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Die 6 Illusionen der Deutschen – Mit einem Prolog von Jean Pütz

Ein prägnanter Artikel von Gabor Steingart. Aber in heutiger Konstellation wird die Bundesrepublik das nie erreichen. Armes Deutschland. WO bleibt die Forderung der Nachhaltigkeit? Wie ich immer formuliert habe: Unsere Kinder müssen die gleichen Chancen erhalten, wie wir sie als Nachkriegsgeneration hatten. Darunter ist auch Frieden gemeint, was auch inneren Frieden bedeutet. Den sehe ich allerdings zurzeit in großer Gefahr. Die Demokratie muss sich auf Globalisierung einstellen, aber wie soll das geschehen in Anbetracht solcher populistischen Tendenzen, wie zum Beispiel durch die AFD in Deutschland propagiert werden. Aber auch die anderen Parteien sollten sich vorsehen. Ich erinnere da an das Primat der Logik, was offenbar dem Populismus und der Ignoranz der Bevölkerung geopfert wird. Nochmal: Armes Deutschland.
JeanPütz

(Pioneer) – Der Wahl-Triumph von Trump und die Selbstsprengung der Ampel senden bei aller Unterschiedlichkeit ein gemeinsames Signal: Der Westen driftet. Die bisherige Art, Politik zu machen, funktioniert nicht mehr.

Unter lautem Getöse sortieren sich in Deutschland die politischen Lager neu. Aber mit welchem Ziel? Und wer führt und wer folgt?

Es wird, diese Prognose sei gewagt, keine Rückkehr zur alten Normalität geben. Wer glaubt, der SPD-Kanzler werde bei nächster Gelegenheit durch einen CDU-Kanzler ersetzt und damit sei die alte Bundesrepublik wiederhergestellt, ist das Opfer seiner eigenen Illusionen.

Der Luftschloss-Charakter der politischen Diskussionen in Deutschland ist kein Privileg der politischen Klasse. In mindestens gleichem Umfang stolpern die Wähler von einem Trugschluss zum nächsten, weshalb hier der Versuch unternommen werden soll, die sechs gängigsten Illusionen der Deutschen klar zu benennen.

Illusion #1: Rechtspopulismus ist die Lösung

Deutschland ist nicht Amerika, das heißt, einen Durchmarsch des Rechtspopulismus in höchste Staatsämter wird es hierzulande nicht geben. Das Zweiparteiensystem hat Trump begünstigt, so wie das Mehrparteiensystem es für die AfD nahezu unmöglich macht, die Macht zu übernehmen.

Die Blockade der Mehrheit ist schnell gebildet. Das bedeutet, dass der Druck im Kessel durch die AfD zwar steigt, aber anders als im Fall der Trump-Wahl kann dieser Druck nicht in Regierungshandeln transformiert werden.

Die Stimme für die AfD ist also ein Wettschein ohne Wert. Eine AfD-Wahl drückt Protest aus, aber eröffnet keine Machtoption. Den Wechsel, den Alice Weidel verspricht, kann sie so nicht herbeiführen. Sie ist ein Trump mit Keuschheitsgürtel.

Illusion #2: Verschuldung hilft dem Land

Der Abmarsch in den Schuldenstaat ist das Problem, nicht die Lösung. Ein Staat muss es schaffen, die Wettbewerbsbedingungen so zu gestalten, dass die Wirtschaft von alleine wachsen kann. Die Regierung kann dieses Wachstum stimulieren, aber nicht gewährleisten.

Die Wirtschaft sollte den Staat finanzieren, nicht umgekehrt. Oder wie es einst John Maynard Keynes formulierte:

Auch praktisch ist der Weg in die XXL-Verschuldung versperrt:Die Schuldenbremse, verankert im Grundgesetz, die nur mit den Stimmen der CDU aufgehoben werden kann, findet in den europäischen Schuldenregeln ihre Entsprechung. Die Erfinder dieser Regeln wussten um die teuflische Wirkung einer Schuldenorgie: Die wundersame Geldvermehrung führt zur Inflation; sie macht erst den Euro und dann die Demokratie weich.

Illusion #3: Der Sozialstaat besitzt eine Ewigkeitsgarantie

Der deutsche Sozialstaat ist nicht so stabil, wie er aussieht. In Zeiten einer Überalterung der Gesellschaft, deren Erwerbsbevölkerung schrumpft, geht ihm die stabile Einkommensbasis verloren. Diese Basis bestand bislang aus den Sozialbeiträgen, die jeder Arbeiter und Angestellte zu zahlen hatte. Bereits heute ist die Höhe der Sozialstaatsquote an einer Belastungsgrenze angelangt, die den Faktor Arbeit verteuert und damit international seiner Wettbewerbsfähigkeit beraubt.

Die Zuschüsse zur Rentenversicherung aus der Steuerkasse, derzeit rund 112 Milliarden Euro, zeigen, dass das Versicherungsprinzip nicht mehr funktioniert. Im Interesse der Generationen, die da noch kommen, sollte die Sozialstaatsillusion in der kommenden Legislatur beendet werden. Anstrengungslosen Wohlstand kann es nicht geben. Der Gürtel muss wieder enger geschnallt werden.

Illusion #4: Der Nationalstaat ist ein funktionierender Bezugsrahmen

Alle nationale Politik bezieht sich weiterhin auf den Staat und die Nation. Alle ökonomische Aktivität aber bezieht sich auf den globalen Handlungsrahmen, der durch die Verwerfungen mit Russland und die Rivalität der USA mit China enger geworden ist.

Ohne eine massive Stärkung Europas wird der deutsche Nationalstaat seine zwei wichtigsten Funktionen, das Organisieren kollektiver Sicherheit und die Erzeugung von Wohlstand, nicht erfüllen können. Durch die Bildung neuer Handelsblöcke und Militärbündnisse sowie die Abwendung der USA von Europa wird die deutsche Nation in ihrer Wirksamkeit geschrumpft. Sie muss auf die nächsthöhere Weide flüchten. Das künftige Deutschland ist europäisch – oder gar nicht.

Illusion #5: Die Politikersprache funktioniert nicht mehr

Wer als Politiker weiterhin die Fertigbauteile einer im politischen Raum entwickelten Kunstsprache verwendet, wird in hohem Tempo den Kontakt zu seinen Zielgruppen verlieren. Der Aufstieg des Rechtspopulismus und des Linkspopulismus, aber auch der Erfolg von Nonkonformisten – wie dem Tübinger Bürgermeister Boris Palmer – zeigen, dass in der politischen Kommunikation eine neue, authentische Sprache gefunden werden muss.

Wenn der Philosoph Professor Julian Nida-Rümelin vom „Peak Woke“ spricht, also dem Höhepunkt der Sprachumerziehung, und Ricarda Lang nach ihrem Rücktritt einräumt, sich in der Sprachwelt der Politik verlaufen zu haben, wird deutlich, dass der Erkenntnisprozess weit gediehen ist. Auch Trump hat mit seiner Sprache die „moralische Lizenzierung“ für eine Rückkehr zur derben Alltagssprache erteilt. Wir erinnern uns: Demokratie bedeutet Volksherrschaft und nicht Herrschaft über das Volk.

Illusion #6: Reales und nicht rhetorisches Regieren wird verlangt

Die Wähler sind müde, weitere 100-Tage-Sofortprogramme, neue Agenden und Initiativen serviert zu bekommen. Sie haben Appetit auf Aktion. Das rhetorische Regieren, wo der Kanzler folgenlos die Entbürokratisierung des Landes, das Deutschlandtempo bei den Genehmigungen, ein grünes Wirtschaftswunder oder die unverzügliche Abschiebung von illegalen Migranten ankündigt, hat sich überlebt.

Jeder Scholz-Nachfolger muss wissen, dass er eine Lieferverpflichtung besitzt. Die Bürger wollen von der Politik so behandelt werden wie von Amazon: Wer ein grünes Fahrrad bestellt, bekommt ein grünes Fahrrad und nicht ein rotes Gummiboot. Diese Erwartungshaltung des Bürgers ist nicht frech, sondern demokratisch.

Fazit: Mit der Selbstauflösung der Ampel und dem Machtantritt von Trump 2.0 endet der Gleichgewichtszustand der alten Bundesrepublik. Die alte Ordnung geht, eine neue muss gefunden werden. Die Dämonen des Wandels sind eigenwillig, vor allem, wenn sie keiner zu lesen versteht. Der alte Sponti-Spruch kommt einem in den Sinn:

Anarchie ist machbar, Herr Nachbar.

„Der Untergang“ von Gabor Steingart – Mit einem Prolog von Jean Pütz

Dieser sensationelle Kommentar von Gabor Steingart beschreibt leider die Ausweglosigkeit der zukünftigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung Deutschlands. Die eigentliche Ursache beschreibt er nur am Rande.

Schon 1970 habe ich eine Sendereihe unter dem Titel „Energie, die treibende Kraft“ in den dritten Programmen produziert und ausgestrahlt. Die Bedeutung der Energie für den Alltag und auch für Wirtschaft und Wohlstand ist dem deutschen Volk nie so richtig bewusst geworden. Die Industrie reagiert auf Energieprobleme äußerst sensibel. Das ist deswegen tragisch, weil sie die Milchkuh unserer gesamten Volkswirtschaft ist. Wenn die Industrie krankt, geht es dem Volk schlecht. Das ist den Grünen-Ideologen nie so richtig klar geworden. Sie haben zwar unsere unmittelbare Umwelt saniert (das ist ihr großer Verdienst), aber seit sie glauben, dass Weltklima aus Deutschland heraus retten zu können, haben sie sich in Wunschdenken, nach dem Motto „was nicht sein darf, das nicht sein kann“, verloren.

Was Gabor Steingart nicht direkt erwähnt und was naturwissenschaftlich gebildeten Menschen klar war: Die penible Dekarbonisierung in Deutschland ist die eigentliche Ursache. „Noch nie ist so viel fossile Energie gefördert worden, wie derzeit“ und die Ideologen glauben mit Abfangen von jedem Co2 Molekül die Welt zu retten. Dieses ist hauptsächlich daran Schuld, dass wir die Bedingungen einer Industrienation nicht mehr erfüllen. Aber leider hat der Mainstream alle anderen Möglichkeiten hinweggewischt. Derjenige, der andere Lösungsmöglichkeiten bietet, wird diffamiert. Dabei kann das Klima nicht mit High-Tech gelöst werden. Es bedarf einer einfachen Lösung, um auch die armen Dritte-Welt-Länder in den Prozess mit einzubinden. Die Voraussetzung ist, dass auch sie sich entwickeln können und die Methanolstrategie hilft ihnen bei der Industrialisierung als Voraussetzung für Wohlstand und Frieden.

Ihr Jean Pütz

(Pioneer) – Die Volkswirtschaft stagniert, in der Stahlsparte von Thyssenkrupp werden die Weihnachtsfeier und die Kekse bei internen Meetings gestrichen; und Volkswagen muss womöglich drei Werke in Deutschland schließen. Ein Gespenst geht um in Deutschland – das Gespenst der Veränderung.

Was das Land als Krise erlebt, ist in Wahrheit der Beginn einer sehr umfassenden Transformation. Viele Gewissheiten der vergangenen Jahrzehnte, die wir vereinfacht „Normalität“ genannt haben, verschwinden vor unser aller Augen im Nebel der Geschichte.

Die alte Normalität geht und eine neue entsteht. Deutschland schafft sich nicht ab, wie Thilo Sarrazin glaubte. Was wir derzeit erleben, sind die Presswehen dieser neuen Zeit.

#1 Die Industriegesellschaft alten Typs verabschiedet sich

Die alten Industrie-Konglomerate ziehen sich zurück. Was mit der Textilindustrie in den 60er-Jahren begann, sich über das Zechensterben und die Schrumpfung der Stahlindustrie an Rhein und Ruhr fortsetzte, erfasst in diesen Tagen auch die chemische Industrie und den Automobilbau.

Erst gestern veröffentlichte der Verband der Automobilindustrie eine Studie mit dem Ergebnis, dass bis 2035 etwa jeder fünfte Job in der Autobranche wegbrechen könnte.

Hohe Löhne, bürokratischer Eifer und explodierende Energiepreise haben den historischen Prozess beschleunigt und eine bisher nicht gekannte Deindustrialisierung in Gang gesetzt. Europas größter Chemiepark in Ludwigshafen (BASF) ist unrentabel geworden, auch Volkswagen, Mercedes-Benz und Thyssenkrupp kämpfen um den Erhalt von Rentabilität in Deutschland.

Der Prozess ist auch deshalb schmerzhaft, weil er ungesteuert und ohne politische Führung geschieht. Das Alte geht, ohne dass ausreichend Neues entsteht. Kanzler und Wirtschaftsminister, die eben noch vom grünen Wirtschaftswunder geträumt haben, stehen vor den Trümmern ihrer Illusionen.

#2 Latenter Inflationsdruck

„Tot wie ein rostiger Nagel“ sei die Inflation, meinte der frühere Wirtschaftsminister Karl Schiller. Sein Irrtum ist unsere Realität.

Wichtige Treiber sorgen dafür, dass wir – entgegen der Erwartung der Notenbanken – in einer Zeit leben, in der die Geldwertstabilität keineswegs gesichert ist. Mehrere strukturelle Inflationstreiber sprechen dafür, dass die Inflation zurückkehrt, bevor sie beseitigt ist.

Die durch hohe Zölle erzwungene Rückverlagerung von Produktion in die USA erzeugt Preisdruck durch Importzölle, die das Leben der Verbraucher verteuern dürften. Auch die EU mit ihrem Kampf gegen „Billigimporte“ aus China wird die Teuerungsraten für die Verbraucher nach oben treiben.

Die Dekarbonisierung der Produktionsanlagen und die mit ihr verbundenen Zusatzkosten für umweltverträgliche Produktionsweisen verbessern das Leben – aber treiben die Preise. Anhaltende Kinderlosigkeit und der dadurch ausgelöste Fachkräftemangel erhöhen den Druck auf die Löhne. Die weltweit steigende Staatsverschuldung – zum Jahresende wird die Schallmauer von 100 Billionen Dollar durchbrochen – sorgt ebenfalls für Inflationsdruck.

#3 Jahrhundert der Aufrüstung

Die Bundesrepublik hat in diesem Jahr erstmals das Zwei-Prozent-Ziel der Nato erreicht. Kostenpunkt: rund 91 Milliarden Euro (57 Prozent mehr als noch 2020). Der Finanzierungsbedarf wächst bei steigendem Bruttoinlandsprodukt in den kommenden Jahren automatisch mit.

Für 2028 werden Ausgaben in Höhe von mehr als 100 Milliarden Euro erwartet, so das Institut der deutschen Wirtschaft (IW).

Allerdings: Die erklärte Absicht der US-Regierung – unabhängig von der Parteifarbe –, den Deutschen innerhalb der Nato mehr als die bisherigen zwei Prozent abzuverlangen, erhöht hierzulande das Militärbudget. Die rabattierte Sicherheitspolice, bisher finanziert durch die USA, läuft ab. Ein höheres Verteidigungsbudget muss durch Einsparungen an anderer Stelle erwirtschaftet werden. Der Sozialstaat gerät zusätzlich unter Druck.

#4 Soziale Überforderung durch die Demografie

In Deutschland ist derzeit jede zweite Person älter als 45 und jede fünfte Person älter als 66 Jahre. Während 1962 noch 6,05 Beitragszahler für einen Rentner aufkamen, waren es 2020 nur noch 2,15 einzahlende Personen pro Rentner. Das IW Köln geht davon aus, dass im Jahr 2050 sogar nur 1,3 Beitragszahler pro Person zur Verfügung stehen werden.

Doch die Einzahlungen alleine können die Ausgaben für die Rente nicht decken, weshalb der Bund mitfinanziert. Im Jahr 2023 musste der Bund rund 112,4 Milliarden Euro in die Rentenkasse einzahlen. Dieser Anteil dürfte weiter steigen, weshalb der „versteinerte Haushalt“ (Bundesrechnungshof) die Zukunft des Landes gefährdet.

#5 Die grüne Transformation

Das Ziel der Bundesrepublik ist definiert: Klimaneutralität bis 2045. Mit diesem Ziel möchte man in der EU der Primus sein – das kostet Wohlstandsanteile. Denn, so sagt es die Wirtschaftsweise Veronika Grimm, „ein grünes Wirtschaftswunder würde man nur erleben, wenn diese klimafreundlichen Anlagen mit gleichem Kapitaleinsatz mehr Wertschöpfung generieren.“ Davon dürfe man allerdings nicht automatisch ausgehen.

Laut Schätzungen der KfW-Bank und des Wirtschaftsprüfers PwC belaufen sich die Kosten für die grüne Transformation in Deutschland bis 2045 auf rund fünf Billionen Euro. Das ist mehr als zehnmal so viel wie der aktuelle Bundeshaushalt oder eine Billion Euro mehr als das BIP der Bundesrepublik.

Zum Vergleich: In der übrigen EU lässt man sich innerhalb des Green Deals fünf Jahre mehr Zeit, um „Net Zero“ zu erreichen.

Fazit: Die Deutschen sollten die neue Normalität nicht nur erdulden, sondern wo möglich auch gestalten. Vor allem sollten sie angesichts von Veränderungen – die wie eine große Welle die westliche Welt erfasst haben – nicht die gute Laune verlieren. Oder um es mit Kurt Tucholsky zu sagen:

Nicht nur Mercedes, sondern die deutsche Automobilindustrie verliert ihre Weltgeltung

Mein Kommentar dazu:
Schon vor 10 Jahren, als die deutsche Automobilindustrie den verhängnisvollen Entschluss verkündete, demnächst nur noch Elektroautos bauen zu wollen, habe ich persönlich bei Facebook die höchste Warnstufe ausgerufen. Das Verbrennerverbot und Elon Musk haben dafür gesorgt, dass die größte Fehlentscheidung gefällt wurde, die die Deutsche Industrie jemals betrieben hat. Meine 100.000 Follower bei Facebook war das bewusst.
In einem Beitrag habe ich das deutlich gemacht unter dem Titel „Das batterieschwere Elektroauto überflüssig wie ein Kropf“. Aber die Arroganz der damaligen Manager war nicht zu übertreffen. Das serielle Elektroauto, welches ich nicht nur bei Facebook, sondern auch auf meiner Homepage empfohlen habe, hat 10 Jahre später die österreichische Technologieschmiede Obrist umgesetzt und mittlerweile existieren bereits 11 Prototypen, die nicht nur vom Preis her nicht teuerer sind als ein herkömmlicher Diesel, sondern dieses benötigt nur ein Minimum an Energie um von A nach B zu fahren.

