Archiv der Kategorie: Physik, Chemie, Technik

Information über seltene Erden

Die 17 Seltenen Erden, darunter 15 Metalle, die als Lanthanide bezeichnet werden, werden üblicherweise in „leichte“ und „schwere“ Gruppen unterteilt, wobei die leichten weitaus häufiger vorkommen. Leider haben die häufigsten leichten Seltenerdmetalle, Lanthan und Cer, nur einen geringen Wert. Die anderen leichten Elemente, wie Praseodym und Neodym, sind deutlich wertvoller. Neodym ist ein wichtiger Bestandteil von Permanentmagneten, die in Smartphones und Maschinen für erneuerbare Energien wie Windturbinen verwendet werden. Praseodym wird für diese Anwendungen oft mit Neodym kombiniert.

Cotruvos Labor hatte bereits ein anderes Protein, LanM, identifiziert, das sich mit hoher Spezifität an alle Seltenerdmetalle bindet. Dies geschieht auf ähnliche Weise wie bei einem Schloss-und-Schlüssel-Mechanismus, wobei das Protein das Schloss und das Seltenerdmetall der Schlüssel ist. Sie können sehr gut zwischen schweren Seltenerdmetallen unterscheiden, aber sie sind nicht gut darin, die leichten Seltenerdmetalle zu trennen. Das gelingt jedoch mit LanD. Es wird in seiner Urform vom Methylobacterium extorquens hergestellt, einem in der Natur reichlich vorkommenden Mikroorganismus. LanM trennt schwere und leichte seltene Erden. Letztere werden an LanD übergeben, das bevorzugt das wertvolle Neodym bindet.

Chinesische Software in Elektroautos

Die deutsche Autoindustrie ist aufgrund eines geplanten Gesetzes der US-Regierung alarmiert. Das US-Handelsministerium hat angekündigt, dass ab 2027 autonom fahrende und vernetzte Autos, die chinesische Software einsetzen, vom amerikanischen Markt ausgeschlossen werden sollen.

Ab 2030 soll chinesische Hardware in Autos in den USA komplett verboten werden, so der Gesetzesentwurf. Das Problem: In den Autos der deutschen Hersteller sind Software- und auch Hardwarekomponenten aus China verbaut. Somit wären auch die deutschen Autos von einem USImportbann betroffen, hören wir aus dem Verband der Deutschen Automobilindustrie (VDA). Im schlimmsten Fall müssten verschiedene Fahrzeuge für die verschiedenen Märkte produziert werden.

Die Sorge: Ein pauschales Verbot von chinesischen Bauteilen in den USA könnte „schwerwiegende wirtschaftliche Folgen haben und die technologische Entwicklung verlangsamen”, sagt der VDA unserer
Kollegin Claudia Scholz. Höhere Kosten und mögliche Verzögerungen bei der Produktion von Fahrzeugen auf dem US-Markt seien eine Folge.

Die Hilfe: Das Wirtschaftsministerium versucht, sich in Amerika für die deutsche Autoindustrie einzusetzen, hören wir. Es kann sich innerhalb von 30 Tagen im Rahmen der Konsultation melden. Die Regierung von US-Präsident Joe Biden fürchtet, dass Daten über US-Fahrer und -Infrastruktur durch chinesische Unternehmen gesammelt werden. Zudem wollen die USA eine ausländische Manipulation von mit dem
Internet verbundenen Fahrzeugen und Navigationssystemen
verhindern.

