Archiv der Kategorie: Physik, Chemie, Technik

Neue Messmethode für Bindungsverhältnisse von radioaktiven Elementen – meist im unteren Periodensystem rund um Uranium

(KIT) – Ein internationales Team um Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) hat eine neue Methode zur Untersuchung von Actiniden entwickelt. Die Methode bietet einzigartige Einblicke in die elektronischen Strukturen und Bindungseigenschaften dieser schweren, radioaktiven Elemente in der untersten Reihe des Periodensystems. Sie könnte die Entwicklung besserer Radiotherapeutika unterstützen und zu einem vertieften Verständnis des Verhaltens von Actinid-Verbindungen in der Umwelt und bei der nuklearen Entsorgung beitragen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler präsentieren ihre Methode, die sie an der KIT Light Source entwickelten, aktuell in Nature Communications (DOI: 10.1038/s41467-024-54574-7).
 
 Zu den Actiniden zählen 14 Elemente des Periodensystems, darunter Thorium, Uran, Neptunium, Plutonium und Americium. Die Atome dieser Metalle haben zwischen 90 und 103 Elektronen, darunter solche, die sich in den 5f-Orbitalen aufhalten. Quantenmechanische Phänomene und komplexe elektronische Wechselwirkungen beeinflussen die Anordnung dieser Vielzahl von Elektronen deutlich stärker als bei fast allen anderen Elementen. Das führt zu besonderen Eigenschaften und teils unerwarteten Verhaltensweisen, die nicht vollständig verstanden sind.
Das gilt trotz verschiedener existierender Messmethoden, mit denen sich Informationen über die elektronische Struktur von Actinid-Atomen in chemischen Verbindungen gewinnen lassen. Denn ihre Aussagekraft ist begrenzt. Forschende des Instituts für Nukleare Entsorgung (INE) am KIT haben an Actinid-Verbindungen nun mit einer speziellen Messmethode, der sogenannten „M4 resonanten inelastischen Röntgenstreuung“, ein relativ energiereiches, bisher weitgehend unbeachtetes Signal detailliert untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass die geschickte Vermessung und Auswertung dieses Signals ein besseres Verständnis der elektronischen Struktur und des Bindungsverhaltens der Actinid-Atome ermöglicht. Erstens verrät das Signal zuverlässig die Anzahl der 5f-Elektronen, die in einer chemischen Verbindung am Actinid-Atom lokalisiert sind. Zweitens lässt sich mit einer leicht veränderten Messanordnung bestimmen, wie die Bindung des Actinid-Atoms mithilfe der 5f-Elektronen zu anderen Atomen aufgebaut ist.
Grundlegende Einblicke ins Innere von Actinid-Verbindungen
„Die Informationen, die mit unserer Methode erhältlich sind, ermöglichen es, theoretische Berechnungen und Computermodelle experimentell zu überprüfen“, sagt Professorin Tonya Vitova, Leiterin der Abteilung „Innovative Spektroskopien in der f-Element Chemie” am INE. Die genaue Kenntnis der chemischen und physikalischen Eigenschaften actinidhaltiger Verbindungen ist wesentlich, wenn man deren Verhalten in der Erdkruste, im Uran-Bergbau oder in Endlagern vorhersagen will. Außerdem sind unter den Actinid-Verbindungen auch Substanzen, die als radioaktive Medikamente zur Zerstörung von Krebszellen infrage kommen.
Forschung mithilfe der KIT Light Source
Vitovas Arbeitsgruppe nutzt die Röntgenstrahlung, die das Synchrotron „KIT Light Source“ produziert. „Wir benötigen für unsere Methode sehr geringe Mengen, oft nur tausendstel Gramm Substanz“, sagt Dr. Bianca Schacherl, Leiterin der Nachwuchsgruppe Röntgenspektroskopieentwicklung und radiochemische Anwendungen, die den Großteil der experimentellen Messungen durchgeführt hat. Im sicheren und streng kontrollierten Umgang mit radioaktiven Actiniden haben die Forschenden des INE jahrzehntelange Erfahrung. „Unsere Ergebnisse verdanken wir den einzigartigen Bedingungen an der KIT Light Source und der Möglichkeit, auch sehr langwierige Messungen durchzuführen“, so Schacherl. „Die neue Messmethode als Ergebnis unserer Experimente lässt sich jedoch auch an anderen Synchrotons weltweit einsetzen.“
Michelangelo Tagliavini und Professor Maurits W. Haverkort vom Institut für Theoretische Physik der Universität Heidelberg und Dr. Harry Ramanantoanina vom INE haben mit umfangreichen Berechnungen dazu beigetragen, das bei den Karlsruher Röntgenstreuexperimenten vermessene Signal zu interpretieren. Forschende aus den USA, Frankreich und der Schweiz unterstützten die Karlsruher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter anderem, indem sie actinidhaltige Proben zur Verfügung stellten.  (ffr)

