Archiv der Kategorie: Politik Gesellschaft

Ein intelligenter Artikel zum Kolonialismus von Gabor Steinhart

(Pioneer) – die Kolonialisten früherer Zeit unterscheiden sich von ihren Nachfolgern dadurch, dass sie ihre Überlegenheitsgefühle offen auslebten. Cecil Rhodes, der als britischer Besatzer in Indien („Wir sind nicht hier, um uns gut zu benehmen“) seinen Auftritt hatte, sagte:

Ich behauptete, dass wir Briten die erste Rasse der Welt sind, und je mehr von der Welt wir bewohnen, desto besser ist es für die menschliche Rasse.

Auch König Leopold II. von Belgien war durchdrungen von der Idee einer fortschrittlichen Besatzung:

Die Mission der Zivilisation, die wir den Wilden schulden, besteht darin, ihnen den Weg zum Fortschritt zu zeigen.

Die damaligen Protagonisten sind verstorben. Aber die Idee einer westlichen Überlegenheit lebt.

Die neuen Kolonialisten gehören der EU-Kommission und der Bundesregierung an, wohnen im Weißen Haus und im Élysée-Palast. Diesmal geht es nicht um die Besetzung fremden Territoriums durch Könige und Soldaten, sondern durch Finanzbeamte, Zöllner und Sanktionsexperten. Am westlichen Wesen soll die Welt genesen. Man spricht nicht mehr von den „Wilden“, sondern von den „sich entwickelnden Staaten“, die man in der Kunst der „europäischen Werte“ unterweisen möchte.

  • Die europäischen Firmen sollen gemäß dem Lieferkettengesetz nicht mehr nur Produkte exportieren, sondern auch die Moralvorstellungen der EU-Kommission.
  • Wer frech wird, sprich zu erfolgreich ist, wird mit Sanktionen und Zöllen belegt – so wie die Elektrofahrzeuge der Volksrepublik China.
  • Von Stahlproduzenten und Maschinenbauern wird an der europäischen Grenze erst eine Offenlegung ihrer Produktionsweise und anschließend eine CO₂-Ausgleichsabgabe verlangt. Der Green Deal soll als weltweiter Standard durchgesetzt werden.

Die gute Nachricht: Geschichte wiederholt sich nicht. Die neuen Kolonialisten können sich nicht mehr auf die bedingungslose Gefolgschaft der Wirtschaft verlassen. Damals marschierten Wirtschaftsbosse und politische Machthaber im Gleichschritt nach Afrika, Indien und Lateinamerika.

Heute geht die Wirtschaft eigene Wege: Die Unternehmen wollen nicht drohen und unterdrücken, sondern werben und verkaufen. Die andere Nation ist für sie nicht Rivale, sondern Zielgruppe und Produktionsstandort. Der Aufstieg der anderen begünstigt den eigenen.

Immer mehr Firmen akzeptieren das Primat der Politik nur noch rhetorisch. Es kommt zu einer bemerkenswerten Abfolge von Widerspenstigkeiten:

Der Fall Nvidia

Pax Americana: Der Chiphersteller für die Künstliche Intelligenz tut alles, um die technologische Kriegsführung der amerikanischen Regierung zu konterkarieren. Eigentlich dürfen die Hochleistungschips nicht mehr an den Erzrivalen China ausgeliefert werden. Aber Nvidia-CEO Jensen Huang hat anders entschieden.

Der Papiertiger: Rund eine Million der neuen H20-Chips will man in diesem Jahr an die Volksrepublik verkaufen. Der Chip wurde so designt, dass er weniger Leistung erbringt und dadurch nicht unter die US-Restriktionen fällt. Dylan Patel von SemiAnalysis sagte der Financial Times, dass die Fähigkeiten des H20 jedoch „nur auf dem Papier“ unterhalb des in China hergestellten Huawei-Chips Ascend 910B liegen, aber in Wahrheit dank seiner Speicherperformance „ein gutes Stück überlegen“ sind.

Ergebnis: Das Geschäft läuft. Geplanter China-Umsatz nur mit diesem Chip: 12 Milliarden Dollar in 2024.

Der Fall Apple

Profit first: Auch Apple-CEO Tim Cook ist ein Gegner der Decoupling-Ideen von Trump und Biden. Denn diese kosten den Konzern aus Cupertino in China nicht nur Reputation, sondern Umsatz und Gewinn.

Überlebenswichtig: Apple stellt bei Foxconn in China den Großteil seiner Produkte her. Der Großraum China – inklusive Hongkong und Taiwan – ist der drittwichtigste Absatzmarkt des Apple-Imperiums.

Cook will sich diesen Markt nicht von Biden und Co. zerstören lassen und flog deshalb im März selbst nach Peking, um ein Gegenstatement zu den bellizistischen Tönen abzugeben.

Der Fall BASF

Frei investieren: Auch Vorstand und Aufsichtsrat des weltgrößten Chemiekonzerns, der in Ludwigshafen sein Stammwerk betreibt, halten nicht viel von den Entflechtungsabsichten des Weißen Hauses und der EU-Kommission. Unbeirrt wurde die Zehn-Milliarden-Euro-Investition in den chinesischen Verbundstandort Zhanjiang, wo de facto ein zweites Ludwigshafen entsteht, vorangetrieben.

Goodbye Germany: Dort soll außer Sichtweite der Anti-China-Politiker das asiatische Geschäft ausgebaut werden, nach den dortigen Gesetzen und zu den dortigen Löhnen. Ludwigshafen ist der lebende Beweis, dass die Kombination aus hohen Löhnen, hohen Energiepreisen und komplexer Regulierung nicht funktioniert. Das Werk – der weltgrößte Chemiekomplex – fährt seit Jahren Verluste ein. Im vergangenen Geschäftsjahr waren es fast zwei Milliarden Euro.

Der Fall Mercedes

Präsenz im Aufsichtsrat: Zwei chinesische Firmen, die Beijing Automotive Group und Tenaciou3 Prospect Investment Limited, besitzen mittlerweile rund 20 Prozent der Mercedes-Benz Group AG. Damit haben die Chinesen Zugang zur strategischen Planung des Stuttgarter Automobilkonzerns.

Eine Hand wäscht die andere: Und die Stuttgarter haben Zugang zu einem finanziell, technologisch und politisch interessanten Partner. Denn natürlich erwartet man im Umkehrschluss, dass die Volksrepublik China nicht eines Tages ihren Heimatmarkt für Mercedes verschließt. So sehen Win-Win-Konstellationen aus.

Fazit: Der entscheidende Satz aus dem zweiten Kapitel des Kommunistischen Manifests – „Die Arbeiter haben kein Vaterland“ – wird heute auch von den Kapitalisten gelebt. Sie kämpfen nicht für den Umsturz der Verhältnisse, sondern für deren Erhalt. Sie wollen Kooperation, nicht Krieg. Politiker, hört die Signale.

Kant zum 300. Geburtstag

Ich bin ein Kantianer und verehre Immanuel Kant als Vordenker der modernen Aufklärung. Sein kategorischer Imperativ führt konsequent zur Formulierung der Menschenrechte.

(Pioneer) – Immanuel Kant ist der bedeutendste Philosoph der Neuzeit. Heute jährt sich sein Geburtstag zum 300. Mal.

