Archiv der Kategorie: Politik Gesellschaft

Der Jugend ins Gästebuch – früher war nicht alles besser

Heute mal etwas zum Nachdenken …

Stell dir vor, du wärst 1900 geboren.
Wenn du 14 bist, beginnt der Erste Weltkrieg und dieser endet mit 18 Millionen Toten.

Kurz darauf tötet eine weltweite Pandemie, die spanische Grippe, 50 Millionen Menschen. Du kommst lebend raus und unversehrt, bist 20.

Mit 29 überlebst du die globale Wirtschaftskrise, die mit dem Zusammenbruch der New Yorker Börse begann und Inflation, Arbeitslosigkeit und Hungersnot hervorruft.

Mit 33 kommen die Nazis an die Macht.
Du bist 39, wenn der Zweite Weltkrieg beginnt und er endet mit 45 Jahren. Während des Holocaust sterben 6 Millionen Juden. Es werden insgesamt über 60 Millionen Tote geben.

Wenn du 52 bist beginnt der Korea-Krieg.

Mit 64 beginnt der Vietnamkrieg und endet mit 75

Ein Kind, das 1985 geboren wurde, glaubt, dass seine Großeltern keine Ahnung haben, wie schwierig das Leben ist, aber sie haben mehrere Kriege und Katastrophen überstanden.

Ein 1995 geborenes und heute 25 jähriges Kind glaubt, dass es das Ende der Welt sei, wenn sein Amazon-Paket mehr als drei Tage dauert, bis es ankommt –  oder sein Foto nicht mehr als 15 ′′ Likes ′′ bekommt, das auf Facebook oder Instagram gepostet wurde…

2020 leben viele von uns in Komfort, haben Zugang zu mehreren Unterhaltungsquellen zu Hause und können dank staatlicher Hilfen eine neue Pandemie friedlich überleben.

Aber die Leute beschweren sich, weil sie mehrere Wochen lang zu Hause bleiben müssen. Sie haben doch Strom, Telefon, Essen, heißes Wasser und ein Dach am Kopf.

Nichts davon gab es früher. Doch die Menschheit hat viel schlimmere Umstände überstanden und niemals ihre Lebensfreude verloren.

Und seit Tagen beschweren wir uns, weil wir Masken tragen müssen, um in Supermärkte zu kommen, einkaufen, öffentliche Verkehrsmittel zu nehmen…

Vielleicht ist es an der Zeit, weniger egoistisch zu sein, aufzuhören zu jammern und zu weinen.

Autor unbekannt ′

Nutzt China Corona, um sich die Perlen der deutschen Wirtschaft zu greifen?

(Business Insider) – In einer neuen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) warnt der Ökonom Jürgen Matthes davor, dass chinesische Investoren deutsche Firmen kaufen, um in den Schlüsseltechnologien aufzuholen. Gerade auch in der Corona-Krise.

China-Expertin Agatha Kratz vom Forschungsinstitut Rhodium hält dagegen. Sie glaubt, dass nur ein kleiner Teil der Investitionen ein hohes Risiko berge.

Die deutsche Bundesregierung ist jedenfalls gewarnt. Und verschärft die Regeln.

Seit die Kommunistische Partei Chinas ihre Strategie „Made in 2025″ verkündet hat, ist klar: Bis zur Mitte des 21. Jahrhunderts will die Volksrepublik zur globalen Industriemacht Nummer eins aufsteigen. Auf dem Weg dorthin möchte Peking in zehn Schlüsseltechnologien investieren.

Dafür kaufen chinesische Investoren auch ausländisches Know-how ein. Sie beteiligen sich etwa an deutschen Firmen oder übernehmen diese ganz. Der bisher wohl bekannteste Fall ist der des Augsburger Roboterherstellers Kuka, den 2016 die chinesische Midea-Gruppe übernahm.

Die Corona-Krise, fürchten Wirtschaftskreise, könnte es chinesischen Investoren jetzt noch leichter machen. Das könnte vor allem dann zutreffen, wenn Staatshilfen für geschwächte deutsche Firmen austrocknen und sich dann Investoren aus Fernost finanzkräftiger und großzügiger erweisen als andere.

Verfolgen Chinas Investoren andere Ziele als Gewinn?
In einer neuen Studie warnt Jürgen Matthes, Ökonom am Institut der Wirtschaft (IW). Es gebe zahlreiche Indizien, dass technologisches Wissen aus Deutschland abfließe. China versuche so, industriepolitisch aufzuholen. Gerade in der Coronakrise bestehe die Gefahr, dass die Volksrepublik gezielt finanziell in Not geratene, aber durchaus innovative Firmen in Industrieländern übernehme.

Für seine Analyse hat Matthes ökonomische Arbeiten aus den USA und der EU ausgewertet, eigene Beobachtungen ergänzt und eine Unternehmensumfrage aus dem Jahr 2018 hinzugefügt.

Eines seiner zentralen Ergebnisse: Chinesische Staatsunternehmen übernehmen deutsche Firmen vorwiegend in den zehn von China festgelegten technologischen Schlüsselbranchen. Darunter fallen etwa die Autoindustrie, Biomedizin/Medizintechnik, Maschinenbau und Robotik, vor allem aber auch Informations-, Kommunikations- und Elektrotechnik.

