird unterdrückt, was diametral der sozialen Marktwirtschaft entgegen steht.

Es war immer schon gefährlich, Wunschträumen nachzulaufen. In der Vergangenheit führten sie z. B. zum Faschismus, Kommunismus, orthodoxen Sozialismus und zu Kriegen, weil sich eine bestimmte Gruppe Vorteile davon versprach. Dass eine solche Zwangswirtschaft bar jeder Vernunft den inneren Frieden einer Gesellschaft zerstören kann, ist diesen ‚Tätern‘ schnuppe oder wird verdrängt.

Ihr Jean Pütz

(Morning Briefing) – Ludwig Erhard war der letzte Politiker in Deutschland, dessen Wirken ein wissenschaftliches Fundament besaß. Aus den Arbeiten der beiden Ökonomen Alfred Müller-Armack und Walter Eucken entwickelte er die Idee einer Sozialen Marktwirtschaft, in der sich die Marktkräfte von Angebot und Nachfrage unter staatlicher Aufsicht und Regelsetzung entfalten konnten. Der Staat war der Schiedsrichter, nicht der Mittelstürmer. Der Staat sorgte fürs Reglement, nicht für die Tore. Die mussten der Einzelne und seine Mannschaft, die man Firma nennt, schon selbst schießen.

Dieses Grundverständnis hat gelitten. Ludwig Erhard wird auch von CDU und CSU sonntags gefeiert und ab Montag wieder vergessen. Deshalb suchte der Vorsitzende der Ludwig-Erhard-Stiftung, Roland Koch, einen würdigen Preisträger für seinen Ludwig-Erhard-Preis und hat ihn in Linde-Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle gefunden. Koch begründete die Entscheidung wie folgt:

Wir brauchen erfolgreiche Wirtschaftsführer wie Reitzle, die über die politischen Bedingungen ihres Erfolges offen reden. Wir sehen oft eine lautlose Aushöhlung der Gestaltungsfreiheit der Unternehmer, Reitzle nimmt kein Blatt vor den Mund, dem zu widersprechen.

Grund genug für den Morning Briefing Podcast, das Gespräch mit Wolfgang Reitzle zu suchen. Der blickt auf Top-Management-Positionen bei BMW, Ford und Linde zurück. Er zählt zu den wenigen Unternehmensführern, die sich mit deutlichen Stellungnahmen auch auf das Spielfeld der Politik wagen.

Für Reitzle hat sich der Staat beim Pandemie-Management nicht gerade mit Ruhm bekleckert:

Der Staat hat alles an sich gezogen und sich dann in seiner eigenen komplexen Bürokratie verheddert.

Er fordert, die Staatlichkeit in Deutschland neu zu denken:

Der Staat muss sich zurückziehen. Dann kommt auch Wachstum.

Das Denkschema vieler Politiker betrachtet er als Hemmnis für weiteres Wachstum:

Wenn wir den Gerechtigkeitsbegriff als Gleichheit definieren, dann ist im Umkehrschluss Ungleichheit immer ungerecht. Diese Art zu denken bedeutet Gift für das Freisetzen dynamischer Märkte.

Fazit: Wolfgang Reitzle sagt, was er denkt. Und er tut, was er sagt. Er ist das, was die Amerikaner einen „good corporate citizen” nennen.

 

Bill Gates, Wohltäter der Menschheit oder Scharlatan?

Bill Gates ist in das Spektrum der Verschwörungstheoretiker geraten, Er soll Bestandteil der Weltregierung sein, die die Menschheit vernichten will. Dass er aber auch ein normaler Mensch ist und den Hebel an globale Missstände setzt, soll der folgende Beitrag beweisen, den ich Ihnen deshalb nicht vorenthalten will.

Ihr Jean Pütz

Lange Zeit galten Bill und Melinda Gates als das Vorzeige-Ehepaar unter den Superreichen. Jetzt lassen sich die beiden nach 27 Jahren Ehe scheiden. Bill soll unter anderem eine Affäre mit einer Microsoft-Kollegin gehabt haben. Damit reiht er sich ein in eine Liste an berühmten Personen, die durch eine Affäre ihr Ansehen verloren.