Geboren und gestorben ist er in Königsberg, das er zeit seines Lebens – 80 Jahre lang – fast nie verlassen hat. So beschränkt sein geografischer Radius auch war – sein Denken kannte keine Grenzen. Er schrieb und forschte zu den Naturwissenschaften, der Metaphysik, zu Fragen von Ethik und Ästhetik, zu Recht und Religion, zu Astronomie und Geschichte.

Sapere Aude – zu deutsch: Habe den Mut, Dich deines Verstandes zu bedienen.

Mit diesem lateinischen Sprichwort beantwortet Kant die Frage: Was ist Aufklärung? Er legt dem modernen Menschen die Bürde der Selbstertüchtigung und Selbstermächtigung auf und befreit ihn gleichzeitig aus den Fesseln seiner Unmündigkeit.

Kant begreift den Begriff des Menschen nicht auf Basis biologischer, soziologischer oder historischer Tatsachen. Menschsein ist für Kant von moralischer Dimension.

Der Philosoph Omri Boehm legt in seinem Buch „Radikaler Universalismus“, das jüngst mit dem Leipziger Buchpreis für europäische Verständigung ausgezeichnet wurde, Kants Erbe neu aus:

Was Menschen menschlich macht, ist keine natürliche Eigenschaft, sondern ihre Freiheit, ihrer Verpflichtung auf moralische Gesetze zu folgen.

Mit Kants 300. Geburtstag feiern wir den Aufbruch in die Welt, in der wir heute leben. Doch dieser Jahrestag ist auch eine Erinnerung daran, dass Meinungsfreiheit, Demokratie und insbesondere die Freiheit der Wissenschaft weltweit unter Druck stehen.

Das Erbe von Immanuel Kant ist also nicht gesichert. Für ihn muss heute nicht gebetet, sondern gekämpft werden.

Wohnungsmangel – und wie er zu bewältigen ist

(Pioneer) – Die Schlagzeilen gehören den Kriegen in Nahost und der Ukraine – und den medial durchsetzungsstarken Apokalyptikern: Klimakatastrophe! Soziale Spaltung! Globale Massenflucht!

So schafft es die lautlose, aber nicht minder dramatische Entwicklung auf dem deutschen Wohnungsmarkt nur selten in den Fokus der Aufmerksamkeit. Diese Krise besitzt keinen Glitzerfaktor und damit nicht das, was die Amerikaner „Star-Power“ nennen.

Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit erodiert ein Grundpfeiler unserer Gesellschaft und das zentrale Versprechen der Bundesrepublik wird ungültig gestempelt: der bezahlbare Wohnraum für alle und die realistische Chance der Mittelklasse auf ein Eigenheim.

Die Hauptversammlung von Vonovia – Deutschlands größter Vermieter mit rund 483.000 Wohnungen in der Bundesrepublik – warf in dieser Woche für ein paar wenige Stunden das Scheinwerferlicht auf eine Lage, die für eines der reichsten Länder der Welt inakzeptabel ist.

Seine Firma, sagte der Vorstandsvorsitzende Rolf Buch, würde „täglich von Hunderten, an manchen Tagen von Tausenden“ Menschen kontaktiert, die verzweifelt auf der Suche nach einer Wohnung seien.

Wohnungsnot erhöhe die Ungleichheit und spiele populistischen Parteien in die Hände, so Buch. Der Vorstandschef wurde deutlicher als deutlich:

Mir fehlt das Verständnis, warum unsere gesamte Regierung dieses Thema nicht sehr viel beherzter angeht.

Denn bei stagnierender Neubautätigkeit hält der Zustrom nach Deutschland unvermindert an. Ohne weiteres Zutun der Politiker verschärft sich das Problem also im Selbstlauf.

  • Bis 2027 sollen bis zu 830.000 Wohnungen in Deutschland fehlen, das ist das Ergebnis von Schätzungen des Zentralen Immobilien Ausschusses.
  • Rolf Buch rechnet in seinen Prognosen mit einem Anwachsen der Wohnbevölkerung in Deutschland von heute 84 Millionen auf 86 Millionen Menschen – denen kein entsprechendes Wohnraumangebot gegenübersteht.

     

Es gibt also viele gute Gründe für Olaf Scholz und seine Bauministerin Klara Geywitz, die Reformbaustelle zu betreten. Diese sechs Punkte würden dem Wohnungsmarkt und damit auch dem Ansehen der Regierung massiv helfen:

1. Weniger Bürokratie, mehr Kapitalismus

Bauen in Deutschland ist kompliziert geworden. Während es 1990 noch rund 5.000 Bauvorschriften in unserem Land gab, sind es heute um die 20.000. Der Staat will sich in der Baupolitik selbst verwirklichen.

Eine radikale Entbürokratisierung der Bauwirtschaft ist also notwendig, was im Kern auch eine Entpolitisierung des Bauens bedeuten muss.

Es gibt keinen anderen Weg, als dass der Staat die Investoren zur Investition einlädt und ihnen also Flächen gewährt, gestalterischen Freiraum einräumt und kapitalistische Rendite, also die angemessene Verzinsung ihrer Investitionen, gestattet.

2. Weniger Umweltschutz, mehr Baugenehmigungen

Der Staat stellt immer höhere Anforderungen, gerade für Umweltschutz und Energieeffizienz. In einem Bericht von Februar schätzt der Zentrale Immobilien Ausschuss den Anteil von staatlich bedingten Kosten am Verkaufspreis eines Mehrfamilienhauses auf fast 40 Prozent.

Der Staat hat mit seinen gut gemeinten Eingriffen in den freien Wohnungsmarkt diesen nicht etwa gerechter und ökologischer, sondern kaputt gemacht. Das Wort der Stunde ist Überregulierung. Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie:

Die Politik muss sich entscheiden: Will sie sich im Detail verregulieren oder effizient Wohnungen bauen?

3. Der Immobilienmarkt brauchte dringend die Zinssenkung der EZB

Die Zinspolitik spielt eine wichtige Rolle für den Wohnungsbau. Rolf Buch sagt:

Wir haben bis vor kurzem für 3.000 Euro pro Quadratmeter gebaut und bauen jetzt für 5.000 Euro pro Quadratmeter.

Das „whatever it takes“ von EZB-Präsident Mario Draghi war kein Glücksfall, wie bei der Jubiläumsfeier der EZB kürzlich wieder gesagt wurde, sondern ein Jahrhundertirrtum. Deshalb ist Inflationsbekämpfung, auch durch das Einhalten der Schuldenbremse, eine wichtige Voraussetzung für die Sanierung der Bauindustrie.

4. Konjunkturprogramm für die Bauindustrie

Statt mit Bürgergeld und Kindergrundsicherung den Sozialstaat weiter auszubauen, wäre die effektivste Sozialpolitik ein staatliches Wohnungsbauförderprogramm. Denn ohne einen solchen Impuls bricht die Bauindustrie in Deutschland sehenden Auges zusammen.

40 Prozent der Baufirmen klagen über Auftragsmangel. Jede zehnte Baufirma steckt bereits in Finanzierungsschwierigkeiten, berichten die Experten.

5. Ohne andere Verkehrspolitik kein Bauboom

„Es gibt ausreichend Bauland in Deutschland. So viel wie die Größe Berlins oder 140.000 Fußballfelder“, sagte Bauministerin Klara Geywitz vor rund zwei Jahren.

