Archiv der Kategorie: Erde, Klima, Umweltschutz

Riff-Lärm sorgt für Highlife

Cairns/Edinburgh (pte/08.04.2005/10:51) – Dass die Welt am Korallenriff
still ist, kann jeder Schnorchler und Taucher widerlegen. Dass aber
gerade die Geräuschkulisse dazu beiträgt, dass Fische Riffe besiedeln,
konnten Forscher der University of Edinburgh erst jetzt beweisen.
Knackende Garnelen und schnarrende Fische locken nämlich andere Fische
erst recht an, berichten die Forscher im Wissenschaftsmagazin Nature
http://www.nature.com.

In Versuchen mit künstlichen Korallenriffen, die die Forscher vor der
Lizard Island, 240 Kilometer nördlich von Cairns, am Meeresgrund
installiert hatten, sorgten Lautsprecher für die typische
Geräuschkulisse eines Riffs. Ein zweites künstliches Riff ohne
Beschallung hingegen wurde von neuen Tieren weit weniger schnell als
neue Heimstätte angenommen. Bisher wussten Forscher, dass Fische von
Lichtquellen angezogen wurden, völlig neu hingegen war die Tatsache,
dass Geräusche so wirkten, erklärt der Forschungsleiter Stephen Simpson
von der University of Edinburgh. 80 Prozent der Fische, die von
Geräuschen angezogen wurden, waren Kardinalbarsche (Apogonidae), aber
auch andere zum Teil wesentlich seltener vorkommende Arten waren von
der neuen Lärmkulisse offensichtlich beeindruckt.

Simpson geht nun davon aus, dass mit Hilfe von solchen Geräuschen
Fische wieder in verlassene und zerstörte Riffe zurückgebracht werden
könnten und sich dann dort ansiedeln. Ökologen warnen hingegen davor,
Fische von Riffen zu nehmen. "Wenn Fische von Riffen entfernt werden,
kann dies das Gleichgewicht des gesamten Riffsystems verändern", so
Ameer Abdulla vom Global Marine Programme der World Conservation Union
http://www.iucn.org . "Diese Forschungsresultate müssen extrem
vorsichtig interpretiert werden", meint der Experte. Da die Zahl der
Fische auf jeden Fall gleich bleibt, müsse entschieden werden, welches
Gebiet jetzt zu schützen sei und welches nicht.

Simpson glaubt, dass das Fangen von sehr jungen Fischen die Chance auf
eine Wiederbesiedelung erhöht. Da junge Fische in den ersten zwei bis
drei Tagen ihres Lebens Mortalitätsraten von 70 Prozent haben, sei dort
ein Ansatz zu finden. Ein weiterer Punkt sei außerdem eine bessere
Beobachtung der Umweltverschmutzung durch Lärm durch die Schifffahrt.
Simpson, der gerade Forschungsarbeiten an der Straße von Hormuz
durchführt, will nachforschen, wie sehr sich der Tankerverkehr auf die
Entwicklung der Korallenriffe auswirkt.

Palmöl-Biodiesel schadet Klima am meisten

Palmöl-Biodiesel schadet Klima am meisten
Experte: EU schürt CO2-Freisetzung in Tropenregionen
 
Palmöl-Plantage: verheerende Klimabilanz (Foto: Flickr/Tucano)

Bogor/Wien (pte001/27.01.2012/06:00) – Biodiesel aus den Ölpflanzen Palmöl, Jatropha und Soja schadet dem Klima mehr als fossile Treibstoffe. Diese Anklage, die bereits seit einigen Jahren besteht, haben nun Forscher durch Analysen von zwölf Betrieben in sechs Entwicklungsländern in Zahlen gefasst. "Die Ergebnisse verdeutlichen, dass wir vieles von dem, was wir bisher im Namen des Klimaschutzes betrieben haben, einstellen müssen", sagt Louis Verchot vom Center for International Forestry Research http://cifor.org .

Palmöl erst im Jahr 2200 rentabel

Bei der Verbrennung setzt Biodiesel um 40 bis 75 Prozent weniger CO2 frei als klassischer Diesel. Eine Betrachtung des freikommenden Kohlenstoffs über den gesamten Lebenszyklus – also inklusive der Produktion der Pflanzen – verdirbt jedoch oft die Rechnung, verdeutlicht die in der Zeitschrift "Ecology and Society" veröffentlichte Studie. "Biosprit ist nicht grundsätzlich schlecht, doch gibt es die nötigen Voraussetzungen für eine nachhaltige Produktion weitaus seltener als die meisten Menschen annehmen", so der Studienleiter.