Fusionsenergie ante porta – der Stellerator als Hoffnungsspender

(KIT) – Kraftwerke mit Fusionsreaktoren gelten als Hoffnungsträger für eine saubere Energiezukunft. „In den letzten Jahren wurden spektakuläre Fortschritte bei der Erzeugung und Handhabung von Fusionsplasmem erzielt“, sagt Dr. Thomas Giegerich vom Institut für Technische Physik (ITEP) des KIT. „Viele Fragen des praktischen Betriebs bleiben aber ungelöst.“ Das gelte zum Beispiel für den Brennstoffkreislauf in Stellaratoren, einem Reaktortyp, bei dem das Plasma in einem verdrehten Magnetfeld so eingeschlossen wird, dass ein Dauerbetrieb möglich ist. „Bisher gibt es kein Konzept für die Handhabung des Brennstoffs in einem zukünftigen Fusionskraftwerk“, betont Giegerich. „Es existiert auch keine Anlage, mit der ein solcher Brennstoffkreislauf validiert werden könnte.“ Beides soll nun in dem vom KIT koordinierten Projekt SyrVBreTT (steht für: Synergie-Verbund Brennstoffkreislauf und Tritium Technologien) in einem Konsortium direkt mit der Industrie realisiert werden.
Integrierte Entwicklung des Brennstoffkreislaufs
Fusionskraftwerke benötigen als Brennstoff ein Gemisch aus den Wasserstoffisotopen Deuterium und Tritium, das im Reaktor zu Helium umgesetzt wird. Damit der Heliumanteil im Fusionsplasma nicht zu stark ansteigt, muss das Reaktionsgemisch im Stellarator kontinuierlich abgepumpt, gereinigt und dann zusammen mit neuem Brennstoff injiziert werden. Die Gesamtheit der hierfür erforderlichen Systeme wird als innerer Brennstoffkreislauf bezeichnet. Weil das für die Fusionsreaktion benötigte Tritium aufgrund seiner geringen Halbwertszeit von wenigen Jahren nicht direkt in der Natur vorkommt, muss es in sogenannten Brutblankets technisch erzeugt werden. Alle dafür erforderlichen Systeme werden als äußerer Brennstoffkreislauf bezeichnet. „In unserem Projekt entwickeln wir die für beide Kreisläufe notwendigen technischen Komponenten wie Pumpen, Speicherbetten und Pellet-Injektionssysteme“, so Giegerich.
Um Schnittstellenprobleme bei den einzelnen Komponenten zu vermeiden, werden innerer und äußerer Brennstoffkreislauf dabei gemeinsam und aufeinander abgestimmt entwickelt. Ergänzend soll durch gezielte Simulationen und experimentelle Untersuchungen sichergestellt werden, dass die Technologien realitätsnah validiert werden können. „Bei uns am KIT entsteht dafür eine Fuel Cycle Test Facility, in der alle relevanten Systeme unter realen Bedingungen geprüft werden können“, sagt Giegerich. Das sei ein entscheidender Schritt, um den Übergang vom Experiment zur praktischen Anwendung zu ermöglichen.
Über SyrVBreTT
Das Projekt SyrVBreTT wird vom KIT koordiniert. Beteiligt sind die folgenden Partner aus Wissenschaft und Industrie: Forschungszentrum Jülich, Gauss Fusion, Kyoto Fusioneering Europe GmbH, Universität Stuttgart. SyrVBreTT ist zunächst auf drei Jahre angelegt und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 20 Millionen Euro gefördert. Darin enthalten sind 4,8 Millionen Euro Fördergelder direkt für das KIT. (mhe)

Information über seltene Erden

Die 17 Seltenen Erden, darunter 15 Metalle, die als Lanthanide bezeichnet werden, werden üblicherweise in „leichte“ und „schwere“ Gruppen unterteilt, wobei die leichten weitaus häufiger vorkommen. Leider haben die häufigsten leichten Seltenerdmetalle, Lanthan und Cer, nur einen geringen Wert. Die anderen leichten Elemente, wie Praseodym und Neodym, sind deutlich wertvoller. Neodym ist ein wichtiger Bestandteil von Permanentmagneten, die in Smartphones und Maschinen für erneuerbare Energien wie Windturbinen verwendet werden. Praseodym wird für diese Anwendungen oft mit Neodym kombiniert.

Cotruvos Labor hatte bereits ein anderes Protein, LanM, identifiziert, das sich mit hoher Spezifität an alle Seltenerdmetalle bindet. Dies geschieht auf ähnliche Weise wie bei einem Schloss-und-Schlüssel-Mechanismus, wobei das Protein das Schloss und das Seltenerdmetall der Schlüssel ist. Sie können sehr gut zwischen schweren Seltenerdmetallen unterscheiden, aber sie sind nicht gut darin, die leichten Seltenerdmetalle zu trennen. Das gelingt jedoch mit LanD. Es wird in seiner Urform vom Methylobacterium extorquens hergestellt, einem in der Natur reichlich vorkommenden Mikroorganismus. LanM trennt schwere und leichte seltene Erden. Letztere werden an LanD übergeben, das bevorzugt das wertvolle Neodym bindet.

Chinesische Software in Elektroautos

Die deutsche Autoindustrie ist aufgrund eines geplanten Gesetzes der US-Regierung alarmiert. Das US-Handelsministerium hat angekündigt, dass ab 2027 autonom fahrende und vernetzte Autos, die chinesische Software einsetzen, vom amerikanischen Markt ausgeschlossen werden sollen.

Ab 2030 soll chinesische Hardware in Autos in den USA komplett verboten werden, so der Gesetzesentwurf. Das Problem: In den Autos der deutschen Hersteller sind Software- und auch Hardwarekomponenten aus China verbaut. Somit wären auch die deutschen Autos von einem USImportbann betroffen, hören wir aus dem Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA). Im schlimmsten Fall müssten verschiedene Fahrzeuge für die verschiedenen Märkte produziert werden.

Die Sorge: Ein pauschales Verbot von chinesischen Bauteilen in den USA könnte „schwerwiegende wirtschaftliche Folgen haben und die technologische Entwicklung verlangsamen”, sagt der VDA unserer
Kollegin Claudia Scholz. Höhere Kosten und mögliche Verzögerungen bei der Produktion von Fahrzeugen auf dem US-Markt seien eine Folge.

Die Hilfe: Das Wirtschaftsministerium versucht, sich in Amerika für die deutsche Autoindustrie einzusetzen, hören wir. Es kann sich innerhalb von 30 Tagen im Rahmen der Konsultation melden. Die Regierung von US-Präsident Joe Biden fürchtet, dass Daten über US-Fahrer und -Infrastruktur durch chinesische Unternehmen gesammelt werden. Zudem wollen die USA eine ausländische Manipulation von mit dem
Internet verbundenen Fahrzeugen und Navigationssystemen
verhindern.

Sprunginnovation in der Elektronik und in der Quantentechnologie

(HZDR) – Materialien, die extrem dünn sind und aus einer nur wenige Atomlagen dicken Schicht bestehen, versprechen zukunftsträchtige Anwendungen etwa für die Elektronik und die Quantentechnologien. Einem internationalen Team unter Leitung der TU Dresden ist mit einem Experiment am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) nun ein bemerkenswerter Fortschritt gelungen. Die Fachleute konnten in einem ultradünnen zweidimensionalen Material einen überaus schnellen Schaltprozess zwischen elektrisch neutralen und geladenen leuchtenden Teilchen hervorrufen. Das Ergebnis eröffnet neue Perspektiven für die Forschung, könnte aber auch die Grundlage für schnelle optische Datenverarbeitung und praxistaugliche Spezialdetektoren schaffen. Die Arbeitsgruppe präsentiert ihre Resultate im Fachmagazin „Nature Photonics“ (DOI: 10.1038/s41566-024-01512-0).
Zweidimensionale Halbleiter können grundsätzlich andere Eigenschaften zeigen im Vergleich zu den üblichen Volumenkristallen. Unter anderem lassen sich in ihnen sogenannte Exzitonen leichter erzeugen: Wird im Material ein Elektron, das bekanntlich negativ geladen ist, durch Energiezufuhr angeregt, kann es seinen angestammten Platz verlassen. Dabei hinterlässt es eine bewegliche Ladung – ein positiv geladenes „Loch“. Beide ziehen sich gegenseitig an und bilden gemeinsam ein Exziton, eine Art elektronisches Paar. Sollte ein weiteres Elektron in der Nähe sein, wird es vom Pärchen angezogen, um einen Dreiteilchenzustand zu bilden – in der Fachsprache Triongenannt. Das Besondere an dem Trion ist die Kombination elektrischer Ladung mit starker Lichtabstrahlung, was gleichzeitig eine elektronische und eine optische Ansteuerung erlaubt.
Schon länger sieht daher die Fachwelt in dem Wechselspiel von Exziton und Trion einen Schaltprozess, der sowohl an sich extrem spannend ist als auch in Zukunft interessante Anwendungen erlauben könnte. Tatsächlich gelang es in vielen Labors bereits, gezielt zwischen beiden Zuständen zu wechseln – bisher jedoch mit begrenzten Schaltgeschwindigkeiten. Ein internationales Team um Prof. Alexey Chernikov von der TU Dresden und HZDR-Physiker Dr. Stephan Winnerl konnte dieses Schalten nun erheblich beschleunigen. Die Arbeiten fanden im Rahmen des Würzburg-Dresden Exzellenzclusters „Komplexität und Topologie in Quantenmaterialien, ct.qmat“ statt. Daran beteiligt waren zudem Forscher*innen aus Marburg, Rom, Stockholm und Tsukuba.
Erst Einfang, dann Trennung
Für das Experiment wählten die Fachleute ein Spezialgerät am HZDR. Der Freie-Elektronen-Laser FELBE liefert intensive Terahertz-Pulse – ein Frequenzbereich, der zwischen Funkwellen und Infrarotstrahlung liegt. Bei ihrem Versuch beleuchteten sie zunächst eine einatomige, stark gekühlte Schicht aus Molybdän-Diselenid mit gepulster Lichtstrahlung. Dieses Licht erzeugte Exzitonen in dem hauchdünnen Material. Kaum entstanden, fingen sich die Exziton-Paare jeweils eines der Elektronen ein, die sich in dem 2D-Material in ausreichender Zahl tummelten – und wurden dadurch zu Trionen.
„Als wir dann Terahertz-Pulse auf das Material schossen, bildeten sich die Trionen extrem schnell zu Exzitonenzurück“, beschreibt Winnerl. „Nachweisen konnten wir das, weil Exzitonen und Trionen unterschiedliche Strahlung im nahen Infrarot abgaben.“ Entscheidend war bei dem Experiment, dass die Terahertz-Pulse die passende Frequenz besaßen, um die schwache Bindung zwischen Exziton und Elektron zu lösen – und so entstand wieder ein Paar aus nur einem Elektron und einem Loch. Bald darauf fängt dieses Exziton wieder ein Elektron ein und wird erneut zum Trion.
Die Trennung selbst verlief im Rekordtempo. Innerhalb einiger Pikosekunden – billionstel Sekunden – war die Bindung gelöst. „Das ist nahezu tausendmal schneller, als es bislang mit rein elektronischen Methoden möglich war und kann bei Bedarf mit der Terahertz-Strahlung erzeugt werden“, betont TU-Forscher Chernikov. Für die Forschung bietet das neue Verfahren interessante Perspektiven. Ein nächster Schritt könnte sein, die aufgezeigten Prozesse auf eine Vielzahl komplexer elektronischer Zustände und Materialplattformen auszuweiten. Ungewöhnliche Quantenzustände der Materie, die als Zusammenspiel vieler Teilchen entstehen, würden damit ebenso in Reichweite rücken wie Anwendungen bei Raumtemperatur.
Perspektiven für die Datenverarbeitung und Sensorik
Das Resultat könnte in Zukunft auch technische Anwendungen möglich machen, etwa in der Sensorik oder optischen Datenverarbeitung „Denkbar wäre, den Effekt als Basis für neuartige Modulatoren zu verwenden, die schneller schalten können“, erläutert Winnerl. „In Verbindung mit den ultradünnen Kristallen ließen sich auf diese Weise Bauelemente entwickeln, die sowohl extrem kompakt sind als auch optisch kodierte Informationen elektronisch steuern können.“
Ein weiteres Feld wären Anwendungen bei der Detektion technologisch wichtiger Terahertz-Strahlung inklusiver bildgebender Verfahren. „Mit den neuen Schaltprozessen in atomar-dünnen Halbleitern ließen sich vielleicht langfristig Detektoren entwickeln, die im Terahertz-Bereich arbeiten, in einem breiten Frequenzbereich einstellbar sind und sich als Terahertz-Kameras mit vielen Pixeln realisieren ließen“, schätzt Chernikov. „Schließlich sollte auch eine vergleichsweise kleine Intensität genügen, um den Schaltprozess auszulösen.“ Bei diesem Umschalten von Trion auf Exziton ändert sich nämlich das ausgestrahlte Licht im nahen Infrarot-Bereich. Das nachzuweisen und in Bilder umzuwandeln, wäre ziemlich einfach und ließe sich mit bewährter Technik bewerkstelligen.

Methanol aus der Wüste das Verfahren im Überblick

Das Verfahren im Überblick:

Vereinfacht dargestellt wird dabei zunächst wie üblich der zum Gewinnen von Wasserstoffgas notwendige Strom auf riesigen Photovoltaikflächen aus der Sonnenstrahlung produziert. Das Neue in dem weiteren Verfahren liegt darin, dass auch das notwendige Wasser aus der Luftfeuchtigkeit an Ort und Stelle extrahiert werden kann und gleichzeitig atmosphärisches CO2 mit dem über Katalysatoren das Wasserstoffgas mit dem Kohlendioxid chemisch in das flüssige grüne Methanol verwandelt wird.

Erst diese Innovation ermöglicht, dass das Ganze in Wüstenregionen erfolgen kann. Denn Wasser ist in der Wüste ein Problem. Dieses müsste aufwendig dorthin transportiert und gereinigt werden. Bisher hat kaum jemand daran gedacht, dass der Luft in den Wüstengebieten und im Ödland ausreichend Wasser aus der relativen Luftfeuchtigkeit entzogen wird. Der Obrist-Group ist es in ihrem Verfahren gelungen an Ort und Stelle nicht nur mit dem CO2 Methanol zu produzieren, sondern gleichzeitig auch der Luft mehr Kohlendioxid zu entziehen, als für die Produktion überhaupt notwendig ist.

Das heißt, der praktische Gebrauch hilft sogar den CO2-Gehalt der Atmosphäre zu verringern und unterstützt den notwendigen Klimawandel. Dieser flüssige Energieträger kann alle Fossilen wie Kohle, Erdöl oder Erdgas auf Anhieb ohne riesige Investitionen in die Infrastruktur ersetzen. Alle Transportmöglichkeiten sind aus der fossilen Welt vorhanden. Beispielsweise kann ein ehemaliger Erdöltanker unmittelbar eingesetzt werden, mit dem großen Vorteil, dass wenn dieser havariert, nicht diese schrecklichen Umweltschäden erfolgen, welche bisher beim Untergang durch das austretende Erdöl ganze Ökosysteme für Jahrzehnte zerstört haben. Auch der Antrieb aller Schiffe kann ohne große Umbauten durch das klimaschützende Methanol erfolgen. Der mit Methanol angetriebene Verbrennungsmotor arbeitet ebenfalls im höchsten Wirkungsgrad mehr als Benzin- oder Dieselmotoren. Den Verbrennungsmotor zu verbieten wäre deshalb ein extremer Fehler gewesen. Das gilt auch für Flugzeuge mit Propeller oder Turbinenantrieb.

Hinzu kommt, dass Methanol auch in herkömmlichen Dieselaggregaten ohne große Umbauten verwendet werden kann, wie gesagt es hat dann einen größeren Wirkungsgrad als Diesel. auch heute sind Autos ja ohne Probleme für Propan oder Butan.
In meinem Buch Wohlstand und Wirtschaftswachstum ohne Reihe habe ich das alles ausführlich dargestellt.

Jean Pütz

Kirigami revolutioniert unter anderem Antennen für Mobilfunk im Mikrowellenbereich

(pte) – Forscher der Drexel University und der University of British Columbia nutzen zur Entwicklung moderner Hochleistungsantennen die alte japanische Kunst des Schneidens und Faltens von Papier, Kirigami. Ziel hierbei ist die Herstellung komplizierter 3D-Designs als Vorlage für beispielsweise neue Mobilfunkantennen.

MXene-Tinte auf Zellulose-Azetat

Die Experten haben bereits demonstriert, wie aus einem Blatt Zellulose-Azetat – also einer durchsichtigen Folie, die mit einer leitfähigen Tinte auf MXene-Basis versehen ist – mit Kirigami-Technik eine flexible 3D-Antenne für Mikrowellen entsteht. Deren Übertragungsfrequenz lässt sich einfach durch Ziehen oder Zusammendrücken an die jeweilige Aufgabe anpassen.

„Damit die drahtlose Technologie Fortschritte in Bereichen wie der Softrobotik sowie der Luft- und Raumfahrt ermöglicht, müssen Antennen für eine abstimmbare Leistung und eine einfache Herstellung ausgelegt sein. Kirigami ist ein natürliches Modell für einen Fertigungsprozess, da sich komplexe 3D-Formen aus einem einzigen 2D-Materialstück einfach erstellen lassen“, so Yury Gogotsi von der Drexel-Ingenieurschule.

Mikrowellenantennen können bisher elektronisch oder durch Änderung ihrer Form neu konfiguriert werden. Das Hinzufügen der erforderlichen Schaltkreise zur elektronischen Steuerung einer Antenne erhöht jedoch ihre Komplexität. Die Antenne wird sperriger, anfälliger für Fehlfunktionen und teurer in der Herstellung. Die Kirigami-MXene-Technik überwindet diese Nachteile, heißt es.

Breites Anwendungsfeld für MXene

MXene sind eine Familie von 2D-Nanomaterialien, die Drexel-Forscher bereits 2011 entdeckt haben. Ihre physikalischen und elektrochemischen Eigenschaften lassen sich durch geringfügige Änderung ihrer chemischen Zusammensetzung an die jeweiligen Aufgaben anpassen.

MXene wurden in den vergangenen zehn Jahren häufig für Anwendungen eingesetzt, die Materialien mit präzisem physikalisch-chemischem Verhalten erfordern, wie elektromagnetische Abschirmung, Biofiltration, Energiespeicherung und der Telekommunikation. Die Kirigami-Antennen erwiesen sich als wirksam bei der Übertragung von Signalen in drei oft genutzten Mikrowellenfrequenzbändern: zwei bis vier, vier bis acht und acht bis zwölf Gigahertz, die auch für den Mobilfunk genutzt werden.

Neues Kühlsystemen auf Basis eines physikalischen elastokalorischen Effekts

(pte) – 48 Prozent effektiver als heutige Geräte ist ein Kühlsystem, das Forscher der Ingenieursschule an der Hong Kong University of Science and Technology (HKUST) entwickelt haben. Während andere Anlagen ein Kältemittel benötigen, das im ungünstigen Fall klimaschädlich ist, kommt das HKUST-Gerät ganz ohne ein solches aus. Es basiert auch nicht auf Kompression und Dekompression, sondern auf einem elastokalorischen Effekt. Ihre Forschungsergebnisse haben die Wissenschaftler vor Kurzem im Fachjournal „Nature Energy“ veröffentlicht.

Für Klimatisierung nutzbar

Wenn ein Material wie Nitinol, eine Nickel-Titan-Legierung, mechanischem Druck ausgesetzt und verformt wird, kommt es zur kristallinen Phasenumwandlung, wobei sich das Material erwärmt. Die entstehende Wärme wird über eine Wärmesenke, etwa Wasser, abgeführt, sodass das sogenannte Gedächtnismaterial sich an seine ursprüngliche Form erinnert, diese wieder einnimmt und wieder auf die Ausgangstemperatur abkühlt. Wird nun das Kraftfeld entfernt, so verringert sich die Ordnung und das Material kühlt auf einen Wert unterhalb der Ausgangstemperatur ab. Diese lässt sich zum Klimatisieren nutzen.

Dieser Effekt ist zwar schon länger bekannt, ließ sich bisher jedoch nicht in der Praxis nutzen. Die Temperaturdifferenzen waren zu gering und damit die Kühlleistung. Dieses Problem hat das Team um Sun Qingping und Yao Shuhuai gelöst, indem es mehrere dieser Systeme kaskadenförmig hintereinanderschaltete. Die erste Temperatursenkung des ersten Geräts reduzierte das nachfolgende, bis eine ausreichende Differenz erreicht war. Die Wärmesenke (Wasser) konnte so um 75 Grad erhöht werden, die sich anderweitig nutzen lassen, etwa zur Erwärmung von Brauchwasser.

Bald leistungsfähigere Legierungen

Darauf aufbauend arbeitet das Forscherteam jetzt an der Entwicklung von Hochleistungs-Formgedächtnislegierungen, die noch effektiver sind und die Kühlleistung verbessern, um die Kommerzialisierung dieser innovativen Technologie voranzutreiben. Umgekehrt lässt sich das System auch als Wärmepumpe zum Heizen einsetzen, die beispielsweise Erdwärme auf ein höheres Temperaturniveau bringt. An dieser Entwicklung arbeitet das Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik (IPM) in Freiburg.

Raumkühlung und -heizung machen 20 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs aus, Tendenz steigend angesichts des Klimawandels. „Wir sind zuversichtlich, dass die elastokalorische Kältetechnik dank der kontinuierlichen Fortschritte in der Materialwissenschaft und im Maschinenbau in Zukunft umweltfreundliche und energieeffiziente Kühl- und Heizlösungen der nächsten Generation bereitstellen kann, um den riesigen weltweiten Kältemarkt zu versorgen und die dringende Aufgabe der Dekarbonisierung und der Eindämmung der globalen Erwärmung anzugehen“, resümiert Sun.

Interessante Erklärung der Lithium-Ionen-Batterie

(pte) – Die Hersteller von Lithium-Ionen-Batterien laden sie im Werk auf, bevor sie an die Kunden weitergegeben werden. Dabei machen sie einen entscheidenden Fehler, sagt Will Chueh von der Stanford University in Kalifornien. Gemeinsam mit Kollegen vom Teilchenbeschleuniger SLAC und des Toyota Research Institute(TRI) hat er herausgefunden, dass sich die Batterielebensdauer entscheidend verlängert, wenn beim ersten Ladevorgang sehr hohe Ströme fließen.

„Eine echte Herausforderung“

Das SLAC liefert hochenergetische und extrem scharfe Röntgenstrahlen, die selbst kleinste Strukturen sichtbar machen. „Wir haben hier ein hervorragendes Beispiel dafür, wie das SLAC mithilfe der Produktionswissenschaft entscheidende Technologien für die Energiewende erschwinglicher macht. Wir meistern eine echte Herausforderung, der sich die Industrie gegenübersieht“, sagt Chueh.

Wird eine Batterie geladen, fließen die Lithiumionen in die negative Elektrode und werden dort gespeichert. Entlädt sie sich, fließen sie wieder heraus und wandern zur positiven Elektrode; dadurch wird ein Elektronenfluss ausgelöst, der E-Autos und Smartphones mit Strom versorgt. Die positive Elektrode einer neuen Batterie besteht zu 100 Prozent aus Lithium, so Xiao Cui, der leitende Forscher des Batterieinformatik-Teams in Chuehs Labor. Jedes Mal, wenn die Batterie einen Lade-/Entladezyklus durchläuft, wird ein Teil des Lithiums deaktiviert. Die Minimierung dieser Verluste verlängert die Lebensdauer der Batterie.

Verluste zahlen sich später aus

Seltsamerweise besteht eine Möglichkeit, diesen Verlust zu minimieren, darin, während der ersten Ladung der Batterie absichtlich einen Teil der ursprünglichen Lithiummenge zu verlieren, so Cui. Dieses wird zu einer Passivierungsschicht, der so genannten Festelektrolyt-Interphase (SEI), die sich während der ersten Ladung auf der Oberfläche der negativen Elektrode bildet.

Die SEI schützt die negative Grafitelektrode vor Nebenreaktionen, die den Lithiumverlust beschleunigen und die Batterie schneller altern lässt. „Die Formation ist der letzte Schritt im Herstellungsprozess. Wenn sie nicht gelingt, sind die Mühen, die bis dahin in die Batterie investiert wurden, vergeblich gewesen“, weiß Cui. Schnelles Laden am Anfang kann die Lebensdauer einer Batterie um 50 Prozent erhöhen, so die Forscher.

Wo soll Wasserstoff in Zukunft produziert werden? Mit einer Einführung von Jean Pütz

Ich wundere mich über diese Studie, die offenbar mein Buch ‚Wohlstand und ….‘ nicht gelesen haben. Aber eines muss man ihnen zugute halten: Sie haben immerhin Methanol als wichtigen Wasserstoff-Träger erkannt. Jedoch die daraus erwachsenen Chancen für eine nachhaltige Energieversorgung unseres Globus aus mir unerklärlichen Gründen vernachlässigt.

