Archiv der Kategorie: Klassische Medizin

Selbstreinigung des Gehirns gegen Alzheimer

(pte) – Forscher unter der Leitung des Korea Instítute of Science and Technology(KIST) haben einen neuen Mechanismus zur Behandlung von Alzheimer entdeckt. Im Mittelpunkt stehen dabei Astrozyten, die zu den Gliazellen des Gehirns gehören und für die ein sternenförmiges oder spinnenartiges Aussehen charakteristisch ist. Den Experten nach entfernt ein Autophagiesignalweg der Astrozyten die Amyloid-β-Protein-Oligomere (Aβ). Das sind jene giftigen Proteine, die im Gehirn der Patienten nachweisbar sind. Zudem werden dabei das Gedächtnis und die kognitiven Funktionen wiederhergestellt.

Aβ-Klumpen entscheidend

Die Studie zeigt, dass die astrozytische Autophagie die Ansammlungen von Aβ verringert. Eine Verringerung der Symptome geschieht vor allem dann, wenn die mit der Autophagie in Verbindung stehenden Gene in den Astrozyten des Hippokampus exprimiert werden. Entscheidend ist jedoch, so die Forscher, dass die Plastizität der Autophagie der Astrozyten an der Entfernung der Aβ-Oligomere beteiligt ist. Damit steht auch ein möglicher neuer Behandlungsansatz zur Verfügung.

Die Forschungsergebnisse sind auch deshalb von großer Bedeutung, weil sie den traditionellen, auf den Neuronen beruhenden Ansatz zur Entwicklung neuer Medikamente gegen Alzheimer verlassen. Laut den leitenden Wissenschaftlern Hoon Ryu und Suhyun Kim beweisen die in „Molecular Neurodegeneration“ veröffentlichten Resultate, dass astrozytische Autophagie die neuronale Schädigung ausbessert und die kognitiven Funktionen eines an Demenz erkrankten Gehirns wiederherstellt.

Geheimnis der inneren Uhr endlich gelüftet

(pte) – Forscher der Duke-NUS Medical School und der University of California Santa Cruz haben das Geheimnis zur Regulierung der inneren Uhr des Menschen gelüftet. Demnach befindet sich dieser Regulator direkt am Ende von Casein Kinase 1 delta (CK1δ). Dabei handelt es sich um ein Protein, das als Schrittmacher für unsere innere biologische Uhr oder den natürlichen zirkadianen Rhythmus agiert, der den Schlaf-Wach-Rhythmus kontrolliert. Die im „PNAS“ veröffentlichten Ergebnisse könnten den Weg für neue Ansätze zur Behandlung von Krankheiten ebnen, die mit der inneren Uhr in Zusammenhang stehen.

Geringfügige Unterschiede

CK1δ reguliert die zirkadianen Rhythmen, indem es andere Proteine, die bei der inneren Uhr eine Rolle spielen, identifiziert und so das Timing dieser Rhythmen genau abstimmt. Zusätzlich zur Modifizierung anderer Proteine kann auch CK1δ selbst markiert werden und so seine Fähigkeit zur Regulierung der Proteine, die beim Betrieb der inneren Uhr eine Rolle spielen, verändern.

Frühere Studien hatten bereits zwei unterschiedliche Versionen von CK1δ, die Isoforme δ1 und δ2, identifiziert, die sich nur durch 16 Aminosäuren am Ende des Proteins, dem sogenannten Schwanz, unterscheiden. Diese geringfügigen Unterschiede wirken sich jedoch maßgeblich auf die Funktion von CK1δ aus. Bekannt war auch, dass eine Markierung dieser Proteine dazu führt, dass ihre Fähigkeit zur Regulierung der inneren Uhr abnimmt. Nun ist bekannt, wie das genau vonstatten geht.

Mittels Advanced-Spectroscopy- und Spektrometrie-Techniken konnten die Forscher auf diese Enden der Proteine zoomen und herausfinden, dass die Art und Weise, wie diese Proteine markiert werden, von ihren ausgeprägte Schwanzsequenzen bestimmt wird. Laut der korrespondierenden Autorin Carrie Partch von der University of California Santa Cruz verweisen die neuen Ergebnisse auf drei spezifische Bereiche am Schwanz von CK1δ, wo sich Phosphatgruppen anbinden können.

Diese Stellen sind für die Kontrolle der Aktivität des Proteins von entscheidender Bedeutung. Werden diese Punkte mit einer Phosphatgruppe markiert, wird CK1δ weniger aktiv. Das bedeutet, dass es die innere Uhr nicht mehr so wirksam beeinflussen kann. Laut David Virshup, der sich seit Jahrzehnten mit diesem Protein beschäftigt, gibt es jetzt endlich eine Antwort auf die Frage, die die Forschung sehr mehr als 25 Jahren beschäftigt hat.

CK1δ von großer Bedeutung

Der co-korrespondierende Autor hat nachgewiesen, dass der δ1-Schwanz umfassender mit dem Hauptteil des Proteins interagiert. Das führe zu einer größeren Selbsthemmung von δ2 und bedeute, dass das Isoform δ1 strenger von seinem Ende her kontrolliert wird als δ2. Mutieren diese Stellen oder werden sie entfernt, wird δ1 aktiver. Das führe zu Veränderungen der zirkadianen Rhythmen. Im Gegensatz dazu verfügt δ2 von seinem Schwanz her nicht über die gleiche regulierende Wirkung.

