Archiv der Kategorie: Psychologie

Mobbing im Kindesalter löst oft Depressionen aus

Mobbing im Kindesalter löst oft Depressionen aus
Gen für Regulierung von Stimmungen wird dauerhaft umprogrammiert
 
Monika Liersch: Expertin sieht Folgen im Erwachsenenalter (Foto: psyline.de)

Rüsselsheim (pte016/19.12.2012/13:55) – Mobbing hinterlässt deutlichere Spuren als bisher angenommen, denn die Expression eines bestimmten Gens, das an der Regulierung von Stimmungen beteiligt ist, wird verändert, wie eine Studie kanadischer Mediziner vom Hôpital Louis-H. Lafontaine http://hlhl.qc.ca ergeben hat. Gemobbte Kinder unterliegen somit einem hohen Risiko, im Erwachsenenalter psychisch zu erkranken.

Funktion von Genen beeinflusst

"Die Menschen glauben, dass unsere Gene unveränderlich sind. Aber das soziale Umfeld kann die Funktionsweise der Gene beeinträchtigen. Dies gilt besonders im Fall von Mobbing-Erfahrungen in der Kindheit. Diese Erfahrung ändert die Reaktion der Betroffen auf Stress", sagt die Hauptautorin der Studie, Isabelle Ouellet-Morin. Bei jungen Außenseitern ändert sich durch den Stress die Struktur, die ein Gen umgibt.

Der Serotonin-Haushalt wird verändert. "Serotonin ist ein Übertragungsstoff, ein Neurotransmitter im Gehirn, der im Zusammenhang mit Depressionen steht", so Neuropsychologin Monika Liersch http://psyline.de gegenüber pressetext. Die kanadischen Forscher haben in ihrer Studie eineiige Zwillinge untersucht. In Deutschland wird eine Studie mit Zwillingen von den Universitäten Bielefeld und Saarland durchgeführt.

Frühe Traumata, späte Auswirkungen

Am Max-Planck-Institut für Psychiatrie (MPI) http://mpipsykl.mpg.de haben Forscher belegen können, dass misshandelte Kinder stark gefährdet sind, gemütskrank zu werden. Denn der einwirkende hohe Stress kann die Regulation ihrer Gene dauerhaft verändern. Die MPI-Wissenschaftler konnten dokumentieren, dass manche Varianten des FKBP5-Gens durch ein frühes Trauma epigenetisch verändert werden.

Bei Menschen mit dieser genetischen Veranlagung verursacht das Trauma eine dauerhafte Fehlregulation des Stresshormonssystems. Die Folge: Eine lebenslange Behinderung im Umgang mit belastenden Situationen für den Betroffenen. Häufig führt dieser Weg zu Depressionen oder Angsterkrankungen im Erwachsenenalter.

MPI-Forscher Torsten Klengel: "Traumata im Kindesalter hinterlassen je nach genetischer Veranlagung dauerhafte Spuren auf der DNA: Epigenetische Veränderungen im FKBP5-Gen verstärken dessen Wirkung. Die mutmaßliche Konsequenz ist eine anhaltende Fehlsteuerung der Stress-Hormonachse bei Betroffenen, die in einer psychiatrischen Erkrankung enden kann. Entscheidend für das kindliche Traumaopfer ist aber, dass die Stress-induzierten epigenetischen Veränderungen nur dann auftreten, wenn es auch diese spezielle DNA-Sequenz besitzt."

Probleme im Job verschlimmern Rückenschmerz

Probleme im Job verschlimmern Rückenschmerz
Depression und Arbeitsleid machen akutes Problem oft chronisch
 
Rücken: Häufig Pufferzone für Stress in der Arbeit (Foto: aboutpixel.de/Marshi)

Berlin (pte004/24.05.2012/06:15) – Rückenschmerzen sind speziell bei jenen hartnäckig, die in der Arbeit der Schuh drückt oder die unter Depression leiden. Das berichten australische Forscher am europäischen Orthopädiekongress EFORT http://www.efort.org in Berlin. "Rückenschmerz in seiner chronischen Form geht vorrangig auf seelische Belastungen und psychosoziale Umstände zurück", verdeutlicht auch Christian Lampl, Präsident der Österreichischen Schmerzgesellschaft http://www.oesg.at , im pressetext-Interview.

Teuerster Schmerz

Arbeitsfähige Rückenschmerzpatienten haben 41 Krankheitstage pro Jahr und 19 Prozent der Patienten mit moderaten oder starken chronischen Schmerzen verlieren ihre Arbeit, besagt die "Survey of Chronic Pain in Europe". Der Rückenschmerz stellt somit nicht nur für Betroffene, sondern auch für Volkswirtschaften eine erhebliche Belastung dar, die etwa für Deutschland mit 50 Mrd. Euro oder zwei Prozent des BIP beziffert wird (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/20101020023 ). Erst seit wenigen Jahrzehnten wurde das Problem zur Epidemie: 60 bis 90 Prozent der Bevölkerung sind im Leben zumindest einmal davon akut betroffen, wobei die Gefahr besonders in der Chronifizierung der Beschwerden liegt.

Interventionen im Job rechnen sich

Um herauszufinden, was Rückenschmerz chronisch macht oder davor schützt, untersuchten die Forscher um Markus Melloh vom Western Australian Institute for Medical Research http://waimr.uwa.edu.au Patienten, die wegen Rückenschmerzen beim Hausarzt erschienen. Nach sechs Monaten Behandlung zeigte sich: Gefährdet sind jene, die im Job innerlich resignieren, da sie sich am Arbeitsplatz nicht wohlfühlen. Gibt es Interventionen im Betrieb, schützt das vor Dauerschmerz. Derartige Maßnahmen rechnen sich laut Studie, ersparen sie doch Krankenstandstage, Spitalsaufenthalte sowie Arzt- und Medikamentenkosten.

Dass bei der Therapie auch psychosoziale Probleme erkannt werden müssen, zeigte Mellohs Team anhand der Genesungsverläufe von Rückenschmerz-Patienten. 18 Prozent von 300 Untersuchten wurden als depressiv eingestuft, zudem litt diese Gruppe im Vergleich zum Rest an höherem Schmerzpegel und Funktionseinschränkungen sowie an mehr Berufsstress. Nur bei Nicht-Depressiven verlief die Genesung kontinuierlich und zeigte Besserungen zumindest nach der sechsten Therapiewoche. Bei Depressiven, jedoch auch bei Grüblern und jenen, die Probleme häufig wiederkäuten oder sie aufblähten, war dies oft nicht der Fall.

Wechselwirkung zwischen Körper und Seele

Ende der 1990er-Jahre konnte bei Boeing-Mitarbeitern nachgewiesen werden, dass Rückenprobleme nicht bei mit schweren Gegenständen Hantierenden auftreten, sondern vorrangig bei jenen in schlechten Jobpositionen oder ungünstigen Räumen, berichtet Lampl. Zunehmend setze sich das "biopsychosoziale Schmerzmodell" durch: "Es besagt, dass sich biologische und psychosoziale Ebenen gegenseitig beeinflussen. Die Wahrnehmung und Verarbeitung des Schmerzes sowie seine Bewältigung stehen mit Faktoren wie Arbeitsleid, frühere Misshandlung oder Migration in Wechselwirkung", erklärt der Schmerzspezialist.

Ebenso wie Studienleiter Melloh für die Rückenschmerz-Behandlung von Depressiven das gezielte Achten auf die seelische Verfassung empfiehlt, fordert auch Lampl eine ganzheitlichere Sichtweise. "Der Weg zu einer eigenständigen Schmerzmedizin muss geebnet werden. Da chronischer Rückenschmerz Hausärzte meist überfordert, braucht es interdisziplinäre Teams mit Neurologen, Anästhesisten, Psychologen und geschulten Pflegern." Langfristiges Ziel sei allerdings die Prävention, die sowohl bei Kindern – etwa durch ausreichend Bewegung – als auch in der Arbeitsgestaltung ansetzen müsse.

 

Kleidung des Arztes beeinflusst Kinder und Eltern

Kleidung des Arztes beeinflusst Kinder und Eltern
Bunt gekleidete Doktoren strahlen größere Vertrauenswürdigkeit aus
 
Erforschte Outfits: Kinder und Eltern mögen buntes Outfit (Foto: lkh-leoben.at)

Graz/Leoben (pte002/18.10.2012/06:05) – Patienten bevorzugen bunt gekleidete Ärzte. Dies hat eine aktuelle Studie der Medizinischen Universität Graz http://www.meduni-graz.at ergeben. 100 Prozent der Sechs- bis 18-Jährigen gaben bei einer Befragung dem "lustigen" Outfit die beste Note. Rund 86 Prozent präferierten auch das informelle Outfit, das aus einer weißen Hose und einem bunten T-Shirt mit dem Aufdruck des berühmten Zeichentrick-Vogels "Tweety" bestand. Doch nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern mögen die bunte Kleidung. Zusätzlich haben beide Gruppen das höchste Vertrauen zum informell gekleideten Doktor.

Formalität mit Angst verbunden

"Ein Arzt und die Farbe Weiß werden oft mit Schmerzen und Qual verbunden", erläutert Reinhold Kerbl, Vorstand der Abteilung für Kinder und Jugendliche des LKH Leoben http://lkh-leoben.at , im Gespräch mit pressetext. Die Farbe könne dadurch eine gewisse Angst bei den Patienten auslösen.

"Es wurde bei der Befragung zwar nicht explizit nach dem Effekt des bunten Outfits gefragt, um eine Beeinflussung zu vermeiden. Wir nehmen aber an, dass die informelle Kleidung aus dem Grund bevorzugt wird, weil es einem diese Angst nimmt", erklärt er. Für Kinder bis zum sechsten Lebensjahr hätte die Farbe der Bekleidung jedoch keinerlei Auswirkung.

Seriosität bleibt bei bunter Bekleidung

"Für uns war überraschend, dass auch Eltern das informelle Outfit bevorzugten", so der Arzt. Einige Studien für andere Abteilungen belegten dahingehend genau das Gegenteil – dass Eltern formelle Outfits favorisierten. "In der Kinderheilkunde möchten die Patienten und Erziehungsberechtigten jedoch farbenfrohe Kleidung sehen, weil die Ärzte dadurch offener und authentischer wirken", so Kerbl. Sie wirken dabei aber genauso seriös wie weiß gekleideten Doktoren.

"Dass Buntes bei Kindern gut ankommt, ist nicht neu. Es wurden bereits mehrere kinderspezifische Anpassungen wie zum Beispiel bunte Räume oder Stethoskope mit Tieren an Kinderkliniken gemacht. Die Studie beweist, dass dasselbe jedoch auch für die Kleidung gilt", führt Kerbl fort. Kinderärzte müssten daher nicht obligatorisch den sterilen Mantel tragen, um Seriosität auszustrahlen.

Wenn das eigene Leben wie ein Film vorbeizieht

Wenn das eigene Leben wie ein Film vorbeizieht

Das Depersonalisations-Derealisationssyndrom bleibt oft unerkannt

Berlin
– Von dem Depersonalisations-Derealisationssyndrom Betroffene befinden
sich über Monate oder gar Jahre in einem veränderten
Bewusstseinszustand, so als ob alles unwirklich und „wie in einem Film“
sei. Von ihren eigenen Empfindungen und der Außenwelt fühlen sie sich
wie abgetrennt. Obwohl das Syndrom seit Jahrzehnten als psychische
Störung bekannt ist, wird die Diagnose nur extrem selten gestellt.
Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und
Ärztliche Psychotherapie (DGPM) gemeinsam mit anderen Fachgesellschaften
in einer gemeinsamen Leitlinie hin. Allgemeinmediziner, aber auch
Fachärzte für psychische Erkrankungen, kennen das Syndrom häufig nicht.
Patienten müssen mitunter Jahre ohne angemessene Behandlung auskommen,
erklärt die Fachgesellschaft.

Das
Depersonalisations-Derealisationssyndrom ist seit Jahrzehnten in den
maßgeblichen diagnostischen Klassifikationssystemen eindeutig definiert.
Trotzdem wird es nur extrem selten diagnostiziert und daher häufig
falsch behandelt. Dabei leidet rund ein Prozent der Bevölkerung im Laufe
ihres Lebens an dem Syndrom.

Typischerweise
vermuten Patienten zu Beginn der Erkrankung eine organische Ursache,
weshalb sie zuerst ihren Hausarzt, Neurologen oder auch Augenarzt
aufsuchen. Die befremdlichen Symptome machen den Betroffenen häufig
Angst, sie befürchten „verrückt“ zu werden oder die Kontrolle über sich
zu verlieren, weshalb sie ihr Leben immer weiter einschränken. „Dass ein
emotionales Problem Ursache für ihr Leiden ist, ziehen viele nicht in
Betracht“, sagt Dr. Matthias Michal, Stellvertreter des Direktors der
Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
der Universitätsmedizin Mainz. Obwohl das
Depersonalisations-Derealisationssyndrom sich eindeutig von
psychotischen Erkrankungen wie der Schizophrenie abgrenzen lässt, werden
die Patienten nicht selten mit Antipsychotika behandelt. „Es gibt aber
bisher kein Medikament, das zur Behandlung des Syndroms zugelassen ist.
Die Therapie der Wahl ist eindeutig eine Psychotherapie“, erklärt
Michal.

„Im
ersten Schritt ist es für Betroffene schon hilfreich, wenn das
Gegenüber ihre Leiden ernst nimmt und eine Erklärung bieten kann.
Mittels einer Psychotherapie kann dann gemeinsam mit dem Patienten nach
den Ursachen für die Erkrankung geforscht werden“, ergänzt Professor Dr.
med. Harald Gündel, Ärztlicher Direktor der Universitätsklinik für
Psychosomatische Medizin und Psychotherapie in Ulm und Mediensprecher
der DGPM. Von der neuen Leitlinie erhofft sich die Fachgesellschaft,
dass das Depersonalisations-Derealisationssyndrom von Ärzten aller
Fächer schneller erkannt wird, die Behandlung evidenzbasiert erfolgt und
den Patienten damit ein langer Leidensweg erspart wird.

Hier finden Interessierte die aktuelle Leitlinie zum Depersonalisations-Derealisationssyndrom: http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/051-030.html

Die Erwartungen an Erwerbslose sind häufig inkompetent und riskant

Wissenschaftler bestätigen: Die Erwartungen an Erwerbslose sind häufig inkompetent und riskant

Die Anforderungen an Erwerbslose sind häufig unrealistisch und gesundheitsgefährdend. Zu diesen Ergebnissen kommen Studien der Universitäten Dresden und Leipzig. "Von Arbeitslosen werden Veränderungen verlangt, die viele Menschen in stabilen Verhältnissen kaum zu leisten in der Lage sind: finanzielle Einbußen, Veränderungen der Lebensführung, Veränderung zentraler Rollen, Umzüge, Trennung von der Familie bei wohnortfernen Arbeitsangeboten und unsicherer Perspektive …"
 
Professorin Dr. Gisela Mohr und Kollegen postulieren: "Viele Bewerbungen, hohe Arbeitsorientierung, starke Konzessionsbereitschaft und viel Optimismus sind falsche Forderungen an Arbeitslose."
 
Verschiedentlich erhalten ALG-II-Bezieher im Jobcenter die Aufforderung, eine möglichst hohe Zahl an Bewerbungsschreiben nachzuweisen, auch wenn die Erfolgschancen minimal sind. Das kontinuierlich negative Ergebnis entmutigt die Arbeitssuchenden, schädigt ihr Gefühl der Selbstwirksamkeit und kann damit die emotionalen bzw. gesundheitlichen Voraussetzungen einer Erwerbsfähigkeit ruinieren.
 
Die Wissenschaftler referieren "Untersuchungen, die zeigen, dass eine mittlere Arbeitsorientierung mit einer besseren psychischen Gesundheit einhergeht als eine hohe. Zu erklären ist dies damit, dass erfolglose Bewerbungen dann besser bewältigt werden können. Auch hier muss es also als Kunstfehler betrachtet werden, wenn sogenannte Motivationstrainings eine hohe Arbeitsorientierung in den Vordergrund stellen, statt die protektive Funktion eines mittleren Niveaus zu sehen. Offenbar stellt die Reduzierung der Arbeitsorientierung eine Anpassung an die gegenwärtige Lebenssituation dar und muss bei Langzeitarbeitslosen als Teil einer positiven Bewältigungsstrategie bewertet werden …"
 
Ist der Arbeitslose bei einer Arbeitsplatzwahl zu hohen Konzessionen bereit, sehen die Wissenschaftler "potentiell die Gefahr einer beschleunigten Abwärtsspirale, da ein erheblicher Teil dieser Wiedervermittelten innerhalb eines Jahres wieder arbeitslos ist… Eine hohe Konzessionsbereitschaft und Arbeitsorientierung von ALG-II-Beziehern muß geradezu als Risikofaktor für eine gelingende Bewältigung von Arbeitslosigkeit betrachtet werden…"
 

Alltagselektronik ruiniert emotionale Intelligenz

pte20140826002 Medizin/Wellness, Forschung/Technologie

Alltagselektronik
ruiniert emotionale Intelligenz

Schüler
können soziale Fähigkeiten durch "E-Diät" zurückgewinnen

Kalifornien/Berlin
(pte002/26.08.2014/06:05) – Menschen verlernen das Ablesen von Emotionen und
stumpfen sozial ab, wenn sie zu viel Zeit mit ihren elektronischen Geräten
verbringen. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie der University of
California http://ucla.edu
. Schüler verbrachten fünf Tage ohne elektronische Medien in einem Camp und
regenerierten so ihre soziale Kompetenz. Eine weitere Gruppe blieb elektronisch
ausgestattet und zeigte weiterhin kaum soziales Deutungsvermögen.

Permanente Interaktion nötig

"Die Mimik ist der wichtigste
Übermittler von Emotionen, deshalb scannt das menschliche Gehirn seine Umgebung
auch ständig nach Gesichtern ab. In einer nonverbalen Kommunikation, wie etwa
per E-Mail, aber auch in Videospielen, fehlt diese Auskunft. Sogenannte
‚Emoticons‘ sind nur ein schwacher Ersatz für sichtbare Gefühlsregungen, da sie
die Vielfalt der Mimik nicht abbilden können", so Dirk W. Eilert, Leiter
der Eilert-Akademie für emotionale Intelligenz http://eilert-akademie.de
, gegenüber pressetext.

Dem Experten nach lernt das Gehirn ein
Leben lang und baut deshalb ständig neue Nervenverbindungen auf – aber auch ab.
"Deshalb kann ein Mensch soziale Fähigkeiten, wie etwa das richtige Deuten
von visuellen emotionalen Reaktionen, verlernen", unterstreicht Eilert.
Das Experiment stützt dies: Beide Gruppen von jeweils etwa 50 Schülern wurden
zu Beginn auf ihre Fähigkeiten, emotionale Regungen aus Bild- und Videomaterial
zu deuten, getestet. Sie sollten Emotionen wie Angst, Trauer, Freude oder Ärger
erkennen und richtig einordnen.

Am Ende der fünf Tage wurde erneut ein
Test durchgeführt, bei dem Schüler ohne Elektrogeräte deutlich besser
abschnitten. Während die Schüler, die in der Testzeit ihre Geräte behalten
hatten, eine relational hohe Fehlerquote aufwiesen, verbesserte sich der
Fehlerdurchschnitt der "Diät-Gruppe" binnen fünf Tagen deutlich von
14 auf neun Fehler.

Face-to-Face-Kommunikation wichtig

Die Schüler im Camp steigerten während ihres
Aufenthaltes die Fähigkeit, emotionale Bewegungen im Gesicht ihrer Mitmenschen
oder auf Bildmaterial zu erkennen und richtig einzuordnen. Auch andere nonverbale
Zeichen für Gefühlsregungen wurden besser zugewiesen. Laut den Experten braucht
der Mensch ständige Face-to-Face-Kommunikation, um soziale Fähigkeiten
beizubehalten. Menschen als soziale Wesen seien den dauerhaften Konsum
elektronischer Geräte nicht gewohnt. Das Verlernen sozialer Begabungen drohe.

„Ausgebrannte“ Lehrer

fzm – Das Klischee lautet: Lehrer sind gut bezahlte Halbtagsjobber. Sie haben viel Urlaub und sind nicht übermäßig fleißig. Doch weit gefehlt. Wie der renommierte Psychiater Joachim Bauer vom Universitätsklinikum Freiburg in einer soeben in der Fachzeitschrift "PiD- Psychotherapie im Dialog" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2009) veröffentlichten Forschungsarbeit darlegt, arbeiten Lehrer im Schnitt 51 Stunden in der Woche. Ihr Beruf ist folglich anstrengend und psychisch äußerst belastend. Etwa jeder vierte Lehrer leidet unter Erschöpfungszuständen. "Untersuchungen zeigen", so Bauer, "dass Lehrkräfte neuerdings einem hohen Maß an verbaler Aggressivität, Beleidigungen und bis hin zur Androhung oder Ausübung von körperlicher Gewalt von Schülerseite ausgesetzt sind."

Zwei Wesensmerkmale des Lehrerberufs begünstigen die hohe Burnout-Rate unter deutschen Pädagogen. Zum einen weisen Lehrer eine hohe "Verausgabungsbereitschaft" auf, ohne dafür jedoch die nötige Anerkennung zu erhalten. Zum zweiten mangelt es Lehrern in der Institution Schule an eigenen Gestaltungsspielräumen – zugleich aber sollen sie den hohen Erwartungen gerecht werden, die Schüler, Eltern und Politiker formulieren. Die Situation für Lehrer ist demnach paradox: Sie sollen viel bewirken, dürfen aber nur wenig entscheiden.

"Die Anforderungen, die der Lehrerberuf stellt, sind bei näherer Betrachtung gewaltig", meint Bauer. Lehrer müssen nicht nur fachlich perfekt sein. Darüber hinaus sollen sie Kinder und Jugendliche mögen, wobei aber erwartet wird, dass sie ihre Schützlinge nicht nur empathisch behandeln, sondern zugleich auch energisch führen können – dies möglichst, ohne Frustrationen zu erzeugen! In seiner Publikation verweist Bauer auf die Lehrerstudie des Potsdamer Psychologie-Professors Uwe Schaarschmidt. Dieser hatte bereits vor einigen Jahren herausgefunden, dass 32 Prozent der Lehrer zum "Burnout-Typ" gerechnet werden müssen: Für diese Pädagogen-Gruppe hat das berufliche Tun seinen Sinn verloren – sie sind erschöpft und beschreiben sich als resignativ. Weitere 18 Prozent der Lehrer gehören einer Risikogruppe an. Sie sind noch nicht krank, wohl aber Burnout-gefährdet. Diese Daten aus dem Jahr 2001 sind nach wie vor aktuell.

Nach neueren Erkenntnissen von Bauer sind zirka 30 Prozent der diensttuenden Lehrer massiv belastet. Und jeder fünfte Lehrer leidet an medizinisch relevanten stressbedingten Gesundheitsstörungen, wie depressiven Symptomen, Schlafstörungen oder psychosomatischen Störungen. Damit gehören sie zu den am stärksten vom Burnout-Syndrom betroffenen Berufsgruppen. Insbesondere jene Lehrer, die sich mit dem Beruf "überidentifizieren" und sich stark verausgaben, so Bauer, sind am häufigsten von Erschöpfungszuständen geplagt. Laut Bauer geht einem "Burnout" meistens ein "akutes Kränkungsereignis" voraus wie etwa ein schwerer Lehrer-Schüler- oder Lehrer-Eltern-Konflikt.

Die von einigen Wissenschaftlern vertretene Ansicht, dass nur jene Menschen ein Lehramtsstudium ergreifen, die von vornherein psychisch labil und wenig belastbar sind, teilt Bauer ausdrücklich nicht. Seine Forschungsbefunde erlaubten eine solche Schlussfolgerung nicht. Seiner Auffassung nach treten die Probleme des Lehrerberufs erst während des Referendariats zu Tage: Bereits in dieser Phase der Ausbildung stellten viele angehende Lehrerinnen und Lehrer fest, dass sie nicht ausreichend auf den Beruf des Lehrers vorbereitet wurden und beginnen erste stressbedingte Gesundheitsbeschwerden zu entwickeln.

Psychiater oder Psychotherapeut?

fzm – Wenn jemand unter psychischen Störungen leidet, steht er oft vor der Frage, wer der richtige Arzt für ihn ist: Psychiater oder Psychotherapeut? Ein Aufsatz in der Zeitschrift "Psychiatrische Praxis" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2007) setzt sich für ein biopsychosoziales Krankheitsverständnis ein: Bei psychischer Erkrankung wird eine individuell angepasste Kombination aus somato-, sozio- und psychotherapeutischen Verfahren für erforderlich gehalten. Aber wie sieht es in der Praxis aus? Es bleibt einstweilen umstritten, ob es – abgesehen von hirnorganischen Störungen, Suchterkrankungen und Schizophrenien – objektive Merkmale des Patienten und seiner Erkrankung geben kann, aus denen sich jeweils die Zuordnung zur Psychosomatik oder zur Psychiatrie ableiten ließe.

Seit Beginn war die Psychiatrie einer naturwissenschaftlich orientierten Medizin verpflichtet. Die Psychosomatik hingegen ist in ihrer theoretischen Fundierung im Wesentlichen bestimmt durch die Psychotherapie, insbesondere die Psychoanalyse. Diese unterschiedlichen Perspektiven mani-festieren sich auch in der Versorgungsrealität. In der Psychiatrie muss unausweichlich entschieden und gehandelt werden. In der Psychosomatik hingegen kann man jenseits hoheitlicher Aufgaben auf Freiwilligkeit, Motivation und auf Introspektionsfähigkeit setzen. Allerdings muss bei einer akuten aggressiven Krise die therapeutische Beziehung zumindest unterbrochen werden, denn die Therapie in dieser gefährlichen Krankheitsphase erfolgt fast immer in einer Klinik der Regel- und Pflichtversorgung. Die differierenden Auffassungen von Psychosomatik und Psychiatrie haben sicher auch mit den sehr unterschiedlichen Anforderungen an die therapeutische Kompetenz des einzelnen Therapeuten zu tun. Aber diese schwer integrierbaren Anforderungen werden vom gleichen psychisch kranken Menschen an seine Behandler gestellt. Es wäre hilfreich, wenn wenigstens ein verstärkter Konsiliar- und Liaisondienst die psychoso-matische Kompetenz in der klinischen Medizin verstärken würde. Wir müssen zusammenführen, was hilfreich ist und Spaltungen überwinden: Intrapsychisch und in der Versorgungsrealität.
K.-H. Beine:
Erinnern – Durcharbeiten – Zusammenführen. Zum Verhältnis von Psychosomatik und Psychiatrie.
Psychiatrische Praxis 2007; 34 (4): S. 159-161.

Leichte psychische Leiden verkürzen Lebenszeit

Leichte psychische Leiden verkürzen Lebenszeit
Depressionen oder Angststörungen zu häufig nicht diagnostiziert
 
Boot: Sterberisiko steigt mit kranker Psyche deutlich (Foto: pixelio.de, CFalk)

London/ Edinburgh (pte009/01.08.2012/11:30) – Menschen mit leichten psychischen Erkrankungen wie Angststörungen oder Depressionen sterben laut Wissenschaftlern des University College London http://ucl.ac.uk und der University of Edinburgh http://www.ed.ac.uk mit höherer Wahrscheinlichkeit früher als Gleichaltrige. Das Team um Tom Russ analysierte für England vorzeitige Todesfälle durch Herzerkrankungen und Krebs bei 68.000 Personen. Die im British Medical Journal http://bmj.com veröffentlichten Studienergebnisse legen nahe, dass bereits eine niedrige Belastung das Risiko um 16 Prozent erhöhen kann.

Frühe Therapie wichtig

Faktoren, die den Lebensstil betreffen, wie der Alkoholkonsum und das Rauchen, wurden dabei berücksichtigt. Schwerere psychische Probleme erhöhten das Risiko um 67 Prozent. Das Sterberisiko bei Patienten mit schweren psychischen Erkrankungen ist bereits sehr gut erforscht. Die aktuellen Forschungsergebnisse bei Menschen mit leichteren psychischen Erkrankungen sind demnach Besorgnis erregend. Davon betroffen soll eine von vier Personen sein. Viele der Erkrankungen werden jedoch nie diagnostiziert und somit auch nie behandelt.

Für die vom Wellcome Trust http://wellcome.ac.uk finanzierte Studie wurden Daten aus einem Zeitraum von mehr als zehn Jahren analysiert und mit den Angaben auf den Sterbeurkunden abgeglichen. Es handelt sich dabei laut eigenen Angaben um die bisher größte Studie zur Erforschung eines Zusammenhanges zwischen psychischen Belastungen und dem Tod. Russ zufolge ist das Bestehen eines erhöhten Sterberisikos bereits auch bei einer geringen Belastung offensichtlich. Weitere Studien sind demnach dringend erforderlich, so der Forscher.

Schwere der Erkrankung entscheidend

Der Vorstandsvorsitzende von Rethink http://rethink.org , Paul Jenkins, betont, dass diese Forschungsergebnisse leider keine Überraschung bedeuten. "Diese Studie konzentriert sich auf Depressionen und Angststörungen. Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen wie bipolaren Störungen oder Schizophrenie sterben durchschnittlich 20 Jahren früher als der Rest der Bevölkerung. Das ist ein absoluter Skandal."

Kinder nutzen Sinne nach dem „Entweder/Oder-Prinzip“

Florenz/London (pte/02.05.2008/13:50) – Um sich in der Welt zurechtzufinden verbinden erwachsene Menschen ganz einfach und unbewusst die Eindrücke, die Sehen, Hören, Schmecken, Riechen und Fühlen ihnen vermitteln. Kinder unter acht Jahren können dies offenbar nicht. Das legen zwei Studien nahe, die darauf hinweisen, dass kleinere Kinder offenbar jeweils nur einen Sinn nutzen, um ihre Umwelt einzuschätzen. Die Untersuchungen, die in der Zeitschrift Current Biology http://www.current-biology.com veröffentlicht wurden, deuten an, dass das Wahrnehmungssystem sich entwickelnder Kinder offenbar konstanter Neujustierung bedarf, indem ein Sinn dazu genutzt wird, einen anderen genauer abzustimmen.

"Kinder müssen sich die ganze Zeit neu einstellen, wenn sie größer werden, denn ihre Augen wandern weiter auseinander und ihre Glieder werden immer länger", sagt Studienleiter David Burr von der Universität Florenz http://www.unifi.it. "Unter diesen Umständen nutzen sie vielleicht den einen Sinn, um den anderen abzustimmen." Auch Marko Nardini vom Birbeck College der University of London http://www.bbk.ac.uk, Autor der zweiten Studie, sieht das ähnlich: "Wir wussten schon lange, dass beim Übergang von der Kindheit zum Erwachsensein die individuellen Sinne sich in ihrer Genauigkeit verbessern. Aber jetzt scheint es so, dass das Lernen, wie man die Sinneseindrücke miteinander verflechtet, genauso wichtig ist wie sie zu verbessern."

In Burrs Untersuchung wurden Kinder und Erwachsene beauftragt zu beurteilen, welcher von zwei Spielblöcken der größere ist. Dabei war es den Testpersonen erlaubt, entweder die Blöcke anzufassen, sie anzuschauen oder beides zu tun. Die Ergebnisse zeigten Burr, dass die Fähigkeit sensorische Informationen zu kombinieren bei Kindern unter acht Jahren noch nicht entwickelt war. Die Erwachsenen und Kinder über acht Jahren schnitten bei der Aufgabe besser ab, wenn sie die Blöcke sehen und anfassen konnten. Durften sie einen der beiden Sinne nicht benutzen, fiel die Leistung schlechter aus. Bei den kleineren Kindern hingegen, ließen sich diese Unterschiede nicht beobachten. Die Ergebnisse waren nahezu identisch, wenn sie nur mittels Tastsinn, nur durch visuelle Wahrnehmung oder mit beiden zusammen entscheiden sollten.

Nardinis Gruppe machte ähnliche Erfahrungen bei ihrem Test, der dazu dienen sollte, die Orientierungsfähigkeiten von Kindern und Erwachsenen zu untersuchen. Diese beruhe nämlich sowohl auf der Einbeziehung von Orientierungspunkten, als auch darauf die eigene Bewegung im Auge zu behalten. Die Testpersonen sollten ein Objekt zu dessen ursprünglichem Platz in einem verdunkelten Raum zurückbringen, der durch drei verschieden geformte Lichtquellen erhellt wurde. Ein Versuchsdurchgang fand mit eingeschalteten Lichtern statt, der zweite wurde im unbeleuchteten Raum durchgeführt und bei einem dritten wurden die Personen zuvor einige Male im Kreis gedreht, sodass sie sich nur auf die Orientierungspunkte als Stützen verlassen konnten. Währen die Erwachsenen im ersten Test besser abgeschnitten hatten als die Kinder unter acht Jahren, verließ sie die Orientierung bei den anderen Durchläufen. Die kleinen Kinder aber zeigten bei allen Durchgängen keine Minderung der Orientierungsfähigkeit. Sich nur an den Landmarken oder nur am eigenen Standpunkt orientieren zu können, hatte das gleiche Resultat wie beides zu nutzen.

Diese Erkenntnisse könnten möglicherweise einige übliche Kindheitssituationen erklären, meint Nardini: "Es ist ja bekannt, dass Kinder leichter desorientiert sind und verloren gehen. Aber diese Studie legt nahe, dass der Grund darin liegt, dass Kinder unterschiedliche räumliche Informationen schlicht nicht zusammenfügen können."