Sprunginnovation in der Elektronik und in der Quantentechnologie

(HZDR) – Materialien, die extrem dünn sind und aus einer nur wenige Atomlagen dicken Schicht bestehen, versprechen zukunftsträchtige Anwendungen etwa für die Elektronik und die Quantentechnologien. Einem internationalen Team unter Leitung der TU Dresden ist mit einem Experiment am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) nun ein bemerkenswerter Fortschritt gelungen. Die Fachleute konnten in einem ultradünnen zweidimensionalen Material einen überaus schnellen Schaltprozess zwischen elektrisch neutralen und geladenen leuchtenden Teilchen hervorrufen. Das Ergebnis eröffnet neue Perspektiven für die Forschung, könnte aber auch die Grundlage für schnelle optische Datenverarbeitung und praxistaugliche Spezialdetektoren schaffen. Die Arbeitsgruppe präsentiert ihre Resultate im Fachmagazin „Nature Photonics“ (DOI: 10.1038/s41566-024-01512-0).
Zweidimensionale Halbleiter können grundsätzlich andere Eigenschaften zeigen im Vergleich zu den üblichen Volumenkristallen. Unter anderem lassen sich in ihnen sogenannte Exzitonen leichter erzeugen: Wird im Material ein Elektron, das bekanntlich negativ geladen ist, durch Energiezufuhr angeregt, kann es seinen angestammten Platz verlassen. Dabei hinterlässt es eine bewegliche Ladung – ein positiv geladenes „Loch“. Beide ziehen sich gegenseitig an und bilden gemeinsam ein Exziton, eine Art elektronisches Paar. Sollte ein weiteres Elektron in der Nähe sein, wird es vom Pärchen angezogen, um einen Dreiteilchenzustand zu bilden – in der Fachsprache Triongenannt. Das Besondere an dem Trion ist die Kombination elektrischer Ladung mit starker Lichtabstrahlung, was gleichzeitig eine elektronische und eine optische Ansteuerung erlaubt.
Schon länger sieht daher die Fachwelt in dem Wechselspiel von Exziton und Trion einen Schaltprozess, der sowohl an sich extrem spannend ist als auch in Zukunft interessante Anwendungen erlauben könnte. Tatsächlich gelang es in vielen Labors bereits, gezielt zwischen beiden Zuständen zu wechseln – bisher jedoch mit begrenzten Schaltgeschwindigkeiten. Ein internationales Team um Prof. Alexey Chernikov von der TU Dresden und HZDR-Physiker Dr. Stephan Winnerl konnte dieses Schalten nun erheblich beschleunigen. Die Arbeiten fanden im Rahmen des Würzburg-Dresden Exzellenzclusters „Komplexität und Topologie in Quantenmaterialien, ct.qmat“ statt. Daran beteiligt waren zudem Forscher*innen aus Marburg, Rom, Stockholm und Tsukuba.
Erst Einfang, dann Trennung
Für das Experiment wählten die Fachleute ein Spezialgerät am HZDR. Der Freie-Elektronen-Laser FELBE liefert intensive Terahertz-Pulse – ein Frequenzbereich, der zwischen Funkwellen und Infrarotstrahlung liegt. Bei ihrem Versuch beleuchteten sie zunächst eine einatomige, stark gekühlte Schicht aus Molybdän-Diselenid mit gepulster Lichtstrahlung. Dieses Licht erzeugte Exzitonen in dem hauchdünnen Material. Kaum entstanden, fingen sich die Exziton-Paare jeweils eines der Elektronen ein, die sich in dem 2D-Material in ausreichender Zahl tummelten – und wurden dadurch zu Trionen.
„Als wir dann Terahertz-Pulse auf das Material schossen, bildeten sich die Trionen extrem schnell zu Exzitonenzurück“, beschreibt Winnerl. „Nachweisen konnten wir das, weil Exzitonen und Trionen unterschiedliche Strahlung im nahen Infrarot abgaben.“ Entscheidend war bei dem Experiment, dass die Terahertz-Pulse die passende Frequenz besaßen, um die schwache Bindung zwischen Exziton und Elektron zu lösen – und so entstand wieder ein Paar aus nur einem Elektron und einem Loch. Bald darauf fängt dieses Exziton wieder ein Elektron ein und wird erneut zum Trion.
Die Trennung selbst verlief im Rekordtempo. Innerhalb einiger Pikosekunden – billionstel Sekunden – war die Bindung gelöst. „Das ist nahezu tausendmal schneller, als es bislang mit rein elektronischen Methoden möglich war und kann bei Bedarf mit der Terahertz-Strahlung erzeugt werden“, betont TU-Forscher Chernikov. Für die Forschung bietet das neue Verfahren interessante Perspektiven. Ein nächster Schritt könnte sein, die aufgezeigten Prozesse auf eine Vielzahl komplexer elektronischer Zustände und Materialplattformen auszuweiten. Ungewöhnliche Quantenzustände der Materie, die als Zusammenspiel vieler Teilchen entstehen, würden damit ebenso in Reichweite rücken wie Anwendungen bei Raumtemperatur.
Perspektiven für die Datenverarbeitung und Sensorik
Das Resultat könnte in Zukunft auch technische Anwendungen möglich machen, etwa in der Sensorik oder optischen Datenverarbeitung „Denkbar wäre, den Effekt als Basis für neuartige Modulatoren zu verwenden, die schneller schalten können“, erläutert Winnerl. „In Verbindung mit den ultradünnen Kristallen ließen sich auf diese Weise Bauelemente entwickeln, die sowohl extrem kompakt sind als auch optisch kodierte Informationen elektronisch steuern können.“
Ein weiteres Feld wären Anwendungen bei der Detektion technologisch wichtiger Terahertz-Strahlung inklusiver bildgebender Verfahren. „Mit den neuen Schaltprozessen in atomar-dünnen Halbleitern ließen sich vielleicht langfristig Detektoren entwickeln, die im Terahertz-Bereich arbeiten, in einem breiten Frequenzbereich einstellbar sind und sich als Terahertz-Kameras mit vielen Pixeln realisieren ließen“, schätzt Chernikov. „Schließlich sollte auch eine vergleichsweise kleine Intensität genügen, um den Schaltprozess auszulösen.“ Bei diesem Umschalten von Trion auf Exziton ändert sich nämlich das ausgestrahlte Licht im nahen Infrarot-Bereich. Das nachzuweisen und in Bilder umzuwandeln, wäre ziemlich einfach und ließe sich mit bewährter Technik bewerkstelligen.

Methanol aus der Wüste das Verfahren im Überblick

Das Verfahren im Überblick:

Vereinfacht dargestellt wird dabei zunächst wie üblich der zum Gewinnen von Wasserstoffgas notwendige Strom auf riesigen Photovoltaikflächen aus der Sonnenstrahlung produziert. Das Neue in dem weiteren Verfahren liegt darin, dass auch das notwendige Wasser aus der Luftfeuchtigkeit an Ort und Stelle extrahiert werden kann und gleichzeitig atmosphärisches CO2 mit dem über Katalysatoren das Wasserstoffgas mit dem Kohlendioxid chemisch in das flüssige grüne Methanol verwandelt wird.

Erst diese Innovation ermöglicht, dass das Ganze in Wüstenregionen erfolgen kann. Denn Wasser ist in der Wüste ein Problem. Dieses müsste aufwendig dorthin transportiert und gereinigt werden. Bisher hat kaum jemand daran gedacht, dass der Luft in den Wüstengebieten und im Ödland ausreichend Wasser aus der relativen Luftfeuchtigkeit entzogen wird. Der Obrist-Group ist es in ihrem Verfahren gelungen an Ort und Stelle nicht nur mit dem CO2 Methanol zu produzieren, sondern gleichzeitig auch der Luft mehr Kohlendioxid zu entziehen, als für die Produktion überhaupt notwendig ist.

Das heißt, der praktische Gebrauch hilft sogar den CO2-Gehalt der Atmosphäre zu verringern und unterstützt den notwendigen Klimawandel. Dieser flüssige Energieträger kann alle Fossilen wie Kohle, Erdöl oder Erdgas auf Anhieb ohne riesige Investitionen in die Infrastruktur ersetzen. Alle Transportmöglichkeiten sind aus der fossilen Welt vorhanden. Beispielsweise kann ein ehemaliger Erdöltanker unmittelbar eingesetzt werden, mit dem großen Vorteil, dass wenn dieser havariert, nicht diese schrecklichen Umweltschäden erfolgen, welche bisher beim Untergang durch das austretende Erdöl ganze Ökosysteme für Jahrzehnte zerstört haben. Auch der Antrieb aller Schiffe kann ohne große Umbauten durch das klimaschützende Methanol erfolgen. Der mit Methanol angetriebene Verbrennungsmotor arbeitet ebenfalls im höchsten Wirkungsgrad mehr als Benzin- oder Dieselmotoren. Den Verbrennungsmotor zu verbieten wäre deshalb ein extremer Fehler gewesen. Das gilt auch für Flugzeuge mit Propeller oder Turbinenantrieb.