Damit ist nachgewiesen, wie ein kleiner Teil von CK1δ seine gesamte Aktivität beeinflussen kann. Diese Selbstregulierung ist für den Erhalt einer ausgewogenen Aktivität von CK1δ von entscheidender Bedeutung, die wiederum dabei hilft, den zirkadianen Rhythmus zu kontrollieren.

CK1δ spielt jedoch bei vielen anderen Vorgängen im Körper ebenfalls eine fundamentale Rolle. Dazu gehören die Zellteilung sowie das Entstehen von Krebs und bestimmter neurodegenerativer Erkrankungen. Also könnten diese Forschungsergebnisse zu neuen Behandlungsansätzen für eine ganze Reihe von Krankheiten beitragen.

Meilenstein in der Abbildung von Krebsgewebe auf Molekularer Ebene

(HZDR) – Das Institut für Radiopharmazeutische Krebsforschung am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) entwickelt Radiotracer als radioaktive Arzneimittel für die klinische Anwendung. Der Freistaat Sachsen fördert nun über Mittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung sowie mit Steuermitteln des Landes Sachsen den Kauf eines für Kleintierstudien geeigneten simultanen PET/MRT-Scanners. Als Teil des Projekts „GliaRPET“ wollen die HZDR-Forscher*innen mit dem Gerät am Leipziger Standort die präzise Bildgebung von Gehirntumoren auf molekularer Ebene mittels Positronen-Emissions-Tomographie (PET) und Magnetresonanztomographie (MRT) verbessern. Das soll langfristig die translationale Entwicklung neuer Radiopharmaka voranbringen.
Strukturelle Informationen, wie etwa hochauflösende anatomische Bilder von Tumoren und seiner Metastasen, verbunden mit der Radiotracer-basierten Darstellung des Tumormikromilieus auf molekularer Ebene: Das ist notwendig, um zu beurteilen, wie gut Radiotracer, also radioaktive Moleküle, bei Hirntumorpatient*innen für die molekulare Bildgebung geeignet sind. Essentiell sind diese Informationen für Prof. Klaus Kopka, Direktor des Instituts für Radiopharmazeutische Krebsforschung, denn: „Unser Ziel ist, geeignete Radiotracer als radioaktive Arzneimittel zu entwickeln und sie in die nuklearmedizinische Praxis zu überführen.“
Zum Einsatz kommen die Radiopharmaka im Kampf gegen Krebs zum einen in der nicht-invasiven nuklearmedizinischen Diagnostik, zum anderen in der Therapie von primären und sekundären Hirntumoren. Doch die genaue Anreicherung von Radiotracern und die unterschiedlichen molekularen Stoffwechselvorgänge sind im Gewebe bei Kleintieren wie Ratten und Mäusen oft nur schwer zu erkennen. Deshalb braucht es möglichst eine hochauflösende Bildgebung.
Klaus Kopka und sein Team konnten dafür nun über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE InfraProNet 2021-2027) Mittel für den Kauf eines für Kleintierstudien geeigneten kryogen-freien simultanen 7-Tesla-Hochfeld-MRT/PET-Scanners und dessen Einbau in die Forschungsinfrastruktur am HZDR-Standort in Leipzig einwerben. Rund 2,7 Millionen Euro kostet das Gerät, das nun produziert und auf die speziellen Ansprüche der HZDR-Forschenden angepasst wird. In spätestens zwei Jahren soll es in Betrieb gehen. Das Forschungsteam will über das Hightech-Gerät unterschiedlichste Techniken der modernen Bildgebung bündeln.
Deutschlandweit einmaliger Scanner
So können die Forschenden mit dem Gerät künftig die anatomische und die molekulare In-vivo-Bildgebung simultan und nicht wie bisher nacheinander durchführen. Das ermöglicht ihnen, die Verteilung der Radiopharmaka mittels PET- bei gleichzeitiger MRT-Bildgebung zu verfolgen und bei mehreren Tieren gleichzeitig und in kürzeren Intervallen zu messen. Dadurch verkürzen sich die Scan-Zeiten und die Forschungsarbeit wird deutlich effizienter: Tumortragende Kleintiere werden in Studien wesentlich geringer belastet, Forschungspersonal weniger zeitlich beansprucht.
Hinzu kommt, dass die MRT-Komponente eine Magnetfeldstärke von 7 Tesla aufweist. Dadurch liegt es deutlich über der gängigen Magnetfeldstärke von 3 Tesla, mit der Geräte in Kliniken üblicherweise ausgestattet sind. „Das ermöglicht uns neben einer besseren anatomischen Auflösung eine funktionelle MRT-Bildgebung und die Darstellung Tumor-spezifischer Stoffwechselvorgänge mittels In-vivo-Magnetresonanzspektroskopie“, erklärt Daniel Gündel. Dank des in dieser Kombination deutschlandweit einmaligen Scanners werden sich beispielsweise Tumore und Metastasen im Gehirn der Kleintiere schon in sehr frühen Stadien erkennen lassen.
Außerdem besitzt das Scangerät eine PET- sowie eine Einzelphotonen-Emissions-Computertomographie (SPECT)-Komponente. „Insgesamt sind wir damit auf dem aktuellsten Stand der Technik, um multimodale nichtinvasive Bildgebungstechniken an experimentellen Tiermodellen von Hirntumoren durch den Einsatz neuartiger Radiotracer durchzuführen“, sagt Dr. Daniel Gündel, der als Biologe am HZDR-Standort Leipzig auf dem Gebiet der Radiotracer-basierten Kleintierbildgebung forscht.
Grundlage für internationale Kooperationen
„Für uns ist das Kleintier-7T MRT/PET-Gerät ein Meilenstein, denn dadurch wird das HZDR auf dem Gebiet der radiopharmazeutischen Krebsforschung national und international sehr kompetitiv“, bilanziert Klaus Kopka. Anspruch sei zudem, noch mehr internationale Kooperationen initiieren zu können. Profitieren soll von dem modernen Scangerät die neue Professur „Experimentelle Neuroonkologische Radiopharmazie“, die derzeit gemeinsam mit der Universität Leipzig berufen wird.
Das strategisch ausgerichtete Vorhaben „GliaRPET“ werde damit zur wesentlichen Voraussetzung für anspruchsvolle multimodale Bildgebungsstudien in tierexperimentellen Hirntumormodellen. Die Ergebnisse der präklinischen MRT/PET-Studien sollen künftig gemeinsam mit Projektpartnern, wie der Universität Leipzig oder dem Nationalen Zentrum für Strahlenforschung in der Onkologie – OncoRay, in die bildgeführte Strahlentherapie übertragen werden.