Matthes verweist auf eine Studie des Münchner Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo. Demnach erwerben chinesische Investoren im Vergleich zu anderen Käufern Unternehmen, die tendenziell größer, patentreicher, höher verschuldet und damit weniger profitabel sind. „Die geringe Rentabilität könnte darauf hindeuten, dass andere als reine Gewinnziele verfolgt werden“, schreibt er. Sprich: politisch-strategische auf Kosten etwa Deutschlands.

Daimler nutzt China-Connection
Matthes befürchtet, dass ein staatlich gesteuertes, schnelles Aufholen Chinas in den Industrieländern zu Wohlstandsverlusten führen könnte, auch wenn dies theoretisch und empirisch derzeit nicht eindeutig zu belegen sei. Doch wie groß ist die Gefahr der chinesischen Aufkauf-Politik für Deutschland wirklich?

„Es ist nicht immer schwarz und weiß“, sagt Agatha Kratz, China-Expertin des Forschungsinstituts Rhodium. „Deutsche Firmen bekommen dank chinesischer Aktionäre oder Investoren auch den Zutritt zum chinesischen Markt.“

Kratz verweist auf den Fall des zweitgrößten deutschen Autobauers Daimler. Dort wurde der Milliardär Li Shufu, Gründer des chinesischen Autobauers Geely, 2019 größter Einzelaktionär. Seitdem arbeiten Daimler und Geely eng zusammen. Das bringt dem deutschen Autohersteller klare Vorteile in der Volksrepublik, dem größten Automarkt der Welt.

Kratz hat selbst zu Chinas Aufkauf-Politik in Europa geforscht. „Chinesische Investitionen im Ausland haben eine klare Gewinnabsicht“, sagt sie. Aber: Die Politik lenke sie über staatliche Anreize gezielt in Branchen mit Schlüsseltechnologien oder -industrien.

„Die wertvollsten Güter in Deutschland und Europa sind nun mal Technologien und Industrien“, sagt Kratz. „Wenn Unternehmen in China das Gefühl haben, dass diese Türen offen stehen, dann nutzen sie das natürlich auch aus.“

Kratz findet chinesische Investitionen prinzipiell nicht verwerflich. Zu verstärkter Achtsamkeit rät sie aber vor allem dort, wo es auch dank kräftiger Hilfen der chinesischen Politik zu einem Technologietransfer kommen könne.

Insbesondere Chinas Staatshilfen hält auch IW-Ökonom Matthes für problematisch. Er wirft dem Land „Wettbewerbsverzerrung“ vor. Wenn es um Übernahmen ausländischer Unternehmen gehe, profitierten chinesische Firmen von erleichtertem Kapital- und Devisenzugang, von Steuererleichterungen und Versicherungen, führt er aus. So könnten sich chinesische Investoren im Preiskampf mit westlichen Konkurrenten einen Vorteil verschaffen.

Deutschland versucht Chinas Aufkäufe einzubremsen
Deutschland versucht spätestens seit Kuka dagegenzuhalten. Die Bundesregierung verhinderte etwa im Herbst 2018 den Kauf des Übertragungsnetzbetreibers 50 Hertz durch chinesische Investoren. Stattdessen sprang die staatliche Förderbank KfW ein. Zudem erschwerte die Bundesregierung erst diesen Juni noch weiter Investitionen aus Drittstaaten in heimische Unternehmen, die für strategisch wichtig erachtet werden.

Trotzdem rät Matthes zu Vorsicht. Er erinnert, dass Deutschland im vergangenen Jahrzehnt auf dem europäischen Kontinent das wichtigste Übernahmeziel für chinesische Investoren gewesen sei. Allein im zweiten Halbjahr 2019 investierten Chinesen insgesamt 4,2 Milliarden Dollar in die Bundesrepublik, wie eine Studie der Unternehmensberatung Ernst & Young (EY) zeigt.

Dass chinesische Investoren jetzt die Corona-Krise nutzten, um Deutschland auszukaufen, glaubt China-Expertin Kratz allerdings nicht. Vielmehr deuteten die Zahlen zu den chinesischen Auslandsinvestitionen etwas ganz Anderes an. Demnach haben chinesische Investoren im ersten Quartal 2020 so wenig im Ausland investiert wie seit fast zehn Jahren nicht mehr.

Wie wir unsere Wirtschaft retten: Deutschland droht die Corona-Sklerose

Mit Milliardenhilfen den Absturz der Wirtschaft verhindern zu wollen, reicht nicht aus.

Die Krise beschleunigt die Digitalisierung der Wirtschaft und den Strukturwandel. Wer gut ausgebildet ist, kann sich anpassen und neue Chancen nutzen. Die Corona-Pandemie hat die Bemühungen um Bildung und Ausbildung vor allem junger Menschen aber erheblich beeinträchtigt. Kitas und Schulen waren monatelang geschlossen. Wie lange der Unterricht auf Sparflamme laufen wird, ist noch unklar, aber es kann dauern, bevor Normalität einkehrt. Gerade Kinder und Jugendliche aus bildungsfernen Familien werden dadurch zurückgeworfen.

Wettbewerb und freier Marktzutritt sind zentrale Voraussetzungen für Innovationen und Wachstum. Da viele kleine und mittlere Unternehmen in der Krise Eigenkapital verloren haben, das sie nur schwer ersetzen können, besteht die Gefahr, dass die Dominanz einzelner großer Firmen weiter wächst und der Wettbewerb verfällt. Das würde einen Trend verstärken, der in vielen Ländern bereits vor der Krise Probleme bereitete. Wachsende Marktmacht führt zu weniger Innovationen, sinkendem Wirtschaftswachstum und wachsender Ungleichheit, weil Monopolgewinne nur wenigen zugutekommen und die Mehrheit belasten.