Hinzu kommt, dass Methanol auch in herkömmlichen Dieselaggregaten ohne große Umbauten verwendet werden kann, wie gesagt es hat dann einen größeren Wirkungsgrad als Diesel. auch heute sind Autos ja ohne Probleme für Propan oder Butan.
In meinem Buch Wohlstand und Wirtschaftswachstum ohne Reihe habe ich das alles ausführlich dargestellt.

Jean Pütz

Kirigami revolutioniert unter anderem Antennen für Mobilfunk im Mikrowellenbereich

(pte) – Forscher der Drexel University und der University of British Columbia nutzen zur Entwicklung moderner Hochleistungsantennen die alte japanische Kunst des Schneidens und Faltens von Papier, Kirigami. Ziel hierbei ist die Herstellung komplizierter 3D-Designs als Vorlage für beispielsweise neue Mobilfunkantennen.

MXene-Tinte auf Zellulose-Azetat

Die Experten haben bereits demonstriert, wie aus einem Blatt Zellulose-Azetat – also einer durchsichtigen Folie, die mit einer leitfähigen Tinte auf MXene-Basis versehen ist – mit Kirigami-Technik eine flexible 3D-Antenne für Mikrowellen entsteht. Deren Übertragungsfrequenz lässt sich einfach durch Ziehen oder Zusammendrücken an die jeweilige Aufgabe anpassen.

„Damit die drahtlose Technologie Fortschritte in Bereichen wie der Softrobotik sowie der Luft- und Raumfahrt ermöglicht, müssen Antennen für eine abstimmbare Leistung und eine einfache Herstellung ausgelegt sein. Kirigami ist ein natürliches Modell für einen Fertigungsprozess, da sich komplexe 3D-Formen aus einem einzigen 2D-Materialstück einfach erstellen lassen“, so Yury Gogotsi von der Drexel-Ingenieurschule.

Mikrowellenantennen können bisher elektronisch oder durch Änderung ihrer Form neu konfiguriert werden. Das Hinzufügen der erforderlichen Schaltkreise zur elektronischen Steuerung einer Antenne erhöht jedoch ihre Komplexität. Die Antenne wird sperriger, anfälliger für Fehlfunktionen und teurer in der Herstellung. Die Kirigami-MXene-Technik überwindet diese Nachteile, heißt es.

Breites Anwendungsfeld für MXene

MXene sind eine Familie von 2D-Nanomaterialien, die Drexel-Forscher bereits 2011 entdeckt haben. Ihre physikalischen und elektrochemischen Eigenschaften lassen sich durch geringfügige Änderung ihrer chemischen Zusammensetzung an die jeweiligen Aufgaben anpassen.

MXene wurden in den vergangenen zehn Jahren häufig für Anwendungen eingesetzt, die Materialien mit präzisem physikalisch-chemischem Verhalten erfordern, wie elektromagnetische Abschirmung, Biofiltration, Energiespeicherung und der Telekommunikation. Die Kirigami-Antennen erwiesen sich als wirksam bei der Übertragung von Signalen in drei oft genutzten Mikrowellenfrequenzbändern: zwei bis vier, vier bis acht und acht bis zwölf Gigahertz, die auch für den Mobilfunk genutzt werden.

Neues Kühlsystemen auf Basis eines physikalischen elastokalorischen Effekts

(pte) – 48 Prozent effektiver als heutige Geräte ist ein Kühlsystem, das Forscher der Ingenieursschule an der Hong Kong University of Science and Technology (HKUST) entwickelt haben. Während andere Anlagen ein Kältemittel benötigen, das im ungünstigen Fall klimaschädlich ist, kommt das HKUST-Gerät ganz ohne ein solches aus. Es basiert auch nicht auf Kompression und Dekompression, sondern auf einem elastokalorischen Effekt. Ihre Forschungsergebnisse haben die Wissenschaftler vor Kurzem im Fachjournal „Nature Energy“ veröffentlicht.

Für Klimatisierung nutzbar

Wenn ein Material wie Nitinol, eine Nickel-Titan-Legierung, mechanischem Druck ausgesetzt und verformt wird, kommt es zur kristallinen Phasenumwandlung, wobei sich das Material erwärmt. Die entstehende Wärme wird über eine Wärmesenke, etwa Wasser, abgeführt, sodass das sogenannte Gedächtnismaterial sich an seine ursprüngliche Form erinnert, diese wieder einnimmt und wieder auf die Ausgangstemperatur abkühlt. Wird nun das Kraftfeld entfernt, so verringert sich die Ordnung und das Material kühlt auf einen Wert unterhalb der Ausgangstemperatur ab. Diese lässt sich zum Klimatisieren nutzen.

Dieser Effekt ist zwar schon länger bekannt, ließ sich bisher jedoch nicht in der Praxis nutzen. Die Temperaturdifferenzen waren zu gering und damit die Kühlleistung. Dieses Problem hat das Team um Sun Qingping und Yao Shuhuai gelöst, indem es mehrere dieser Systeme kaskadenförmig hintereinanderschaltete. Die erste Temperatursenkung des ersten Geräts reduzierte das nachfolgende, bis eine ausreichende Differenz erreicht war. Die Wärmesenke (Wasser) konnte so um 75 Grad erhöht werden, die sich anderweitig nutzen lassen, etwa zur Erwärmung von Brauchwasser.

Bald leistungsfähigere Legierungen

Darauf aufbauend arbeitet das Forscherteam jetzt an der Entwicklung von Hochleistungs-Formgedächtnislegierungen, die noch effektiver sind und die Kühlleistung verbessern, um die Kommerzialisierung dieser innovativen Technologie voranzutreiben. Umgekehrt lässt sich das System auch als Wärmepumpe zum Heizen einsetzen, die beispielsweise Erdwärme auf ein höheres Temperaturniveau bringt. An dieser Entwicklung arbeitet das Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik (IPM) in Freiburg.