Weichmacher beeinträchtigen Gehirnfunktion

(pte) – Die beiden Weichmacher DEHP und DINP haben negative Auswirkungen auf die normale Hirnfunktion von Wirbeltieren. Zu dem Schluss kommen Forscher der Universität Bayreuth. Diese Chemikalien werden beispielsweise in PVC, Farben und Kosmetika verwendet. Details sind in „Ecotoxicology and Environmental Safety“ nachzulesen.

Blut-Hirn-Schranke passiert

DEHP beeinträchtigt die Entwicklung und Fortpflanzung, weshalb er an vielen Stellen bereits durch die bisher als sicherer geltende Alternative DINP ersetzt wurde. Nun zeigt sich, dass DEHP zusätzlich die Blut-Hirn-Schranke beeinträchtigt. Diese schützt das Gehirn vor Erregern oder Giftstoffen im Blut. Die Experten warnen daher vor einer Gefahr auch für Erwachsene.

Die Fachleute haben Goldfische vier Wochen lang einer umweltrelevanten Konzentration von Weichmachern ausgesetzt. Anschließend haben sie die Auswirkung von DEHP respektive DINP auf das Gehirn am Mauthner-Neuron – der größten Nervenzelle im Stammhirn von Fischen – untersucht. Das Mauthner-Neuron ist für entsprechende Messungen zugänglich und bekommt Input aus einer Vielzahl von Sinnessystemen, weshalb es sich für die Untersuchung anbietet.

„Ergebnisse sind alarmierend“

„Die Ergebnisse unserer Studie sind alarmierend und mit einiger Vorsicht auch übertragbar auf den Menschen. Grundlegende Funktionen des Gehirns, wie Nervenzellen Information verarbeiten und weiterleiten sowie die Übertragung von Information von einer Nervenzelle auf die andere laufen bei Fischen nicht anders ab als beim Menschen. Und hier finden wir Effekte der Weichmacher-Exposition“, sagt der Bayreuther Wissenschaftler Peter Machnik.

Laut den Messungen am Mauthner-Neuron der Fische reduzieren sowohl DEHP als auch DINP die Leitungsgeschwindigkeit der Nervenzelle um 20 Prozent. Auch wurden negative Folgen auf die Verbindung zwischen den Nervenzellen – die Synapsen – und damit auf die Übertragung der Erregung von einer Nervenzelle auf die andere festgestellt. Zudem wurden Hinweise darauf gefunden, dass beide Weichmacher die visuelle Wahrnehmung der Fische beeinträchtigen.

Hilfe für Autoimmunkranke

(Uni Kiel) – Einem Forschungsteam mit Beteiligung des Exzellenzclusters PMI ist es gelungen, krankheitsverursachende T-Zellen bei Autoimmunerkrankungen aus dem Blut zu isolieren und zu analysieren.

Bei Autoimmunerkrankungen attackiert das Immunsystem fälschlicherweise körpereigene Strukturen. Einem Forschungsteam aus Kiel, Lübeck und Berlin ist es nun mit einer von ihnen entwickelten Methode gelungen, bestimmte krankmachende Immunzellen genauer zu analysieren. Dabei stellten sie fest, dass diese Zellen teilweise jahrelang in einen ruhenden Zustand wechseln können und dadurch für die bisherigen Therapieansätze unerreichbar werden. Wechseln die Zellen dann wieder in einen aktiven Zustand, bringen sie erneut weitere Immunzellen dazu die körpereigenen Strukturen anzugreifen und entfachen so die Erkrankung auf Neue. Die Ergebnisse hat das interdisziplinäre Forschungsteam unter Beteiligung zahlreicher Mitglieder des Exzellenzclusters „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ (PMI) vor kurzem im renommierten Fachmagazin „Immunity“ veröffentlicht.