Das stimmt. Das Problem ist jedoch: Das Fehlen von guten Verkehrsanbindungen in die peripheren Räume sorgt für eine erhöhte Nachfrage in den Ballungsgebieten und genau da fehlen die Wohnungen.

Die Lösung? Christian Ulbrich – CEO der Immobilienberatung JLL – nennt ein Argument:

Sie werden kein preiswertes Wohnen im städtischen Bereich mehr hinbekommen. Das heißt: Sie müssen den Erschließungsraum über einen hervorragenden öffentlichen Nahverkehr ausweiten.

6. Die Mietpreisbremse führt zur Fehlallokation

Das Statistische Bundesamt liefert die Evidenz für diese Behauptung: Demnach war 2022 – das sind die aktuellsten Daten aus Wiesbaden – die verfügbare pro Kopf Fläche umso größer, je weniger Personen in einem Haushalt wohnen.

Alleinlebende (das sind rund 40 Prozent aller Haushalte in Deutschland) hatten 2022 im Schnitt 73,4 Quadratmeter zur Verfügung. Zum Vergleich: Die Pro-Kopf-Wohnfläche in einem Vier-Personen-Haushalt beträgt lediglich rund 30 Quadratmeter.

Eine kürzliche Anfrage von Sahra Wagenknecht an das Statistische Bundesamt zeigt: 11,3 Prozent der deutschen Bevölkerung – also mehr als jeder Zehnte – leben in einer überfüllten Wohnung. Und viele Ältere, die aus guten Gründen keinen Wechsel in den unregulierten Teil des Marktes wagen, leben vergleichsweise großzügig.

Fazit: Der deutsche Wohnungsmarkt, der kein richtiger Markt mehr ist, zeigt alle Merkmale von Dysfunktionalität. Die gute Nachricht: Diese Krise ist menschengemacht und innerhalb der Grenzen des Nationalstaates zu bewältigen. Wenn die Ampel-Koalition die Selbstbeschäftigung einstellt, könnte sie sich an die Arbeit machen.

Kapitalmarkt: Blick in unsere Seele

Verehrte Besucher meiner Homepage. Die folgenden Gedanken eines klugen Journalisten möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. Er spricht die Bürger an, aber er vergisst, dass leider die Politiker meistens ähnlich gepolt sind. Das Problem in unserer Demokratie besteht darin, dass es offenbar ohne extremen Populismus nicht mehr geht. Viele Politiker sind unfähig Wahrheit, Realität und Wunschdenken zu trennen.

Jean Pütz

(Pioneer) – das liebste Hobby vieler Menschen besteht darin, die Wirklichkeit in die Eindimensionalität ihrer eigenen Überzeugungen zu pressen. Man sieht, was man sehen will.

Dabei wissen wir seit Hegel, dass die wahre Wirklichkeit sich darin gefällt, widersprüchlich zu sein. These und Antithese bringen mit naturgesetzlicher Gewalt die Synthese hervor. Oder um es etwas handfester mit Martin Walser zu formulieren:

Nichts ist ohne sein Gegenteil wahr.

Deshalb ist es lohnend, nicht auf die Fortschrittsmärchen der Regierungspolitiker und die Niedergangsgeschichten der Opposition zu vertrauen, sondern die Gesellschaft eigenständig in den Blick zu nehmen. Der perfekte Ort dafür ist der Kapitalmarkt.

Hier treffen sich die Zukunftserwartungen der Investoren mit den Notwendigkeiten und Wünschen echter Menschen. Das Auf und Ab von Industriezweigen, Firmen und Ländern liefert nicht nur das EKG der Gegenwartsgesellschaft, sondern berichtet auch über das Kommende. An der Börse, das hat uns André Kostolany gelehrt, wird die Zukunft gehandelt.

1 Der Krieg wird vorbereitet

Die Auftragslage der Rüstungskonzerne erzählt uns von der wieder gestiegenen Neigung, Auseinandersetzungen militärisch zu führen. Es gibt keinen Krieg ohne vorherige Aufrüstung. Es gibt keine Aufrüstung, die nicht früher oder später zum Krieg führt. Die Logik des Kalten Krieges – wenn du den Krieg vermeiden willst, bereite ihn vor – hat sich seither oft schon als wertlos erwiesen.

2 Splendid Isolation: Amerika strebt nach Autarkie

Der Wirtschaftskrieg zwischen China und den USA wird heftiger. Die Chinesen bauen ihre Dollarreserven ab, so wie die USA ihre Importsucht nach chinesischen Waren zu dämpfen versuchen.+

Die Bilanzzahlen und Aktienkurse eines Chipherstellers wie Nvidia erzählen von dem amerikanischen Streben nach technologischer Autarkie. Gerade im Bereich der hochleistungsfähigen Speicherchips, die man für Künstliche Intelligenz braucht, will Amerika nicht abhängig sein: Autarkie sichert Angriffs- und Abwehrfähigkeit.

3 Vertrauen funktioniert – auch als Geschäftsmodell

Inmitten des Neuen erweist sich das Alte als langlebig. Das gilt umso mehr im Finanzgewerbe, wo Vertrauen seit jeher die Schlüsselrolle spielt. Der deutsche Mittelstand wird deshalb trotz aller Lockangebote amerikanischer Investmentbanken nicht auf das heimische Geldgewerbe verzichten wollen.

Die Aktienkurse von Commerzbank und der Deutschen Bank haben zwar durch den Aufstieg der amerikanischen Geldindustrie und die Überregulierung nach der Finanzkrise gelitten, aber die Notwendigkeit nationaler Geldkreisläufe ist geblieben. Die Börse honoriert die Kraftanstrengungen der dortigen Vorstände. Totgesagte leben länger.

4 China ist gekommen, um zu bleiben

Was als verlängerter Arm der westlichen Großkonzerne begann, setzt sich in der Selbstständigkeit fort. China will nicht Diener, sondern Herr sein. Der kommunistischen Führung geht es jetzt darum, ökonomische Energie in politische Macht zu verwandeln.

Dollar weg, Gold her, ist die neue Devise im Reich der Mitte. In Peking möchte man seine lang ersehnte Souveränität nicht an die USA und den Dollar binden.

5 Nasdaq vs. Dax: Innovation schlägt Tradition

Der relative Abstieg der Bundesrepublik ist auch an der Entwicklung von Dax und Nasdaq abzulesen. Die Technologiebörse der USA vereint mit Apple, Microsoft, Nvidia und Tesla mehrere Unternehmen, die jedes für sich es mit den 40 wertvollsten deutschen Unternehmen aufnehmen können.

In Deutschland werden in aller Regel die Erfindungen der Väter weiterentwickelt. In Amerika wird neu gedacht – die Raumfahrt, das Automobil, die Kommunikation und auch das Finanzgewerbe, wo der Banker sich als Risk-Taker und nicht als Mitarbeiter einer Kreditanstalt versteht.

6 GameStop: Der Mensch ist kein Homo Oeconomicus

Unser Selbstbild vom rational handelnden Wesen wird vom Kapitalmarkt nicht bestätigt. Wider besseren Wissens setzten erneut Millionen Menschen in den vergangenen Tagen auf die Aktie einer nahezu wertlosen Firma namens GameStop. Ein Einpeitscher namens Roaring Kitty (im echten Leben der 38-jährige Keith Gill aus Massachusetts) hat sie im Internet dazu verführt.