Raumkühlung und -heizung machen 20 Prozent des weltweiten Stromverbrauchs aus, Tendenz steigend angesichts des Klimawandels. „Wir sind zuversichtlich, dass die elastokalorische Kältetechnik dank der kontinuierlichen Fortschritte in der Materialwissenschaft und im Maschinenbau in Zukunft umweltfreundliche und energieeffiziente Kühl- und Heizlösungen der nächsten Generation bereitstellen kann, um den riesigen weltweiten Kältemarkt zu versorgen und die dringende Aufgabe der Dekarbonisierung und der Eindämmung der globalen Erwärmung anzugehen“, resümiert Sun.

Interessante Erklärung der Lithium-Ionen-Batterie

(pte) – Die Hersteller von Lithium-Ionen-Batterien laden sie im Werk auf, bevor sie an die Kunden weitergegeben werden. Dabei machen sie einen entscheidenden Fehler, sagt Will Chueh von der Stanford University in Kalifornien. Gemeinsam mit Kollegen vom Teilchenbeschleuniger SLAC und des Toyota Research Institute(TRI) hat er herausgefunden, dass sich die Batterielebensdauer entscheidend verlängert, wenn beim ersten Ladevorgang sehr hohe Ströme fließen.

„Eine echte Herausforderung“

Das SLAC liefert hochenergetische und extrem scharfe Röntgenstrahlen, die selbst kleinste Strukturen sichtbar machen. „Wir haben hier ein hervorragendes Beispiel dafür, wie das SLAC mithilfe der Produktionswissenschaft entscheidende Technologien für die Energiewende erschwinglicher macht. Wir meistern eine echte Herausforderung, der sich die Industrie gegenübersieht“, sagt Chueh.

Wird eine Batterie geladen, fließen die Lithiumionen in die negative Elektrode und werden dort gespeichert. Entlädt sie sich, fließen sie wieder heraus und wandern zur positiven Elektrode; dadurch wird ein Elektronenfluss ausgelöst, der E-Autos und Smartphones mit Strom versorgt. Die positive Elektrode einer neuen Batterie besteht zu 100 Prozent aus Lithium, so Xiao Cui, der leitende Forscher des Batterieinformatik-Teams in Chuehs Labor. Jedes Mal, wenn die Batterie einen Lade-/Entladezyklus durchläuft, wird ein Teil des Lithiums deaktiviert. Die Minimierung dieser Verluste verlängert die Lebensdauer der Batterie.

Verluste zahlen sich später aus

Seltsamerweise besteht eine Möglichkeit, diesen Verlust zu minimieren, darin, während der ersten Ladung der Batterie absichtlich einen Teil der ursprünglichen Lithiummenge zu verlieren, so Cui. Dieses wird zu einer Passivierungsschicht, der so genannten Festelektrolyt-Interphase (SEI), die sich während der ersten Ladung auf der Oberfläche der negativen Elektrode bildet.

Die SEI schützt die negative Grafitelektrode vor Nebenreaktionen, die den Lithiumverlust beschleunigen und die Batterie schneller altern lässt. „Die Formation ist der letzte Schritt im Herstellungsprozess. Wenn sie nicht gelingt, sind die Mühen, die bis dahin in die Batterie investiert wurden, vergeblich gewesen“, weiß Cui. Schnelles Laden am Anfang kann die Lebensdauer einer Batterie um 50 Prozent erhöhen, so die Forscher.

Wo soll Wasserstoff in Zukunft produziert werden? Mit einer Einführung von Jean Pütz

Ich wundere mich über diese Studie, die offenbar mein Buch ‚Wohlstand und ….‘ nicht gelesen haben. Aber eines muss man ihnen zugute halten: Sie haben immerhin Methanol als wichtigen Wasserstoff-Träger erkannt. Jedoch die daraus erwachsenen Chancen für eine nachhaltige Energieversorgung unseres Globus aus mir unerklärlichen Gründen vernachlässigt.

Jean Pütz

(PSI) – Forschende des Paul Scherrer Instituts PSI haben analysiert, in welchen Regionen der Welt Wasserstoff am kostengünstigsten herzustellen wäre, um eine Ökonomie aufzubauen, die auf diesem alternativen Energieträger statt auf fossilen Quellen basiert. Ein Ergebnis: Der Ersatz fossiler Energien durch Strom und Wasserstoff bedeutet keineswegs, dass keine Treibhausgasemissionen mehr auftreten. Die Studie erscheint heute in der Fachzeitschrift Nature Communications.

Die Schweiz soll bis 2050 klimaneutral werden. Das heisst, dass der Atmosphäre, um den Klimawandel zu bremsen, ab dann netto keine zusätzlichen Treibhausgase mehr hinzugefügt werden. Als ein wesentlicher Baustein, um dieses Ziel zu erreichen, gilt die Elektrifizierung von Verkehr, Industrie und Haushalten bei gleichzeitiger Umstellung auf erneuerbare Stromquellen wie Wasser, Wind und Sonne. Allerdings kann Strom nicht überall als Energielieferant dienen – für bestimmte Anwendungen ist seine Energiedichte nicht ausreichend. Wo höhere Anforderungen gestellt werden, soll Wasserstoff einspringen. Die Luftfahrt, die Landwirtschaft und die Stahlindustrie sind Beispiele für Anwendungen, bei denen durch den Einsatz von Wasserstoff – der teilweise für die Herstellung von Düngemitteln oder synthetischen Kohlenwasserstoffen verwendet wird – die Klimabelastung deutlich reduziert werden kann.

Die Forschenden um Erstautor Tom Terlouw und Projektleiter Christian Bauer vom Labor für Energiesystemanalysen des PSI haben geografische und ökonomische Daten und Prognosen zusammengestellt, um den Aufbau einer Wasserstoffökonomie in vier Szenarien zu beschreiben: Demnach wird der Wasserstoffbedarf 2050 zwischen 111 und 614 Megatonnen pro Jahr betragen – je nach Szenario: Im ersten Szenario macht die Welt weiter wie bisher und verlässt sich auf fossile Energieträger. Im vierten und optimistischsten Szenario betreibt sie konsequenten Klimaschutz und erreicht das 1,5-Grad-Ziel. Aktuell werden weltweit rund 90 Megatonnen Wasserstoff pro Jahr produziert.

Wo ist genug Platz für Elektrolyse?