Überraschend: Autoreaktive Immunzellen in ruhendem Zustand

Die Forschenden haben Blutproben von Patientinnen und Patienten untersucht, die eine von drei Autoimmunerkrankungen hatten, bei denen bekannt ist, gegen welche Strukturen sich das Immunsystem richtet. Mithilfe einer von ihnen entwickelten Methode (Antigen-reactive T cell enrichment, ARTE, s.u.) konnten sie aus der großen Menge verschiedener Immunzellen im Blut gezielt die seltenen autoreaktiven Immunzellen anreichern und analysieren. Das sind die Zellen, die fälschlicherweise auf körpereigene Strukturen reagieren, Entzündungen in Gang bringen und andere Immunzellen dazu veranlassen die körpereigenen Strukturen anzugreifen.

„Bisher wurde angenommen, dass diese Zellen bei Autoimmunerkrankungen chronisch aktiviert sind und so die Entzündung antreiben“, erklärt die Erstautorin Dr. Carina Saggau vom Institut für Immunologie der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Kiel. „Doch wir konnten nun zeigen, dass überraschenderweise ein Teil von ihnen in einen ruhenden Zustand ist, der in der Wissenschaft als „exhausted“, also erschöpft, bezeichnet wird, und in diesem Zustand teilweise jahrelang im Blut zirkuliert.“ Dieser ruhende Zustand ist bisher aus der Tumorforschung bekannt: In Tumoren befinden sich die Immunzellen, die eigentlich den Tumor bekämpfen müssten, in so einem Zustand und lassen den Tumor daher ungehindert wachsen.

„Bei den untersuchten Autoimmunerkrankungen vermuten wir, dass die chronische Aktivierung durch die körpereigene Struktur nach einiger Zeit zu einer Art „Notabschaltung“ führt. Der Körper braucht einen Mechanismus, um solche Zellen abzuschalten, die dauerhaft aktiviert werden“, sagt Professor Alexander Scheffold, Direktor des Instituts für Immunologie und Mitglied im Exzellenzcluster „Precision Medicine in Chronic Inflammation“ PMI. Der Immunologe hat die interdisziplinäre Forschungsarbeit gemeinsam mit dem Neuroimmunologen PD Frank Leypoldt vom Institut für klinische Chemie am UKSH, Campus Kiel, und Professor Friedemann Paul vom Experimental and Clinical Research Center der Charité, Berlin, geleitet.

Reaktivierung der ruhenden Zellen führt zu neuem Krankheitsschub

Der ruhende Zustand führt bei den Autoimmunerkrankungen jedoch auch dazu, dass diese Zellen den gängigen Therapien entgehen, die darauf abzielen das überreaktive Immunsystem zu unterdrücken. Das heißt: Häufig schlägt die Therapie an und unterdrückt die Symptome der Autoimmunreaktion, aber einige der krankmachenden T-Zellen überleben in dem ruhenden Zustand. Werden einige der ruhenden Zellen reaktiviert, vermutlich durch Infektionen oder Umweltfaktoren, können sie den gesamten Krankheitsprozess wieder anschalten. Die Betroffenen erleben einen neuen Krankheitsschub.

„Diese Beobachtung erklärt, warum derzeitige Therapien keinen dauerhaften Schutz vor Rückfällen bieten“, erklärt PD Frank Leypoldt, ebenfalls Mitglied im Exzellenzcluster PMI. „Gleichzeitig eröffnen sie neue Ansatzpunkte für gezieltere Therapien. So könnte man versuchen, mit speziell auf die ruhenden Zellen gerichteten Therapien, diese selektiv anzugreifen und so die Krankheit effektiver, nachhaltiger und präziser zu behandeln. Alternativ könnte man, basierend auf bestehenden Ansätzen aus der Tumormedizin, die Zellen reaktivieren, um sie dann besser therapeutisch zu erreichen,“ so Leypoldt weiter.

Außerdem seien die Beobachtungen wichtig für ein besseres Verständnis der zugrundliegenden Krankheitsmechanismen, betont Scheffold. „Wir haben die Zusammenhänge nun an drei Modellerkrankungen erstmals gezeigt. Als nächstes möchten wir untersuchen, bei welchen anderen Entzündungserkrankungen wir diesen Zustand noch finden, um besser verstehen zu können, was den verschiedenen Erkrankungen jeweils zu Grunde liegt. Nur so ist eine spezifische Therapie der jeweiligen Krankheitsursachen im Sinne einer echten Präzisionsmedizin möglich“, erklärt Scheffold.

Über die ARTE-Methode:

In einer Blutprobe reagieren nur etwa eine aus hunderttausend T-Zellen gegen das spezifische Autoantigen, also das körpereigene Molekül, gegen das sich das Immunsystem bei der Autoimmunerkrankung richtet. Um diese seltenen Zellen überhaupt untersuchen zu können, haben Prof. Petra Bacher und Prof. Alexander Scheffold vom Exzellenzcluster PMI das sogenannte „Antigen-reactive T cell enrichment“ (ARTE, Anreicherung antigenreaktiver T-Zellen) entwickelt. Das Verfahren basiert darauf, Blutzellen im Reagenzglas kurz mit dem Antigen zu konfrontieren. Antigen-spezifische T-Zellen werden so aktiviert und können anhand von „Aktivierungsmarkern“ mit Magnetpartikeln markiert werden. Über magnetische Trennsäulen, werden diese seltenen T-Zellen dann aus einer größeren Blutmenge herausfiltriert und analysiert.