Risiken ergeben sich auch aus politischen Veränderungen. Viele Unternehmen erhalten in der Krise Kredite und Eigenkapitalhilfen vom Staat. Das ist notwendig, weil private Kapitalmärkte kurzfristig gestört sind. Es gilt aber, zu verhindern, dass es zu einer Welle von Verstaatlichungen kommt, die nach der Krise Wettbewerb und unternehmerisches Handeln blockieren. Verstaatlichte Unternehmen unterliegen immer dem Risiko, dass ihre Geschäftspolitik von politischen Interessen beeinflusst wird. Gleichzeitig wächst für die Politik die Versuchung, staatseigene Firmen vom Wettbewerb abzuschirmen. Notwendiger Strukturwandel wird so gelähmt.

Der exportorientierten deutschen Wirtschaft wird es zu schaffen machen, dass viele Schwellenländer besonders hart von der Corona-Krise getroffen sind. Sie werden als Kunden für deutsche Exportgüter nicht mehr die Rolle einnehmen, die sie vor der Krise hatten. Hinzu kommt die wachsende Neigung zu Protektionismus, besonders der schwelende Handelskrieg zwischen den USA und China. Wenn protektionistische Politik die Unternehmen zwingt, Wertschöpfungsketten zu verkürzen und internationale Arbeitsteilung einzuschränken, werden Kosten und Preise steigen, während das Wachstum sinkt.

Ein nicht zu unterschätzendes Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung liegt in einer veränderten Haltung der Bürger gegenüber dem Staat. In der Krise erscheint der Staat vielen als allmächtige Institution, die wirtschaftliche Probleme jeder Art ausgleichen kann. Der Privatsektor wirkt demgegenüber schwach und anfällig. Deshalb steigen die Erwartungen, vom Staat versorgt zu werden, während die Kritik an der marktwirtschaftlichen Ordnung wächst. Dabei wird leicht übersehen, dass der Staat nur verteilen kann, was Unternehmen und ihre Beschäftigten erwirtschaftet haben. Wohlstand entsteht durch Erfindungsgeist und die Bereitschaft, zu arbeiten, zu investieren, und unternehmerische Risiken einzugehen. Es ist deshalb wichtig, die Grenzen staatlichen Handelns in der Wirtschaft im Blick zu behalten. Um den Weg aus der Corona-Krise erfolgreich zu bestreiten, ist es erforderlich, den Blick wieder stärker auf die mittel- bis langfristigen Voraussetzungen für Wachstum und Beschäftigung zu richten, ohne die Folgen der Krise zu vergessen.

Dieser Text ist ein Vorabdruck aus dem Buch „Wie wir unsere Wirtschaft retten“ von Ifo-Präsident Clemens Fuest. Darin gibt er unter anderem zehn Empfehlungen, wie Wirtschafts- und Finanzpolitik eine Corona-Sklerose in Deutschland verhindern könnte. „Wie wir unsere Wirtschaft retten“ erscheint am 15. Juli im Aufbau Verlag.

Grundlagenforschung, Voraussetzung für die umweltfreundliche Entwicklung der Technik der Zukunft

Diese Mitteilung der Konrad Adenauer Stiftung bezüglich der Grundlagenforschungs-Initiative der EU möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. Wie wichtig ich diese persönlich empfinde, können Sie an meiner Antwort ersehen, die ich den Verfassern dieser Meldung auf deren Wunsch zurückgesendet habe.

Vier Empfehlungen zur Zukunft des Europäischen Forschungsrats
(KAS) – Der Europäische Forschungsrat ist eine Erfolgsgeschichte. Allerdings ist seine Zukunft nicht zuletzt wegen herausfordernder EU-Budgetverhandlungen und des Brexit in Gefahr.

Der Europäische Forschungsrat (ECR) fördert seit 2007 grundlagenorientierte Forschung in der EU. Er ist eine echte Erfolgsgeschichte: Seit Bestehen wurden über 10.000 Vorhaben gefördert, von denen viele zu bahnbrechenden neuen Erkenntnissen führten. Allerdings ist die Zukunft des ERC nicht zuletzt wegen herausfordernder EU-Budgetverhandlungen und des Brexit in Gefahr. Unser Analysen & Argumente ist ein Plädoyer dafür, den Europäischen Forschungsrat auch gerade unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft zu stärken.

› Der Europäische Forschungsrat (European Research Council, ERC) ist eine global sehr renommierte Forschungsfördereinrichtung der Europäischen Union.

› Obwohl es den ERC erst seit 2007 gibt, haben ERCGeförderte bereits sieben Nobelpreise, vier Fields-Medaillen und fünf Wolf-Preise erhalten – die weltweit höchsten Forschungsauszeichnungen.

› Trotz seiner großen Erfolge steht der ERC vor Herausforderungen: die schwierigen Budgetverhandlungen zu Horizon Europe, der Brexit und ein Streit um die Leitprinzipien Exzellenz und Themenoffenheit.

› Die EU muss jetzt den ERC durch ein ambitioniertes Budget stärken, das klare Profil des ERC (Exzellenzprimat, Freiräume für themenoffene Spitzenforschung) sichern und die Partnerschaften zu den forschungsstarken Ländern Großbritannien und Schweiz erhalten.