Wobei die meisten sich gerne verführen lassen. Die Spekulanten wissen um die Wertlosigkeit der Firma. Aber der Wert ihres Investments liegt ja gerade im Spiel selbst begründet. Der Reiz des Gewinns wird stimuliert durch die Aussicht auf Totalverlust.

Fazit: An der Börse erfahren wir mehr über unsere Gegenwart als im Deutschen Bundestag. In der Anonymität der Geldströme und der Klarheit der pekuniären Motive wird die Wirklichkeit nicht fiktionalisiert und banalisiert, sondern gespiegelt. Wer genau hinschaut, erkennt in dieser Spiegelung die kollektiven Sehnsüchte und Ängste einer Gesellschaft – und immer auch sich selbst.

Europa im Abstieg – die Ursachen – Mit einer Einführung von Jean Pütz

Ein sehr intelligenter Artikel von Gabor Steinhart, dem ich zu 100% zustimme. Seit mindestens 40 Jahren versuche ich in all meinen Sendungen und Veröffentlichungen Gegenimpulse zu setzen, weil die Schwarmintelligenz zumindest in Deutschland für Technologie und Wirtschaft von den meisten Bürgern auf den Nullpunkt zugeht. Nicht Verstand leitet die Politiker, sondern populistisch geschürte Emotionen gegen jegliche Naturgesetze und wirtschaftliche Gesetzmäßigkeiten. Die Katastrophe besteht auch darin, dass die alt-ehrwürdige Logik von den Politikern und den meisten Bürgern in Vergessenheit geraten ist. Selbst die Wissenschaft setzt wegen politischer Förderung auf political correctness. Der Forscher, der sich dagegen verhält, bekommt keine Mittel mehr gestellt. Armes Deutschland und im Gefolge, armes Europa. Daher lohnt es sich den folgenden Artikel im Detail zu Gemüte zu führen.

Ihr Jean Pütz

(Pioneer) – Der Vorsitzende der New Yorker Investmentfirma Rockefeller International heißt Ruchir Sharma. Er kommt in seinem sehr lesenswerten Buch „What Went Wrong With Capitalism“ zu einem schockierenden Befund:

Obwohl das Pro-Kopf-Einkommen vor ein paar Jahrzehnten ähnlich war, ist die Wirtschaft seit 2010 in den USA doppelt so schnell gewachsen wie in den vier größten Volkswirtschaften der EU – Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien.

Der Bestsellerautor stellt in der Financial Times vom Montag die unbequeme Frage, die noch nie eine Kabinettssitzung in Berlin oder eine EU-Kommissionssitzung in Brüssel beschäftigt hat:

Warum eigentlich fällt Europa zurück?

Die Antwort auf diese Schlüsselfrage des 21. Jahrhunderts fällt, wenn wir sie redlich geben wollten, beschämend aus. Denn Europa hat vor vielen Jahren eine regelrechte Abstiegs-Agenda in Kraft gesetzt, deren Umkehrung schon deshalb schwerfällt, weil die politischen Eliten in Frankreich, Deutschland und Brüssel den Abstieg nicht als solchen erleben.

Diese Abstiegs-Agenda besteht aus fünf Säulen, die in ihrer Addition eine für Europas Wohlstand toxische Wirkung entfalten:

Die Klimapolitik erreicht in Europa ihre ökologischen Ziele auf Kosten der Wohlstandserzeugung

Ehrgeizige Klimaziele reklamieren für Europa eine Vorreiterrolle – die umgerechnet in CO2-Emissionen auch erfüllt wird. Aber: Die grüne Regulierung beansprucht enorme volkswirtschaftliche Ressourcen und konnte dennoch das Wachstum des weltweiten CO2-Ausstoßes nicht stoppen, was vor allem an der globalen Dimension des Problems und der Reformunwilligkeit des fossil-industriellen Komplexes liegt.

Verschärfend kommt hinzu: Europa ist ein Vorbild, dem kaum einer folgt.

Selbst innerhalb der Bundesrepublik werden bisher lediglich rund 20 Prozent des gesamten Energieverbrauchs aus erneuerbaren Energien gespeist. Die Zahlen von 60 Prozent alternativen Energien, die Robert Habeck kürzlich publizierte, betreffen lediglich die Stromerzeugung im ersten Halbjahr 2024 und nicht den Energieverbrauch als Ganzes.

Weltweit, sagt ifo-Chef Clemens Fuest, ist der Aufwärtstrend bei den Treibhausgasemissionen ungebrochen. Der EU-Rechnungshof hat die Kommission erst kürzlich gewarnt, es daher mit ihren Klimazielen nicht auf die Spitze zu treiben. Europa dürfe bei seinem Ehrgeiz in Sachen Klimaschutz nicht die industrielle Souveränität aufs Spiel setzen. Genau das passiert derzeit.

Deindustrialisierung wird als Teil der Transformation in Kauf genommen

Der soeben abgetretene BASF-Vorstandsvorsitzende Martin Brudermüller sagt mit Blick auf die hierzulande hohen Energiepreise:

Wir machen überall in der Welt Gewinne, außer in Deutschland. Der Standort Ludwigshafen macht 1,6 Milliarden Verlust.

Die BASF ist kein Ausnahmefall, sondern nur der Vorbote einer schleichenden Deindustrialisierung. Prof. Hans-Werner Sinnerklärt gegenüber The Pioneer, Deutschland habe einen Weg gewählt, der mit „Doppelstrukturen“ einhergeht:

Die Regierung kann im Grunde kein einziges Kraftwerk abstellen, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden. Diese Anlagen und ihre Belegschaften müssen Gewehr bei Fuß stehen, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Das macht den deutschen Weg sehr, sehr teuer.

Hinzu kommt: Durch die deutsche Energiewende wird ein alter Kapitalstock ersetzt, aber der Produktionsausstoß nicht erhöht. „Der Wohlstand steigt dadurch nicht“, sagt Prof. Fuest.

Mittlerweile beträgt der Anteil der industriellen Produktion an der Wohlstandserzeugung in Deutschland nur noch rund 25 Prozent. In den siebziger Jahren waren es noch mehr als 40 Prozent. Europa insgesamt ist im Wettbewerb mit Nordamerika und Asien heute der wachstumsschwächste Kontinent. Auch, weil die alte industrielle Wertschöpfung – anders als in den USA – nicht durch moderne Internetgiganten ersetzt wurde.

Private Wertschöpfung wird durch staatliche Aktivität ersetzt

Eine stagnierende volkswirtschaftliche Gesamtleistung geht einher mit einer Expansion der Staatlichkeit. Die Personalausgaben des Bundes beispielsweise werden sich 2024 auf 45 Milliarden Euro belaufen, ein Plus von 59 Prozent gegenüber 2010, wie der Steuerzahlerbund errechnet hat.

Parallel dazu haben sich die Verwaltungsausgaben zwischen 2015 und 2024 von 12,9 Milliarden auf 24,3 Milliarden Euro nahezu verdoppelt. Die Staatsquote, also der Anteil des Staates an der wirtschaftlichen Aktivität, steigt und steigt.