Neue Methode: Anitbiotika gegen resistente Bakterien

(pte) – 70 Prozent aller derzeit zugelassenen Antibiotika werden aus Actinobakterien in der Erde gewonnen. Forschern der University of Helsinki ist jetzt ein wichtiger Durchbruch gelungen. Sie haben einen Wirkstoff entdeckt, der die Virulenz der EPEC-Bakterien unterdrückt, ohne ihr Wachstum zu beeinflussen. Auch konnte ein Wirkstoff identifiziert werden, der das Wachstum der Bakterien verhindert.

Fokus auf EPEC-Stamm

Die Forscher haben sich auf den EPEC-Stamm konzentriert, da er häufig bei Kindern unter fünf Jahren einen fallweise tödlichen Durchfall auslöst. Davon betroffen sind vor allem Entwicklungsländer. EPEC verursacht eine Erkrankung, indem es sich an Zellen im menschlichen Darm anbindet. In einem nächsten Schritt werden Virulenzfaktoren in der Wirtszelle platziert, die sie am Ende abtöten. Die jetzt getesteten Wirkstoffe stammen von vier Arten von Actinobakterien.

Sie wurden von Wirbellosen gewonnen, die während einer Expedition im Jahr 2020 gesammelt worden waren. Diese Bakterien sind dann im Labor kultiviert, ihre Zellen extrahiert und ihr Inhalt in Fraktionen zerlegt worden. Jede Fraktion wurde dann in vitro getestet – und zwar anhand von EPEC, die sie an gezüchteten Darmkrebszellen angehängt hatten. Die Forscher konnten in der Folge zwei bisher unbekannte Wirkstoffe mit einer starken Aktivität gegen Viren und Bakterien nachweisen.

„T091-5“ aussichtsreich

Einer der neuen Wirkstoffe kommt von einem unbekannten Stamm mit der Bezeichnung „T091-5“ im Genus von Rhodococcus. Der andere namens „T160-2“ rührt vom bisher unbekannten Stamm in einen weiteren Genus – und zwar von Koncuria. Anders als die Wirkstoffe von T160-2 verlangsamte der Wirkstoff von T091-5 das Wachstum der EPEC-Bakterien nicht. Somit ist T091-5 der Kandidat mit der größten Erfolgsaussicht. Details sind in „Frontiers in Microbiology“ nachzulesen.

Wie die Politik das RKI beeinflusste – Mit einer Einführung von Jean Pütz

Die Forschung ist auf Drittmittel angewiesen und das nutzt die Politik um die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft generell in Frage zu stellen – leider ist dadurch das Prinzip des political correctness entstanden, das häufig Ergebnisse nach dem Motto. „Was nicht sein darf, das nicht sein kann“ erbringt. Darunter leidet nicht nur die gesamte Medizin, sondern vor allen Dingen alles was sich um die notwendige Klimarettung dreht.
Jean Pütz

(Pioneer) – Die öffentlich gewordenen vollständigen Protokolle des Robert Koch-Instituts (RKI-Files) lassen Zweifel an der Unabhängigkeit der Institution während der Pandemie aufkommen – trotz gegenteiliger Darstellung der damals verantwortlichen Minister Jens Spahn und Karl Lauterbach.

„Das RKI ist in seiner fachlichen Bewertung von Krankheiten absolut unabhängig“, sagte Lauterbach nachdem nach der teilweisen Veröffentlichung der RKI-Protokollen Anfang Juni erste Zweifel daran laut wurden.

Auch ein Sprecher des ehemaligen Gesundheitsministers Jens Spahn sagt unserer Kollegin Clara Meyer-Horn auf Nachfrage: „Die wissenschaftliche Unabhängigkeit des RKI als Behörde des Bundes sieht Herr Spahn als gewährleistet.“

Doch dem widersprechen etliche Protokolle in den nun geleakten RKI-Dokumenten, die unsere Kollegen Jan Schroeder und Michael Bassewitz gesichtet haben.

Zum Hintergrund: Am Dienstag wurden die vollständigen Protokolle aus den internen Sitzungen des RKIs aus der Corona-Zeit von einer Aktivistin veröffentlicht, die die Datensätze zuvor von einem Whistleblower aus dem RKI erhalten hatten. Dort enthalten: über 4.000 Seiten an Dokumenten aus der Krisenzeit, die bisher von niemandem vollständig gesichteten wurden.

Folgende vier Passagen aus den RKI-Files lassen an der Einschätzung der Minister zweifeln:

1) Das RKI wurde vom Gesundheitsministerium beeinflusst

Das Gesundheitsministerium hatte offenbar Ergänzungen in eine wissenschaftliche Veröffentlichung des RKI eingefügt. Auf RKI-Seite gab es dazu Bedenken, die am 10. September 2021 zu Protokoll gegeben wurden: „Die Weisungsbefugnis des Ministers bei technischen Dokumenten des RKI wird derzeit von L1 [die Rechtsabteilung des RKI, Anmerkung d. Verf.] rechtlich geprüft.“

Die RKI-Leitung war dem Protokoll zufolge der Meinung, dass man den Weisungen des Gesundheitsministeriums nachkommen müsse, da das Institut der Fachaufsicht des Ministeriums unterstehe und sich das „Institut daher nicht auf die Freiheit der Wissenschaft berufen kann“. Das jedoch war im RKI intern offenbar umstritten oder unklar. Das Protokoll stellt daher fest:

Die wissenschaftliche Unabhängigkeit des RKI von der Politik ist insofern eingeschränkt.