In meinem neuesten Buch „Wohlstand und Wirtschaftswachstum ohne Reue“ habe ich dieser Idee mehrere Kapitel gewidmet. Auch heute noch sehe ich darin die Möglichkeit die deutsche Automobilindustrie mit diesem von Obrist genannten Hyper-Hybrid genannten Elektroauto zu sanieren. Aber vielleicht ist der Zug schon abgefahren und Deutschland ist auf dem Weg zur Deindustrialisierung. Auch, weil den Klimarettern die Logik abhanden gekommen ist.

PS.: Für mich ist Elon Musk ein genialer Scharlatan. Das sieht man daran, dass er jetzt Milliarden investiert, um den immer mehr zum Faschismus tendierenden Donald Trump zu unterstützen. Trump wird damit nicht nur unsere Automobilindustrie damit ruinieren, sondern die die USA in eine katastrophale Zukunft führen. Das bewirkt, das die autoritären Staaten auf unserem Globus Oberhand gewinnen. Eigentlich bin ich ein großer Optimist, aber ich weiß nicht wie ich meinen Pessimismus bewältigen kann.
Ihr Jean Pütz

Lesen Sie jetzt einen Auszug einen Kommentar dazu von Gabor Steingart aus seiner Plattform „The Pioneer Briefing“:

(Pioneer) – Der Standort Deutschland ist für Mercedes zum Belastungsfaktor geworden, wie für die anderen Automobilhersteller auch. Die hohen Energiekosten, die Arbeitszeitverkürzungen und der Krankenstand machen Mercedes zu schaffen. Mit einem Effizienzprogramm namens „Beat26“ hält Källenius dagegen.

Triumph der IG Metall: Doch Werksschließungen in Deutschland sind vorerst ausgeschlossen. Bis 2029 sind betriebsbedingte Kündigungen gemäß der Vereinbarung zur Beschäftigungssicherung nicht möglich. Die IG Metall sagt, die Beschäftigten dürften nicht für die Managementfehler geradestehen.

Fazit: Ola Källenius ist mit 55 Jahren bereits ein Manager, der seine berufliche Zukunft hinter sich hat. Der Stuttgarter Stern glänzt nicht mehr, sondern blinkt nur noch matt. Und er blinkt SOS. Aufsichtsratschef Martin Brudermüller sollte sich zeitnah auf die Suche nach einem Nachfolger begeben.

Weltweite Gefahren durch Elon Musk – vom Heilsbringer zum Verschwörer

(The Pioneer) – Wie Elon Musk durch sein mächtiges Netzwerk – im Silicon Valley und auf X – zum politischen Sprachrohr und Drahtzieher der republikanischen Rechten wurde.

Auf X postete Elon Musk vergangene Woche ein Video über einen vermeintlichen Kampagnenspot von Kamala Harris. Die demokratische Präsidentschaftskandidatin erklärt dort, Joe Biden sei senil, sie selbst eine Quotenfrau und Marionette eines geheimen Machtnetzwerks. Eine Woche später wurde das Video über 130 Millionen Mal angeschaut, knapp 300.000 Mal geteilt.

Dass der Spot ein Deep-Fake ist und Kamala Harris das nicht wirklich gesagt hat, ist dank Künstlicher Intelligenz (KI) zwar nicht zu erkennen, aber doch einfach zu kombinieren. Ein paar Millionen Nutzer haben ihm womöglich trotzdem geglaubt, weil sie sonst niemandem glauben erst recht nicht den von Musk verteufelten Mainstream-Medien.

7 weitere Male hat Musk seit Anfang vergangener Woche über Harris gepostet. 19 Mal über Donald Trump. 31 Tweets feuerte er über die Wahlen in Venezuela ab. Zig über die angebliche Gehirnwäsche durch die sogenannten Mainstream-Medien und ebenso viele über illegale Einwanderung. Insgesamt teilte er in fast 200 Posts, oft im Minutentakt, seine Gedanken mit der Welt.

Bekanntermaßen ist der 53-Jährige reichste Mensch der Welt (Vermögen: mehr als 230 Milliarden US-Dollar) nicht nur Nutzer, sondern auch Eigentümer der Plattform X, die vorher Twitter hieß. Daneben ist er CEO von Tesla, dem Raumfahrtunternehmen SpaceX, mit dem er die Menschheit „multiplanetar“ machen möchte, dem Neurotechnologie-Unternehmen Neuralink und dem KI-Unternehmen xAI.

Seit seiner Kindheit in Südafrika, geprägt von seinem fanatisch-gewalttägigen Vater, hat ihn eine Art Krisenmodus angetrieben, in dem er sich stets zu befinden scheint. Seine milde Form von Autismus macht ihn genial in seinen Geschäftsvorhaben, aber oft gemein im Umgang mit seinen Mitmenschen. In der US-Show Saturday Night Live sagte er 2021:

Allen, die beleidigt sind, möchte ich sagen: Ich habe Elektroautos neu erfunden und schieße Menschen in Raketen zum Mars. Dachtet ihr wirklich, ich wäre ein gechillter, normaler Kerl?

Wer sein Lebenswerk anschaut, versteht: Für Musk geht es bei all seinen Vorhaben – technologisch und politisch – um den Erhalt der menschlichen Zivilisation. Und diese menschliche Zivilisation ist in seinen Augen stets bedroht. „Ich höre Podcasts über den Untergang von Zivilisationen, um einzuschlafen“, erklärte er im Frühjahr bei einer Konferenz.

Abgesehen von dieser apokalyptischen Konstante hat Musks Weltbild in den vergangenen Jahren allerdings einen radikalen Wandel durchlaufen. Er wurde vom exzentrischen Tech-Milliardär zum größten Polit-Influencer der Welt. Seine Vision als Unternehmer ist heute längst nicht mehr von seiner politischen Mission zu trennen. Und in diesen Tagen erst recht nicht mehr vorrangig.

Denn heute wird die Zivilisation in seinen Augen nicht mehr in erster Linie durch Klimawandel oder Krieg bedroht, sondern von einem gesellschaftspolitischen Phänomen namens Wokeness, einer Art der politischen Korrektheit, unter dessen Deckmantel sich eine menschenfeindliche Ideologie verberge.

Hört sich lächerlich an? Vielleicht. Doch Musk gibt Einblick in (s)eine Denkschule, die in den USA gerade Hochkonjunktur hat. Sie wird von Eliten im Silicon Valley und US-Bürgern in Wohnwagen-Siedlungen geteilt, von weltweit Millionen Menschen – und bestimmt den US-Wahlkampf maßgeblich mit.

Die rote Pille

Noch 2016, als erfolgreicher Geschäftsmann, spendete Elon Musk an den Demokraten Barack Obama. Bei der Wahl 2020 hoffte er auf einen Sieg Joe Bidens. Heute könne ein weiterer Sieg der „Linken“ das Ende der Zivilisation einläuten, glaubt der Milliardär.

Bereits während der Corona-Pandemie verschlechtert sich Musks Verhältnis zu den Demokraten. Sie wollen sein Tesla-Werk in Fremont, Kalifornien, schließen. Musk findet das „faschistisch“. Das Werk bleibt offen.

Zur gleichen Zeit schreibt Musk auf Twitter über die „rote Pille“, sie offenbart im Film Matrix die Wahrheit über die Welt. Wer sie nimmt, wird aus der Simulation befreit. Musk hatte schon immer den Hang zur Verschwörung. Die Differenzen zwischen dem zunehmend libertär denkenden Tech-Milliardär Musk und den für amerikanische Verhältnisse linken Demokraten werden immer unüberbrückbarer.

„Ich bin (nach Kalifornien) gekommen, weil es das Land der Möglichkeiten war“, sagt er im Interview mit dem Autor und Journalisten Walter Isaacson, der über Musk eine Biografie geschrieben hat. „Jetzt ist es das Land der Rechtsstreitigkeiten, Regulierung und Steuern.“ Von Joe Biden entfernt er sich auch durch seine Abneigung für Gewerkschaften und Arbeiterrechte.

Im Mai 2022, auf dem Weg zu einem Treffen mit Brasiliens nationalistischem Präsidenten Jair Bolsonaro, erklärt er seine neue Wahlpräferenz – die Republikanische Partei. Er unterstützt jetzt den ultrakonservativen Republikaner Kevin McCarthy. Gleichzeitig betont er aber immer wieder, dass er gemäßigt denkt, die „linke“ Seite der Republikaner möge.

„Die Transformation von Twitter hat Musk radikalisiert“, sagt uns Ethan Zuckerman, Professor der Medienwissenschaften an der University of Massachusetts Amherst und ehemaliger Direktor des MIT Center for Civic Media. Seine Spielwiese – so empfand Musk – entwickelte sich immer stärker zu einem woken Forum, das andere Meinungen unterdrückte. Zuckerman:

Musk entwickelt eine Obsession mit dem „Woke-Virus“, das sich in seinen Augen besonders über Twitter ausbreite. Es sei „anti-menschlich“. Es arbeite gegen die Wissenschaft und gegen das Leistungsprinzip. Und es bringe Menschen dazu, sich selbst zu hassen.

