„Der Untergang“ von Gabor Steingart – Mit einem Prolog von Jean Pütz

Dieser sensationelle Kommentar von Gabor Steingart beschreibt leider die Ausweglosigkeit der zukünftigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung Deutschlands. Die eigentliche Ursache beschreibt er nur am Rande.

Schon 1970 habe ich eine Sendereihe unter dem Titel „Energie, die treibende Kraft“ in den dritten Programmen produziert und ausgestrahlt. Die Bedeutung der Energie für den Alltag und auch für Wirtschaft und Wohlstand ist dem deutschen Volk nie so richtig bewusst geworden. Die Industrie reagiert auf Energieprobleme äußerst sensibel. Das ist deswegen tragisch, weil sie die Milchkuh unserer gesamten Volkswirtschaft ist. Wenn die Industrie krankt, geht es dem Volk schlecht. Das ist den Grünen-Ideologen nie so richtig klar geworden. Sie haben zwar unsere unmittelbare Umwelt saniert (das ist ihr großer Verdienst), aber seit sie glauben, dass Weltklima aus Deutschland heraus retten zu können, haben sie sich in Wunschdenken, nach dem Motto „was nicht sein darf, das nicht sein kann“, verloren.

Was Gabor Steingart nicht direkt erwähnt und was naturwissenschaftlich gebildeten Menschen klar war: Die penible Dekarbonisierung in Deutschland ist die eigentliche Ursache. „Noch nie ist so viel fossile Energie gefördert worden, wie derzeit“ und die Ideologen glauben mit Abfangen von jedem Co2 Molekül die Welt zu retten. Dieses ist hauptsächlich daran Schuld, dass wir die Bedingungen einer Industrienation nicht mehr erfüllen. Aber leider hat der Mainstream alle anderen Möglichkeiten hinweggewischt. Derjenige, der andere Lösungsmöglichkeiten bietet, wird diffamiert. Dabei kann das Klima nicht mit High-Tech gelöst werden. Es bedarf einer einfachen Lösung, um auch die armen Dritte-Welt-Länder in den Prozess mit einzubinden. Die Voraussetzung ist, dass auch sie sich entwickeln können und die Methanolstrategie hilft ihnen bei der Industrialisierung als Voraussetzung für Wohlstand und Frieden.

Ihr Jean Pütz

(Pioneer) – Die Volkswirtschaft stagniert, in der Stahlsparte von Thyssenkrupp werden die Weihnachtsfeier und die Kekse bei internen Meetings gestrichen; und Volkswagen muss womöglich drei Werke in Deutschland schließen. Ein Gespenst geht um in Deutschland – das Gespenst der Veränderung.

Was das Land als Krise erlebt, ist in Wahrheit der Beginn einer sehr umfassenden Transformation. Viele Gewissheiten der vergangenen Jahrzehnte, die wir vereinfacht „Normalität“ genannt haben, verschwinden vor unser aller Augen im Nebel der Geschichte.

Die alte Normalität geht und eine neue entsteht. Deutschland schafft sich nicht ab, wie Thilo Sarrazin glaubte. Was wir derzeit erleben, sind die Presswehen dieser neuen Zeit.

#1 Die Industriegesellschaft alten Typs verabschiedet sich

Die alten Industrie-Konglomerate ziehen sich zurück. Was mit der Textilindustrie in den 60er-Jahren begann, sich über das Zechensterben und die Schrumpfung der Stahlindustrie an Rhein und Ruhr fortsetzte, erfasst in diesen Tagen auch die chemische Industrie und den Automobilbau.

Erst gestern veröffentlichte der Verband der Automobilindustrie eine Studie mit dem Ergebnis, dass bis 2035 etwa jeder fünfte Job in der Autobranche wegbrechen könnte.

Hohe Löhne, bürokratischer Eifer und explodierende Energiepreise haben den historischen Prozess beschleunigt und eine bisher nicht gekannte Deindustrialisierung in Gang gesetzt. Europas größter Chemiepark in Ludwigshafen (BASF) ist unrentabel geworden, auch Volkswagen, Mercedes-Benz und Thyssenkrupp kämpfen um den Erhalt von Rentabilität in Deutschland.

Der Prozess ist auch deshalb schmerzhaft, weil er ungesteuert und ohne politische Führung geschieht. Das Alte geht, ohne dass ausreichend Neues entsteht. Kanzler und Wirtschaftsminister, die eben noch vom grünen Wirtschaftswunder geträumt haben, stehen vor den Trümmern ihrer Illusionen.

#2 Latenter Inflationsdruck

„Tot wie ein rostiger Nagel“ sei die Inflation, meinte der frühere Wirtschaftsminister Karl Schiller. Sein Irrtum ist unsere Realität.