2) Das RKI schwieg bei Falschaussagen des Gesundheitsministers – sogar bei vermeintlichen RKI-Zahlen

Als Gesundheitsminister Spahn im Herbst 2021 von einer „Pandemie der Ungeimpften“ sprach und damit der Ausschluss von Ungeimpften von großen Teilen des öffentlichen Lebens rechtfertigte, gab das RKI intern zu Protokoll (am 5. November 2021): „In den Medien wird von einer Pandemie der Ungeimpften gesprochen. Aus fachlicher Sicht nicht korrekt. Gesamtbevölkerung trägt bei. Soll das in Kommunikation aufgegriffen werden?“ Und weiter:

Dient als Appell an alle, die nicht geimpft sind, sich impfen zu lassen. Sagt Minister bei jeder Pressekonferenz, vermutlich bewusst, kann eher nicht korrigiert werden.

Gesundheitsminister Spahn hatte öffentlich sogar behauptet, das RKI habe die These von der Pandemie der Ungeimpften „mit Zahlen belegt“. Auch diese Behauptung korrigierte das Institut nie.

3) Politik beeinflusste die wissenschaftliche Rechtfertigung

Die Politik hatte die Risikobewertungen des RKI als wissenschaftliche Grundlage für Lockdown-Maßnahmen und -Lockerungen herangezogen. Diese wurden – so suggerieren die Protokolle – von der Politik beeinflusst. Am 25. Februar 2022 heißt es etwa:

Reduzierung des Risikos von sehr hoch auf hoch wurde vom BMG abgelehnt.

4) Politische Entscheidungen wurden im Nachhinein „wissenschaftlich“ abgesegnet

Die Entscheidungen über die Corona-Maßnahmen wurden maßgeblich auf der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) getroffen. Erst nachträglich wurden diese dann offenbar zumindest in einzelnen Fällen vom RKI als wissenschaftlich gerechtfertigt.

Am 24. Januar 2022 heißt es in den Protokollen des RKIs:

Es wurde beschlossen, die Ergebnisse der heutigen MPK abzuwarten. Erst dann einen Termin mit BMG zur weiteren Abstimmung machen, um Punkt für Punkt zu bestimmen und zu besprechen, wie Beschlüsse in gemeinsame Empfehlungen umgesetzt werden und auf der Website des RKI dargestellt werden.

In einem Protokoll vom 11. April 2022 äußert das RKI Zweifel an der Vorgehensweise, zumindest für weitere Vorgänge: „Es soll kein Präzedenzfall werden, dass politische Vorgaben nachträglich wissenschaftlich begründet werden, eher Anreicherung von Begleitmaterial zu den Vorgaben, vorsichtige Formulierung.“

Tino Sorge, gesundheitspolitischer Sprecher der Union, wirft dem RKI eine „Zwitterstellung“ vor, das einerseits unabhängig beraten soll und andererseits in die Außenkommunikation des Ministeriums direkt eingebunden ist. Er sagt unserem Kollegen Michael Bassewitz:

Diese Lage bedingt naturgemäß Interessenkonflikte, die nur durch eine stärkere Eigenständigkeit des Institutes gelöst werden könnten. Mehr Unabhängigkeit für das RKI, sowohl in struktureller wie auch finanzieller Hinsicht, sollte daher das Ziel sein.

Diese Fragen gehörten daher in die notwendige Aufarbeitung der Pandemie, so Sorge.

Fazit: „Zu verbergen gibt es nichts“, sagt Karl Lauterbach über die Protokolle. Zum Aufarbeiten schon.

Regeneration von Nervenzellen aufgeklärt

(pte) –  Forscher der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und Helmholtz Munich haben die Schlüsselmechanismen zur Regeneration von Nervenzellen identifiziert und zeigen, wie Gliazellen mithilfe epigenetischer Modifikationen zu Neuronen umprogrammiert werden. Dieses Wissen ebnet den Weg für neue Therapien neurologischer Erkrankungen wie Traumata, Schlaganfälle, Epilepsien und Co.

Epigenom umstrukturiert

Die Teams haben die molekularen Mechanismen untersucht, mit denen Gliazellen mithilfe eines einzigen Transkriptionsfaktors in Neuronen umgewandelt werden. Dabei haben sich die Forscher auf kleine chemische Modifikationen des Erbguts, sogenannte epigenetische Veränderungen, konzentriert.

Das Epigenom trägt dazu bei, zu kontrollieren, welche Gene in verschiedenen Zellen zu verschiedenen Zeitpunkten aktiv sind, erklären die Experten. Die Teams konnten nun zum ersten Mal zeigen, wie koordiniert die Umstrukturierung des Epigenoms durch einen einzigen Transkriptionsfaktor gesteuert wird.

Transkriptionsfaktor wichtig

Konkret beeinflusst eine posttranslationale Modifikation des reprogrammierenden neurogenen Transkriptionsfaktors Neurogenin2 die epigenetische Umstrukturierung und die neuronalen Reprogrammierung maßgeblich. Allerdings genügt der Transkriptionsfaktor allein nicht, um die Gliazellen umzuprogrammieren.

Laut den Forschern spielt das Protein, der Transkriptionsregulator YingYang1, eine Schlüsselrolle bei dem Prozess. YingYang1 ist nötig, um das Erbgut für die Umprogrammierung zu öffnen, und interagiert dafür mit dem Transkriptionsfaktor.