Zur Herstellung von Wasserstoff existieren verschiedene Verfahren. Aktuell dominiert noch die sogenannte Methan-Dampfreformierung, bei der das Element unter Druck und Hitze aus Erdgas, Erdöl oder Kohle – also fossilen Energieträgern – gewonnen wird. Die optimistischeren Szenarien gehen davon aus, dass stattdessen zunehmend PEM-Elektrolyseure zum Einsatz kommen, also Apparate, die mit Strom und einer Polymer-Elektrolyt-Membran Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufspalten. Wenn dafür nur grüner Strom aus erneuerbaren Quellen verwendet wird, läuft das Verfahren ohne fossile Energieträger. Es verursacht bis zu 90 Prozent weniger Treibhausgase als die Methan-Dampfreformierung.

Die zentrale Frage aber war, wo auf der Erde der Wasserstoff auf diese Weise hergestellt werden sollte. «Wir haben dazu vor allem ökonomische Kriterien angelegt», sagt Tom Terlouw. «Sprich, wo ist die Produktion am günstigsten?» Und dabei stellten sich zwei Faktoren als entscheidend heraus: Wo lässt sich der enorme Bedarf an Ökostrom für die Elektrolyse am effizientesten decken, weil alternative Energieträger wie Wind und Sonne reichlich vorhanden sind? Und wo gibt es genügend geeignetes Land, um die zur Produktion notwendigen Anlagen aufzustellen?

Kanada ist ideal, die Schweiz eher nicht

Als eine der besten Regionen für die künftige Wasserstoffproduktion stellten sich zum Beispiel grosse Teile Kanadas heraus: «Dort existieren viele freie Flächen, die sehr windig und daher ideal zum Aufstellen von Windturbinen sind», sagt Terlouw. «Noch dazu gibt es viel Wasser und stabile politische Verhältnisse – zwei Kriterien, die wir jedoch in dieser Studie noch nicht näher betrachtet haben. Aber natürlich spielt auch die Verfügbarkeit von Wasser für die Elektrolyse eine Rolle und ob es sich um ein Land handelt, aus dem man zuverlässig Wasserstoff importieren kann.»

Wenn man diese Kriterien aussen vor lässt, bieten auch die zentralen USA gute Bedingungen sowie Teile Australiens, der Sahara, Nordchinas und Nordwesteuropas. Entweder weil es dort viel Sonne zur Produktion von Solarstrom gibt oder viel Wind und freie Fläche zum Aufstellen von Windenergieanlagen – und der Wasserstofffabriken. Weniger gut zur Produktion eignen sich mitteleuropäische Industrieländer wie die Schweiz oder Deutschland, weil dort kaum verfügbare Flächen für Windräder vorhanden sind und die Sonneneinstrahlung relativ gering ist. Auch andere dicht besiedelte Regionen und Länder wie Japan oder weite Küstenabschnitte der USA und Chinas könnten nur zu vergleichsweise hohen Kosten produzieren. «Wir haben da also eine gewisse Diskrepanz festgestellt zwischen Regionen mit hohem Bedarf an Wasserstoff und Regionen mit grossen, effizienten Produktionskapazitäten», resümiert Terlouw. Diese müssten eine Wasserstoffökonomie durch weltweiten Handel bewältigen, was allerdings weiteren Energieaufwand bedeutet – und politische Kooperation erfordert. Nicht zuletzt besteht der Aufwand darin, dass Wasserstoff in der Regel in gebundener Form – etwa als Ammoniak oder Methanol – transportiert wird. Denn als reines Gas nimmt er zu viel Volumen ein, und für seine deutlich kompaktere, flüssige Form muss er stark gekühlt werden.

Die ökologischen Kehrseiten grünen Wasserstoffs

Die Studie betrachtet auch weitere ökologische Nebeneffekte einer möglichen Wasserstoffökonomie, die in der Öffentlichkeit oft ausser Acht gelassen werden: «Zum einen ist es wichtig zu betonen, dass auch eine funktionierende Wasserstoffökonomie noch Restemissionen an Treibhausgasen produzieren wird», sagt Terlouw. Die Studie beziffert diese Restemissionen auf fast eine Gigatonne CO2-Äquivalenten pro Jahr. Aktuell bewegen sich die Gesamtemissionen um die 40 Gigatonnen. «Die Klimawirkung ganz auf null zu reduzieren, wird nicht möglich sein», bestätigt Christian Bauer.

Das liege vor allem daran, dass auch die Produktion und Verteilung von Wasserstoff mit Emissionen einhergeht. Zum einen geraten geschätzte 2,5 Prozent des Wasserstoffs durch Lecks und Undichtigkeiten in die Atmosphäre, wo der Wasserstoff indirekt selbst als Treibhausgas wirkt. Denn er fördert die Bildung effektiver Treibhausgase wie Methan und Ozon. Zum anderen weisen Elektrolysesysteme sogenannte graue Emissionen auf, welche bei der Herstellung und dem Transport der benötigten Materialien anfallen, selbst wenn die fertigen Anlagen letztlich mit Ökostrom betrieben werden.: «Viele Anlagen und Maschinen, die in der Wasserstoffökonomie zum Einsatz kommen, werden in Ländern hergestellt, deren Produktion auch in absehbarer Zeit noch grossenteils auf fossilen Energieträgern basiert», berichtet Terlouw. «Die meisten Solarmodule etwa stammen heutzutage aus China, wo der Strom noch überwiegend aus Kohlekraftwerken kommt.»
Wer das Ziel der Klimaneutralität ernst meint, muss solche Restemissionen ausgleichen, indem entsprechende Mengen Kohlendioxid aus der Atmosphäre gefiltert werden. Dafür böten sich Technologien wie Direct Air Capture an, bei der spezielle Apparate CO2 aus der Luft einfangen. Oder Aufforstung: Die zusätzlich wachsenden Bäume binden gewisse Mengen an Kohlenstoff aus der Luft.