Die Scheidung von Bill und Melinda Gates warf Fragen auf. Das Wall Street Journal berichtete nun, der Microsoft-Gründer solle vor etwa 20 Jahren eine Affäre mit einer Mitarbeiterin des Konzerns gehabt haben. Sie sei nicht nur der Grund für die Scheidung, sondern auch der Grund, warum Bill Gates 2019 sein Verwaltungsratsmandat bei Microsoft niederlegte.

Schon so manchem Prominenten hat eine Affäre den Ruf oder gleich die Ehe gekostet. Wir haben für euch ein paar der berühmtesten Fälle aufgelistet.

Mit einem Gesamtvermögen von mehr als 200 Milliarden US-Dollar ist der Amazon-Gründer Jeff Bezos einer der beiden reichsten Menschen des Planeten. Außerdem rief er das private Raumfahrtunternehmen „Blue Origin“ ins Leben. 2019 machte er allerdings vor allem durch seine Scheidung Schlagzeilen. Als seine Gattin MacKenzie Scott und er sich öffentlich trennten, wurde kurz darauf bekannt, dass Bezos eine außereheliche Affäre mit der Moderatorin Lauren Sánchez hatte – auch Sánchez war zu diesem Zeitpunkt noch verheiratet. Nachdem beide dann eine Scheidung hinter sich brachten, wurden sie offiziell ein Paar.

MacKenzie Scott behielt 25 Prozent der von ihr und Jeff Bezos gehaltenen Amazon-Anteile und hält dadurch noch Aktien im Wert von aktuell 35,6 Milliarden Dollar.

Als „Conan, der Barbar“ oder „Terminator“ wurde er zum Filmstar, acht Jahre lang war er zudem der Gouverneur des US-Bundesstaats Kaliforniens. Doch auch „Arnie“, wie ihn seine Fans nennen, blieb seiner Ehefrau nicht treu. Seit 1986 war er mit der Journalistin Maria Shriver verheiratet, einer Nichte von US-Präsident John F. Kennedy. Das Paar hat vier gemeinsame Kinder, doch nach 25 Jahren gaben beide plötzlich die Scheidung bekannt. Den Grund gestand „Arnie“ der Öffentlichkeit: Er hatte eine langjährige Liaison mit der Hausangestellten Mildred Patricia Baena – und war der Vater ihres zu dem Zeitpunkt 14-jährigen Sohnes.

In seiner Autobiographie „Total Recall: Autobiographie – Die wahre Geschichte meines Lebens“ bezeichnete Schwarzenegger die Affäre später selbst als „Fehltritt“.

 

Religion und Krieg im Nahen Osten

Michael hoting schrieb mir auf meinen Beitrag bei Facebook über Religion und den Krieg zwischen Hamas und Israel.
Mal was zum nachdenken….

1. Die Juden haben in Palästina kein Land geraubt.
2. Die aus Europa eingewanderten Juden haben ihr Land meist von Osmanen und Arabern gekauft oder unwirtliche, unbewohnte Gebiete erschlossen(Tel Aviv).
3. Palästina gehörte nicht den Palästinensern.
4. Das Gebiet heißt Palästina, weil es der römische Kaiser Hadrian im 2. Jahrhundert n. Christus nach den Feinden der Juden so benannte, den Philistern (Goliath).
5. Die heutigen Palästinenser sind Araber, von 1516 bis 1917 war das Gebiet Teil des Osmanischen Reiches – es heißt auch Laurence von Arabien und nicht Laurence von Palestina.
6. Im 19. und 20. Jahrhundert wanderten zeitweise mehr Araber nach Palästina ein als Juden. 1880 siedelten dort rund 450 000 Araber und 15 000 Juden. Heute leben in Israel bereits über 8 Mio. Menschen.
7. Im Sechs-Tage-Krieg (1967) hat Israel Ost-Jerusalem und die Westbank nicht von Palästinensern erobert, sondern von Jordanien, das beide seit 1948 besetzt hielt.
8. Die palästinensischen Führer haben mehrfach das Angebot ausgeschlagen, einen eigenen Staat zu gründen – das erste kam von der Uno (1947), 2000 Bill Clinton und das bislang letzte vom israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert (2007).
9. Die palästinensischen Führer von Fatah und Hamas wollen erklärtermaßen keinen Frieden mit Israel, sondern die Juden vertreiben. Anmerkung: Gemäss Charta der Hamas ist das Ziel die Zerstörung Israels und nach Flugblatt 65 aus dem Jahr 1990 ausdrücklich die Tötung aller Juden – ohne Ausnahme.
10. Mahmud Abbas, Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde, regiert ohne demokratische Legitimation – bereits im 15. Jahr, obwohl er nur für vier Jahre gewählt wurde.
11. Im Gegensatz zu vielen Behauptungen sind die meisten Israelis nicht das was man als Europläisch/Kaukassischer Typ bezeichnet – sprich das „white supremacy“ Geschwurbel ist völliger Blödsinn und dient nur dazu, sich etablierte Feindbilder nutzbar zu machen.
12. Bereits der Prophet hat den jüdischen Stamm der Banu vernichtet und alle Juden ohne Rücksicht auf Verluste vertrieben – diese Progrome gingen durch die Bank so weiter. Egal ob in Arabien oder auf dem Gebiet der Mahgreb Staaten. Im Gegensatz zu den Juden hatten z.b. Kurden, Jesiden usw. nie eine Chance sich in einem Staat zu organisieren und zu verteidigen – die Folgen merken diese bis heute. Von den Armeniern ganz zu schweigen…
13. Der Prozess um die Wohnungsräumungen (vier Parteien) läuft bereits ab 2008 und wurde dort in erster Instanz entschieden, sprich das israelische Rechtssystem hat mehr als 10 Jahre gebraucht um es letztendlich zu klären. Aus diesen Wohnungen wurde im 20. Jahrhundert Juden vertrieben und diese sind entsprechend die ursprünglichen legalen Eigentümer.
14. Israel ist eine starke, lebhafte und wehrhafte Demokratie, was man von allen arabischen Nachbarn nun nicht unbedingt behaupten kann.