Wenn der Staat mehr konsumiert, entzieht er die Mittel dem privaten Sektor. Der Investor und Buchautor Ruchir Sharma schreibt:

Die Belastungen durch einen überdimensionierten Staat haben das Produktivitätswachstum, das der Schlüssel zu steigendem Wohlstand ist, erdrückt. Von den Spitzenwerten der Nachkriegszeit in den 1960er-Jahren ist das Produktivitätswachstum nach meinen Berechnungen in den ‚Big 4‘ der EU von fast sieben Prozent auf weniger als null eingebrochen.

Regierungen versuchen, den Konjunkturzyklus mit Steuergeld zu glätten

Die Regierungen in Kontinentaleuropa glauben, ihren Bürgern die wechselnden Konjunkturzyklen nicht mehr zumuten zu können. Nicht nur mit den Mitteln der Notenbank, sondern vor allem mit den Instrumenten der Sozial- und der Arbeitsmarktpolitik versucht man, den Konjunkturzyklus zu glätten.

Die Staatlichkeit in Gestalt der EZB kaufte in der Finanzkrise – Stichwort „whatever it takes“ – Staats- und Firmenanleihen. Noch immer hält sie enorme private Vermögenswerte in ihrer Bilanz. Der Unterschied zu den USA ist hier allerdings eher marginal. Auch die Fed hat kräftig interveniert.

Aber: Im Unterschied zu den USA kommt in Europa ein Sozialstaat hinzu, der deutlich schneller wächst als die Gesamtwirtschaft. Insbesondere die größte europäische Volkswirtschaft, also die deutsche, versucht mit Kurzarbeitsregelungen, Aufstockerlöhnen, Mietzuschüssen und einem weltweit einmaligen Angebot an Lohnersatzleistungen die Bürger gegen das Auf und Ab des Wirtschaftszyklus zu immunisieren.

Die soziale Sicherheit führt – gewolltermaßen, muss man sagen – zu einer nur noch gering ausgeprägten Konkurrenzwirtschaft im unteren Drittel der Arbeitsgesellschaft. Das DGB-Motto des diesjährigen 1. Mai war so gesehen keine Forderung, sondern eine Zustandsbeschreibung:

Mehr Lohn. Mehr Freizeit. Mehr Sicherheit.

Hohe Steuern und Staatsschulden engen den privaten Spielraum ein

Die Reagan-Thatcher-„Revolution“ der Achtzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts hat zu einem Wechsel der Staatsfinanzierung geführt, schreibt Sharma. Die Angebotspolitik hatte ihre große Stunde: Steuern seien durch Kreditaufnahme ersetzt worden.

Das stimmt nur für die USA und das Vereinigte Königreich, wo die Steuersenkung zum beherrschenden Instrument der Wirtschaftspolitik und die Ausgabe von Staatsanleihen zum dominanten Instrument der Finanzpolitik wurde.

Mit dem Ergebnis, dass der US-Staatshaushalt in 2023 erstmals mehr als eine Billion US-Dollar für die Tilgung von Kreditzinsen aufbringen muss. Die Reagan-Revolution dürfte, wenn es in diesem Tempo weitergeht, früher oder später eine Dollar-Implosion auslösen.

Oder anders gesagt: Das Wachstum der USA ist das beste Wachstum, das man für Geld kaufen kann.

In Europa, auch in Deutschland, insbesondere aber in Frankreich und Italien, hat man sich entschlossen, beide Wege zu gehen. Hohe Steuern werden kombiniert mit relativ hohen staatlichen Defiziten. Die im Vergleich zu den USA deutlich erhöhte Staatsquote bei deutlich niedrigeren Wachstumsraten reflektiert diesen Sachverhalt.

Fazit: Diese europäische Politik führt nicht zufällig, sondern sehr bewusst zu kontinuierlichen Rückgängen bei Kaufkraft, Gewinnen, Arbeitszeit, Produktivität und industrieller Fertigungstiefe. Die kurze Antwort auf die von Ruchir Sharma gestellte Frage lautet also: Europa fällt zurück, weil es sich zurückfallen lässt. Der Druckabfall unseres Kontinents ist nicht von Gott gewollt, sondern von Menschen gemacht.

Ein eigenartiges Urteil für Parksünder

(tagesschau) – Der Halter eines Autos ist nicht automatisch der Täter, wenn mit dem Wagen Parkverstöße begangen werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht jetzt entschieden. In dem Fall ging es um 30 Euro.

Im konkreten Fall hat ein Mann in Siegburg ein Knöllchen für zu langes Parken bekommen. Die Stadt Siegburg wollte dafür 30 Euro von dem Mann haben, weil er der Halter des Autos ist. Doch der wollte das nicht akzeptieren und klagte bis zum Bundesverfassungsgericht.

Die vorinstanzlichen Klagen des Mannes waren zunächst ohne Erfolg geblieben: Das Amtsgericht Siegburg verurteilte ihn zur Zahlung des Bußgeldes, die nächste Instanz bestätigte das. Dabei stützte sich das Amtsgericht allein auf ein Foto des Fahrzeugs. Zeugen wurden nicht befragt. Das war verfassungswidrig, hat nun das Bundesverfassungsgericht entschieden.

Amtsgericht konnte nicht nachweisen, wer Auto abgestellt hat

Die Begründung der Verfassungsrichter: Das Bußgeld muss immer den Fahrer des Autos treffen und nicht automatisch den Halter. Wer das Auto in Siegburg abgestellt hat, war aber gar nicht klar. Das Amtsgericht hätte sich nicht nur auf das Foto des Autos verlassen dürfen, sondern den Fall genauer prüfen müssen.

Ein einfacher Rückschluss vom Halter auf den Fahrer sei unzulässig. So sei das Urteil willkürlich gewesen und habe den Mann in seinen Grundrechten verletzt. Zur Frage, wer den Wagen dort abgestellt hatte, schwieg der Halter. Als nächstes muss das Amtsgericht Siegburg den Fall erneut verhandeln.

Urteil aus Karlsruhe auch für andere Fälle relevant

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts gilt auch für andere Fälle: Verantwortlich ist im Straßenverkehr grundsätzlich der Fahrer, nicht der Halter. Und nur weil jemand Halter ist, heißt das nicht zwingend, dass er auch Fahrer war – das muss ihm nachgewiesen werden.

Ordnungsbehörden und vor allem die Amtsgerichte müssen also weiterhin, wie bisher, genau hinschauen.

Mögliche Konsequenzen: Fahrtenbuch oder Verfahrenskosten

Doch Vorsicht: Wer als Halter nicht sagen will, wer das Fahrzeug gefahren hat, kann zwar im Einzelfall damit durchkommen. Es ist aber gut möglich, dass er dann in Zukunft ein Fahrtenbuch führen muss. Diese Maßnahme kann die Verkehrsbehörde zumindest bei schwerwiegenderen Verkehrsverstößen anordnen.

Eine solche Auflage soll sicherstellen, dass der Fahrer des Fahrzeugs beim nächsten Verstoß ermittelt werden kann. Im Fall eines Parkknöllchens, bei dem der tatsächliche Fahrer nicht ermittelbar ist, kann das Fahrtenbuch im Einzelfall unangemessen sein. Dem Halter können stattdessen aber andere Kosten drohen: Er muss womöglich die Verfahrenskosten tragen.

Aktenzeichen: 2 BvR 1457/23

Bosch und seine vielen Baustellen

Wie kann das Traditionsunternehmen die Kurve bekommen – Stellenabbau?