Kritische Materialien

Auch weitere Umwelteffekte einer Wasserstoffökonomie jenseits des Klimas sollten laut Terlouw und Bauer Beachtung finden: In den Maschinen und Anlagen finden diverse Materialien Verwendung, die entweder selbst umweltschädlich sind oder deren Produktion die Umwelt belastet. In Windturbinen sind das etwa Dauermagnete, die auf Seltenen Erden basieren, also Metallen, deren Gewinnung in China nicht den europäischen Umweltstandards genügt. Bei der PEM-Elektrolyse kommt als Katalysator das Metall Iridium zum Einsatz, das allein schon wegen seiner Seltenheit als kritisch gilt. Und die grossen Mengen an Land und Wasser, die für die Herstellung von Wasserstoff benötigt werden, können ebenfalls einen negativen Umweltfaktor darstellen.

«Nicht zuletzt stellt sich da die grosse Frage der sozialen Akzeptanz», gibt Tom Terlouw zu bedenken. «Werden die Menschen akzeptieren, dass Küstenlandschaften zum Beispiel von grossen Wasserstoffproduktionsanlagen eingenommen werden?» In wasserarmen Gebieten müsste das Meerwasser vor der Elektrolyse zunächst entsalzt werden, was zusätzliche Energie und Land erfordert. «Solche Faktoren haben wir in dieser Arbeit noch nicht berücksichtigt», räumt Christian Bauer ein. «Dazu sollen weitere Studien folgen. Wir wollen mögliche Wege der Energiewende aufzeigen. Ob und wie konsequent wir sie dann beschreiten, ist am Ende eine gesellschaftlich-politische Frage.»

Text: Jan Berndorff

Drama von Bayer mit Monsanto war vorauszusehen – Mit einer Einführung von Jean Pütz

Über Facebook und persönliche Mails habe ich Bayer frühzeitig vor diesem Deal gewarnt. Aber der Wunsch von Bayer durch die Übernahme von Monsanto Weltmarktführer in Sachen konventionelle Landwirtschaft zu werden, hat möglicherweise eine Pleite von Bayer zur Folge.

Ihr Jean Pütz

(Pioneer) – Noch 57.000 offene Glyphosat-Klagen lasten auf dem deutschen Traditionskonzern – und es könnten mehr werden. Eine umstrittene Strategie soll zum Befreiungsschlag werden. Doch die Erfolgsaussichten sind ungewiss.

Es geht wieder los. Anwaltskanzleien in den USA nehmen erneut Millionen US-Dollar in die Hand, um potenzielle Opfer des Glyphosat haltigen Unkrautvernichters Roundup über das Fernsehen zu finden und für eine Klage zu motivieren. Ihr Versprechen: Hoher Schadensersatz von Bayer.

Neun Millionen US-Dollar gaben US-Anwälte für TV-Spots im vergangenen Jahr aus. „Call The number on your screen now, don’t wait”, heißt es in den Spots. Im ersten Halbjahr dieses Jahres lagen die Ausgaben schon bei rund fünf Millionen US-Dollar, wie exklusive Auswertungen der amerikanischen Analyseplattform X Ante für The Pioneer zeigen.

Die Bayer AG wird das Glyphosat-Problem, das es mit der Übernahme des US-Konzerns Monsanto gleich mit übernommen hat, nicht los. Die US-Klageindustrie erhöht ihren Druck auf Bayer weiter – und treibt den Leverkusener Traditionskonzern in die Defensive. Wie The Pioneer erfuhr, arbeitet der Vorstand nun aber an einer neuen Strategie, um der Lage Herr zu werden. Die Taktik: smart. Die Erfolgsaussichten: ungewiss. Sollte der Deal gelingen, wäre Bayer in der Offensive – und das Klageproblem mit einem Mal erledigt.

Noch aber geht die juristische Angriffswelle auf Bayer weiter. Gingen die Werbeausgaben der Glyphosat-Anwälte seit 2020 zunächst zurück, stiegen sie 2023 wieder sprunghaft an. Seit 2015 bis heute wurden von US-Anwaltskanzleien schätzungsweise 145 Millionen Dollar für etwa 720.000 Fernsehwerbespots ausgegeben.

Roundup, der in den USA marktführende Unkrautvernichter, ist damit das Produkt, das in den vergangenen neun Jahren am häufigsten in TV-Spots von Anwälten auftauchte, die Klienten für Massenklagen ausfindig machen wollen.

Der deutsche Dax-Konzern Bayer übernahm die Monsanto Company 2018 mitsamt ihrem Verkaufsschlager Roundup und erbte damit das enorme Klagerisiko. Bayers CEO Bill Anderson hat die Massenklagen bei der diesjährigen Hauptversammlung als „existenzielles” Risiko für sein Unternehmen bezeichnet.

Ein Branchenkenner sagt, die Kanzleien, die Roundup-Werbung schalten, hätten nur ein geringes Interesse daran, die Fälle vor Gericht zu bringen. Die Anwälte seien auf hohe Vergleichssummen aus, „das sei das Geschäftsmodell.”

Regelmäßig kontaktieren die Kanzleien den Bayer-Konzern, um ihn von Forderungen ihrer Klienten wissen zu lassen – in der Hoffnung auf einen Vergleich. 170.000 solcher Forderungen wurden Bayer seit der Monsanto-Übernahme übermittelt, 113.000 wurden bereits verglichen. 57.000 Fälle sind jedoch noch offen. Jeder Fall ist eine potenzielle Klage, die noch nicht vor Gericht gelandet ist.

Die Rechtsanwälte verdienen auf Erfolgsbasis, sie bekommen in der Regel ein Viertel bis ein Drittel des Erlöses. Dafür legen sie die Rechtskosten für die potenziellen Opfer aus. Bisher haben die Anwaltsfirmen gut an der Klagewelle gegen Monsanto verdient und machen weiter.

Mehr als zehn Milliarden Euro hat Bayer seit der Übernahme für Vergleiche mit den über hunderttausend Klägern ausgegeben und mehr als sechs Milliarden Euro für weitere Klagen zurückgestellt. Das ist zusammen in etwa soviel wie in Forschung und Entwicklung von Bayers Agrarsparte seit der Monsanto-Übernahme flossen.

Innerhalb von Andersons ersten Jahr im Amt hat der Aktienkurs weitere 50 Prozent eingebüßt. Der frühere Pharmamanager konnte bisher keine Euphorie an der Börse verbreiten, auch weil er keine nachhaltige Lösung für das Klage-Disaster präsentierte.