Jean Pütz

(PSI) – Forschende des Paul Scherrer Instituts PSI haben analysiert, in welchen Regionen der Welt Wasserstoff am kostengünstigsten herzustellen wäre, um eine Ökonomie aufzubauen, die auf diesem alternativen Energieträger statt auf fossilen Quellen basiert. Ein Ergebnis: Der Ersatz fossiler Energien durch Strom und Wasserstoff bedeutet keineswegs, dass keine Treibhausgasemissionen mehr auftreten. Die Studie erscheint heute in der Fachzeitschrift Nature Communications.

Die Schweiz soll bis 2050 klimaneutral werden. Das heisst, dass der Atmosphäre, um den Klimawandel zu bremsen, ab dann netto keine zusätzlichen Treibhausgase mehr hinzugefügt werden. Als ein wesentlicher Baustein, um dieses Ziel zu erreichen, gilt die Elektrifizierung von Verkehr, Industrie und Haushalten bei gleichzeitiger Umstellung auf erneuerbare Stromquellen wie Wasser, Wind und Sonne. Allerdings kann Strom nicht überall als Energielieferant dienen – für bestimmte Anwendungen ist seine Energiedichte nicht ausreichend. Wo höhere Anforderungen gestellt werden, soll Wasserstoff einspringen. Die Luftfahrt, die Landwirtschaft und die Stahlindustrie sind Beispiele für Anwendungen, bei denen durch den Einsatz von Wasserstoff – der teilweise für die Herstellung von Düngemitteln oder synthetischen Kohlenwasserstoffen verwendet wird – die Klimabelastung deutlich reduziert werden kann.

Die Forschenden um Erstautor Tom Terlouw und Projektleiter Christian Bauer vom Labor für Energiesystemanalysen des PSI haben geografische und ökonomische Daten und Prognosen zusammengestellt, um den Aufbau einer Wasserstoffökonomie in vier Szenarien zu beschreiben: Demnach wird der Wasserstoffbedarf 2050 zwischen 111 und 614 Megatonnen pro Jahr betragen – je nach Szenario: Im ersten Szenario macht die Welt weiter wie bisher und verlässt sich auf fossile Energieträger. Im vierten und optimistischsten Szenario betreibt sie konsequenten Klimaschutz und erreicht das 1,5-Grad-Ziel. Aktuell werden weltweit rund 90 Megatonnen Wasserstoff pro Jahr produziert.

Wo ist genug Platz für Elektrolyse?

Zur Herstellung von Wasserstoff existieren verschiedene Verfahren. Aktuell dominiert noch die sogenannte Methan-Dampfreformierung, bei der das Element unter Druck und Hitze aus Erdgas, Erdöl oder Kohle – also fossilen Energieträgern – gewonnen wird. Die optimistischeren Szenarien gehen davon aus, dass stattdessen zunehmend PEM-Elektrolyseure zum Einsatz kommen, also Apparate, die mit Strom und einer Polymer-Elektrolyt-Membran Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufspalten. Wenn dafür nur grüner Strom aus erneuerbaren Quellen verwendet wird, läuft das Verfahren ohne fossile Energieträger. Es verursacht bis zu 90 Prozent weniger Treibhausgase als die Methan-Dampfreformierung.

Die zentrale Frage aber war, wo auf der Erde der Wasserstoff auf diese Weise hergestellt werden sollte. «Wir haben dazu vor allem ökonomische Kriterien angelegt», sagt Tom Terlouw. «Sprich, wo ist die Produktion am günstigsten?» Und dabei stellten sich zwei Faktoren als entscheidend heraus: Wo lässt sich der enorme Bedarf an Ökostrom für die Elektrolyse am effizientesten decken, weil alternative Energieträger wie Wind und Sonne reichlich vorhanden sind? Und wo gibt es genügend geeignetes Land, um die zur Produktion notwendigen Anlagen aufzustellen?

Kanada ist ideal, die Schweiz eher nicht

Als eine der besten Regionen für die künftige Wasserstoffproduktion stellten sich zum Beispiel grosse Teile Kanadas heraus: «Dort existieren viele freie Flächen, die sehr windig und daher ideal zum Aufstellen von Windturbinen sind», sagt Terlouw. «Noch dazu gibt es viel Wasser und stabile politische Verhältnisse – zwei Kriterien, die wir jedoch in dieser Studie noch nicht näher betrachtet haben. Aber natürlich spielt auch die Verfügbarkeit von Wasser für die Elektrolyse eine Rolle und ob es sich um ein Land handelt, aus dem man zuverlässig Wasserstoff importieren kann.»