Seine eigene Tochter, so empfindet er, wurde von dem Woke-Virus „getötet“, als sie eine Geschlechtsumwandlung vornahm. Musk habe sie – damals als Junge – aufgrund ihrer weiblichen Züge gehänselt, erklärte sie daraufhin – wenn er überhaupt mal zu Hause war. Vor vielen Jahren brach ihr Kontakt ab.

So wird der Kauf des sozialen Netzwerks Ende Oktober 2022 Teil seiner anti-apokalyptischen Mission. In einem TED-Talk sagt Musk:

Eine öffentliche Plattform, die ein Höchstmaß an Vertrauen genießt und alle Menschen einbezieht, ist für die Zukunft der Zivilisation äußerst wichtig.

Der Twitter-Kauf

Als Besitzer und CEO von Twitter wird Musk vom Tech- zum Medien-Mogul und damit politisch unumgehbar. „Twitter nimmt in der Politik einen besonderen Platz ein, weil alles öffentlich ist“, sagt Zuckerman. Es sei die „Hintertür“ in die Medienbranche.

Unmittelbar nachdem er Twitter für 44 Milliarden Dollar übernommen hatte, lässt er tausende Accounts, die wegen Hassrede und sonstigen Verstößen zuvor gesperrt wurden, wieder freischalten – im Namen der Meinungsfreiheit. Darunter war auch der Account von Donald Trump, der wegen seines Aufrufs zu Gewalt am 6. Januar 2021 permanent gesperrt war und zwischenzeitlich sein eigenes Medium gründete – das er bis heute anstatt X nutzt.

Es ist der ultimative Griff nach Macht über den öffentlichen Diskurs. Wer Twitter besitzt, entscheidet, was trendet. Denn es kann auf dem sozialen Netzwerk zwar jeder posten, aber bei wem welcher Post in der Timeline landet, das entscheiden Menschen.

Seine Vorahnung bestätigte sich: Die Untersuchung zeigt tatsächlich, dass Twitter-Mitarbeiter politisch voreingenommen bei der Drosselung der Reichweite oder Sperrung von Accounts vorgegangen waren. Corona-kritische und konservative Konten wurden auffällig häufig verborgen oder sogar gesperrt, während ihre linken Pendants keine solchen Konsequenzen zu befürchten hatten.

Nur Tage später sperrt Musk allerdings mehr als zehn Journalisten auf seiner nun eigenen Plattform, unter anderem von der New York Times und der Washington Post, die negativ über ihn berichtet hatten. Das neue Twitter habe das gleiche Problem wie das alte, schreibt Bari Weiss nur sieben Tage später. Musk zieht sie sofort von der Untersuchung ab.

Laut einer Investigativ-Recherche des Technikportals The Verge hat Musk im Februar 2023 rund 80 X-Ingenieure dazu verpflichtet, die Reichweite seiner eigenen Tweets künstlich um den Faktor 1.000 zu erhöhen. Der Auslöser war ein X-Post von Präsident Joe Biden zum Super Bowl, der 29 Millionen Aufrufe erhielt, während Musks Post zum gleichen Thema nur 9 Millionen Menschen sahen. Nun werden auch seine politischen Posts an noch mehr Millionen von Timelines gespült.

Die Trump-Allianz

Bestärkt in seinen eigenen Denkmustern, rückt Musk ideologisch immer näher an Trump und die republikanische Rechte. Weniger Steuern, Regulierung, Migration und Wokeness – hier herrscht Einigkeit.

Im März sollen Trump und Musk bei einem Treffen des Milliardärs Nelson Peltz (der als aktivistischer Investor Disney von seinem Woke-Kurs abbringen wollte) über ihre gemeinsame politische Zukunft verhandelt haben. Trump soll Musk laut US-Medien einen Beraterposten in Aussicht gestellt haben. So könnte er auch offiziell Einfluss nehmen, etwa wenn es um Steuererleichterungen für Elektroautos oder Verträge für sein Raumfahrtunternehmen SpaceX geht.

Dafür aktivieren Musk und sein mächtiges Netzwerk ihre Einlagen. Bei einem geheimen Abendessen im April soll Musk mit seinen langjährigen Vertrauten aus PayPal-Zeiten David Sacks und Peter Thiel sowie dem ehemaligen Finanzminister Steven Mnuchin und dem Medienmogul Rupert Murdoch überlegt haben, wie sie für Trump unter dem Radar spenden können.

Elon Musk, David Sacks und der langjährige Trump-Unterstützer Peter Thiel arbeiteten in den frühen 2000er Jahren bei dem Zahlungsdienstleister PayPal zusammen und teilen libertäre Ansichten. Das Trio ist im Silicon Valley wegen ihres einflussreichen Netzwerkes und gemeinsamen Vermögens von 250 Milliarden Dollar als PayPal-Mafia“ bekannt.

Einen Tag nach dem versuchten Attentat auf Donald Trump, am 14. Juli, gibt Musk auf X seine offizielle Unterstützung für den republikanischen Kandidaten bekannt. Nur wenige Tage später, auf dem Parteitag der Republikaner in Milwaukee, wird J. D. Vance der Vizepräsidentschaftskandidat von Trump. „Einer von Trumps Großspendern, Peter Thiel, hat ein gutes Wort für Vance bei Trump eingelegt“, berichtet der USA-Experte Josef Braml.

Vance – der Trump 2016 noch als amerikanischen Hitler bezeichnete – arbeitete nach seinem Studium für die Investment-Firma von Peter Thiel und ist mit ihm sowie auch mit Sacks und Musk eng befreundet. Sollte Trump gewinnen, wäre er ihr Stellvertreter im Weißen Haus.

Im Juni errichteten unter anderem Joe Lonsdale, der mit Thiel das Unternehmen Palantir gegründet hatte, und die beiden Investoren-Brüder Cameron und Tyler Winklevoss ein politisches Komitee für die Organisation von Spenden für Trump – das America PAC (PAC = Political Action Committee).

Musk soll laut dem Wall Street Journal über das America PAC monatlich 45 Millionen Dollar an die Trump-Kampagne spenden. Auch wenn er selbst den Bericht seit seiner Veröffentlichung mehrfach dementierte, hat Trump die frohe Botschaft schon längst für sich instrumentalisiert.

Auf einer Wahlkampfveranstaltung in Michigan erzählt der Präsidentschaftskandidat bereits von den besagten 45 Millionen, die der Tech-Mogul ihm treu und regelmäßig spende. Am Sonntag rief die Trump-Kampagne ihre Anhänger zum Spenden per E-Mail auf. Der Betreff: „I Love Elon Musk!“.

Der virtuelle Wahlkampf

Während Musk im realen Leben weiter von öffentlichen Auftritten für die Republikaner absieht, wird er auf X immer stärker zu ihrem Sprachrohr: Heftige Kritik an Kamala Harris‘ politischer Agenda kombiniert er dort mit Verschwörungen über die Propaganda der Mainstream-Medien, mit vermeintlichen Enthüllungen über voreingenommene Algorithmen von Big-Tech-Unternehmen wie Google, die gezielt republikanische Inhalte unterdrücken sollen.

Dass er selbst das gleiche Spiel nur andersherum treibt, scheint ihn nicht zu stören. „Seine Vorstellung von Meinungsfreiheit lautet: Ich entscheide, wer gehört werden sollte“, sagt Zuckerman. „Natürlich ist das heuchlerisch“.

Mit dem Start in die heiße Phase des US-Wahlkampfes häufen sich auch die Klagen über Probleme auf der Plattform. Zahlreiche Nutzer etwa beschwerten sich, sie seien nicht in der Lage, dem X-Konto von Harris zu folgen, nachdem sich Präsident Joe Biden aus dem Rennen zurückgezogen hatte.

Zuletzt fordert der demokratische Abgeordnete aus New York, Jerry Nadler, den Justizausschuss des Repräsentantenhauses auf, X zu untersuchen, und bezeichnete den Vorfall als ein „ernstes und zeitkritisches Zensurproblem“.

Anfang dieser Woche sperrte X auch den Account „White Dudes for Harris“, kurz nachdem dieser mit einem massiven Spendenaufruf über vier Millionen Dollar für die voraussichtliche Kandidatin der Demokraten aufgebracht hatte. Gerade weil Musk in der Vergangenheit gezeigt hat, wie bereit er ist, in den Algorithmen seiner Plattform herumzupfuschen, sei es nicht sonderlich glaubwürdig, dass es sich hier um Zufälle handle, denkt Ethan Zuckerman.