„Das Protein Ying Yang 1 ist entscheidend, um die Umwandlung von Astrozyten in Neuronen zu erreichen. Diese Erkenntnisse sind wichtig, um die Reprogrammierung von Gliazellen zu Neuronen zu verstehen und zu verbessern, und bringen uns damit therapeutischen Lösungen näher“, so LMU-Teamleiterin Magdalena Götz.

Multiples Myelom – aggressive Tumoren früh erkennen

(mdc) – Das Multiple Myelom ist eine der häufigsten Krebserkrankungen der Immunzellen des Knochenmarks. Trotz therapeutischer Fortschritte und der Einführung neuer zellulärer Immuntherapien gibt es für das Multiple Myelom heute noch keine Heilung. Auch wenn die Behandlung zunächst anschlägt, kehrt der Krebs zurück. Um schneller und zielgerichteter eingreifen zu können, haben Forschende um Professor Jan Krönke, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin, und Dr. Philipp Mertins, Leiter der Technologieplattform Proteomik von Max Delbrück Center und Berlin Institute of Health in der Charité (BIH) zusammen mit weiteren Partnern die Erkrankung umfassend molekular untersucht. Wie sich besonders aggressive Tumorvarianten frühzeitig erkennen lassen, beschreibt das Team jetzt im Fachmagazin „Nature Cancer“. Es zeigt auf, wie sich Veränderungen im Erbgut auf das Protein-Profil der Tumorzellen und damit auf die Krankheitsmechanismen auswirken. 
 
Beim Multiplen Myelom entarten Immunzellen des Knochenmarks, die Plasmazellen. Plasmazellen sind für die Produktion von Antikörpern verantwortlich. Jeder Mensch verfügt über eine Vielzahl unterschiedlicher Plasmazellen, die unterschiedliche Antikörper in großer Zahl bilden. So kann der Körper verschiedene Krankheitserreger erkennen und bekämpfen. Im Fall des Multiplen Myeloms entwickelt sich eine einzelne Plasmazelle zur Tumorzelle. Sie vermehrt sich ungehemmt und bildet eine monoklonale Zellpopulation, das heißt, es entstehen viele Zellen, die alle exakt gleich und zunächst genetisch identisch sind. Auch sie produzieren oft Antikörper in großer Zahl oder Bruchstücke von ihnen – jedoch sind diese funktionslos. Im Verlauf der Krankheit entstehen meist mehrere Tumorherde an vielen Stellen des Knochenmarks, daher der Name: Multiples, also vielfaches, Myelom. Immunschwäche, Nierenversagen, Knochenabbau und Knochenbrüche sind nur einige der Folgen des unkontrollierten Zellwachstums. 
 
Welchen Weg schlägt der Tumor ein?
 
Jede Krebserkrankung ist anders, so auch beim Multiplen Myelom. Tumorherde entwickeln sich individuell verschieden und mit unterschiedlicher Geschwindigkeit. Das erschwert eine Einschätzung des Krankheitsverlaufs und die Wahl der optimalen Behandlung. Während sich veränderte Plasmazellen manchmal nur wenig verbreiten, verhalten sie sich in anderen Fällen äußerst aggressiv, was mit einer schlechten Perspektive für den weiteren Krankheitsverlauf einhergeht.
 
Was also macht die Verläufe bei Multiplem Myelom so unterschiedlich? Gemeinsam mit Expert*innen für Proteinanalysen des Max Delbrück Center und des BIH haben die Forschenden genetische und molekulare Veränderungen in den Tumorzellen bei einer Gruppe von mehr als einhundert Erkrankten im Detail untersucht. Eingeflossen sind Daten von Patient*innen der Deutschen Studiengruppe Multiples Myelom (DSMM), die am Universitätsklinikum Würzburg koordiniert wird. Die Forschenden konnten somit klinische Daten von einheitlich behandelten Patient*innen über einen Zeitraum von acht Jahren und länger nach der Erstdiagnose einbeziehen.
 
Systemmedizin und sehr große Datenmengen
 
Während für andere Krebsarten die Veränderungen im Genom und ihre Auswirkungen auf das Proteom bereits gut beschrieben sind, ist dies die erste umfangreiche proteogenomische Studie für das Multiple Myelom. „Um die Krankheitsmechanismen aufzuklären, reichen Daten zur Genetik allein nicht aus“, sagt Philipp Mertins. „Wir wollten wissen, welche Folgen genetische Veränderungen auf der Ebene der Proteine haben und diese molekularbiologischen Daten mit dem tatsächlichen Verlauf bei den Patientinnen und Patienten abgleichen.“ Bei der Erhebung und Auswertung der umfangreichen Datenmengen hatte das Team Unterstützung durch die Expert*innen an Charité, BIH und des Deutschen Konsortiums für Translationale Krebsforschung (DKTK).
 
Neueste massenspektrometrische Methoden ermöglichten es, das Proteinprofil entarteter Plasmazellen zu erstellen und mit dem Profil gesunder Plasmazellen von nicht erkrankten Personen zu vergleichen. Das Ergebnis: Sowohl genetische Veränderungen als auch Veränderungen in den Signalwegen führen zu einer unkontrollierten Aktivierung der Krebszellen. Regulatorische Prozesse auf Proteinebene hatten dabei den stärkeren Einfluss. Die Forschenden konnten eine Proteinkonstellation ausfindig machen, die unabhängig von bekannten Risikofaktoren auf einen besonders aggressiven Krankheitsverlauf hinweist. 
 