› Deutschland kommt hierbei eine besondere Verantwortung zu: als EU-Mitgliedsstaat, der stark auf Forschung als Zukunftsmotor setzt und seit Juli 2020 die EU-Ratspräsidentschaft übernommen hat.

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Kluge Gedanken zum Corona-Sommer 2020

(Westermann) – Das Corona-Virus wirkt wie ein Beschleuniger, der eigentlich längst bekannte Schwachstellen offenlegt. Die Kaufhaus-Schließungswelle setzt den stationären Handel und die Innenstädte unter Stress. Das Verbot von Großveranstaltungen, die Auflagen für Clubs, Großveranstaltungen, Gastronomie und viele Kulturinstitutionen bremsen Unterhaltung und Kulturgenuss aus.

In den Krisen, die wir kennen, flüchteten sich die Menschen in die Kultur, kamen auf andere und auf neue Gedanken. Auslandsreisen sind schwierig geworden und so verbringen Millionen von Menschen, die auf Mikroreisen kaum vorbereitet sind, den Sommer in ihrer Heimatregion. Tagesbesucher überrennen die geschrumpften Kapazitäten. Und nicht nur das ‚Wegebier‘ erobert den öffentlichen Raum. Vor allem den Jungen ist langweilig in einer dümpelnden Krisensituation voller Ungereimtheiten. Konflikte entzünden sich aus geringsten Anlässen. Trauer und Wut brechen sich Bahn und lassen Situationen eskalieren. Die Ordnungskräfte müssen den Rücken hinhalten. Ob man die Konflikte nun groß redet oder klein, sie stehen auf der Tagesordnung und lassen sich kaum verdrängen.

Wer den viel beschworenen Zusammenhalt fördern will, muss Verantwortung übernehmen. Es braucht neue Begegnungsformen und Veranstaltungsformate, die den Bedürfnissen der unterschiedlichen Zielgruppen gerecht werden und die aufgestaute Energie ins Positive wenden. In einer solchen Situation können sich öffentliche Verwaltungen nicht auf die Rolle von ebenfalls betroffenen Dienstleistern zurückziehen sondern sie stehen in der Pflicht, im Sinne des Gemeinwohls zu agieren. Corona ist mehr als eine Zumutung, es ist der Ernstfall, in dem sich zeigen muss, was unser Gemeinwesen wert ist. Da steht viel Vertrauen auf dem Spiel.

Zugleich sind in Deutschland Hunderttausende von Kreativen und Künstlern ohne Beschäftigung. Sie allein als Fälle der Fürsorge zu behandeln, zeugt von mangelndem Respekt und lässt die wichtigsten Kapazitäten zur Krisenbewältigung ungenutzt: Kreativität, Improvisation und Innovation. Sie könnten im Auftrag der Kommunalverwaltungen Projekte entwickeln, die der Krise ihren zerstörerischen Charakter nehmen.

In meinem Aufruf ‚Öffnet die Museen‘ hatte ich vorgeschlagen, dass die Museen Aufträge zu ihrer Digitalisierung vergeben oder sich als Orte neu erfinden, an denen Künstler tätig werden. Für öffentliche Plätze hat westermann kommunikation den ‚Corona Times Square‘ konzipiert, der den Nöten und Ängsten, der Trauer und der Wut ein Forum gibt, das zum Gespräch und nicht nur zu moralischen Vorwürfen und sinnlosen Konfrontationen ermuntert. Wir brauchen eine andere Zuhör- und Gesprächskultur.

In der letzten Woche wurden von der Veranstaltungsbranche rund 9000 Gebäude in rotes Alarmlicht getaucht. Diese bundesweite Aktion zeigt die Potenz, die im Augenblick brachliegt, obwohl sie dringend nötig wäre, um die Polarisierung und Fragmentierung der Gesellschaft in konstruktive Bahnen zu lenken. Die Stuttgarter Krawallnacht zeigt deutlich, dass bei uns Einiges im Argen liegt auch jenseits von Corona. Jugendkrawalle waren auch in der Vergangenheit immer Reaktionen auf eine Stadtpolitik, der es nicht gelingt, Vielfalt, Freiräume, Nischen und Nutzungsmischungen zu verteidigen. Die unsichtbare Hand des Marktes führt systematisch dazu, dass sich nicht unbedingt das Richtige sondern nur ökonomisch Erfolgreiches durchsetzt bis es in seiner Gleichartigkeit und Konformität die Nachfrage selbst zusammenbrechen lässt. Der reine Markt scheitert auf Dauer an seinem eigenen Erfolg. An einem solchen Punkt stehen vielleicht viele Innenstädte jetzt, die zu lange auf dem ‚Einkaufen‘ als einzig wünschenswerter Verhaltensform festgehalten haben. Auch hier ist die Stunde der Kultur, gekommen sich einzumischen und Vielfalt wiederherzustellen. Es ist letztlich auch gut für das Wiederankurbeln des Geschäftes und für die Antwort auf die Frage aller Fragen, wovon wir leben wollen.

Immobilieninvestitionen könnten im wohl verstandenen eigenen Interesse überdacht werden, um zukunftsfähiger zu werden. Auch dazu haben wir einen Vorschlag gemacht, das renovierungsbedürftige Gutenberg-Museum in Mainz, an einen benachbarten Karstadt-Standort zu verlegen. Das sind nur Beispiele, um Handlungsfähigkeit zurück zu gewinnen und nicht zum Opfer zu werden.