Der Stuttgarter Bosch-Konzern will weiter Kosten senken – und blickt wegen der Konjunkturflaute verhalten auf die kommenden Monate. Das Unternehmen steckt in einem tiefgreifenden Umbauprozess.

Von Lutz Heyser, SWR – Der Originalartikel auf tagesschau.de >>

Ende März wurde es laut auf der Schillerhöhe, der sonst so idyllisch im Wald gelegenen Zentrale des Stuttgarter Technologiekonzerns Bosch. Gut 10.000 Demonstranten standen vor der Zentrale – symbolisch um fünf vor zwölf. Mit Trillerpfeifen, roten Mützen und IG-Metall-Fahnen. Sie protestierten lautstark gegen den angekündigten Stellenabbau bei Bosch, dem wohl mehrere tausend Jobs zum Opfer fallen werden Nicht nur in der wichtigen Automobilsparte des Konzerns.

Automobilgeschäft bringt den meisten Umsatz

Bosch will zwar mehr sein als ein „bloßer Automobilzulieferer“. Das betonen sie gerade jetzt auf der Schillerhöhe. Und es stimmt ja: Auch die drei anderen Sparten des Konzerns, das Industriekundengeschäft, die Gebäudewirtschaft und die Haushaltsgeräte, erwirtschaften Milliardenumsätze und zählen in ihren Bereichen mit zu den Innovationstreibern und Marktführern. Sie erfüllen also die hohen, selbst gesteckten Ziele des Konzerns.

Bosch ist trotzdem vor allem der größte Automobilzulieferer der Welt. Die „Cash-Cow“ im Konzern, der Umsatz- und Gewinnbringer, bleibt das Autoteilegeschäft: 56,3 Milliarden Euro hat man allein hier im Jahr 2023 erwirtschaftet. Das ist deutlich mehr als die Hälfte des Umsatzes des Gesamtkonzerns im abgelaufenen Geschäftsjahr von 91,6 Milliarden Euro.

Der Konzerngewinn stieg auf 4,8 Milliarden Euro, eine Milliarde mehr als im vorherigen Geschäftsjahr. Das gab Bosch-Chef Stefan Hartung heute bei der Vorstellung der Jahresbilanz in Renningen bei Stuttgart bekannt.

Wandel in der Industrie bedroht Jobs auch bei Bosch

Doch ausgerechnet in der Herzkammer des Konzerns – wo auch die meisten der rund 133.800 Bosch-Beschäftigten in Deutschland arbeiten -, droht Ungemach. Die Gewerkschaft hat den angekündigten Sparkurs und den beabsichtigten Personalabbau als „kurzsichtig“ kritisiert. Bosch-Betriebsratschef Frank Sell warf der Geschäftsführung „brachiale Gewalt mit hohem Tempo“ vor. Zuletzt war geplant, dass bis zum Jahr 2026 weltweit 3800 der insgesamt nahezu 430.000 Jobs gestrichen werden sollen.

Nun wurde bekannt, dass dieser Stellenabbau doch geringer ausfallen könnte als zunächst geplant. Die Gespräche hierzu zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat seien auf der Zielgeraden, so Bosch-Chef Hartung. Für das laufende Jahr 2024 bleiben die Aussichten von Bosch wegen der aktuellen Konjunkturflaute weiter verhalten. Man erwarte jedenfalls „keinen konjunkturellen Rückenwind“, hieß es.

Gespräche mit dem Betriebsrat

Geschäftsleitung und Betriebsrat führen Gespräche darüber, wie der Umbau bei Bosch gestaltet werden soll. Nach dem Showdown Ende März sei man auf der Schillerhöhe nun auf einem guten Weg, teilt das Unternehmen mit. Man habe sich mit dem Gesamtbetriebsrat auf einen gemeinsamen Fahrplan für die laufenden Verhandlungen geeinigt. Bosch habe zugesagt, bis 2027 insgesamt rund 700 Millionen Euro in die Ausbildung und Qualifizierung seiner Mitarbeitenden in der Mobilitätssparte in Deutschland zu investieren.

Weitere vier Milliarden Euro sollen 2024 und 2025 in Maschinen und Anlagen sowie Forschung und Entwicklung an den deutschen Standorten der betroffenen Geschäftsbereiche fließen. Es ist ein erstes Zugehen auf die Arbeitnehmerseite. Klar ist: Mit der Herausforderung, die Transformation gut zu meistern, steht Bosch im Automobilgeschäft nicht allein.

Elektromobilität gerät ins Stocken

Viel Unsicherheit gibt es in der gesamten deutschen Automobilindustrie, bei Herstellern und Zulieferern wie Bosch, ZF Friedrichshafen oder dem Stuttgarter Kolbenhersteller Mahle. Der Hochlauf der Elektromobilität stockt.

Zwar ist das Ende des Verbrenners in der EU absehbar. Tatsächlich aber erleben Benziner und Diesel gerade ein erstaunliches Comeback bei den Kunden. Das zeigen unter anderem aktuelle Zulassungszahlen des Verbands der Deutschen Automobilindustrie.

Kunden zweifeln an E-Autos

Dafür gibt es viele Gründe: etwa die hohen Kosten von E-Autos gerade aus deutscher Produktion. Kunden zögern also. Sie wissen nicht, ob sie sich gerade ein neues Auto kaufen sollen – und falls ja, was für eins. Dieses Zögern bekommt die ganze Branche zu spüren, auch Bosch. Auch wenn der Konzern aufstrebende chinesisches Autobauer wie etwa BYD beliefert.

Bosch will sich unabhängiger von der Autosparte machen, die anderen Geschäftsfelder weiter ausbauen und stärken. An der Dominanz des Automobilgeschäft wird der Konzern nichts ändern. Doch auch in Zukunft die Position als größter Automobilzulieferer der Welt zu verteidigen, bleibt eine große Herausforderung.

Die großen Fehler der EU-Präsidentin Ursula v. d. Leyen

(Pioneer) – Wie die Endmoräne eines Gletschers, so ragt Ursula von der Leyen aus der Merkelzeit in die Gegenwart hinein. Sie will – aus persönlich nachvollziehbaren Gründen – für eine zweite Amtszeit als EU-Kommissionspräsidentin kandidieren. Hier sind die 7 Gründe, warum das für Europa keine gute Idee ist:

#1 Europa wurde zum Schuldner

Sie hat Europa, das über keine eigenen Steuereinnahmen verfügt, als Schuldner an den Kapitalmarkt herangeführt. Erstmals in der Geschichte der EU hat sich die Gemeinschaft im Zuge der Coronakrise für das Wiederaufbauprogramm „Next Generation EU“ selbst verschuldet.

Es geht um ein Volumen von 750 Milliarden Euro, die nun als Gemeinschaftsschulden existieren. De facto hat von der Leyen damit Eurobonds eingeführt. Nur zur Erinnerung: Die Union hatte ihren Wählern versprochen, dass das niemals passieren würde.

#2 Europa kommt beim Freihandel nicht voran

In der für den Kontinent überlebenswichtigen Handelspolitik konnte diese Präsidentin keine Impulse setzen. Und wenn sie doch Impulse setzte, dann in die falsche Richtung.

An vorderster Stelle trat sie als Befürworterin harter Wirtschaftssanktionen gegen Russland auf, die in ihrer Konsequenz nicht die russische Volkswirtschaft, sondern die europäischen Volkswirtschaften schädigten. Im Chinahandel folgte sie treuherzig den Amerikanern, die ihren Erzrivalen aus Asien gerne mithilfe des Protektionismus loswerden wollen.

