Nicht nur der Gewinn der Europameisterschaft signalisiert, aus der lahmen Ente Italien unter Ministerpräsident Draghi, dem früheren Chef der Europäischen Zentralbank, wird Italien wieder zu einem geachteten Industriestaat in Europa. Was wenige vermuten, Italien hat im Umsatz die zweitgrößte Industrie in der EU. Es ist nicht nur FIAT, sondern auch die Maschinenbau-Industrie, die dem Aufschwung Flügel verleiht. Seit über 30 Jahren bin ich Ehrenmitglied der Deutsch-Italienischen Wirtschaftsvereinigung e. V. Deshalb habe ich die vorherige Entwicklung manchmal mit Bangen verfolgt, aber ab sofort mit Zuversicht.
Einen Wehrmutstropfen muss ich doch in die Diskussion bringen. Der Süden Italiens, der Mezzogiorno profitiert leider überhaupt nicht von diesem Umschwung. Meine Frau ist Italienerin aus Apulien. Dort herrscht eine Jugendarbeitslosigkeit von bis zu 60%. Die ehemals florierende Schuhindustrie ist in Billiglohn-Länder abgewandert. So entwickelt sich dieser Landstrich immer mehr zu einer reinen Agrar-Wirtschaft. Vielleicht ein Beispiel für zukünftige Entwicklung in Deutschland, wenn sich die Grün-Ideologen durchsetzen.
Abhilfe würde meines Erachtens ein duales Ausbildungssystem wie es in Deutschland durch die Verknüpfung von praktischer Lehre und Berufsschule entstanden ist, leisten, aber obwohl ich mich persönlich darum bemüht habe, scheint die schulische Infrastruktur dafür nicht geeignet zu sein. Hinzu kommt der permanente Aderlass von intelligenten Jugendlichen, die nach Abitur und Studium in Norditalien und der Schweiz ihr Glück suchen, und dort die Wirtschaft auf Vordermann bringen. Aber vielleicht entsteht in Zukunft ein wenig Hoffnung durch europäische Kooperation.
Jean Pütz