Wenn man diese Kriterien aussen vor lässt, bieten auch die zentralen USA gute Bedingungen sowie Teile Australiens, der Sahara, Nordchinas und Nordwesteuropas. Entweder weil es dort viel Sonne zur Produktion von Solarstrom gibt oder viel Wind und freie Fläche zum Aufstellen von Windenergieanlagen – und der Wasserstofffabriken. Weniger gut zur Produktion eignen sich mitteleuropäische Industrieländer wie die Schweiz oder Deutschland, weil dort kaum verfügbare Flächen für Windräder vorhanden sind und die Sonneneinstrahlung relativ gering ist. Auch andere dicht besiedelte Regionen und Länder wie Japan oder weite Küstenabschnitte der USA und Chinas könnten nur zu vergleichsweise hohen Kosten produzieren. «Wir haben da also eine gewisse Diskrepanz festgestellt zwischen Regionen mit hohem Bedarf an Wasserstoff und Regionen mit grossen, effizienten Produktionskapazitäten», resümiert Terlouw. Diese müssten eine Wasserstoffökonomie durch weltweiten Handel bewältigen, was allerdings weiteren Energieaufwand bedeutet – und politische Kooperation erfordert. Nicht zuletzt besteht der Aufwand darin, dass Wasserstoff in der Regel in gebundener Form – etwa als Ammoniak oder Methanol – transportiert wird. Denn als reines Gas nimmt er zu viel Volumen ein, und für seine deutlich kompaktere, flüssige Form muss er stark gekühlt werden.

Die ökologischen Kehrseiten grünen Wasserstoffs

Die Studie betrachtet auch weitere ökologische Nebeneffekte einer möglichen Wasserstoffökonomie, die in der Öffentlichkeit oft ausser Acht gelassen werden: «Zum einen ist es wichtig zu betonen, dass auch eine funktionierende Wasserstoffökonomie noch Restemissionen an Treibhausgasen produzieren wird», sagt Terlouw. Die Studie beziffert diese Restemissionen auf fast eine Gigatonne CO2-Äquivalenten pro Jahr. Aktuell bewegen sich die Gesamtemissionen um die 40 Gigatonnen. «Die Klimawirkung ganz auf null zu reduzieren, wird nicht möglich sein», bestätigt Christian Bauer.

Das liege vor allem daran, dass auch die Produktion und Verteilung von Wasserstoff mit Emissionen einhergeht. Zum einen geraten geschätzte 2,5 Prozent des Wasserstoffs durch Lecks und Undichtigkeiten in die Atmosphäre, wo der Wasserstoff indirekt selbst als Treibhausgas wirkt. Denn er fördert die Bildung effektiver Treibhausgase wie Methan und Ozon. Zum anderen weisen Elektrolysesysteme sogenannte graue Emissionen auf, welche bei der Herstellung und dem Transport der benötigten Materialien anfallen, selbst wenn die fertigen Anlagen letztlich mit Ökostrom betrieben werden.: «Viele Anlagen und Maschinen, die in der Wasserstoffökonomie zum Einsatz kommen, werden in Ländern hergestellt, deren Produktion auch in absehbarer Zeit noch grossenteils auf fossilen Energieträgern basiert», berichtet Terlouw. «Die meisten Solarmodule etwa stammen heutzutage aus China, wo der Strom noch überwiegend aus Kohlekraftwerken kommt.»
Wer das Ziel der Klimaneutralität ernst meint, muss solche Restemissionen ausgleichen, indem entsprechende Mengen Kohlendioxid aus der Atmosphäre gefiltert werden. Dafür böten sich Technologien wie Direct Air Capture an, bei der spezielle Apparate CO2 aus der Luft einfangen. Oder Aufforstung: Die zusätzlich wachsenden Bäume binden gewisse Mengen an Kohlenstoff aus der Luft.

Kritische Materialien

Auch weitere Umwelteffekte einer Wasserstoffökonomie jenseits des Klimas sollten laut Terlouw und Bauer Beachtung finden: In den Maschinen und Anlagen finden diverse Materialien Verwendung, die entweder selbst umweltschädlich sind oder deren Produktion die Umwelt belastet. In Windturbinen sind das etwa Dauermagnete, die auf Seltenen Erden basieren, also Metallen, deren Gewinnung in China nicht den europäischen Umweltstandards genügt. Bei der PEM-Elektrolyse kommt als Katalysator das Metall Iridium zum Einsatz, das allein schon wegen seiner Seltenheit als kritisch gilt. Und die grossen Mengen an Land und Wasser, die für die Herstellung von Wasserstoff benötigt werden, können ebenfalls einen negativen Umweltfaktor darstellen.

«Nicht zuletzt stellt sich da die grosse Frage der sozialen Akzeptanz», gibt Tom Terlouw zu bedenken. «Werden die Menschen akzeptieren, dass Küstenlandschaften zum Beispiel von grossen Wasserstoffproduktionsanlagen eingenommen werden?» In wasserarmen Gebieten müsste das Meerwasser vor der Elektrolyse zunächst entsalzt werden, was zusätzliche Energie und Land erfordert. «Solche Faktoren haben wir in dieser Arbeit noch nicht berücksichtigt», räumt Christian Bauer ein. «Dazu sollen weitere Studien folgen. Wir wollen mögliche Wege der Energiewende aufzeigen. Ob und wie konsequent wir sie dann beschreiten, ist am Ende eine gesellschaftlich-politische Frage.»

Text: Jan Berndorff