Unterdessen erscheinen mit schwindelerregender Geschwindigkeit neue Posts von Musk auf den Timelines der X-Nutzer weltweit. 13 Mal werden in dieser vergangenen Woche die Erfolge von SpaceX gefeiert, dazwischen geht es 14 Mal um die „wahnsinnige“ Transgender-Politik der Demokraten. Er teilt Vorschläge zur Förderung von Elektroautos, empört sich über illegale Migration und propagiert gleichzeitig die Idee einer Arche Noah auf dem Mond.

mmer wieder propagiert Musk das Buch des kanadischen Marketingprofessors Gad Saad – so auch am Donnerstag. Gaad beschreibt eine Welt, in der das Woke-Virus überhand genommen hat, in der Gedanken- und Meinungsfreiheit der Tyrannei der politischen Korrektheit gewichen ist. „Furchterregend präzise“, meint Musk. Ein Gedankenanstoß liefert Saads Werk auch:

Um ein wirklich weiser Mensch zu sein, müssen wir erkennen, welche Bereiche am besten von unserem Intellekt und welche am besten von unseren Gefühlen geleitet werden.

Ein intelligenter Artikel zum Kolonialismus von Gabor Steinhart

(Pioneer) – die Kolonialisten früherer Zeit unterscheiden sich von ihren Nachfolgern dadurch, dass sie ihre Überlegenheitsgefühle offen auslebten. Cecil Rhodes, der als britischer Besatzer in Indien („Wir sind nicht hier, um uns gut zu benehmen“) seinen Auftritt hatte, sagte:

Ich behauptete, dass wir Briten die erste Rasse der Welt sind, und je mehr von der Welt wir bewohnen, desto besser ist es für die menschliche Rasse.

Auch König Leopold II. von Belgien war durchdrungen von der Idee einer fortschrittlichen Besatzung:

Die Mission der Zivilisation, die wir den Wilden schulden, besteht darin, ihnen den Weg zum Fortschritt zu zeigen.

Die damaligen Protagonisten sind verstorben. Aber die Idee einer westlichen Überlegenheit lebt.

Die neuen Kolonialisten gehören der EU-Kommission und der Bundesregierung an, wohnen im Weißen Haus und im Élysée-Palast. Diesmal geht es nicht um die Besetzung fremden Territoriums durch Könige und Soldaten, sondern durch Finanzbeamte, Zöllner und Sanktionsexperten. Am westlichen Wesen soll die Welt genesen. Man spricht nicht mehr von den „Wilden“, sondern von den „sich entwickelnden Staaten“, die man in der Kunst der „europäischen Werte“ unterweisen möchte.

  • Die europäischen Firmen sollen gemäß dem Lieferkettengesetz nicht mehr nur Produkte exportieren, sondern auch die Moralvorstellungen der EU-Kommission.
  • Wer frech wird, sprich zu erfolgreich ist, wird mit Sanktionen und Zöllen belegt – so wie die Elektrofahrzeuge der Volksrepublik China.
  • Von Stahlproduzenten und Maschinenbauern wird an der europäischen Grenze erst eine Offenlegung ihrer Produktionsweise und anschließend eine CO₂-Ausgleichsabgabe verlangt. Der Green Deal soll als weltweiter Standard durchgesetzt werden.

Die gute Nachricht: Geschichte wiederholt sich nicht. Die neuen Kolonialisten können sich nicht mehr auf die bedingungslose Gefolgschaft der Wirtschaft verlassen. Damals marschierten Wirtschaftsbosse und politische Machthaber im Gleichschritt nach Afrika, Indien und Lateinamerika.

Heute geht die Wirtschaft eigene Wege: Die Unternehmen wollen nicht drohen und unterdrücken, sondern werben und verkaufen. Die andere Nation ist für sie nicht Rivale, sondern Zielgruppe und Produktionsstandort. Der Aufstieg der anderen begünstigt den eigenen.

Immer mehr Firmen akzeptieren das Primat der Politik nur noch rhetorisch. Es kommt zu einer bemerkenswerten Abfolge von Widerspenstigkeiten:

Der Fall Nvidia

Pax Americana: Der Chiphersteller für die Künstliche Intelligenz tut alles, um die technologische Kriegsführung der amerikanischen Regierung zu konterkarieren. Eigentlich dürfen die Hochleistungschips nicht mehr an den Erzrivalen China ausgeliefert werden. Aber Nvidia-CEO Jensen Huang hat anders entschieden.

Der Papiertiger: Rund eine Million der neuen H20-Chips will man in diesem Jahr an die Volksrepublik verkaufen. Der Chip wurde so designt, dass er weniger Leistung erbringt und dadurch nicht unter die US-Restriktionen fällt. Dylan Patel von SemiAnalysis sagte der Financial Times, dass die Fähigkeiten des H20 jedoch „nur auf dem Papier“ unterhalb des in China hergestellten Huawei-Chips Ascend 910B liegen, aber in Wahrheit dank seiner Speicherperformance „ein gutes Stück überlegen“ sind.

Ergebnis: Das Geschäft läuft. Geplanter China-Umsatz nur mit diesem Chip: 12 Milliarden Dollar in 2024.

Der Fall Apple

Profit first: Auch Apple-CEO Tim Cook ist ein Gegner der Decoupling-Ideen von Trump und Biden. Denn diese kosten den Konzern aus Cupertino in China nicht nur Reputation, sondern Umsatz und Gewinn.

Überlebenswichtig: Apple stellt bei Foxconn in China den Großteil seiner Produkte her. Der Großraum China – inklusive Hongkong und Taiwan – ist der drittwichtigste Absatzmarkt des Apple-Imperiums.

Cook will sich diesen Markt nicht von Biden und Co. zerstören lassen und flog deshalb im März selbst nach Peking, um ein Gegenstatement zu den bellizistischen Tönen abzugeben.

Der Fall BASF

Frei investieren: Auch Vorstand und Aufsichtsrat des weltgrößten Chemiekonzerns, der in Ludwigshafen sein Stammwerk betreibt, halten nicht viel von den Entflechtungsabsichten des Weißen Hauses und der EU-Kommission. Unbeirrt wurde die Zehn-Milliarden-Euro-Investition in den chinesischen Verbundstandort Zhanjiang, wo de facto ein zweites Ludwigshafen entsteht, vorangetrieben.

Goodbye Germany: Dort soll außer Sichtweite der Anti-China-Politiker das asiatische Geschäft ausgebaut werden, nach den dortigen Gesetzen und zu den dortigen Löhnen. Ludwigshafen ist der lebende Beweis, dass die Kombination aus hohen Löhnen, hohen Energiepreisen und komplexer Regulierung nicht funktioniert. Das Werk – der weltgrößte Chemiekomplex – fährt seit Jahren Verluste ein. Im vergangenen Geschäftsjahr waren es fast zwei Milliarden Euro.

Der Fall Mercedes

Präsenz im Aufsichtsrat: Zwei chinesische Firmen, die Beijing Automotive Group und Tenaciou3 Prospect Investment Limited, besitzen mittlerweile rund 20 Prozent der Mercedes-Benz Group AG. Damit haben die Chinesen Zugang zur strategischen Planung des Stuttgarter Automobilkonzerns.

Eine Hand wäscht die andere: Und die Stuttgarter haben Zugang zu einem finanziell, technologisch und politisch interessanten Partner. Denn natürlich erwartet man im Umkehrschluss, dass die Volksrepublik China nicht eines Tages ihren Heimatmarkt für Mercedes verschließt. So sehen Win-Win-Konstellationen aus.

Fazit: Der entscheidende Satz aus dem zweiten Kapitel des Kommunistischen Manifests – „Die Arbeiter haben kein Vaterland“ – wird heute auch von den Kapitalisten gelebt. Sie kämpfen nicht für den Umsturz der Verhältnisse, sondern für deren Erhalt. Sie wollen Kooperation, nicht Krieg. Politiker, hört die Signale.

Kant zum 300. Geburtstag

Ich bin ein Kantianer und verehre Immanuel Kant als Vordenker der modernen Aufklärung. Sein kategorischer Imperativ führt konsequent zur Formulierung der Menschenrechte.

(Pioneer) – Immanuel Kant ist der bedeutendste Philosoph der Neuzeit. Heute jährt sich sein Geburtstag zum 300. Mal.

Geboren und gestorben ist er in Königsberg, das er zeit seines Lebens – 80 Jahre lang – fast nie verlassen hat. So beschränkt sein geografischer Radius auch war – sein Denken kannte keine Grenzen. Er schrieb und forschte zu den Naturwissenschaften, der Metaphysik, zu Fragen von Ethik und Ästhetik, zu Recht und Religion, zu Astronomie und Geschichte.

Sapere Aude – zu deutsch: Habe den Mut, Dich deines Verstandes zu bedienen.

Mit diesem lateinischen Sprichwort beantwortet Kant die Frage: Was ist Aufklärung? Er legt dem modernen Menschen die Bürde der Selbstertüchtigung und Selbstermächtigung auf und befreit ihn gleichzeitig aus den Fesseln seiner Unmündigkeit.

Kant begreift den Begriff des Menschen nicht auf Basis biologischer, soziologischer oder historischer Tatsachen. Menschsein ist für Kant von moralischer Dimension.

Der Philosoph Omri Boehm legt in seinem Buch „Radikaler Universalismus“, das jüngst mit dem Leipziger Buchpreis für europäische Verständigung ausgezeichnet wurde, Kants Erbe neu aus:

Was Menschen menschlich macht, ist keine natürliche Eigenschaft, sondern ihre Freiheit, ihrer Verpflichtung auf moralische Gesetze zu folgen.