Die Kulturinstitutionen mit den größten Budgets mussten sich in der Konkurrenz untereinander immer stärker spezialisieren und Höchstleistungen vollbringen, um den immensen Aufwand zu legitimieren in Quoten, in Aufmerksamkeit in der Presse oder bei Sponsoren. Das hat zu einem Institutionen-Egoismus geführt, der die Symbiose mit der umgebenden Gesellschaft zu wenig im Blick hat. Das Coronavirus verändert jetzt die Erfolgskriterien. Es rückt viel stärker den Kulturgenuss der Einzelnen ins Zentrum, die Notwendigkeit neue, taugliche Orte zu erschließen und neue Verbindungen zu anderen städtischen Playern zu suchen. Aus diesen Kooperationen können neue Impulse entstehen, die zu einem anderen Selbstverständnis von Leistungsfähigkeit und Erfolg führen.

Das Coronavirus ist eben kein verflixter Albtraum, aus dem wir aufwachen und dann ist alles wie vorher. Es sind gewaltige Veränderungen im Gange, die zu neuen Konzentrationen führen, Marktmächte fundamental verändern und neue Monopole bilden können. Diese Veränderungen treffen zuerst die Ärmeren, sie werden aber auch nicht Halt machen vor denen, die sich heute noch auf der sicheren Seite wähnen.

Der amerikanische Anthropologe Jared Diamond hat dazu geforscht, warum in der Geschichte der Menschheit manche Gesellschaften überlebten und andere untergingen. Die verallgemeinerbare Hauptursache des Niedergangs war die mangelnde Lernfähigkeit der Menschen. Ob das für unsere überalterte und ermüdete Gesellschaft eine gute oder schlechte Nachricht ist, überlasse ich Ihnen…

Helmut Maternus Bien

China realisiert Magnet-Schwebebahn-Netz in Süd-Ost-Asien

Ein Magnetschnellbahn-Testfahrzeug für den Höchstgeschwindigkeitsverkehr, das für eine Betriebsgeschwindigkeit von bis zu 600 km/h ausgelegt ist, hat am 21. Juni 2020 erfolgreich seinen ersten Testlauf auf einer Versuchsstrecke der Tongji-Universität in Shanghai absolviert. China betrachtet dies als einen wichtigen Durchbruch bei seinem Entwicklungsprogramm für Magnetschnellbahnsysteme. Dieses neue Bahnsystem kann als direkte Weiterentwicklung der deutschen Magnetbahntechnologie Transrapid angesehen werden, der leider eine Erstanwendung in Deutschland aus politischen und industriellen Gründen versagt blieb.

In China soll nach dem Flughafenzubringer in Pudong bis zum Jahr 2025 eine neue 500 Kilometer lange Magnetschnellbahnstrecke in den kommerziellen Betrieb gehen. Die Höchstgeschwindigkeitsstrecke Shanghai-Hangzhou ist Bestandteil des Mehrjahresplanes für 10 Supertransportprojekte . Dieses Projekt einer Magnetschnellbahn dürfte also bald Wirklichkeit werden. Nach seiner Fertigstellung im Jahr 2025 werden die Bürger von Hangzhou das Zentrum von Shanghai in 20 Minuten erreichen können. Es ist geplant, die Magnetschnellbahnstrecke über Hangzhou nach Ningbo zu verlängern.

Der Anblick eines einzelnen, autonom fahrenden Mittelwagens ist sicherlich ein ungewöhnlicher Anblick für Eisenbahningenieure, zeigt aber den entscheidenden technologischen Unterschied des Rad/Schiene-Systems zur Magnetschwebebahn mit Langstatorantrieb auf: der Antrieb liegt im Fahrweg.

Die Entwicklung einer Magnetschnellbahn mit einer Betriebsgeschwindigkeit von 600 km/h ist ein Schlüsselprojekt in Chinas „Advanced Rail Transit“-Programm, das vom Ministerium für Wissenschaft und Technologie im Jahr 2016 initiiert wurde. Das Projektteam, in dem eines der weltweit größten Bahnindustrieunternehmen, die CRRC Qingdao Sifang Co., Ltd. für den technischen Teil verantwortlich ist, hat Experten aus mehr als 30 Unternehmen, Universitäten und Forschungsinstituten integriert. Eine wissenschaftliche Zusammenarbeit mit deutschen Universitäten und der deutschen Bahnindustrie unterstützt diese Entwicklung. Im Jahr 2019 wurde die Magnetschnellbahn als eine Schlüsseltechnologie für die langfristige Zukunft Chinas in das Programm „Outline for the Construction of a Powerful Country“ aufgenommen.

Worum ging es bei dem Test?
Der Versuch am 21. Juni 2020 ist der erste dynamische Fahrbetrieb eines Prototypfahrzeugs auf der Magnetschwebebahn-Teststrecke in Shanghai und markiert einen großen Schritt vorwärts gegenüber den bisherigen statischen Versuchen. Der Testlauf lieferte eine große Zahl an wichtigen Daten und bewies die prinzipielle Einsatzfähigkeit der neuen Fahrzeugentwickung. Der Test ist eine Grundlage für die weitere Entwicklung und Optimierung des nächsten Testfahrzeugs für das Magnetschnellbahnprojekt im Höchstgeschwindigkeitsbereich.
Den chinesischen Ingenieuren des Forschungs- und Entwicklungsteams des CRRC Qingdao Sifang zufolge zeigte die Magnetschnellbahnsektion während des Tests eine stabile Schwebeleistung und einen einwandfreien Betriebszustand. Der nächste Schritt ist die Industrialisierung der weiterentwickelten Magnetschnellbahntechnologie.