Nur als kleine Lektion, als Deutschland sich nicht mit den Gegebenheiten abfinden konnte – wurde es danach im zweiten Weltkrieg in Schutt und Asche gelegt. Israel wird und kann sich nur verteidigen, denn man weiß aus der Erfahrung und auch aus der aktuellen Geschichte, welches Los einen sonst erwartet… Wie gesagt, dafür muss man sich nur aktuell das anschauen – was mit Kurden und Jesiden passiert, aber das scheinen einige „Aktivisten“ ja auszublenden oder nehmen es billigend in kauf..

Wegen Merkel: Deutschland ist unter seinem Potential geblieben

(Morning Briefing) – Wie haben die Politiker, Berater und Virologen im Rahmen dieser Pandemie gedacht und gehandelt? Was lief gut und was lief schief? Diese Bestandsaufnahme haben Georg Mascolo und Katja Gloger unternommen. Mascolo war einst Chefredakteur des „Spiegels“ und ist heute Leiter des Rechercheverbunds von NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“. Gloger war politische Korrespondentin für den „STERN“ in Washington und Moskau. Sie ist Bestsellerautorin und auch das: Putin-Biografin.

Gemeinsam haben sie nun ein Buch geschrieben: „Ausbruch: Innenansichten einer Pandemie – Die Corona-Protokolle“. Es ist die bisher detailreichste und politisch präziseste Schilderung dessen, was hinter den Kulissen von Corona-Kabinett, Partei-Vorstand und TV-Talkshow passierte. Die Geschichte der Pandemie als Geschichte von Pannen, Fehleinschätzungen und schwerem Missmanagment. Über ihre Rechercheergebnisse sprechen Katja Gloger und Georg Mascolo im Morning Briefing Podcast Katja Gloger beginnt mit dem Positiven:

„Innerhalb von zehn Monaten haben es Wissenschaftler zustande gebracht, einen Impfstoff zu entwickeln, der uns helfen wird, aus dieser Pandemie herauszukommen. Für mich grenzt es immer noch an ein Wunder. “

Die Staatlichkeit allerdings hat nicht in gleicher Weise segensreich gewirkt. Mascolo erinnert daran, dass der Verweis auf das Versagen der EU nicht viel mehr als eine Ausrede ist:

Man darf nicht vergessen, wer in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres die EU-Ratspräsidentschaft innehatte – das war Deutschland. Man darf nicht vergessen, dass der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn auch unter den Gesundheitsministern der EU den Vorsitz gehabt hat. “

Deshalb trage Deutschland laut Katja Gloger eine Mitschuld am verpatzten Start der Impfkampagne:

Es hätte politische Kraft und politische Führung gebraucht zu sagen, wenn in der Pandemie Geschwindigkeit die wichtigste Währung ist, dann ist es eine zentrale politische Aufgabe, und zwar im Zweifel für das Land, das die EU-Präsidentschaft innehat, und die höchsten wirtschaftlichen Ressourcen besitzt, dafür zu sorgen, dass dieser Prozess innerhalb der EU erheblich an Geschwindigkeit aufnimmt. “

Die Corona-Pandemie wirke wie ein Brennglas für gesellschaftliche Missstände. Georg Mascolo sagt:

Vieles von dem, was wir jetzt erleben, was in diesem Land nicht funktioniert, hat auch etwas mit der Frage zu tun: Wer hat dieses Land eigentlich die letzten 16 Jahre regiert. “

Das Fazit der beiden über Angela Merkel fällt niederschmetternd aus:

Sie ist gut in der Analyse und schlecht im Abliefern. Deutschland ist unter seinem Potenzial geblieben. “

Ausgangssperre, Ursache und veröffentlichte Wirkung – der Manipulation Tür und Tor geöffnet

Professor Dr. Gerd Bosbach ist ein in Deutschland führender Wissenschaftler in der Interpretation von statistischem Material. Das möchte ich Ihnen nicht vorenthalten

Jean Pütz

Guten Tag,
da kurz nach Beginn der Ausgangssperre die Inzidenzzahlen erfreulich sanken, stellt sich die Frage nach dem Zusammenhang. Oder anders ausgedrückt, ist das Sinken der Zahlen ein Beleg für den richtigen Weg, also als Erfolg zu feiern? Es wäre doch eine schöne nachträgliche Begründung für die unbeliebte Maßnahme und ein gutes Wahlkampfargument für die beschließenden Parteien.

Zur Zeit geschieht das höchst vorsichtig(*). Zu offensichtlich ist, dass ein Sinken der Fallzahlen drei Tage nach Beginn der Ausgangssperre eine andere Ursache haben muss. Denn eine verhinderte Ansteckung der ersten Verbotsnacht wäre wegen der Zeit von der Ansteckung bis zum Beginn der Erkrankung (im Mittelwert fünf Tage) und der Zeit bis zum PCR-Test-Ergebnis mit Meldung an das örtliche Gesundheitsamt und weiter bis zum Eingang in die veröffentlichte Bundesstatistik (sicherlich noch zwei Tage) in den meisten Fällen erst etwa eine Woche später statistisch bemerkbar.

Mit zunehmendem zeitlichen Abstand zum Geschehen werden Formulierungen wie „nach Verhängung der umstrittenen Ausgangssperre haben uns die sinkenden Inzidenzwerte Recht gegeben“ sicherlich häufen. Der Leser/Hörer wird die nur formulierte zeitliche Aufeinanderfolge schon als Ursache interpretieren und den Machern danken.

Wer noch ein Argument braucht: In Köln sanken die Inzidenzwerte einen Tag vor den bundesweiten. Die schärfere Ausgangssperre begann aber 7 Tage vorher. Warum sollte die Kölner Ausgangssperre 6 Tage länger brauchen um zu wirken?

Wichtig wäre statt eines falschen Eigenlobs jetzt zu gucken, welche Ursachen denn wirklich zum Absinken geführt haben. Auch wenn statistisch aufwändiger, das Ergebnis wäre für die zukünftigen Maßnahmen eine gute Entscheidungsgrundlage.

Methodisch haben wir die  Problematik in „Lügen mit Zahlen“, Kapitel 3, „Auf der Suche nach dem Warum – Ursache und Wirkung“ beschrieben.
Die Inzidenzzahlen der letzten Wochen finden Sie für den Bund und Köln in der beiliegenden Tabelle. Erklärungen reiche ich gerne nach.

Freundliche Grüße
Gerd Bosbach
Köln, 4. Mai 2021

(*) So hat Karl Lauterbach nach Rundfunkberichten erklärt, dass die Bürger sich schon Tage vor Beginn an die Ausgangssperre gehalten hätten, also die Sperre schon der Grund für die sinkenden Fallzahlen sei. Klar solche Bürger wird es geben, aber die meisten werden die letzten erlaubten, offenen Abende noch genutzt haben. Wissend, dass das Ende der Ausgangssperre ungewiss ist. Der im November verhängte vierwöchige Lockdown gilt verschärft ja noch heute. Aber vielleicht hat Lauterbach nur einen humoristischen Testballon gestartet.