Von der Leyen hat es nicht geschafft, das Freihandelsabkommen mit den vier südamerikanischen Mercosur-Staaten vom Konzeptpapier in die Wirklichkeit zu befördern. Der Grund: Sie unternahm den untauglichen Versuch, die Idee einer wertegebundenden Außenpolitik auf die Handelsbeziehungen zu übertragen. Das stößt weltweit auf allergische Abwehrreaktionen. In Asien und Lateinamerika will man gerne europäische Waren importieren, aber nicht die politischen Vorgaben der EU-Kommissionspräsidentin. Die sind international unverkäuflich.

#3 Sündenfall: Green Deal

Die 34 Gesetzentwürfe unter der Überschrift „Green Deal“ haben Europa weiter denn je von einer funktionierenden Marktwirtschaft entfernt. Der Staat will nicht nur in der Energiepolitik – Stichwort Strommarktdesign – die entscheidende Rolle spielen, sondern greift auch tief in die industriellen Wertschöpfungsketten des Kontinents ein.

Mit dem Verbot der Neuzulassung von Verbrennermotoren setzte Ursula von der Leyen ein Symbol ihrer grünen Gesinnung, das der Kontinent allerdings – und hier insbesondere die Automobilnationen Italien, Frankreich und Deutschland – mit Wohlstandsverlusten bezahlen wird.

Von der Leyen ist der weibliche Robert Habeck. Ihr Rivale und intimer Feind, der EVP-Fraktionschef Manfred Weber (CSU), will das für 2035 geplante Verbrenner-Aus verständlicherweise rückgängig machen. Die Automobilindustrie steht auf seiner Seite.

#4 Europa wurde zum Feindesland für die Künstliche Intelligenz

Der „AI Act“ – das Gesetz zur Regulierung Künstlicher Intelligenz (KI) – ist politisch korrekt und ökonomisch unbrauchbar. Die europäischen KI-Forscher haben die Aufholjagd zu den USA verloren, bevor sie sie begonnen haben.

Sie werden von der EU-Kommissionspräsidentin dazu verdonnert, ihre Arbeit künftig engmaschig zu dokumentieren und auch die Trainingsdaten gegenüber dem Staat transparent zu machen. Da es in den USA solche Vorschriften nicht gibt und eine gemeinsame transatlantische Regulierung nicht zustande kam, betrat Europa das neue Zeitalter mit Bleigewichten an den Füßen.

#5 Europa ohne Kapitalmarkt

Die dringend notwendige Kapitalmarktunion, also die Harmonisierung der Geldkreisläufe, kam in ihrer Amtszeit nicht voran. In den USA stellt der Marktwert börsennotierter Unternehmen 160 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) dar, in Frankreich mehr als 80 Prozent, in Deutschland weniger als 60 Prozent. Dies hat vor allem damit zu tun, dass dem Kapitalmarkt in Europa die Tiefe fehlt. Also wenige Investoren, kleinere Börsenbewertungen und kleine Indizes.

#6 Europa versagt in der Migrationspolitik

Dieses Scheitern wiegt politisch am schwersten, weil es den Aufstieg der Rechtspopulisten überall in Europa begünstigt. Erst gestern meldete das Bundesinnenministerium einen erneuten Anstieg der festgenommenen Schleuser an den deutschen Grenzen; in den ersten elf Monaten des Jahres 2023 wurden bundesweit 2.767 Schleuser aufgegriffen. Im Jahr 2022 wurden 2.728 und im Jahr davor 2.132 Schleuser gefasst. Während der großen Flüchtlingsströme 2015 wurde ein Rekordwert von 5.226 Personen gemessen.

Der Syrer Hasan gab gegenüber der Tagesschau zu Protokoll, dass sein Vater umgerechnet 4.100 Euro für die Überfahrt seines Sohnes nach Italien bezahlt habe. Andere sagen, sie hätten bis zu 6.000 Euro für einen Platz im Boot bezahlt. Ein Schlepper aus Tunesien, den die italienische Zeitung La Repubblica interviewte, nennt sein Geschäftsmodell „ein illegales Reisebüro“.

Die Expansion dieser Menschengeschäfte unter den Augen des Staates nehmen die Bürger der Politik übel. Oder anders gesagt: Der Aufstieg der AfD ist auch das Werk einer Politikerin wie Ursula von der Leyen.

#7 Europa wurde international marginalisiert

In ihrer Amtszeit konnte die europäische Außen- und Militärpolitik keinerlei Konturen gewinnen. Amerika bestimmt im Westen wie gehabt das Geschehen. Die Russen trumpfen auf – auf dem europäischen Gefechtsfeld mit ihrer Armee und in den europäischen Datennetzen mit ihren Trollfarmen.

Die Überlegungen zur europäischen Verteidigung kommen nicht voran und Ursula von der Leyen schaut tatenlos zu, wie Donald Trump und führende Republikaner die EU den Russen zum Fraß vorwerfen. Erst kürzlich sagte Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung:

Fazit: Ursula von der Leyen hat ihre Chance gehabt. Die Ära Merkel ist vorbei. Und vielleicht kann ja beim nächsten Mal nicht der Hinterzimmer-Poker der Regierungschefs entscheiden, sondern das Volk in Gestalt seiner Volksvertretung. Das nennt man in den Schulbüchern: Demokratie.

Ignoranz unseres Wirtschaftsministers Harbeck treibt Deutschland in den Ruin – Mit einer Einführung von Jean Pütz

Das, was Wirtschaftsminister Habeck nicht wissen will, aber Deutschland extrem schadet, habe ich in meinem neuesten Buch:

‚Wohlstand und Wirtschaftswachstum ohne Reue‘ – Klimarettung ja, Deindustrialisierung nein‘

beschrieben. Aber ich kritisiere nicht nur, sondern mache auch darauf aufmerksam das das Problem mit gutem willen und Vernunft zu lösen ist. Schon heute ist es möglich, wenn ein Schwerpunkt auf grünes Methanol gesetzt wird, die damit verbundene regenerative Energie billiger zu machen als die fossilen Energien: Erdöl, Erdgas und Kohl. Aber diese Anstrengungen müssen globalisiert werden. Deutschland allein kann das nicht schaffen. Die 3.-Welt-Länder machen das möglich. Dann regelt die soziale und ökologische Marktwirtschaft das Problem ohne gesetzliche Gebote und Verbote. Der globale Markt und die Börsen der Welt legen keinen Wert mehr auf Dekarbonisierung, im Gegenteil, jeder Liter Methanol hilft sogar das Klimagas CO2 in der Atmosphäre zu reduzieren.
Das Buch erscheint Mitte November und ist sorgfältig recherchiert, ohne – wie die Politik – auf Wunschdenken und Wolkenkuckucksheime zurück zu führen.

Jean Pütz

(Pioneer) – „Subversive Kunst ist ein Akt des Widerstands und ein Aufruf zur Veränderung“, sagt der Streetartkünstler Banksy. Als Ausdruck der eigenen Subversivität tritt er öffentlich nie in Erscheinung. Er wirkt, aber als Phänomen. Er lässt die Kunst für sich sprechen.
Die Spitzenbeamten des Wirtschaftsministers haben es Banksy nun gleich getan. Unter dem Tarnnamen Robert Habeck haben sie eine Industriestrategie vorgelegt, die in Wahrheit eine Schadensbilanz darstellt.