Wichtige Treiber sorgen dafür, dass wir – entgegen der Erwartung der Notenbanken – in einer Zeit leben, in der die Geldwertstabilität keineswegs gesichert ist. Mehrere strukturelle Inflationstreiber sprechen dafür, dass die Inflation zurückkehrt, bevor sie beseitigt ist.

Die durch hohe Zölle erzwungene Rückverlagerung von Produktion in die USA erzeugt Preisdruck durch Importzölle, die das Leben der Verbraucher verteuern dürften. Auch die EU mit ihrem Kampf gegen „Billigimporte“ aus China wird die Teuerungsraten für die Verbraucher nach oben treiben.

Die Dekarbonisierung der Produktionsanlagen und die mit ihr verbundenen Zusatzkosten für umweltverträgliche Produktionsweisen verbessern das Leben – aber treiben die Preise. Anhaltende Kinderlosigkeit und der dadurch ausgelöste Fachkräftemangel erhöhen den Druck auf die Löhne. Die weltweit steigende Staatsverschuldung – zum Jahresende wird die Schallmauer von 100 Billionen Dollar durchbrochen – sorgt ebenfalls für Inflationsdruck.

#3 Jahrhundert der Aufrüstung

Die Bundesrepublik hat in diesem Jahr erstmals das Zwei-Prozent-Ziel der Nato erreicht. Kostenpunkt: rund 91 Milliarden Euro (57 Prozent mehr als noch 2020). Der Finanzierungsbedarf wächst bei steigendem Bruttoinlandsprodukt in den kommenden Jahren automatisch mit.

Für 2028 werden Ausgaben in Höhe von mehr als 100 Milliarden Euro erwartet, so das Institut der deutschen Wirtschaft (IW).

Allerdings: Die erklärte Absicht der US-Regierung – unabhängig von der Parteifarbe –, den Deutschen innerhalb der Nato mehr als die bisherigen zwei Prozent abzuverlangen, erhöht hierzulande das Militärbudget. Die rabattierte Sicherheitspolice, bisher finanziert durch die USA, läuft ab. Ein höheres Verteidigungsbudget muss durch Einsparungen an anderer Stelle erwirtschaftet werden. Der Sozialstaat gerät zusätzlich unter Druck.

#4 Soziale Überforderung durch die Demografie

In Deutschland ist derzeit jede zweite Person älter als 45 und jede fünfte Person älter als 66 Jahre. Während 1962 noch 6,05 Beitragszahler für einen Rentner aufkamen, waren es 2020 nur noch 2,15 einzahlende Personen pro Rentner. Das IW Köln geht davon aus, dass im Jahr 2050 sogar nur 1,3 Beitragszahler pro Person zur Verfügung stehen werden.

Doch die Einzahlungen alleine können die Ausgaben für die Rente nicht decken, weshalb der Bund mitfinanziert. Im Jahr 2023 musste der Bund rund 112,4 Milliarden Euro in die Rentenkasse einzahlen. Dieser Anteil dürfte weiter steigen, weshalb der „versteinerte Haushalt“ (Bundesrechnungshof) die Zukunft des Landes gefährdet.

#5 Die grüne Transformation

Das Ziel der Bundesrepublik ist definiert: Klimaneutralität bis 2045. Mit diesem Ziel möchte man in der EU der Primus sein – das kostet Wohlstandsanteile. Denn, so sagt es die Wirtschaftsweise Veronika Grimm, „ein grünes Wirtschaftswunder würde man nur erleben, wenn diese klimafreundlichen Anlagen mit gleichem Kapitaleinsatz mehr Wertschöpfung generieren.“ Davon dürfe man allerdings nicht automatisch ausgehen.

Laut Schätzungen der KfW-Bank und des Wirtschaftsprüfers PwC belaufen sich die Kosten für die grüne Transformation in Deutschland bis 2045 auf rund fünf Billionen Euro. Das ist mehr als zehnmal so viel wie der aktuelle Bundeshaushalt oder eine Billion Euro mehr als das BIP der Bundesrepublik.

Zum Vergleich: In der übrigen EU lässt man sich innerhalb des Green Deals fünf Jahre mehr Zeit, um „Net Zero“ zu erreichen.

Fazit: Die Deutschen sollten die neue Normalität nicht nur erdulden, sondern wo möglich auch gestalten. Vor allem sollten sie angesichts von Veränderungen – die wie eine große Welle die westliche Welt erfasst haben – nicht die gute Laune verlieren. Oder um es mit Kurt Tucholsky zu sagen: