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Florierende Solarpaneele-Industrie aus Dummheit kaputtgespart – Mit einer Einführung von Jean Pütz

Es ist die Tragik der deutschen industriellen Entwicklung. Deutschland war in vielen Technologien führend, aber Unkenntnis der Zukunftsmöglichkeiten und Vorbehalte der Regierungen gegenüber der Technologie bewirkten – auch wegen German-Angst und übertriebenen Umweltvorgaben –  dass ganze Industrien aus Deutschland abwanderten. Jetzt haben wir den Salat. Manche Kritiker befürchten eine De-Industriealisierung. Bezeichnendes Beispiel dafür ist die wichtige Entwicklung der Industrie, die sich der regenerativen Energiegewinnung widmen sollte. An erster Stelle ist da die Fotovoltaik zu nennen. Deutschland entwickelte dafür die Technologie auf der Basis von Silizium. Die anfangs florierenden Produktionsstätten wurden in Deutschland recht bald als unwirtschaftlich erkannt, und die Firma Solarworld wurde zum Pleitier. Das lag aber nicht an der Technologie, sondern an den extremen Subventionen, mit denen China eine Konkurrenz-Industrie aufbaute. Nun ist fast die ganze Welt von China abhängig. Darüber der lesenswerte Beitrag, den ich in The Pioneer Briefing gefunden habe.

Nun zeichnet sich ab, dass die deutsche Forschung eine Alternative zum Silizium gefunden hat, die sogenannte Perowskit-Technologie bietet diese Möglichkeit, doch die groß-industrielle Produktion steckt noch in den Kinderschuhen. Auch hier werden die Chancen verkannt. Die Forschungsgelder zur Entwicklung sind bescheiden, sie werden eher mit der Gießkanne für andere im Mainstream bevorzugte Projekte verteilt. Auch hier steht China wieder vor der Tür, um die Ansätze einer Industrie-Entstehung zu finanzieren. Der große Vorteil der Perowskit-Technologie, die ohne Silizium auskommt, ist ihre Preiswürdigkeit. Hinzu kommt, dass die erzeugten Wirkungsgrade etwa 50% mehr elektrischen Energiegewinn versprechen als beim Silizium. Hoffentlich werden die Zeichen der Zeit erkannt, solche Paneele könnten die Basis zur Gewinnung von Solarenergie im globalen Maßstab bilden, so wird es auch möglich, Wasserstoff in kürzester Zeit konkurrenzfähig gegenüber den bisher immer noch viel zu häufig eingesetzten Energieträger zu werden.

Jean Pütz

(Pioneer Briefing) – Der gebürtige Westfale und studierte Diplomingenieur Frank Asbeck, der 1979 mit Petra Kelly und Gert Bastian zu den Gründungsmitgliedern der Grünen in NRW gehörte, war in Corporate Germany einst eine große Nummer.

Mit dem Rückenwind des Erneuerbaren Energiegesetzes von Umweltminister Jürgen Trittin flog seine 1998 gegründete Firma Solarworld, die es ein Jahr später an die Börse schaffte, zu den Sternen. Der Börsenwert betrug in der Spitze fünf Milliarden Euro, Frank Asbeck selbst wurde Multimillionär, Schlossbesitzer und Maserati-Fahrer. Das Lastenfahrrad war nicht so sein Ding.

Mit Sätzen wie „Die Sonne schickt uns keine Rechnung“, hatte Trittin den Solar-Boom befeuert. Doch von irgendwas mussten die Löhne und Gehälter bei Solarworld, die Vertriebsmannschaft und auch die Rechnungen für Silizium und Halbleiter am Ende doch beglichen werden. Gegen die Betriebswirtschaft kann man keine Firma führen – und wahrscheinlich auch kein Land.

Der Absturz von Solarworld folgte, als CDU-Mann Peter Altmaier als neuer Umweltminister die Solarförderung in Deutschland praktisch einstellte. Im Juni 2012 wurden noch rund 1800 Megawatt installiert. Zwei Monate später waren es nur noch 320 Megawatt.

Das Ergebnis ist die sogenannte Altmaier-Delle. Profitiert haben vor allem die Chinesen. Streng nach Plan und mit reichlich Staatssubvention ausgestattet, sind sie in das Zukunftsgeschäft eingestiegen. Und schrieben die Erfolgsgeschichte der Solarenergie fort. Und da stehen wir heute:

  • Europa ist nahezu vollständig abhängig von Solarpanelen aus China. Weltweit werden fast 95 Prozent der handtellergroßen Solarwafer in China hergestellt.
  • In China residieren die Top-5-Solarunternehmen der Welt. Nur die deutsche Wacker Chemie kann mit hochreinem, polykristallinem Silizium bei der Herstellung von Solarzellen noch mithalten.

China exportiert nicht nur, sondern ist selbst zum Boom-Markt für Photovoltaik geworden. Von null auf 300 Gigawatt installierter Leistung in 15 Jahren. Europa, einst unbestrittene Solar-Weltmacht, kommt nur auf gut 140 Gigawatt, wovon 40 Prozent in Deutschland stehen.

Der Ukraine-Krieg, der die Gasabhängigkeit der Bundesrepublik innerhalb weniger Tage auf brutale Weise offenlegte, hat jetzt zu einem Umdenken auch in der Solarindustrie geführt. Die Abhängigkeit von China und die technologische Unfähigkeit des heutigen Europa, hier eine führende Rolle zu spielen, scheinen der politischen Führung in Brüssel, Berlin und wichtigen Wirtschaftslenkern mittlerweile unerträglich.

Das Fraunhofer-Institut kommt zu dem Schluss:

Ein auf Erneuerbare Energien umgestelltes Energiesystem – und das ist der Plan in der EU – ist ohne einen massiven Ausbau der Solarenergie nicht denkbar. Aber: Nach heutigem Stand würden die Chinesen doppelt profitieren: Sie würden ihr Geschäft expandieren und ihr Erpressungspotential erhöhen.

Europa ist schlicht nicht lieferfähig: Jährlich können in der EU derzeit gerade mal Module mit einer Gesamtleistung von sechs bis acht Gigawatt hergestellt werden. Das entspricht weniger als einem Prozent der globalen Produktionskapazitäten.

Diese Schlafmützigkeit wurde in der Schrecksekunde des Krieges beendet – zumindest gedanklich. EU-Energiekommissarin Kadri Simson erklärt, die EU werde die europäische Solarindustrie wiederbeleben – „whatever it takes“.

Mit ihrem REPowerEU-Plan plant die EU-Kommission, dass Regierungen und Firmen in der Europäischen Union bis 2030 rund 300 Milliarden Euro investieren, um sich unabhängig von Kohl, Gas und Öl aus Russland zu machen. Das Ziel: Die installierte Leistung in der EU soll sich bis zum Jahr 2030 auf insgesamt 600 Gigawatt gegenüber heute vervierfachen.

Der von der Politik verordnete Vorrang für die Solarenergie bei der Netzeinspeisung – sobald die Sonne scheint werden Gas- und Kohlekraftwerke herunter gefahren – kommt diesen Ambitionen sehr zu passe. Eine von der EU-Kommission und der Wirtschaft initiierte „Solar PV Industry Alliance“ ist ein industriepolitischer Vorstoß, der Europas Unabhängigkeit auf diesem Feld fördern soll.

Fazit: Die ergrünte Gesellschaft will. Die EU mit ihrem nahezu unbegrenzten Zugang zum Kapitalmarkt kann. Und Amerika drängt ohnehin zur Entkopplung von China. Nun sind die Privaten gefordert, die Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit zu schließen.

Nachtrag: Nur für Solarworld kommt diese Ambition zu spät. Das Unternehmen meldete im Mai 2017 Insolvenz an. Der Unternehmer Frank Asbeck verglühte.

Vielleicht sieht der neue, in Stil und Tonalität geläuterte, Frank Asbeck aus wie Herbert Diess. Der war noch bis vor kurzem Chef des größten Autoherstellers der Welt. Seinen Posten als CEO der Volkswagen AG musste er im vergangenen Sommer nach einem Machtpoker mit dem Aufsichtsrat und Teilen seines Vorstandsteams abgeben. Tempi passati.

Geblieben ist sein Wille zur Veränderung, sein Ingenieurwissen und seine Erfahrung als Manager komplexer Prozesse. Im Grunde ist der heutige Diess das, was er vorher schon war: ein industrieller Revolutionär, der mit Leidenschaft und Zielstrebigkeit – seine Kritiker sagen: mit Ungeduld und Härte – den Status quo zu überwinden sucht.

Deutschland will keinen Krieg: Selenskyis Fehler

(Morning Briefing) – Die Interessenlagen sind nicht konträr, aber in wichtigen Nuancen doch sehr unterschiedlich: Der ukrainische Präsident wird dafür bezahlt, dass er sein Land vor dem russischen Aggressor rettet. Der deutsche Kanzler wird dafür bezahlt, dass die Deutschen wieder in Frieden ihrer Wohlstandsmehrung nachgehen können.

Es gibt in Deutschland eine große Hilfsbereitschaft, aber keine Kriegsbereitschaft. Wenn die Deutschen könnten, würden sie jetzt nicht SPD, CDU oder die Grünen wählen, sondern den Frieden. Den Umweg über die Lieferung von Kampfpanzern nehmen sie in Kauf, wenn auch knurrend. Olaf Scholz mit all seiner kommunikativen Verschlossenheit und spürbaren Widerwilligkeit, die er mühsam als Besonnenheit tarnt, ist der Notar deutscher Gefühle.

Selenskyj bringt den Kanzler in eine zunehmend schwierige Position. Der Kriegspräsident versucht, den deutschen Kanzler zu einem Soldaten der ukrainischen Befreiungsarmee im Donbass und auf der Krim zu machen. Das will der nicht sein. Und das darf er nicht sein wollen. Dafür fehlt ihm das Mandat.

Selenskyj macht fünf gravierende Fehler, die auch dann Fehler bleiben, wenn er sie für Heldentaten hält.

Fehler 1: Selenskyj will zu viel zu schnell. Kaum ist der Dank für die Panzer des Westens verklungen, fordert er die Lieferung von Langstreckenraketen, Kampfjets und U-Booten. In einem Telefonat mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und auch öffentlich hat er dieser Forderung Nachdruck verliehen, bevor die neuen Kampfpanzer an der Front überhaupt ihre Wirkung entfalten konnten.

Auch der ehemalige deutsche Botschafter der Ukraine, Andrij Melnyk, schlägt als neuer Vize-Außenminister bewusst harsche Töne an:

Das Team Selenskyj wirkt damit auf viele Deutsche ungeduldig, undankbar, auch unseriös. Womöglich hat der Mann in Kiew zu viele Churchill-Biografien gelesen.

Fehler 2: Selenskyj lehnt Friedensverhandlungen zum jetzigen Zeitpunkt ab. Damit droht er, das Momentum zu verpassen.

Niemand – außer Kissinger – widerspricht ihm derzeit. Der Westen ist groß darin, das Momentum zu verpassen: Die unrühmlichen militärischen Niederlagen in Vietnam, im Irak und zuletzt in Kabul haben bei denen, die jetzt nach mehr Waffen und mehr Krieg rufen, keine Spuren im Selbstbewusstsein hinterlassen. Sie hoffen, die Ausgangslage für spätere Friedensgespräche durch mehr Militär zu verbessern. Aber der Heldenfriedhof ist voll mit den verstorbenen Hoffnungen von Kriegsherren, deren Ambition größer war als ihre realpolitische Möglichkeit.

Aus der Ukraine erreicht uns eine Kaskade von Durchhalteparolen, die kämpferisch klingt, aber die Interessen der Deutschen und die Gefühle der deutschen Wähler ignoriert. Etwa wenn der Berater des Präsidenten Mykhailo Podolyak an den Westen gerichtet sagt:

Fehler 3: Das inszenatorische Moment bei Selenskyj ist zu stark ausgeprägt. Dazu muss man wissen: Er war nicht nur Schauspieler, sondern gründete 2003 auch eine erfolgreiche Produktionsfirma, das Studio Kwartal 95. Freunde aus diesem Umfeld besetzen heute Schlüsselpositionen in der Regierung.

Der Leiter des Präsidialamts, Andrij Jermak, war einst selber Filmproduzent. Der Chefberater Serhij Schefir stammt ebenfalls aus Studio Kwartal 95, wie auch Geheimdienstchef Iwan Bakanow. Die NZZ-Auslandsredaktion fand heraus:

Fehler 4: Unter den Augen des Präsidenten blühen weiter Korruption und Vetternwirtschaft. Zwar hatte Selenskyj im Wahlkampf versprochen, diese Spätfolgen der Wendezeit zu bekämpfen. Aber er hat nicht geliefert. Der wichtigste Kronzeuge für das Scheitern dieser Säuberungsbemühungen ist Selenskyj selbst, der in den vergangenen Tagen neun Mitglieder des engsten Kreis der ukrainischen Führung wegen schwerer Korruption und dem Verdacht der Vetternwirtschaft entlassen hat.

Kyrylo Tymoschenko – stellvertretender Leiter der Präsidialverwaltung und enger Freund Selenskyjs aus der Filmbranche – nutzte ein für die Evakuierung von Zivilisten vorgesehenes Auto privat. Vize-Infrastrukturminister Wassyl Losynsky soll 400.000 US-Dollar Bestechungsgeld bei der Anschaffung von Generatoren angenommen haben. Das Verteidigungsministerium habe weit überteuerte Lebensmittel für Soldaten gekauft. Insgesamt mussten fünf Gouverneure, vier Vize-Minister und mehrere hochrangige Beamte gehen.

Selenskyj hat diese Herren nicht aus freien Stücken entlassen, er hat sie entlassen müssen. Diese Fälle wurden von den Medien aufgedeckt.

2021 belegte das Land, das nunmehr sein Land ist, den 122. Platz im Korruptionsindex und lag damit hinter Sambia, Nepal und den Philippinen. Der Europäische Rechnungshof urteilte Ende 2021:

Fehler 5: Selenskyjs Ambition reicht über die Befreiung der Ukraine hinaus. Er versucht, einen Kulturkampf gegen Russland anzuzetteln – gegen russische Sportler, russische Autoren, Musiker und Schauspieler. So verlangt sein Kulturminister, dass die Musik des vor 130 Jahren gestorbenen russischen Komponisten Pjotr Iljitsch Tschaikowski im Westen nicht mehr gespielt werden dürfe. Derzeit versucht er, das IOC zu überreden, russische Sportler von den Olympischen Spielen 2024 in Frankreich auszuschließen.

 

In Zukunft Perowskit-Zellen

Photovoltaiktechnologien sind Eckpfeiler aller Zukunftsszenarien einer nachhaltigen Energieversorgung. Innovative, kostengünstige und hocheffiziente Materialien für die Solarmodule der nächsten Generation zu entwickeln, ist daher von höchster Dringlichkeit. Derzeit gilt insbesondere die Materialklasse der Perowskit-Halbleiter als äußerst aussichtsreich für die Solarzellen der Zukunft. Den wirtschaftlichen Durchbruch dieser Technologie verhindern derzeit jedoch die noch nicht ausreichende Stabilität und die Herausforderung, auf großer Fläche hochwertige Perowskit-Dünnschichten herzustellen. Mit dem Projekt „LAMI-PERO“ will Tenure-Track-Professor Ulrich W. Paetzold einen radikal neuen Herstellungsprozess entwickeln, der das Potenzial hat, diese Schwierigkeiten zu überwinden. Ziel des Projekts ist es, ein grundlegendes Verständnis darüber zu etablieren, wie Perowskit-Dünnschichten unter hohem Druck entstehen, außerdem stabilere und neuartige Zusammensetzungen der Perowskit-Halbleiter zu entdecken und damit hocheffiziente Perowskit-Solarzellen und Tandem-Solarzellen herzustellen.

Wasserstoff-Gewinnung aus Meerwasser möglich

(pte)- Forscher der Universitäten Adelaide, Tianjin, Nankai sowie der Kent State University spalten Meerwasser auf, um es in Wasserstoff umzuwandeln. Dies galt bisher als fast unmöglich, denn das Salz zerstört binnen kürzester Zeit die Elektroden, mit denen der Solarstrom in das Wasser geleitet wird. Werden sie allerdings mit kostengünstiger Lewis-Säure überzogen, halten sie den Angriffen des Salzes über ausreichend lange Zeit stand. Zu dieser Stoffgruppe zählen unter anderem Eisen(III)-chlorid, Bortrifluorid und CO2. Die Experten entschieden sich allerdings für Chrom(III)-oxid (Cr2O3).

Lewis-Säure verhindert Korrosion

Bei Cr2O3 handelt es sich um ein weitverbreitetes Beschichtungsmaterial für Anwendungen insbesondere in der Druck- und Papierindustrie, der Pumpen- und Textilwirtschaft sowie für mechanische Dichtungssysteme. Der so hergestellte Wasserstoff könnte exportiert werden, auch in Regionen, die weder von der Sonne verwöhnt noch ausreichend mit elektrischer Energie versorgt werden, heißt es. Dort könnte in Brennstoffzellen Strom erzeugt werden. Der dabei entstehende Wasserdampf ließe sich kondensieren und die Versorgung mit Trinkwasser verbessern oder erst ermöglichen.

Ein typischer Katalysator in einem Elektrolyseur besteht laut den Wissenschaftlern aus Kobaltoxid mit einem Chromoxid-Überzug. Meerwasser würde diesen durch Erosion durch Chlorionen ruinieren oder sie mit unlöslichen Ablagerungen von Magnesium und Kalzium blockieren, sodass kein Strom mehr fließen kann. Beides wird durch die Lewis-Säure verhindert, so das Team.

Fast so effektiv wie mit Süßwasser

„Wir haben mithilfe eines solchen Katalysators in einem kommerziellen Elektrolyseur Meerwasser mit einer Effizienz von fast 100 Prozent in Sauerstoff und Wasserstoff aufgespalten“, sagt Shizhang Qiao, Chemieingenieur an der University of Adelaide. Bei der Elektrolyse von Süßwasser unter Einsatz eines weit teureren Katalysators aus Platin und Iridium werde kaum weniger Wasserstoff erzeugt, so Assistenzprofessor Yau Zheng, Materialwissenschaftler an der gleichen Hochschule.

Aus dem EU-Parlament: Green-Deal, Industriepolitik, Wasserstoff

(EU) – Am 1. Februar hat die Europäische Kommission ihren „Green Deal Industrieplan“ vorgestellt. Die EVP-Fraktion begrüßt diesen Plan, bedauert aber, dass er nicht früher vorgelegt wurde und nur begrenzte Wirkung entfalten wird. Christian Ehler, MdEP für Brandenburg, äußert sich kritisch zum EU-Plan und zeigt die Auswirkungen für Brandenburg auf.

„Endlich entdeckt die Kommission ihr vernachlässigtes „Deal-Versprechen“ im Green Deal. Das hätte schon vor vier Jahren geschehen müssen, als der Green Deal vorgestellt wurde. Jetzt ist jedoch klar, dass die Kommission bei dem Versuch, die europäische Industrie wieder wettbewerbsfähig zu machen, an ihre intellektuellen und politischen Grenzen gestoßen ist.

Dies zeigt sich in dem übermäßig regulativen, nicht technologieneutralen Ansatz für Wasserstoff, der jegliche Wettbewerbsfähigkeit der EU im Vergleich zu den USA und China zerstören wird. Mit der Richtlinie zu Industriemissionen stranguliert die Kommission erneut unsere Industrie, indem sie Investitionsanreize in Europa für Großunternehmen, aber auch für kleine und mittelständische Betriebe eliminiert. Zudem ist die alleinige Konzentration auf Clean-Tech-Technologien vereinfachend, greift zu kurz und vernachlässigt, dass Europa fit für das digitale Zeitalter sein muss. Auch die Unterfinanzierung von Forschung und Innovation in Europa und in der europäischen Industrie selbst bleibt unerwähnt.

Gerade in Brandenburg sind die Weichen für Wasserstoff-Technologien auch deshalb gestellt, weil es hier auch darum geht, die traditionell stärkere Abhängigkeit der ostdeutschen Bundesländer von russischen Rohstofflieferungen loszuwerden.

Zudem spielt Wasserstoff eine wesentliche Rolle im Strukturwandelprozess im Süden des Landes. Dort soll die H2-Technologie herkömmliche Prozesse, die bislang auf Braunkohle basierten, ablösen. Vielversprechende H2-Projekte wie das erst vor kurzem an den Start gegangene Referenzkraftwerk Lausitz (Reflau) in Schwarze Pumpe oder das Green Areal Lausitz (GRAL) in Jänschwalde, welches als grünes Industriegebiet entwickelt wird, gilt es zu verstetigen.

Mit Blick auf die aktuelle Situation und die ambitionierten Ziele des Green Deal ist eine weitere Überbürokratisierung zu verhindern. So muss sich z.B. die Revision der Industrieemissionsrichtlinie (IED) als Teil des Gesamtpakets gesetzlicher Regelungen auf die wesentlichen Umweltaspekte der Industrieproduktion beschränken und zu schnellem Handeln beitragen. Wenn die IED-Revision kommt, dann wäre in Deutschland ein neues System der Grenzwertsetzung während der Genehmigungsphase einzuführen, welches mit erheblichen Unsicherheiten auf Seiten der Betreiber und Behörden behaftet ist. Das System würde eine Verzögerung von Genehmigungen von bis zu sechs Monaten bedeuten. Solche Regelungen zwingen unsere Brandenburger Unternehmen in die Knie.“

Weltweite Dominanz Chinas von Produktion und Anwendung der Photovoltaik – Mit einer Einführung von Jean Pütz

Das hat Deutschland verpasst, anfangs führend in der Produktion von Solar-Paneele, z. B. durch Solarworld, hat die Politik völlig versagt. Die Technologie landete fast kostenlos nach China, weil keiner gemerkt hat, dass die extremen staatlichen Subventionen in diese  Zukunftstechnologie der deutschen Industrie sämtlich Wettbewerbsfähigkeit genommen hat. Die Chinesen haben den deutschen und europäischen Markt mit ihren preiswerten Paneelen überschwemmt. Jetzt muss Deutschland 90% der Photovoltaik – basierend auf Silizium – importieren.

Ich hoffe, dass die in Deutschland entwickelte, sehr aussichtsreiche Technologie des sogenannten Perowskit mit wesentlich höheren Wirkungsgraden dieses Mal nicht verpasst wird und die Großindustrielle Produktion in der Priorität gefördert wird. Perowskit-Paneele kommen ohne mono- und polykristallines Silizium und sind daher erheblich preiswerter herzustellen. Auch hier ist Deutschland wieder führend in der Technologie.

Lesen Sie dazu einen Auszug aus ‚The Pioneer Briefing‘ von Gabor Steingart

Jean Pütz

China führt in der Solarindustrie

Diese Weltmarktposition ist hart erarbeitet. Das Land gab allein in den ersten sechs Monaten des Jahres 2022 rund 41 Milliarden Dollar für große Solarprojekte aus. 173 Prozent mehr als im Vorjahr.

Deutschland selbst war einst auf dem Weg zu einer führenden Photovoltaik-Industrie, heute bezieht es 95 Prozent der Solaranlagen aus China. Der weltweite Anteil Chinas an der Produktion von Solarmodulen beträgt inzwischen über 70 Prozent, heißt es in einem Bericht der Internationalen Energieagentur (IEA).

Dabei exportiert China nicht nur, sondern ist selbst zum Boom-Markt für Photovoltaik geworden. Von null auf 300 Gigawatt installierter Leistung in 15 Jahren. Europa kommt nur auf gut 140 Gigawatt, wovon 40 Prozent in Deutschland stehen.

Denkender Mensch – wie kam es dazu

(IDIV) – Amsterdam/Leipzig/Jena. In Jäger- und Sammlergesellschaftenbilden bereits Kinder geschlechtsspezifische Fähigkeiten zurNahrungssuche aus, um besondere Nahrung verfügbar zu machen. DieseErrungenschaft sowie das Teilen von Nahrung könnte es der menschlichenSpezies ermöglicht haben, ein wesentlich größeres Gehirn zuentwickeln als unsere nächsten lebenden Verwandten. Zu diesem Schlusskommen Forschende der Universität Amsterdam (UvA), des DeutschenZentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv), desMax-Planck-Instituts für evolutionäre Anthropologie, desHelmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) und derFriedrich-Schiller-Universität Jena. Eine stabilere Energie- undNährstoffversorgung könnte eine größere Investition indas Gehirn ermöglicht haben. Die Studie wurde in der ZeitschriftFrontiers in Ecology and Evolutionveröffentlicht.

Die Gehirne von Menschen sind dreimal so groß wie die andererPrimatenarten. Es wird angenommen, dass eine vielfältige, hochwertigeErnährung und eine lange Kindheit mit ausreichend Zeit zum Erlernenkomplexer Fähigkeiten zum Nahrungserwerb wichtige evolutionäreFaktoren für unsere großen Gehirne sind. Im Gegensatz zu anderenPrimaten zeichnet sich die menschliche Ernährung durch einegroße Vielfalt an hochwertigen und schwer zu beschaffendenNahrungsmitteln aus, wie etwa Fleisch, Fisch und Raupen sowie unterirdischeKnollen oder viele Arten von Nüssen. Um diese zu sammeln zukönnen, bedarf es komplexer Fähigkeiten zur Nahrungssuche, dievermutlich schon im frühen Alter entwickelt werden.

Um besser zu verstehen, wie der Mensch diese Fähigkeiten erlernt,begleitete das internationale Forscherteam ein Jahr lang 27 Kinder einermodernen Sammlergesellschaft in der Republik Kongo. Die BaYaka beginnenbereits im Alter von fünf Jahren mit der selbstständigenNahrungssuche in Gruppen von Gleichaltrigen. Die Forschenden untersuchtendie Methoden der Kinder bei der Nahrungssuche, die Zusammensetzung ihrerNahrung und ihr Wissen über die Pflanzenwelt auf ihren täglichenAusflügen. Neben der Beobachtung des Verhaltens führten sie auchNährwertanalysen der gesammelten Nahrung durch. Zu diesem Zweckarbeiteten die Forscher interdisziplinär mit einem Botaniker undkognitiven Verhaltensökologen der Universitäten Leiden undAmsterdam, chemischen Ökologen des iDiv, der Universität Jena unddes UFZ, Anthropologen des Max-Planck-Instituts für evolutionäreAnthropologie in Leipzig und Ernährungsökologen des CharlesPerkins Centre der Universität Sydney zusammen. Die Feldarbeit ergabeinen einzigartigen Datensatz mit 798 Stunden Beobachtung.

Die BaYaka-Kinder verbrachten ein Drittel ihrer Zeit mit der Suche undBeschaffung von Nahrung. Die Hälfte davon suchten sie unabhängigvon Erwachsenen und zeigten ein hohes Maß an Selbstständigkeit.„Ich war beeindruckt, wie geschickt die Kinder schon in einem sehrjungen Alter waren“, sagt Jorin Veen, Erstautor der Studie, der dieseUntersuchung im Rahmen seiner Masterarbeit an der UvA durchgeführthat. „Der Großteil der Nahrung waren Fallfrüchte, Samenund Knollen, aber die Kinder kletterten auch auf 40 Meter hohe Bäume,um Honig oder Früchte zu sammeln, was mitunter sehr riskant seinkann.“

Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen

Die Ergebnisse zeigten eine früh einsetzende Spezialisierung beider Nahrungssuche. Gruppen mit mehr Jungen ernährten sich eher vonFrüchten und Samen, was oft riskante Kletterkünste erfordert,während Gruppen mit mehr Mädchen eher Knollen sammelten.„Die Knollen zu sammeln erfordert außergewöhnlicheGrabungsfähigkeiten, da die Liane, die zu den unterirdischen Knollenführt, nicht leicht zu erkennen und zu verfolgen ist“,erklärt Prof. Karline Janmaat, Betreuerin der Erstautorin undForscherin am Institut für Biodiversität undÖkosystemdynamik der UvA. „Diese frühegeschlechtsspezifische Spezialisierung der Fähigkeiten zurNahrungssuche in Verbindung mit dem hohen Grad an Nahrungsaustausch inJäger- und Sammlergesellschaften ermöglicht der menschlichenSpezies wahrscheinlich eine stabilere Energie- und Nährstoffversorgung– und die könnte es uns letztlich ermöglicht haben, uns einwesentlich größeres Gehirn zu leisten als andrePrimaten.“

„Unsere Analysen ergaben, dass vor allem die Früchte, die 40Prozent der Ernährung der Kinder ausmachten, im Vergleich zu anderenpflanzlichen Nahrungsmitteln mehr Zucker, vor allem Glukose und Fruktose,enthielten“, sagt Mitautorin Prof. Nicole van Dam. „KeinWunder, dass sie sich so sehr bemühten, sie zu beschaffen.“ Van Dam, die die chemischen Analysen betreute, war bis Oktober 2022Leiterin der Arbeitsgruppe Molekulare Interaktionsökologie am iDiv.Danach übernahm sie die Leitung des Leibniz-Instituts fürGemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) in Großbeeren und hältgleichzeitig ihre Professur an der Universität Jena.

Diese Forschung wurde u.a. von der Deutschen Forschungsgemeinschaft(DFG; FZT-118) finanziert.
Sebastian Tilch

 

Kochsalz und Immunsystem

(MDC) – Wer zu viel Salz isst, schwächt die Energieversorgung von regulatorischen T-Zellen. Das kann sich auf Autoimmunität auswirken, berichtet ein internationales Team – darunter Dominik Müller – in „Cell Metabolism“. Denn wenn sie lahm gelegt sind, können Immunreaktionen aus dem Ruder laufen.

Eine salzreiche Ernährung, wie sie in vielen westlichen Gesellschaften üblich ist, beeinträchtigt nicht nur den Blutdruck und das Herz-Kreislauf-System. Sie kann auch negative Auswirkungen auf die Regulation des Immunsystems haben. Denn Salz bremst regulatorische T-Zellen aus, indem es ihren Energie-Metabolismus verschlechtert. Das berichtet ein internationales Forschungsteam, koordiniert von Wissenschaftler*innen des VIB Center für Entzündungsforschung und der Universität Hasselt in Belgien und dem Max Delbrück Center in Berlin im Fachmagazin „Cell Metabolism“. Die Ergebnisse könnten die Erforschung von Autoimmun- und kardiovaskulären Erkrankungen voranbringen.

Bereits vor einigen Jahren hat das belgisch-deutsche Team gezeigt, dass zu viel Salz in unserer Ernährung den Stoffwechsel und die Energiebilanz bestimmter Zellen des angeborenen Immunsystem negativ beeinflussen kann. Monozyten oder Makrophagen funktionieren dann nicht mehr richtig, weil Salz die Kraftwerke unserer Zellen schwächt, die Mitochondrien. Beteiligt an den Studien waren Professor Dominik Müller vom Max Delbrück Center und Experimental and Clinical Research Center, einer gemeinsamen Einrichtung von Charité – Universitätsmedizin Berlin und Max Delbrück Center, sowie Professor Markus Kleinewietfeld vom VIB Center für Entzündungsforschung und der Universität Hasselt in Belgien und ihre Kolleg*innen. Nun fragten sich die Forschungsgruppen, ob übermäßiger Salzkonsum bei Zellen des adaptiven Immunsystems wie den regulatorischen T-Zellen ein ähnliches Problem auslösen könnte.

 

Wichtige Immunregulatoren

Regulatorische T-Zellen, kurz Tregs genannt, sind ein wesentlicher Bestandteil des adaptiven Immunsystems. Sie erhalten das Gleichgewicht zwischen normaler Funktion und überschießender Entzündung. Manchmal werden sie als „Immunpolizei“ beschrieben, weil sie Übeltäter wie etwa aggressive Immunzellen, die sich gegen den eigenen Körper richten, in Schach halten. Sie sorgen dafür, dass Immunreaktionen kontrolliert ablaufen – ohne den Organismus zu schädigen.Eine Fehlfunktion der Tregs könnte dazu führen, dass sich Autoimmunkrankheiten wie Multiple Sklerose entwickeln. Erst kürzlich haben Wissenschaftler*innen gezeigt, dass die Mitochondrien der Tregs bei betroffenen Patient*innen schlechter arbeiten. Die Ursachen blieben jedoch unklar.

„Die Beobachtungen bei Autoimmunpatient*innen und unsere Ergebnisse, dass Salz die Funktion der Mitochondrien bei Monozyten und Makrophagen einschränkt, waren unser Ausgangspunkt. Wir haben wir uns gefragt, ob ähnliche Probleme in den Tregs gesunder Proband*innen auftreten können“, sagt Müller, Leiter der Arbeitsgruppe „Hypertonie-vermittelter Endorganschaden“ am Max Delbrück Center und am ECRC.

Aus früheren Untersuchungen geht zudem hervor, dass zu viel Salz die Treg-Funktion beeinträchtigen könnte, indem es einen autoimmunähnlichen Phänotyp hervorruft. Mit anderen Worten: Zu viel Salz lässt die Treg-Zellen eher wie diejenigen aussehen, die an Autoimmunerkrankungen beteiligt sind. Wie genau Salz die Treg-Funktionen beeinträchtigt, war jedoch noch nicht bekannt.

Salz stört die Zellkraftwerke der Tregs

Die aktuelle internationale Studie unter der Leitung von Kleinewietfeld und Müller mit den Erstautor*innen Dr. Beatriz Côrte-Real und Dr. Ibrahim Hamad – beide arbeiten am VIB-Zentrum für Entzündungsforschung und an der Universität Hasselt in Belgien – hat nun nachgewiesen: Salz stört die Treg-Funktion, indem es die Energieerzeugung in Mitochondrien hemmt und den zellulären Stoffwechsel verändert. Das Problem der Zellkraftwerke ist offenbar der erste Schritt, wie Salz die Treg-Funktion stört und zu Veränderungen in der Genexpression führt – ähnlich wie bei dysfunktionalen Tregs bei Autoimmunerkrankungen.

Selbst wenn die Mitochondrienfunktion nur kurz unterbrochen wurde, hatte dies in verschiedenen Versuchsmodellen langanhaltende Folgen für die Leistungsfähigkeit und die immunregulierende Kapazität der Tregs. Die neuen Erkenntnisse deuten darauf hin, dass Salz möglicherweise zu Fehlfunktionen der Tregs bei verschiedenen Krankheiten beiträgt. Das muss allerdings in weiteren Studien bestätigt werden.

„Die Faktoren und die molekularen Mechanismen besser zu verstehen, die zur Fehlfunktion der Tregs bei Autoimmunität beitragen, ist eine zentrale Frage auf diesem Gebiet. Da Tregs auch bei Krankheiten wie Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen eine Rolle spielen, könnte die Aufklärung solcher durch Salz ausgelösten Effekte neuartige Ansätze eröffnen, um die Treg-Funktion bei verschiedenen Krankheiten zu verändern“, sagt Kleinewietfeld, der das VIB-Labor für Translationale Immunmodulation leitet. „Es sind jedoch noch weitere Studien erforderlich, um die molekularen Mechanismen genauer zu verstehen und ihre potenziellen Zusammenhänge mit Krankheiten zu ergründen.“

Wo Wasserstoffproduktion für Deutschland?

(FOCUS) – Eine Million Tonnen Wasserstoff ließen sich künftig vor Deutschland an Windrädern in der Nordsee Haustür herstellen. Mehr als 100 deutsche Unternehmen haben sich zu diesem ehrgeizigen Plan zusammengetan und wollen mehr als 10 Milliarden Euro investieren.

Wasserstoff wird, da sind sich Wissenschaftler wie Politiker einig, eine der Säulen einer künftig klimafreundlicheren Wirtschaft werden. Die Bundesregierung hat dazu 2020 eine nationale Wasserstoffstrategie beschlossen. Diese unterliegt einer Farbenlehre. Wenngleich Wasserstoff selbst immer ein farbloses Gas ist, will die Regierung vor allem grünen Wasserstoff fördern. So wird derjenige genannt, welcher mit Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt wird.

Um an genug grünen Wasserstoff zu gelangen, hat Deutschland Partnerschaften geschlossen. Der Rohstoff soll etwa aus Australien, Neuseeland, Kanada und vielen afrikanischen Ländern wie Namibia, dem Kongo, Südafrika und Angola. Der Vorteil dieser Länder ist, dass sie große Flächen für erneuerbare Energien wie Photovoltaikanlagen und Windräder bieten, sowie Zugang zu (Meer-)Wasser. Das sind exakt die einzigen beiden Rohstoffe, die für die Herstellung von grünem Wasserstoff benötigt werden.

Doch für ideale Voraussetzungen muss man gar nicht weit in die Ferne schweifen. „Was Saudi-Arabien mit Öl hat, das haben wir in der Nordsee“, sagt Urs Wahl und meint damit: Ideale Bedingungen und nahezu unerschöpfliche Reserven. Er ist Sprecher des Netzwerkes AquaVentus. In ihm haben sich mehr als 100 deutsche Unternehmen zusammengeschlossen, um grünen Wasserstoff in der Nordsee zu produzieren und per Pipeline an die Küste zu liefern.

Eine Million Tonnen Wasserstoff aus der Nordsee

Technisch funktioniert das mit einer Methode, die sich „Wind-to-Hydrogen“ nennt. Dazu werden Offshore-Windräder im Meer aufgestellt, an deren Fuß eine Entsalzungsanlage für Meerwasser sowie ein Elektrolyseur angebracht ist. Der kann mit dem Strom aus dem Windrad das Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff spalten. Als Abgas entsteht dabei nur der Sauerstoff, der vor Ort einfach in die Luft entlassen werden kann. Die Windräder sind zudem an eine Sammelpipeline angeschlossen, die den Wasserstoff sofort an die Küste transportiert. Dort kann die in ihm gespeicherte Energie dann genutzt werden. „Grüner kann der Wasserstoff gar nicht mehr sein“, sagt Wahl schwärmend.

Erster Abnehmer für Wasserstoff aus der Nordsee wären die Stahl- und die Chemieindustrie. Hochöfen mit Strom zu betreiben, wäre viel zu aufwändig und teuer. Mit Wasserstoff lassen sich die hohen Temperaturen, die heute noch meist mit Erdgas erzeugt werden, auch klimafreundlich halten. Die Salzgitter AG hat für ihre Werke in der gleichnamigen niedersächsischen Stadt deswegen zum Beispiel schon 2020 einen eigenen Windpark mit sieben Anlagen gebaut, um eigenen grünen Wasserstoff zu erzeugen.

Das Potenzial in der Nordsee wäre ungleich höher. AquaVentus rechnet damit, ab 2035 rund zehn Gigawatt Leistung installiert zu haben. Das ist mehr als alle Offshore-Windräder Deutschlands heute besitzen. Mehr als 700 Anlagen wären dafür notwendig, sie sollen dann rund eine Million Tonnen grünen Wasserstoff im Jahr liefern. Überschüssigen Strom aus den Windrädern gäbe es dabei nicht, alles würde sofort in die Wasserstoff-Produktion fließen. Zwar braucht Deutschland nach Berechnungen von Experten wesentlich mehr als eine Million Tonnen Wasserstoff in der Zukunft, aber die Windräder aus der Nordsee könnten einen wichtigen Beitrag liefern. Zum Vergleich: Deutschlands Stahlbranche soll nach Berechnungen der Bundesregierung 2050 einen Bedarf von 2,2 Millionen Tonnen Wasserstoff haben. Mit 5,5 Millionen Tonnen ließe sich schon die gesamte europäische Stahlindustrie auf den klimafreundlichen Rohstoff umstellen.

Prototyp entsteht bis 2025 vor Helgoland

Wind-to-Hydrogen in der Nordsee hätte dabei noch zwei weitere Vorteile: Erstens würden die Windparks dafür wohl im so genannten „Entenschnabel“ aufgestellt. Das ist ein Bereich der ausschließlichen Wirtschaftszone Deutschlands, der schnabelartig herausragt. Er liegt rund 300 Kilometer von der Küste entfernt. Windräder zur Stromproduktion würden sich hier nicht rentieren, weil die Verkabelung über eine solche Distanz zu teuer ist. Eine Pipeline für Wasserstoff lässt sich jedoch einfacher verlegen. Das führt zum zweiten Vorteil: Die Produktion im Entenschnabel würde sich selbst mit Strom versorgen, es wären keine Kapazitäten notwendig, die eigentlich für die allgemeine Stromversorgung Deutschlands gedacht sind.

Noch ist all das aber Zukunftsmusik. Das AquaVentus-Netzwerk, dem unter anderem auch Energieriesen wie RWE und Maschinenbauer wie Siemens Energy angehören, hat sich 2020 auch deswegen gebildet, um verschiedene Konzepte zu entwickeln und sich darüber auszutauschen. Zwar ist die Technik an sich bekannt und banal, muss aber auch optimiert werden. „Wir müssen auf jeden Fall wettbewerbsfähig zu anderen Technologien sein“, sagt Wahl und meint damit vor allem den Preis. Grüner Wasserstoff aus der Nordsee wird sich am Ende nicht über Heimatverbundenheit, sondern einzig über den Preis verkaufen.

Verbrenner-Aus & die Folgen

(Pioneer) – Das EU-Parlament hat abgestimmt: Ab 2035 dürfen in der EU nur noch CO2-neutrale Pkw und Kleintransporter zugelassen werden. In anderen Worten: Die Zulassung von Verbrennern wird ab dann verboten. 340 Parlamentsmitglieder stimmten dafür, 279 dagegen. Der Beschluss soll 2026 allerdings noch mal geprüft werden.

Das Gesetz gilt nur für Neuwagen ab dem 1. Januar 2035. Sofern es sich nicht um die Erstzulassung handelt, dürfen diese auch nach diesem Tag weiter verkauft werden.

SPD und Grüne zeigten sich über das besiegelte Verbrenner-Aus zufrieden. Der EU-Grünen-Abgeordnete Michael Bloss erklärt:

Die FDP hatte sich dafür eingesetzt, dass mit E-Fuels angetriebene Verbrenner durch den Beschluss nicht mit ausgeschlossen werden – die EU möchte das nun prüfen. Manfred Weber, Chef der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament, kritisierte das Ende des Verbrennungsmotors:

Zu beachten ist: Diese aus den Büros der EU-Kommission gesteuerte Entwicklung spiegelt nicht die Lebensrealität der deutschen Bevölkerung wider. Laut einer aktuellen Studie des Allensbach-Instituts halten nur 22 Prozent der Bevölkerung die Umstellung auf Elektroautos in den kommenden zehn Jahren für wünschenswert.

Für 72 Prozent der Deutschen ist das Auto an sich unverzichtbar, aber für nur 23 Prozent kommt ein E-Auto überhaupt in Betracht. Sie seien zu teuer, der Ladevorgang zu kompliziert und auch an ihrer Umweltbilanz wird gezweifelt.