Mit Kants 300. Geburtstag feiern wir den Aufbruch in die Welt, in der wir heute leben. Doch dieser Jahrestag ist auch eine Erinnerung daran, dass Meinungsfreiheit, Demokratie und insbesondere die Freiheit der Wissenschaft weltweit unter Druck stehen.

Das Erbe von Immanuel Kant ist also nicht gesichert. Für ihn muss heute nicht gebetet, sondern gekämpft werden.

Wohnungsmangel – und wie er zu bewältigen ist

(Pioneer) – Die Schlagzeilen gehören den Kriegen in Nahost und der Ukraine – und den medial durchsetzungsstarken Apokalyptikern: Klimakatastrophe! Soziale Spaltung! Globale Massenflucht!

So schafft es die lautlose, aber nicht minder dramatische Entwicklung auf dem deutschen Wohnungsmarkt nur selten in den Fokus der Aufmerksamkeit. Diese Krise besitzt keinen Glitzerfaktor und damit nicht das, was die Amerikaner „Star-Power“ nennen.

Nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit erodiert ein Grundpfeiler unserer Gesellschaft und das zentrale Versprechen der Bundesrepublik wird ungültig gestempelt: der bezahlbare Wohnraum für alle und die realistische Chance der Mittelklasse auf ein Eigenheim.

Die Hauptversammlung von Vonovia – Deutschlands größter Vermieter mit rund 483.000 Wohnungen in der Bundesrepublik – warf in dieser Woche für ein paar wenige Stunden das Scheinwerferlicht auf eine Lage, die für eines der reichsten Länder der Welt inakzeptabel ist.

Seine Firma, sagte der Vorstandsvorsitzende Rolf Buch, würde „täglich von Hunderten, an manchen Tagen von Tausenden“ Menschen kontaktiert, die verzweifelt auf der Suche nach einer Wohnung seien.

Wohnungsnot erhöhe die Ungleichheit und spiele populistischen Parteien in die Hände, so Buch. Der Vorstandschef wurde deutlicher als deutlich:

Mir fehlt das Verständnis, warum unsere gesamte Regierung dieses Thema nicht sehr viel beherzter angeht.

Denn bei stagnierender Neubautätigkeit hält der Zustrom nach Deutschland unvermindert an. Ohne weiteres Zutun der Politiker verschärft sich das Problem also im Selbstlauf.

  • Bis 2027 sollen bis zu 830.000 Wohnungen in Deutschland fehlen, das ist das Ergebnis von Schätzungen des Zentralen Immobilien Ausschusses.
  • Rolf Buch rechnet in seinen Prognosen mit einem Anwachsen der Wohnbevölkerung in Deutschland von heute 84 Millionen auf 86 Millionen Menschen – denen kein entsprechendes Wohnraumangebot gegenübersteht.

     

Es gibt also viele gute Gründe für Olaf Scholz und seine Bauministerin Klara Geywitz, die Reformbaustelle zu betreten. Diese sechs Punkte würden dem Wohnungsmarkt und damit auch dem Ansehen der Regierung massiv helfen:

1. Weniger Bürokratie, mehr Kapitalismus

Bauen in Deutschland ist kompliziert geworden. Während es 1990 noch rund 5.000 Bauvorschriften in unserem Land gab, sind es heute um die 20.000. Der Staat will sich in der Baupolitik selbst verwirklichen.

Eine radikale Entbürokratisierung der Bauwirtschaft ist also notwendig, was im Kern auch eine Entpolitisierung des Bauens bedeuten muss.

Es gibt keinen anderen Weg, als dass der Staat die Investoren zur Investition einlädt und ihnen also Flächen gewährt, gestalterischen Freiraum einräumt und kapitalistische Rendite, also die angemessene Verzinsung ihrer Investitionen, gestattet.

2. Weniger Umweltschutz, mehr Baugenehmigungen

Der Staat stellt immer höhere Anforderungen, gerade für Umweltschutz und Energieeffizienz. In einem Bericht von Februar schätzt der Zentrale Immobilien Ausschuss den Anteil von staatlich bedingten Kosten am Verkaufspreis eines Mehrfamilienhauses auf fast 40 Prozent.

Der Staat hat mit seinen gut gemeinten Eingriffen in den freien Wohnungsmarkt diesen nicht etwa gerechter und ökologischer, sondern kaputt gemacht. Das Wort der Stunde ist Überregulierung. Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie:

Die Politik muss sich entscheiden: Will sie sich im Detail verregulieren oder effizient Wohnungen bauen?

3. Der Immobilienmarkt brauchte dringend die Zinssenkung der EZB

Die Zinspolitik spielt eine wichtige Rolle für den Wohnungsbau. Rolf Buch sagt:

Wir haben bis vor kurzem für 3.000 Euro pro Quadratmeter gebaut und bauen jetzt für 5.000 Euro pro Quadratmeter.

Das „whatever it takes“ von EZB-Präsident Mario Draghi war kein Glücksfall, wie bei der Jubiläumsfeier der EZB kürzlich wieder gesagt wurde, sondern ein Jahrhundertirrtum. Deshalb ist Inflationsbekämpfung, auch durch das Einhalten der Schuldenbremse, eine wichtige Voraussetzung für die Sanierung der Bauindustrie.

4. Konjunkturprogramm für die Bauindustrie

Statt mit Bürgergeld und Kindergrundsicherung den Sozialstaat weiter auszubauen, wäre die effektivste Sozialpolitik ein staatliches Wohnungsbauförderprogramm. Denn ohne einen solchen Impuls bricht die Bauindustrie in Deutschland sehenden Auges zusammen.

40 Prozent der Baufirmen klagen über Auftragsmangel. Jede zehnte Baufirma steckt bereits in Finanzierungsschwierigkeiten, berichten die Experten.

5. Ohne andere Verkehrspolitik kein Bauboom

„Es gibt ausreichend Bauland in Deutschland. So viel wie die Größe Berlins oder 140.000 Fußballfelder“, sagte Bauministerin Klara Geywitz vor rund zwei Jahren.

Das stimmt. Das Problem ist jedoch: Das Fehlen von guten Verkehrsanbindungen in die peripheren Räume sorgt für eine erhöhte Nachfrage in den Ballungsgebieten und genau da fehlen die Wohnungen.

Die Lösung? Christian Ulbrich – CEO der Immobilienberatung JLL – nennt ein Argument:

Sie werden kein preiswertes Wohnen im städtischen Bereich mehr hinbekommen. Das heißt: Sie müssen den Erschließungsraum über einen hervorragenden öffentlichen Nahverkehr ausweiten.

6. Die Mietpreisbremse führt zur Fehlallokation

Das Statistische Bundesamt liefert die Evidenz für diese Behauptung: Demnach war 2022 – das sind die aktuellsten Daten aus Wiesbaden – die verfügbare pro Kopf Fläche umso größer, je weniger Personen in einem Haushalt wohnen.

Alleinlebende (das sind rund 40 Prozent aller Haushalte in Deutschland) hatten 2022 im Schnitt 73,4 Quadratmeter zur Verfügung. Zum Vergleich: Die Pro-Kopf-Wohnfläche in einem Vier-Personen-Haushalt beträgt lediglich rund 30 Quadratmeter.

Eine kürzliche Anfrage von Sahra Wagenknecht an das Statistische Bundesamt zeigt: 11,3 Prozent der deutschen Bevölkerung – also mehr als jeder Zehnte – leben in einer überfüllten Wohnung. Und viele Ältere, die aus guten Gründen keinen Wechsel in den unregulierten Teil des Marktes wagen, leben vergleichsweise großzügig.

Fazit: Der deutsche Wohnungsmarkt, der kein richtiger Markt mehr ist, zeigt alle Merkmale von Dysfunktionalität. Die gute Nachricht: Diese Krise ist menschengemacht und innerhalb der Grenzen des Nationalstaates zu bewältigen. Wenn die Ampel-Koalition die Selbstbeschäftigung einstellt, könnte sie sich an die Arbeit machen.

Kapitalmarkt: Blick in unsere Seele

Verehrte Besucher meiner Homepage. Die folgenden Gedanken eines klugen Journalisten möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. Er spricht die Bürger an, aber er vergisst, dass leider die Politiker meistens ähnlich gepolt sind. Das Problem in unserer Demokratie besteht darin, dass es offenbar ohne extremen Populismus nicht mehr geht. Viele Politiker sind unfähig Wahrheit, Realität und Wunschdenken zu trennen.

Jean Pütz

(Pioneer) – das liebste Hobby vieler Menschen besteht darin, die Wirklichkeit in die Eindimensionalität ihrer eigenen Überzeugungen zu pressen. Man sieht, was man sehen will.

Dabei wissen wir seit Hegel, dass die wahre Wirklichkeit sich darin gefällt, widersprüchlich zu sein. These und Antithese bringen mit naturgesetzlicher Gewalt die Synthese hervor. Oder um es etwas handfester mit Martin Walser zu formulieren:

Nichts ist ohne sein Gegenteil wahr.

Deshalb ist es lohnend, nicht auf die Fortschrittsmärchen der Regierungspolitiker und die Niedergangsgeschichten der Opposition zu vertrauen, sondern die Gesellschaft eigenständig in den Blick zu nehmen. Der perfekte Ort dafür ist der Kapitalmarkt.