Aufbruch zu neuen Therapien
 
„Die Erkenntnisse werden dazu beitragen, Patientinnen und Patienten künftig besser in Untergruppen einzuteilen und damit die Therapie zu personalisieren“, folgert Jan Krönke. „Wir haben wichtige Proteine und Signalwege identifiziert, die Grundlage für noch besser wirksame und verträglichere Therapien für das Multiple Myelom sein können, zum Beispiel für Immuntherapien wie die CAR-T-Zell-Therapie.“ Welche der gefundenen Zielstrukturen für neue therapeutische Ansätze tatsächlich infrage kommen, werden die Forschenden in weiteren Schritten untersuchen.
 
Für die Forschung und die anwendungsbezogene Entwicklung ist die Studie eine zentrale Ressource, betont Dr. Evelyn Ramberger, Erstautorin der Studie: „Um den komplexen Datensatz handhabbar zu machen, haben wir ein interaktives und frei verfügbares Online-Tool programmiert.“ Damit haben Krebsforscher*innen einen einfachen Zugang zu den Ergebnissen und können die Informationen für die Entwicklung neuer Therapien und Tests zur Therapiesteuerung nutzen. So könnten Patient*innen mit einer besonders aggressiven Form des Multiplen Myeloms möglicherweise gleich zu Beginn mit einer intensiveren Therapie behandelt werden.
 
Massenspektrometrie
 
Die Massenspektrometrie ist ein technisches Verfahren zur Analyse der Masse von Molekülen und Atomen. Die zu untersuchende Substanz wird dabei ionisiert und in eine Gasphase überführt. Die entstandenen Ionen werden mithilfe eines elektrischen Feldes stark beschleunigt und in der Analyseeinheit des Massenspektrometers nach dem Verhältnis ihrer Masse zu ihrer Ladung sortiert. Das Massenspektrum einer Substanz gibt Aufschluss über ihre molekulare Zusammensetzung. Daher eignet sich die Massenspektrometrie zur Identifizierung, Charakterisierung und Quantifizierung einer Vielzahl von Biomolekülen, wie Proteinen, Metaboliten, Zuckern und Fetten, die sich je nach Krankheitsbild und Individuum anders verhalten.
 
Über die Studie
 
Die Studie wurde unterstützt durch das Deutsche Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Mass spectrometry in Systems Medicine (MSCorSys), die Wilhelm-Sander-Stiftung und die Berliner Krebsgesellschaft. Neben Forschenden der Charité, des Berlin Institute of Health in der Charité (BIH) und des Max Delbrück Center haben Expert*innen des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) sowie der Universitätskliniken Würzburg und Ulm, und die Deutsche Studiengruppe Multiples Myelom (DSMM, Koordination: Professor Stefan Knop und Professor Hermann Einsele), maßgeblich zu den Arbeiten beigetragen.

Mikroplastik wandert vom Darm ins Gehirn

(pte) – Mikroplastik kann sich vom Darm auf lebenswichtige Organe des Körpers wie das Gehirn, die Leber und die Nieren ausbreiten, zeigt eine an Mäusen durchgeführte Studie von Marcus Garcia vom University of New Mexico College of Pharmacy. Dabei wurde untersucht, wie sich die Aufnahme von Mengen an Mikroplastik bei den Tieren auswirkt, wie sie auch in der Umwelt zu finden sind. Laut den in „Environmental Health Perspectives“ veröffentlichten Erkenntnissen kann Mikroplastik zu Stoffwechselveränderungen und damit auch zu systemischen Wirkungen führen.

„Erhebliche Auswirkungen“

„Die Auswirkungen unserer Forschungsergebnisse auf die menschliche Gesundheit sind erheblich“, so Garcia. Mikroplastik sei heute in der Umwelt sehr stark vertreten. Davon betroffen seien der Boden, Nahrungsmittel und Wasser. Die Forscher haben für diese Studie Mikroplastik als Partikel definiert, die kleiner als fünf Millimeter sind.

Die Mäuse wurden über die Nahrung verschiedenen Mengen von Polystyrol oder Mikrokügelchen aus gemischten Polymeren ausgesetzt. In der Folge untersuchten die Forscher das Serum, Gehirn, Leber, Nieren und auch das Gewebe des Dickdarms auf das Vorhandensein von Mikroplastik.

Als Ergebnis konnten die Forscher zeigen, wie sich Mikroplastik auch in andere, weit entfernte Bereiche des Körpers ausbreitet. In Dickdarm, Leber und Gehirn kam es zudem zu spezifischen Stoffwechselveränderungen. Die Art der Veränderungen hing dabei davon ab, wie groß die Belastung der Mäuse gewesen ist und welcher Art von Mikroplastik sie ausgesetzt waren.

Mehr Forschung nötig

Da diese wissenschaftliche Untersuchung an Mäusen durchgeführt wurde, sind laut Garcia weitere Erhebungen erforderlich, um zu bestätigen, dass sich diese Ergebnisse auch auf den Menschen anwenden lassen. Derzeit erforscht Garcia bereits, wie Mikroplastik in das Gehirn gelangt.

Zusätzlich werden neue Verfahren dazu eingesetzt, die Ansammlung von Mikroplastik im menschlichen Gehirn, der Leber und den Nieren zu untersuchen. Sie werden dafür mittels Pyrolyse-Gaschromatographie/Massenspektrometrie aus dem biologischen Gewebe isoliert und anschließend quantitativ bestimmt.