Chinesisches Einsatzfeld:
Die chinesischen Verkehrsforscher erwarten, dass eine 600 km/h schnelle Höchstgeschwindigkeits-Magnetschnellbahn die Geschwindigkeitslücke zwischen Flugzeug und Bahn schließt und dazu beiträgt, ein effizienteres und flexibleres Verkehrssystem aufzubauen. Magnetschnellbahnen können kurze Fahrzeiten mit höchster Sicherheit, Zuverlässigkeit, hoher Fahrgastkapazität, großer Pünktlichkeit und niedrigen Wartungskosten kombinieren.

Zu viele Feinde der offenen Gesellschaft – Mit einer Bemerkung von Jean Pütz

Den Anfangsworten von Gabor Steingart in seiner ‚Morning Briefing vom 23.06.2020 möchte ich mich intensiv anschließen. Leider versucht auch die sonst lesenswerte linksorientierte `TAZ` sich mit Äußerungen wie z. B. die Polizei in den Bereich von Müllabfall zu katapultieren auf dem Gebiet der Verunglimpfung. Sie ist leider damit nicht allein, gleiches geschieht in der extremen Rechten und noch viel schlimmer in der noch freien Gesellschaft der USA mit ihrem Präsidenten Donald Trump, der sich permanent auf dem Niveau der halbstarken Jugend rund um die 16jährigen bewegt.

Ihr Jean Pütz

(Morning Briefing) – Die Meinungsfreiheit ist ein so hohes Gut, dass man sie nicht allein ihren Verteidigern überlassen darf. Wer bewusst das Unsagbare sagt, wer in böser Absicht die sprachliche Entgleisung pflegt, wer – um mit Peter Sloterdijk zu sprechen – „die Einspritzung mentaler Infektionen“ als Geschäftsmodell betreibt, um an den Börsen der Aufmerksamkeitsökonomie eine Kursrally auszulösen, der missbraucht alle Gutgläubigen als menschliches Schutzschild.

„Die Würde des Menschen ist unantastbar“, heißt es im Grundgesetz – und das nicht zufällig an erster Stelle. Die „taz“-Kolumnistin Hengameh Yaghoobifarah, die Polizisten auf Abfallhalden entsorgen möchte.

Der Satiriker Jan Böhmermann, der den türkischen Präsidenten des Kindesmissbrauchs bezichtigte …

… und AfD-Veteran Alexander Gauland, der die industrielle Vernichtung der europäischen Juden als „Vogelschiss“ der Geschichte bezeichnete, haben jeder auf seine Art den Zentralwert unserer Verfassung – die Würde des Anderen – mit Füßen getreten.

Sie spielen mit kühl kalkulierter Vorsätzlichkeit die Freiheit der Meinung gegen die Würde des Menschen aus, wissend, dass in der Wüste der Würdelosigkeit die Freiheit nicht gedeihen kann. Sie verlassen sich darauf, dass ihre Gegner sie verteidigen, und sei es nur deshalb, um ihnen nicht ähnlich zu werden.

Der gute Demokrat hört zu, aber hasst nicht. So haben wir es gelernt. Seine Waffe sei das Wort, nicht der Polizeiknüppel. „Ungehindert, robust und offen“ soll der öffentliche Diskurs geführt werden, wie es in einem richtungsweisenden Urteil des U.S. Supreme Court von 1964 heißt, das sich mit der „New York Times“ befasste.

Die Meinungsfreiheit wird auch von deutschen Verfassungsrechtlern als „unbequemes“ Grundrecht klassifiziert, das selbst Meinungen schützt, die wir zutiefst ablehnen.

Es war Ralf Dahrendorf, der auf der „Tendenzwende“-Konferenz im November 1974 sagte, „dass ein richtiger Gedanke, bis zum Extremen getrieben, gerade diejenigen Möglichkeiten zerstört, die er eigentlich eröffnen sollte.“ Genau das ist der Meinungsfreiheit im Westen passiert.

Ins Extreme getrieben, bringt sie Unverständliches und Unwürdiges, oder wie im Fall von Yaghoobifarah, Böhmermann und Gauland geschehen, auch Unbeseeltes hervor. Die Meinungsfreiheit wurde hier als Freibrief für das Abscheuliche und wie im Fall der drei vorher genannten auch als Freibrief für das objektiv Falsche missbraucht. Zuweilen wird die offene Gesellschaft nicht durch ihre Feinde, sondern durch ihre Freunde bedroht. Oder anders ausgedrückt: Wer die Meinungsfreiheit auch im Falle ihres Missbrauchs verteidigt, hat sie im Grunde verraten.

 

Zu viele Feinde der offenen Gesellschaft – Mit einer Bemerkung von Jean Pütz

Den Anfangsworten von Gabor Steingart in seiner ‚Morning Briefing vom 23.06.2020 möchte ich mich intensiv anschließen. Leider versucht auch die sonst lesenswerte linksorientierte `TAZ` sich mit Äußerungen wie z. B. die Polizei in den Bereich von Müllabfall zu katapultieren auf dem Gebiet der Verunglimpfung. Sie ist leider damit nicht allein, gleiches geschieht in der extremen Rechten und noch viel schlimmer in der noch freien Gesellschaft der USA mit ihrem Präsidenten Donald Trump, der sich permanent auf dem Niveau der halbstarken Jugend rund um die 16jährigen bewegt.