Kühl rechnen sie auf vielen der 60 Seiten dieses staatlichen Dokuments mit dem Regierungshandeln und auch dem grünen Minister ab. Ihre Subversivität besteht darin, dass sie den Minister auf kühle und faktische Art vors Rohr schieben. Wahrscheinlich hat er selbst gar nicht gemerkt, wie seine Politik hier zerlegt wird.

#1 Gefährliche Strompolitik

Der Satz des Ministers, Deutschland habe kein Stromproblem, wird hier als grober Unfug entlarvt, ohne dass das Wort Unfug überhaupt fallen muss.

Der Sachverhalt: Die Industrie verbrauchte 2022 43 Prozent des gesamten elektrischen Stroms. Habeck hat mutwillig sechs Prozent des deutschen Stroms durch die Abschaltung der Atomkraftwerke vom Netz genommen. Jede Angebotsverknappung treibt den Preis. In dem Papier der Beamten, das in der Öffentlichkeit als Habeck-Papier kursiert, heißt es:

Denn die stromintensiven Unternehmen der Chemie-, Stahl- und metallverarbeitenden Industrie zahlen – so die Erkenntnis der Spitzenbeamten – „inzwischen einen vielfach höheren Strompreis als Wettbewerber etwa in Frankreich, den USA oder China.“

Kein Stromproblem? Das Papier kommt zum gegenteiligen Schluss:

Für zahlreiche Betriebe der energieintensiven Industrie sind diese Preise existenzbedrohend. “

#2 Systemrelevanter Fachkräftemangel

Das Papier belegt, dass Projekte wie Viertagewoche und eine allgemeine Rente mit 63 die Fachkräfte-Lücke auf dem Arbeitsmarkt nicht füllen, sondern vertiefen werden.

Die offizielle Politik des rot-grünen Lagers geht so. „Die Viertagewoche muss kommen, wenn wir uns geschlechtergerecht weiterentwickeln wollen“, sagte die 25-jährige Grünen-Abgeordnete Emilia Fester im Bundestag.

Die Spitzenbeamten des Wirtschaftsministeriums können da nur den Kopf schütteln:

Der demographische Wandel führt zu einer Verknappung des Arbeitskräftepotenzials. Die damit verbundene Lücke ist erheblich. “

Die bisherigen Maßnahmen der Ampel halten die Beamten für nicht zielführend:

Die Verfügbarkeit gut ausgebildeter Fachkräfte ist für die Industrie von zentraler Bedeutung. Es besteht die Gefahr, dass dieser Standortvorteil ohne weitreichende Maßnahmen verloren geht.

#3 Marodes Bildungssystem

Verschärft werde der Facharbeitermangel durch die Unfähigkeit der Politik, das deutsche Bildungssystem zu sanieren, das Millionen von Hilfsarbeitern produziert, aber nicht ausreichend Fachkräfte:

Die erheblichen Defizite im Bildungsbereich führen dazu, dass zu viele Menschen ohne Abschluss die Schule verlassen oder keinen Berufsabschluss erlangen. “

#4 Mangelhafter Bürokratieabbau

Lediglich 36 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer schätzen die öffentliche Verwaltung in Deutschland als sehr effektiv ein. 72 Prozent sind mit der Geschwindigkeit von Verwaltungsprozessen unzufrieden, gar nicht oder weniger zufrieden.

Die Beamten haben dem Minister auch dazu das Nötige aufgeschrieben. Sie sprechen unmissverständlich vom „mittlerweile investitions- und wachstumshemmenden Dickicht bürokratischer Regelungen.“

Dass die Politik der Ampel nicht wirkt, wird vom Wirtschaftsminister immer wieder bestritten. Von seinen Beamten nicht:

#5 Deutschland steigt ab

Dass die selbst ernannte Fortschritts-Koalition der deutschen Wirtschaft keinerlei Fortschritt gebracht hat, steht hier schwarz auf weiß zu lesen:

Deutschland liegt im World Competitiveness Ranking 2023 auf dem 22. Platz von 64 Ländern, eine spürbare Verschlechterung gegenüber dem Vorjahr (15. Platz).

Die Beamten beziehen sich dabei nicht auf die Regierungsrhetorik, sondern auf das jährliche Ranking des International Institute for Management Development in Lausanne.

#6 Der Sozialstaat expandiert, die Infrastruktur zerfällt

Die staatlichen Bruttoanlage-Investitionen, einschließlich derer für Infrastruktur, sind seit Anfang der 90er-Jahre gesunken, heißt es in dem Papier. Auch wenn seit etwa 2017 ein spürbarer Anstieg zu verzeichnen sei: Im EU-Vergleich liegen die staatlichen Investitionen Deutschlands mit derzeit 2,6 Prozent des BIP (2022) deutlich unter dem Durchschnitt (3,2 Prozent). Aktuell rangiert Deutschland in diesem Bereich im EU-Vergleich auf dem drittletzten Platz.

Der Befund der Experten aus dem Wirtschaftsministerium ist an Klarheit schwer zu überbieten:

#7 Jobverlust durch Klimapolitik

Deutschland bleiben noch gut 20 Jahre, um die selbst verordnete CO₂-Neutralität zu erreichen. Bis 2030 ist laut Bundes-Klimaschutzgesetz eine Emissionsreduktion im Industriesektor um rund ein Drittel gegenüber 2022 erforderlich, minus 57 Prozent gegenüber 1990.

Dass diese CO₂-freie Welt für manche Menschen auch eine arbeitsplatzfreie Welt sein wird, wird vom Minister gern unterschlagen, von seinen Spitzenbeamten nicht:

Manche Unternehmen werden schrumpfen, neue Konkurrenzen entstehen, eingespielte Prozesse und Netzwerke geraten durcheinander. Arbeitsplätze werden sich verändern, in manchen Industrien werden es auch weniger werden.

Im internationalen Wettbewerb werde die deutsche Rolle als Musterschüler nicht honoriert, sondern von den Klimasündern ausgenutzt, ist dort zu lesen:

Weltweit verfolgen viele Staaten den Klimaschutz mit geringerer Ambition als Deutschland und die EU. In der Folge treffen hiesige Unternehmen auf dem Weltmarkt auf Wettbewerber, die keine oder nur geringe Kosten zur CO₂-Vermeidung zu tragen haben. Je höher die Handelsintensität in einem Sektor, desto größer das Risiko, dass sich die Produktion in Staaten mit geringerer Klimaregulierung verlagert. “

Das ist genau das grüne Paradoxon, das die gute Absicht in eine böse Folge verwandelt, wie es Prof. Hans-Werner Sinn in seinem gleichnamigen Buch beschrieben hat. Die Grünen hatten das immer bestritten.

Fazit: Dieses Dokument aus dem Wirtschaftsministerium ist ein Solitär in der politischen Landschaft, weil hier hochrangige Regierungsmitarbeiter mit dem Tun und Treiben der politischen Führung ins Gericht gehen. Ludwig Erhard wäre stolz auf diese Mitarbeiter gewesen. Ihre Kunst dürfen wir mit Fug und Recht zur Gattung „politischer Realismus“ zählen.