Hier treffen sich die Zukunftserwartungen der Investoren mit den Notwendigkeiten und Wünschen echter Menschen. Das Auf und Ab von Industriezweigen, Firmen und Ländern liefert nicht nur das EKG der Gegenwartsgesellschaft, sondern berichtet auch über das Kommende. An der Börse, das hat uns André Kostolany gelehrt, wird die Zukunft gehandelt.

1 Der Krieg wird vorbereitet

Die Auftragslage der Rüstungskonzerne erzählt uns von der wieder gestiegenen Neigung, Auseinandersetzungen militärisch zu führen. Es gibt keinen Krieg ohne vorherige Aufrüstung. Es gibt keine Aufrüstung, die nicht früher oder später zum Krieg führt. Die Logik des Kalten Krieges – wenn du den Krieg vermeiden willst, bereite ihn vor – hat sich seither oft schon als wertlos erwiesen.

2 Splendid Isolation: Amerika strebt nach Autarkie

Der Wirtschaftskrieg zwischen China und den USA wird heftiger. Die Chinesen bauen ihre Dollarreserven ab, so wie die USA ihre Importsucht nach chinesischen Waren zu dämpfen versuchen.+

Die Bilanzzahlen und Aktienkurse eines Chipherstellers wie Nvidia erzählen von dem amerikanischen Streben nach technologischer Autarkie. Gerade im Bereich der hochleistungsfähigen Speicherchips, die man für Künstliche Intelligenz braucht, will Amerika nicht abhängig sein: Autarkie sichert Angriffs- und Abwehrfähigkeit.

3 Vertrauen funktioniert – auch als Geschäftsmodell

Inmitten des Neuen erweist sich das Alte als langlebig. Das gilt umso mehr im Finanzgewerbe, wo Vertrauen seit jeher die Schlüsselrolle spielt. Der deutsche Mittelstand wird deshalb trotz aller Lockangebote amerikanischer Investmentbanken nicht auf das heimische Geldgewerbe verzichten wollen.

Die Aktienkurse von Commerzbank und der Deutschen Bank haben zwar durch den Aufstieg der amerikanischen Geldindustrie und die Überregulierung nach der Finanzkrise gelitten, aber die Notwendigkeit nationaler Geldkreisläufe ist geblieben. Die Börse honoriert die Kraftanstrengungen der dortigen Vorstände. Totgesagte leben länger.

4 China ist gekommen, um zu bleiben

Was als verlängerter Arm der westlichen Großkonzerne begann, setzt sich in der Selbstständigkeit fort. China will nicht Diener, sondern Herr sein. Der kommunistischen Führung geht es jetzt darum, ökonomische Energie in politische Macht zu verwandeln.

Dollar weg, Gold her, ist die neue Devise im Reich der Mitte. In Peking möchte man seine lang ersehnte Souveränität nicht an die USA und den Dollar binden.

5 Nasdaq vs. Dax: Innovation schlägt Tradition

Der relative Abstieg der Bundesrepublik ist auch an der Entwicklung von Dax und Nasdaq abzulesen. Die Technologiebörse der USA vereint mit Apple, Microsoft, Nvidia und Tesla mehrere Unternehmen, die jedes für sich es mit den 40 wertvollsten deutschen Unternehmen aufnehmen können.

In Deutschland werden in aller Regel die Erfindungen der Väter weiterentwickelt. In Amerika wird neu gedacht – die Raumfahrt, das Automobil, die Kommunikation und auch das Finanzgewerbe, wo der Banker sich als Risk-Taker und nicht als Mitarbeiter einer Kreditanstalt versteht.

6 GameStop: Der Mensch ist kein Homo Oeconomicus

Unser Selbstbild vom rational handelnden Wesen wird vom Kapitalmarkt nicht bestätigt. Wider besseren Wissens setzten erneut Millionen Menschen in den vergangenen Tagen auf die Aktie einer nahezu wertlosen Firma namens GameStop. Ein Einpeitscher namens Roaring Kitty (im echten Leben der 38-jährige Keith Gill aus Massachusetts) hat sie im Internet dazu verführt.

Wobei die meisten sich gerne verführen lassen. Die Spekulanten wissen um die Wertlosigkeit der Firma. Aber der Wert ihres Investments liegt ja gerade im Spiel selbst begründet. Der Reiz des Gewinns wird stimuliert durch die Aussicht auf Totalverlust.

Fazit: An der Börse erfahren wir mehr über unsere Gegenwart als im Deutschen Bundestag. In der Anonymität der Geldströme und der Klarheit der pekuniären Motive wird die Wirklichkeit nicht fiktionalisiert und banalisiert, sondern gespiegelt. Wer genau hinschaut, erkennt in dieser Spiegelung die kollektiven Sehnsüchte und Ängste einer Gesellschaft – und immer auch sich selbst.

Europa im Abstieg – die Ursachen – Mit einer Einführung von Jean Pütz

Ein sehr intelligenter Artikel von Gabor Steinhart, dem ich zu 100% zustimme. Seit mindestens 40 Jahren versuche ich in all meinen Sendungen und Veröffentlichungen Gegenimpulse zu setzen, weil die Schwarmintelligenz zumindest in Deutschland für Technologie und Wirtschaft von den meisten Bürgern auf den Nullpunkt zugeht. Nicht Verstand leitet die Politiker, sondern populistisch geschürte Emotionen gegen jegliche Naturgesetze und wirtschaftliche Gesetzmäßigkeiten. Die Katastrophe besteht auch darin, dass die alt-ehrwürdige Logik von den Politikern und den meisten Bürgern in Vergessenheit geraten ist. Selbst die Wissenschaft setzt wegen politischer Förderung auf political correctness. Der Forscher, der sich dagegen verhält, bekommt keine Mittel mehr gestellt. Armes Deutschland und im Gefolge, armes Europa. Daher lohnt es sich den folgenden Artikel im Detail zu Gemüte zu führen.

Ihr Jean Pütz

(Pioneer) – Der Vorsitzende der New Yorker Investmentfirma Rockefeller International heißt Ruchir Sharma. Er kommt in seinem sehr lesenswerten Buch „What Went Wrong With Capitalism“ zu einem schockierenden Befund:

Obwohl das Pro-Kopf-Einkommen vor ein paar Jahrzehnten ähnlich war, ist die Wirtschaft seit 2010 in den USA doppelt so schnell gewachsen wie in den vier größten Volkswirtschaften der EU – Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien.

Der Bestsellerautor stellt in der Financial Times vom Montag die unbequeme Frage, die noch nie eine Kabinettssitzung in Berlin oder eine EU-Kommissionssitzung in Brüssel beschäftigt hat:

Warum eigentlich fällt Europa zurück?

Die Antwort auf diese Schlüsselfrage des 21. Jahrhunderts fällt, wenn wir sie redlich geben wollten, beschämend aus. Denn Europa hat vor vielen Jahren eine regelrechte Abstiegs-Agenda in Kraft gesetzt, deren Umkehrung schon deshalb schwerfällt, weil die politischen Eliten in Frankreich, Deutschland und Brüssel den Abstieg nicht als solchen erleben.

Diese Abstiegs-Agenda besteht aus fünf Säulen, die in ihrer Addition eine für Europas Wohlstand toxische Wirkung entfalten:

Die Klimapolitik erreicht in Europa ihre ökologischen Ziele auf Kosten der Wohlstandserzeugung

Ehrgeizige Klimaziele reklamieren für Europa eine Vorreiterrolle – die umgerechnet in CO2-Emissionen auch erfüllt wird. Aber: Die grüne Regulierung beansprucht enorme volkswirtschaftliche Ressourcen und konnte dennoch das Wachstum des weltweiten CO2-Ausstoßes nicht stoppen, was vor allem an der globalen Dimension des Problems und der Reformunwilligkeit des fossil-industriellen Komplexes liegt.

Verschärfend kommt hinzu: Europa ist ein Vorbild, dem kaum einer folgt.

Selbst innerhalb der Bundesrepublik werden bisher lediglich rund 20 Prozent des gesamten Energieverbrauchs aus erneuerbaren Energien gespeist. Die Zahlen von 60 Prozent alternativen Energien, die Robert Habeck kürzlich publizierte, betreffen lediglich die Stromerzeugung im ersten Halbjahr 2024 und nicht den Energieverbrauch als Ganzes.

Weltweit, sagt ifo-Chef Clemens Fuest, ist der Aufwärtstrend bei den Treibhausgasemissionen ungebrochen. Der EU-Rechnungshof hat die Kommission erst kürzlich gewarnt, es daher mit ihren Klimazielen nicht auf die Spitze zu treiben. Europa dürfe bei seinem Ehrgeiz in Sachen Klimaschutz nicht die industrielle Souveränität aufs Spiel setzen. Genau das passiert derzeit.

Deindustrialisierung wird als Teil der Transformation in Kauf genommen

Der soeben abgetretene BASF-Vorstandsvorsitzende Martin Brudermüller sagt mit Blick auf die hierzulande hohen Energiepreise:

Wir machen überall in der Welt Gewinne, außer in Deutschland. Der Standort Ludwigshafen macht 1,6 Milliarden Verlust.

Die BASF ist kein Ausnahmefall, sondern nur der Vorbote einer schleichenden Deindustrialisierung. Prof. Hans-Werner Sinnerklärt gegenüber The Pioneer, Deutschland habe einen Weg gewählt, der mit „Doppelstrukturen“ einhergeht:

Die Regierung kann im Grunde kein einziges Kraftwerk abstellen, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden. Diese Anlagen und ihre Belegschaften müssen Gewehr bei Fuß stehen, wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint. Das macht den deutschen Weg sehr, sehr teuer.

Hinzu kommt: Durch die deutsche Energiewende wird ein alter Kapitalstock ersetzt, aber der Produktionsausstoß nicht erhöht. „Der Wohlstand steigt dadurch nicht“, sagt Prof. Fuest.

Mittlerweile beträgt der Anteil der industriellen Produktion an der Wohlstandserzeugung in Deutschland nur noch rund 25 Prozent. In den siebziger Jahren waren es noch mehr als 40 Prozent. Europa insgesamt ist im Wettbewerb mit Nordamerika und Asien heute der wachstumsschwächste Kontinent. Auch, weil die alte industrielle Wertschöpfung – anders als in den USA – nicht durch moderne Internetgiganten ersetzt wurde.

Private Wertschöpfung wird durch staatliche Aktivität ersetzt

Eine stagnierende volkswirtschaftliche Gesamtleistung geht einher mit einer Expansion der Staatlichkeit. Die Personalausgaben des Bundes beispielsweise werden sich 2024 auf 45 Milliarden Euro belaufen, ein Plus von 59 Prozent gegenüber 2010, wie der Steuerzahlerbund errechnet hat.

Parallel dazu haben sich die Verwaltungsausgaben zwischen 2015 und 2024 von 12,9 Milliarden auf 24,3 Milliarden Euro nahezu verdoppelt. Die Staatsquote, also der Anteil des Staates an der wirtschaftlichen Aktivität, steigt und steigt.

Wenn der Staat mehr konsumiert, entzieht er die Mittel dem privaten Sektor. Der Investor und Buchautor Ruchir Sharma schreibt:

Die Belastungen durch einen überdimensionierten Staat haben das Produktivitätswachstum, das der Schlüssel zu steigendem Wohlstand ist, erdrückt. Von den Spitzenwerten der Nachkriegszeit in den 1960er-Jahren ist das Produktivitätswachstum nach meinen Berechnungen in den ‚Big 4‘ der EU von fast sieben Prozent auf weniger als null eingebrochen.

Regierungen versuchen, den Konjunkturzyklus mit Steuergeld zu glätten

Die Regierungen in Kontinentaleuropa glauben, ihren Bürgern die wechselnden Konjunkturzyklen nicht mehr zumuten zu können. Nicht nur mit den Mitteln der Notenbank, sondern vor allem mit den Instrumenten der Sozial- und der Arbeitsmarktpolitik versucht man, den Konjunkturzyklus zu glätten.

Die Staatlichkeit in Gestalt der EZB kaufte in der Finanzkrise – Stichwort „whatever it takes“ – Staats- und Firmenanleihen. Noch immer hält sie enorme private Vermögenswerte in ihrer Bilanz. Der Unterschied zu den USA ist hier allerdings eher marginal. Auch die Fed hat kräftig interveniert.

Aber: Im Unterschied zu den USA kommt in Europa ein Sozialstaat hinzu, der deutlich schneller wächst als die Gesamtwirtschaft. Insbesondere die größte europäische Volkswirtschaft, also die deutsche, versucht mit Kurzarbeitsregelungen, Aufstockerlöhnen, Mietzuschüssen und einem weltweit einmaligen Angebot an Lohnersatzleistungen die Bürger gegen das Auf und Ab des Wirtschaftszyklus zu immunisieren.

Die soziale Sicherheit führt – gewolltermaßen, muss man sagen – zu einer nur noch gering ausgeprägten Konkurrenzwirtschaft im unteren Drittel der Arbeitsgesellschaft. Das DGB-Motto des diesjährigen 1. Mai war so gesehen keine Forderung, sondern eine Zustandsbeschreibung:

Mehr Lohn. Mehr Freizeit. Mehr Sicherheit.

Hohe Steuern und Staatsschulden engen den privaten Spielraum ein

Die Reagan-Thatcher-„Revolution“ der Achtzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts hat zu einem Wechsel der Staatsfinanzierung geführt, schreibt Sharma. Die Angebotspolitik hatte ihre große Stunde: Steuern seien durch Kreditaufnahme ersetzt worden.

Das stimmt nur für die USA und das Vereinigte Königreich, wo die Steuersenkung zum beherrschenden Instrument der Wirtschaftspolitik und die Ausgabe von Staatsanleihen zum dominanten Instrument der Finanzpolitik wurde.

Mit dem Ergebnis, dass der US-Staatshaushalt in 2023 erstmals mehr als eine Billion US-Dollar für die Tilgung von Kreditzinsen aufbringen muss. Die Reagan-Revolution dürfte, wenn es in diesem Tempo weitergeht, früher oder später eine Dollar-Implosion auslösen.

Oder anders gesagt: Das Wachstum der USA ist das beste Wachstum, das man für Geld kaufen kann.

In Europa, auch in Deutschland, insbesondere aber in Frankreich und Italien, hat man sich entschlossen, beide Wege zu gehen. Hohe Steuern werden kombiniert mit relativ hohen staatlichen Defiziten. Die im Vergleich zu den USA deutlich erhöhte Staatsquote bei deutlich niedrigeren Wachstumsraten reflektiert diesen Sachverhalt.

Fazit: Diese europäische Politik führt nicht zufällig, sondern sehr bewusst zu kontinuierlichen Rückgängen bei Kaufkraft, Gewinnen, Arbeitszeit, Produktivität und industrieller Fertigungstiefe. Die kurze Antwort auf die von Ruchir Sharma gestellte Frage lautet also: Europa fällt zurück, weil es sich zurückfallen lässt. Der Druckabfall unseres Kontinents ist nicht von Gott gewollt, sondern von Menschen gemacht.

Ein eigenartiges Urteil für Parksünder

(tagesschau) – Der Halter eines Autos ist nicht automatisch der Täter, wenn mit dem Wagen Parkverstöße begangen werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht jetzt entschieden. In dem Fall ging es um 30 Euro.

Im konkreten Fall hat ein Mann in Siegburg ein Knöllchen für zu langes Parken bekommen. Die Stadt Siegburg wollte dafür 30 Euro von dem Mann haben, weil er der Halter des Autos ist. Doch der wollte das nicht akzeptieren und klagte bis zum Bundesverfassungsgericht.

Die vorinstanzlichen Klagen des Mannes waren zunächst ohne Erfolg geblieben: Das Amtsgericht Siegburg verurteilte ihn zur Zahlung des Bußgeldes, die nächste Instanz bestätigte das. Dabei stützte sich das Amtsgericht allein auf ein Foto des Fahrzeugs. Zeugen wurden nicht befragt. Das war verfassungswidrig, hat nun das Bundesverfassungsgericht entschieden.

Amtsgericht konnte nicht nachweisen, wer Auto abgestellt hat

Die Begründung der Verfassungsrichter: Das Bußgeld muss immer den Fahrer des Autos treffen und nicht automatisch den Halter. Wer das Auto in Siegburg abgestellt hat, war aber gar nicht klar. Das Amtsgericht hätte sich nicht nur auf das Foto des Autos verlassen dürfen, sondern den Fall genauer prüfen müssen.

Ein einfacher Rückschluss vom Halter auf den Fahrer sei unzulässig. So sei das Urteil willkürlich gewesen und habe den Mann in seinen Grundrechten verletzt. Zur Frage, wer den Wagen dort abgestellt hatte, schwieg der Halter. Als nächstes muss das Amtsgericht Siegburg den Fall erneut verhandeln.

Urteil aus Karlsruhe auch für andere Fälle relevant

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts gilt auch für andere Fälle: Verantwortlich ist im Straßenverkehr grundsätzlich der Fahrer, nicht der Halter. Und nur weil jemand Halter ist, heißt das nicht zwingend, dass er auch Fahrer war – das muss ihm nachgewiesen werden.

Ordnungsbehörden und vor allem die Amtsgerichte müssen also weiterhin, wie bisher, genau hinschauen.

Mögliche Konsequenzen: Fahrtenbuch oder Verfahrenskosten

Doch Vorsicht: Wer als Halter nicht sagen will, wer das Fahrzeug gefahren hat, kann zwar im Einzelfall damit durchkommen. Es ist aber gut möglich, dass er dann in Zukunft ein Fahrtenbuch führen muss. Diese Maßnahme kann die Verkehrsbehörde zumindest bei schwerwiegenderen Verkehrsverstößen anordnen.

Eine solche Auflage soll sicherstellen, dass der Fahrer des Fahrzeugs beim nächsten Verstoß ermittelt werden kann. Im Fall eines Parkknöllchens, bei dem der tatsächliche Fahrer nicht ermittelbar ist, kann das Fahrtenbuch im Einzelfall unangemessen sein. Dem Halter können stattdessen aber andere Kosten drohen: Er muss womöglich die Verfahrenskosten tragen.

Aktenzeichen: 2 BvR 1457/23