Portfoliomanager Markus Manns bei Union Investment, einem der größten Einzelinvestoren von Bayer, sagt:

Die Rechtsstreitigkeiten und Unsicherheiten wegen Glyphosat sind das größte Problem für den Bayer-Konzern.

Offiziell hat Anderson angekündigt, man ziehe alle Mittel in Betracht, um der Lage wieder Herr zu werden. Hinter den Kulissen verfolgt der Daxkonzern in den USA eine konkrete Strategie und hat bereits Maßnahmen eingeleitet, erfuhr The Pioneer aus Aufsichtsratskreisen.

Monsanto als Bad Bank
Zur Ausgangslage ist wichtig zu wissen: Die Monsanto Company blieb nach der Übernahme in Höhe von 63 Milliarden US-Dollar durch Bayer als US-Unternehmen bestehen und wurde an die Bayer Crop Science LP mit Sitz in Saint Louis, Missouri angegliedert – mit Bayer Nordamerika als oberster Muttergesellschaft.

Bei Monsanto liegen noch rund 80 Prozent der Vermögenswerte des US-Agrargeschäfts von Bayer Nordamerika, zum Beispiel in Form von Pflanzenschutzpatenten.

Derzeit werden Vermögenswerte wie Patente aus der Monsanto Company abgezogen und in eine von Klagen unbelastete US-Gesellschaft von Bayer übertragen, heißt es aus Kreisen des Kontrollgremiums.

Die Monsanto Company, bei der die noch offenen 57.000 Roundup-Forderungen liegen, soll nach der Verschiebung der werthaltigen Assets zur Bad Bank werden. Man habe vor, die Gesellschaft unter Kapitel 11 des US-Insolvenzrechts in die Insolvenz gehen zu lassen. Damit solle ein Schlussstrich unter die Klagen gezogen werden, sagt eine mit der Angelegenheit vertraute Person.

Meldet eine US-Firma Insolvenz nach Kapitel 11 an, werden die Kläger zu Gläubigern, die vor dem Konkursgericht einen Vergleich suchen müssen.

Die Bayer-Pläne ähneln einem umstrittenen juristischen Manöver in den USA, das sich „Texas Two-Step“ nennt. Dabei werden Unternehmen in zwei getrennte Firmen aufgespalten. Während die Vermögenswerte in der einen Gesellschaft verbleiben, wird die rechtliche Haftung auf die andere Gesellschaften übertragen, die danach in die Insolvenz geht.

Bereits im vergangenen Jahr hatte Jeffrey Ubben, ein aktivistischer Bayer-Investor und neues Mitglied im Aufsichtsrat des Konzerns gefordert:

Wir sollten uns das Texas Two-Step, wie es Johnson & Johnson praktiziert hat, mal ansehen. Macht das Sinn? Ist es hier anwendbar?

Bayer habe den Vorteil, dass seine Gesellschaften für diese Praxis bereits existieren, heißt es von mit der Angelegenheit vertrauten Personen. Dadurch spare der Konzern Zeit und könne schon jetzt mit dem Plan beginnen.

Man wolle sich nicht aus der Verantwortung stehlen, aber man sehe es als eine Art Notwehr an, heißt es aus Kreisen des Kontrollgremiums. Die Klagen in den USA seien allein über Begehrlichkeiten, und nicht wissenschaftliche Fakten, getrieben. Eine reiche deutsche Firma, die eine US-Firma mit umstrittenem Ruf übernimmt: Da gebe es viel zu holen, sei das Credo der US-Anwälte.

Texas Two Step: Zweifel an Legitimität
Allerdings ist unklar, ob die Gerichte ein Konkursverfahren der Bayer-Tochter durchgehen lassen würden. Denn die Insolvenzverfahren sind normalerweise ein Mittel für Unternehmen in finanzieller Schieflage.

Der deutsche, in New York tätige Rechtsanwalt Moritz Schumann sagt:

Es ist noch nicht abschließend geklärt, ob Texas Two-Step ein legitimes Mittel ist, Verbindlichkeiten und das finanzielle Risiko durch Massenklagen zu beschränken.

Bisher gab es nur eine Handvoll Fälle. „Das ist eine extrem umstrittene Praxis, die teilweise durchgegangen ist, teilweise abgewiesen wurde und über die noch gestritten wird. Man könne die Praxis „als Notwehr des Unternehmens, aber auch als Rechtsmissbrauch betrachten.”

Der US-Pharmakonzern Johnson & Johnson wandte die Praxis an, um den Massenklagen wegen angeblich mit Asbest verseuchtem Babytalkpuder zu entgehen. Zweimal wurde der Insolvenzantrag bisher abgewiesen. Nach derzeitigem Stand will J&J es ein weiteres Mal probieren.

Der amerikanische Insolvenzrechter Ralph Brubaker sagte im Interview mit The Pioneer:

Es gibt nichts, was Unternehmen davon abhalten könnte, diese Strategie auszuprobieren, denn die Vorteile sind für sie sehr groß, wenn die Strategie erfolgreich ist.

Die Strategie – sollte sie praktikabel sein – sei insbesondere für solvente Unternehmen attraktiv, denn sie ermöglicht es, durch eine letztmalige Zahlung alle Verpflichtungen aus laufenden Massenklagen zu beenden und neue Klagen nicht mehr bedienen zu müssen.

Es würde sonst Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern, um alle Schadensansprüche vollständig zu regeln. Die Schadenersatzklagen gegen J&J wegen des Babypuders laufen beispielsweise bereits seit 2015.

Aber selbst wenn die Insolvenz selbst nicht genehmigt wird, kann die Unsicherheit über den Verfahrensausgang bereits die Motivation der Anwälte für neue Klagen reduzieren, so die Hoffnung der betroffenen Unternehmen.

Brubaker resümiert:

Letztendlich ist das Verfahren eine Möglichkeit für die Anteilseigner eines Unternehmens, den Wert zu steigern, möglicherweise auf Kosten der Anspruchsberechtigten.

Bayer: Mehr Lobbyarbeit in den USA
Bayer wird auch außerhalb der Gerichtssäle aktiv und intensiviert seine Lobbyarbeit. Der Konzern erhofft sich „größere Rechtssicherheit dafür zu bekommen, dass ein von der US-Umweltbehörde EPA als sicher und nicht-krebserregend eingestuftes Produkt nicht vor Gericht von der amerikanischen Klageindustrie angegriffen werden kann”.

Denn derzeit befindet sich Bayer noch in einer rechtlichen Misere: Die Kläger werfen der Tochter Monsanto vor, auf den Packungen des Unkrautvernichters nicht ausreichend vor den Krebsrisiken von Glyphosat zu warnen.

Die US-Gesundheitsbehörde EPA wiederum verbot Bayer und anderen Pflanzenschutzherstellern bereits 2019, dass sie ihre Produkte mit dem Hinweis kennzeichnen, Glyphosat sei als krebserregend bekannt.

Denn die EPA stuft Glyphosat als unbedenklich für den Menschen ein – wie andere führende europäische Behörden beispielsweise die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA). Um den US-Klägern Wind aus den Segeln zu nehmen, hat Bayer Glyphosat als Wirkstoff dennoch vom Privatkundenmarkt in den USA genommen.

Für die Kanzleien und ihre Geldgeber sei immer die Frage: Investieren sie in einen Rechtsstreit oder sind andere Schadensersatzklagen potenziell lukrativer? Bayer tue alles dafür, dass die Kanzleien den Roundup-Rechtsstreit weniger lukrativ finden, heißt es aus Unternehmenskreisen.

Ausblick
Bayer braucht einen Ausweg, denn langfristig könnten die Rechtskosten das Budget für künftige Innovationen aufzehren.

Damit stünden auch die Innovationen bei Agrar und Pharma auf dem Spiel. In der Agrarsparte Crop Science sind immerhin zehn neue Produkte bis 2030 geplant, die künftig für Umsatzwachstum im dreistelligen Millionenbereich sorgen sollen, darunter ein vielversprechendes Nachfolge-Produkt für Roundup.

Frank Terhorst, der Strategieleiter von Bayer Crop Science ist trotz der hohen Klage-Kosten zuversichtlich. Im The Pioneer-Interview sagt er:

Die angekündigten Innovationen sind fest eingeplant und wir werden liefern.

Ein weiteres Erbe der Monsanto-Übernahme: Die Nettoverschuldung von Bayer hat sich mittlerweile auf 34 Milliarden Euro erhöht. Die Schulden sind auch ein Grund für den großen Stellenabbau, den CEO Anderson angekündigt hat. Mit den Stellenkürzungen sollen ab 2026 zwei Milliarden Euro jährlich eingespart werden.

Das Umstrukturierungsprogramm komme einem Kahlschlag gleich, heißt es aus Kreisen des Aufsichtsrats. 50 Prozent der Führungskräfte sollen entlassen werden. In zwei Jahren sei die Firma dadurch jedoch gut aufgestellt.

Investoren wie Union Investment vermissen allerdings eine langfristige Wachstumsperspektive für den gesamten Konzern. Für eine Trendwende beim Aktienkurs müsste es Bayer schaffen, nicht nur die Klagerisiken in den USA einzudämmen, sondern auch „dem Kapitalmarkt Wachstumsperspektiven und Lösungen für die schwache Pharma-Pipeline aufzuzeigen”, sagt Markus Manns.

Die Entwicklung des Gerinnungshemmer Asundexian, auf den die Bayer-Führung große Hoffnungen gesetzt hatte, floppte. Nun sollen immerhin zwei neue Medikamente Bayers Pharmasparte künftig nach vorne bringen: ein nicht-hormonelles Wechseljahrepräparat und ein Prostatakrebsmedikament.

Auch eine Aufspaltung sei nicht vom Tisch, sagt Manns. Eine Option, die Bayer durch die Monsanto-Übernahme eigentlich hatte verhindern wollen. Bayer-Chef Anderson hat zwar eine Zerschlagung abgelehnt, aber Manns sagt:

Die Frage nach der richtigen Konzernstruktur stellt sich weiter.

 

 

Stromspeicher auf dem Meeresgrund geplant

(pte) – Das israelische Start-up BaroMar baut vor der Küste Zyperns auf dem Meeresgrund einen neuen Stromspeicher, der sich an einem Konzept des Fraunhofer-Instituts für Energiewirtschaft und Energiesystemtechni  orientiert. An Land werden große Stahlbetontanks zum Bestimmungsort geschleppt. Dort laufen sie voll mit Meerwasser, sinken auf den Grund und werden dort durch Felsbrocken in einem Käfig auf dem Tank fixiert. Über ein Rohr sind sie mit dem Festland verbunden.

Dort befindet sich ein reversibler Turbogenerator. Er kann im Motormodus Luft in den Tank pumpen, sodass das Wasser herausgedrückt wird. Wird Strom benötigt, öffnen sich Ventile, die das Wasser in den Tank zurückströmen lassen und die darin befindliche Luft mit hohem Druck herauspressen. Diese strömt in den Turbogenerator und erzeugt dort Strom. Dieser Zyklus lässt sich beliebig oft wiederholen.

Tanks für vier Megawattstunden

Laut BaroMar-Gründer Yonadav Buber lassen sich die Stromspeicher problemlos installieren, weil sie die Schifffahrt nicht behindern. Sie würden in Tiefen von bis zu 700 Metern verankert. Auch die Küsten selbst würden kaum beeinträchtigt – der Turbogenerator benötige lediglich ein kleines Gebäude. Lärm dringe nicht nach außen. Für Zypern plant er mehrere Tanks, die vier Megawattstunden speichern können. Die Kosten sollen mit 100 Dollar pro Megawattstunde niedriger sein als bei anderen Stromspeicherlösungen.

Buber betont, dass die benötigten technologischen Komponenten ausgereift sind und keiner umfangreichen Entwicklung bedürfen, im Gegensatz zu anderen neuen Technologien zur Langzeitspeicherung von Energie. Er weist darauf hin, dass die wichtigsten Herausforderungen, die zwischen dem Pilotprojekt und dem kommerziellen Einsatz liegen, lediglich rechtliche und technische Anforderungen im Zusammenhang mit dem Meer sind.