Ihr Jean Pütz

Den Corona-Leugnern ins Gästebuch: Die Verhältnisse in der Fleischindustrie bringen es an den Tag

(Morning Briefing) – Das Coronavirus hat medizinische, ökonomische und zunehmend auch politische Folgen. Denn US-Präsident Donald Trump und seine deutschen Anhänger versuchen, die Lockdown-Maßnahmen in Gänze als Fehler zu diskreditieren. Das neue Narrativ erzählt die Geschichte eines Irrtums.

Trump sagte in der Nacht zu Sonntag bei einer Kundgebung im US-Bundesstaat Oklahoma, der ersten Kundgebung dieser Art seit Ausbruch der Corona-Krise:

Wenn man in diesem Ausmaß testet, wird man mehr Menschen finden, man wird mehr Fälle finden, also habe ich meinen Leuten gesagt: ,Verlangsamt bitte die Tests.‘“

Doch die Volatilität des Infektionsgeschehens zeigt, dass die Pandemie keineswegs als beendet gelten darf. Nach dem Corona-Ausbruch beim ostwestfälischen Fleischverarbeiter Tönnies ist die Zahl der Infizierten auf 1331 gestiegen. In den vier Krankenhäusern im Landkreis Gütersloh werden derzeit 21 Covid-19-Patienten stationär behandelt. Davon liegen sechs Personen auf der Intensivstation, zwei von ihnen müssen beatmet werden.

► Da auch an zwei anderen Hotspots verstärkt Neuinfektionen aufgetreten sind, schnellt der 4-Tage-R-Faktor nach oben und steht jetzt dem Robert-Koch-Institut zufolge bei 2,88. 100 Infizierte stecken damit 288 neue Personen an. Wie in einem Schneeballsystem steigen die Fallzahlen bei solch einem Exponentialwachstum rasant.

►Die Meldekette von den örtlichen Ärzten über die Gesundheitsämter bis zur schnellen Eingreiftruppe des Robert-Koch-Instituts hat im Fall Tönnies schon mal nicht funktioniert. Nahezu 14 Tage brauchten die Gesundheitsämter in NRW, um die Eingreiftruppe aus Berlin anzufordern, die deshalb erst am Wochenende eintraf.

► Bis heute ist unklar, ob die schlechten Arbeitsbedingungen oder die katastrophalen Wohnverhältnisse, womöglich aber auch die niedrigen Temperaturen in der Fleischverarbeitung für den schnellen Ausbruch verantwortlich sind. Auch die Frage, ob das Virus aus NRW stammt oder durch osteuropäische Gastarbeiter eingeschleppt wurde, ist bei der richtigen Strategie zur Gefahrenabwehr nicht uninteressant.

Da die Fallzahlen in Deutschland insgesamt auf niedrigem Niveau liegen, muss ein erhöhter R-Faktor noch kein Drama bedeuten. Aber er besitzt das Potenzial für eine spätere Dramatisierung.

Dass Deutschland eine zweite Welle bevorsteht, ist nicht ausgemacht. Aber eben auch nicht ausgeschlossen. Heute Vormittag wird Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mit seinen Beratern, darunter der Präsident des Robert-Koch-Instituts, diskutieren, was zu tun ist.

Gabor Steingart

Deutschland seine Wettbewerbsfähigkeit – ein Wissenschaftliches Ranking aus der Schweiz

(Wirtschaftswoche) – In Sachen Wettbewerbsfähigkeit kommt der Wirtschaftsstandort Deutschland seit Jahren nicht so wirklich vom Fleck. Das zeigt die aktuelle Rangliste der Schweizer Hochschule IMD, die insgesamt 63 entwickelte Volkswirtschaften untersucht hat. Wie schon im vergangenen Jahr liegt Deutschland im internationalen Vergleich auf Platz 17 der wettbewerbsfähigsten Länder. In den letzten sechs Jahren hat sich das Land laufend verschlechtert, 2014 belegte es noch den sechsten Platz im IMD-Wettbewerbs-Ranking.

Ganz oben steht der asiatische Stadtstaat Singapur und Dänemark, gefolgt von der Schweiz, den Niederlanden, Hongkong und Schweden. Die Weltwirtschaftsmacht USA, die im Vorjahr noch auf Rang drei stand, verliert sieben Plätze und schafft es somit gerade noch in die Top 10. Auch China musste im vergangenen Jahr einiges an Wettbewerbsfähigkeit einbüßen: Die größte Volkswirtschaft der Welt rutscht auf Platz 20 ab – gegenüber 2019 hat sich das Land um ganze sieben Ränge verschlechtert.

Für ihre Analyse messen die Ökonomen des IMD (International Institute for Management Development), die Wettbewerbsfähigkeit der Länder in vier verschiedenen Bereichen: Wirtschaftsleistung („economic performance“), Effizienz des Regierungshandelns („government efficiency“), unternehmerische Effizienz („business efficiency“) und Infrastruktur.

n die erste Kategorie fallen makroökonomische Kennzahlen wie zum Beispiel das BIP pro Kopf, Arbeitslosigkeit oder Direktinvestitionen. Die Regierungseffizienz untersucht inwieweit öffentliche Finanzen, Fiskalpolitik sowie Steuer- und Rechtssysteme wettbewerbsfördernd sind, die unternehmerische Effizienz analysiert die Produktivität, Profitabilität und Innovationskraft der Betriebe. Im Bereich der Infrastruktur beurteilt das Institut Transport, Bildungs- und Gesundheitssysteme der Länder aber auch den Zugang zu neuen Technologien.

Insgesamt messen 235 verschiedene Indikatoren sowohl „harte“ statistisch erhobene Wirtschaftsdaten als auch „weiche“ Ergebnisse aus einer eigenen Befragung von verantwortlichen Managern. Die Umfragewerte fließen zu einem Drittel in die finale Rangliste mit ein und beinhalten die Einschätzung der Führungskräfte zum gesellschaftlichen Zusammenhalt, Gleichberechtigung oder Korruption.

Seit 1989 veröffentlicht das Forschungsinstitut aus Lausanne das Ranking, seit 2015 ist Christos Cabolis Chefvolkswirt am IMD. Im Gespräch mit der Wirtschaftswoche verrät der Ökonom, was hinter der festgefrorenen Platzierung Deutschlands steckt und wie die Corona-Pandemie die Wettbewerbsfähigkeits-Rangliste 2021 verändern wird

WirtschaftsWoche: Herr Cabolis, Deutschland liegt in der aktuellen IMD-Rangliste der wettbewerbsfähigsten Länder wie auch vergangenes Jahr auf Rang 17. Stagniert die deutsche Wirtschaft?
Christos Cabolis: Deutschland hat sich gegenüber dem Vorjahr in zwei der von uns untersuchten Disziplinen verbessert, aber auch in zwei verschlechtert: In der Effizienz des Regierungshandelns und im Bereich der Infrastruktur ist das Land zurückgefallen, liegt aber absolut gesehen mit den Rängen 5 und 11 immer noch relativ weit vorn. Die Effizienz der Unternehmen hat sich seit 2019 leicht verbessert. Bei der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit hat das Land ganze vier Plätze gutgemacht. Als Treiber sind hier insbesondere die Beschäftigung, der internationale Handel und die ausländischen Investitionen zu nennen, die sich im vergangenen Jahr alle zum positiven entwickelt haben. Um sich im gesamten Wettbewerbsranking zu verbessern, hätte Deutschland allerdings auch einen Aufwärtstrend in den anderen beiden Kategorien gebraucht.

Dieser bleibt aber seit Jahren aus. Seit 2016 hat sich Deutschland im Bereich der Regierungseffizienz fast laufend verschlechtert und insgesamt fünf Plätze verloren. Woran liegt das?
Die größte Schwachstelle Deutschlands ist nach wie vor die hohe Abgabenlast. Beim Steuersatz auf Unternehmensgewinne liegt das Land auf Platz 56 von 63 Ländern, beim effektiven persönlichen Einkommenssteuersatz auf Platz 55. Außerdem ist das Steuersystem zu kompliziert. Das hat sich auch in unserer Befragung der Führungskräfte gezeigt. Viele stellen das Modell, wie der Staat seine Finanzen verwaltet, infrage und wünschen sich eine grundlegende, ökonomische Reform. Insgesamt landet Deutschland in unserem Ranking bei der Steuerpolitik daher nur auf Platz 58.

Dafür gibt es hierzulande auch eines der besten Sozialsysteme der Welt…
Das stimmt. In Deutschland ist vor allem das Gesundheitssystem sehr gut bewertet. Hier liegt das Land auf Platz sechs und das spiegelt sich auch in seinem Human Development Index wider: Die Kennzahl, die unter anderem die Lebenserwartung bei der Geburt oder das Bildungsniveau erfasst, ist die vierthöchste in unserer Auswertung. Auch bei der Qualität von Forschungseinrichtungen und Universitäten belegt Deutschland Platz vier. Das alles kommt natürlich auch indirekt den Unternehmen zugute, indem sie zum Beispiel von gesunden oder qualifizierten Arbeitskräften profitieren. Daher darf man eine hohe Abgabenlast an sich nicht von vornherein als schädigend für die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes bewerten. Fast alle Staaten, die in unserem Ranking im Bereich der sozialen Sicherungssysteme gut abschneiden, liegen bei der Frage, wie unternehmensfreundlich das Steuersystem ist, deutlich abgeschlagen – zumeist sogar im unteren Drittel der Rangliste. Man muss die Abgabenlast also immer auch im Verhältnis zu den vom Staat erbrachten Leistungen sehen.

Ländern wie die Schweiz scheint es aber zu gelingen, ein gutes Bildungs- und Gesundheitssystem mit wettbewerbsfördernder Steuerpolitik zu vereinbaren. In Ihrer Rangliste zählt das Land in beiden Kategorien zu den Top 5. Warum klappt das in Deutschland nicht? 
Die Schweiz glänzt seit Jahren mit einer unglaublichen Effizienz im Regierungshandeln. Das Land verfügt über die beste Bonität in unserem Ranking und bei der Verwaltung der Staatsfinanzen belegt es Platz zwei. Der Staatshaushalt wird also besonders sorgfältig geplant und Steuergelder sowie sonstige Einnahmen effizient umverteilt. Außerdem ist das Vorgehen der Regierung sehr transparent und das Risiko für politische Instabilität wird als sehr gering eingestuft. Auch bei diesen beiden Faktoren belegt das Land den zweiten Platz. Die Tatsache, dass die Schweiz eine direkte Demokratie ist, kommt dem Land in Sachen Transparenz und Effizienz sicherlich zugute und nimmt viel Unsicherheit aus dem Markt.