In Indonesien etwa werden für Palmöl zunehmend Tiefmoorwälder abgeholzt und abgebrannt – bis 2020 laut Schätzungen in einer Fläche der Größe Westdeutschlands (2,5 Mio. Hektar). Tiefmoor speichert mehr Kohlenstoff als der Regenwald. Bei seiner Zerstörung kommen 200 bis 300 Tonnen CO2 pro Hektar frei, zusätzlich noch jährlich zehn Tonnen für die Trockenlegung und Zersetzung. "Erst nach 200 Jahren Biodiesel-Produktion aus Palmöl ist die Kohlenstoff-Schuld abbezahlt", betont Verchot.

Auch Jatropha und Soja fallen durch

Doch auch die Biodiesel-Pflanze Jatropha, die in Ghana, Sambia und Tansania untersucht wurde, schneidet vernichtend schlecht ab. Hier beträgt die CO2-Schuld je nach Anbaugebiet 100 bis 300 Jahre, zudem ist dieser Öllieferant ertragsärmer als die Ölpalme. Als etwas weniger schädlich zeigte sich im Vergleich Biodiesel aus Sojabohnen des Graslandes im brasilianischen Matto Grosso, was auf die geringe vorhandene Biomasse zurückgehen dürfte.

Dabei wurden jedoch soziale Aspekte in der Untersuchung noch nicht berücksichtigt. Land, das für den Anbau von Nahrungsmitteln geeignet ist und noch nicht genutzt wird, ist auf dem Planeten äußerst knapp. Großflächige Pflanzungen für Biotreibstoffe vertreiben in vielen Regionen die kleinen Landbesitzer, die teils keine Landtitel haben, was oft zu Konflikten führt. Ein Beispiel dafür liefert das Zuckerrohr-Ethanol aus Kolumbien (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/20100127112 ).

EU trägt Mitschuld

"Zwar hat Biodiesel aus Palmöl, Jatropha und Soja seinen Ruf heute verspielt, die Produktion wird jedoch in Zeiten steigender Ölpreise und hohem Bedarf an pflanzlichen Ölen immer noch ausgeweitet", betont Jurrien Westerhof, Energieexperte bei Greenpeace http://greenpeace.org , auf pressetext-Anfrage. Mitschuld daran trägt auch Europa – verfolgt die EU doch das Ziel, bis 2020 ein Zehntel der Transporttreibstoffe aus ökologischen Quellen zu beziehen. Ein Teil des deutschen Biodiesels fällt auch heute auf Palmöl-Importe (pressetext berichtete: http://pressetext.com/news/20110721022 ).

Aktualisierung (27.1., 12:40 Uhr): Der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie betont, dass der Palmöl-Anteil des Biodiesels an deutschen Tankstellen gering sei. "Der in Deutschland produzierte Biodiesel ist zu über 90 Prozent aus Raps hergestellt. In Deutschland wird genug Biodiesel für die Deckung des inländischen Bedarfs produziert. Mineralölhändler können natürlich auch Biodiesel von ausländischen Herstellern beziehen, ebenso wie deutscher Biodiesel ins Ausland exportiert werden kann", so Verbandssprecher Wolf-Dietrich Kindt gegenüber pressetext.

Originalstudien unter http://www.ecologyandsociety.org/issues/view.php?sf=68

Dauergiften und ihrer globalen Ausbreitung auf der Spur

Hamburg-Eppendorf (pte/08.04.2005/15:50) – Forscher des
Max-Planck-Instituts für Meteorologie http://www.mpimet.mpg.de haben
ein Modell entwickelt, in dem eine weltweite Verbreitung von
Dauer-Giftstoffen erklärt werden kann. Die meisten dieser Substanzen
werden vor allem in der Atmosphäre transportiert. Für die
Risikobewertung eines Stoffes spielen sie eine große Rolle. Die
Forscher haben das Gefährdungspotenzial von Chemikalien mit einem
Multikompartiment-Modell, das die geographische Verteilung und die
Verteilung über die verschiedenen Umweltmedien beschreibt, untersucht.

In mehreren "Sprüngen" verteilen sich die Gifte über Kontinente hinweg.
Dieser Effekt, der Grashüpfer-Effekt genannt wird, bewirkt eine erhöhte
Persistenz und eine Anreicherung der Problemstoffe in den
Polargebieten. Überraschenderweise sagen die Modellexperimente dies für
bestimmte Stoffe sogar ohne den Grashüpfer-Effekt voraus. In der
Untersuchung wurde durch Separation der beiden Transportmodi im
Modellexperiment zum ersten Mal die Bedeutung des Grashüpfer-Effekts
auf das Ferntransport-Potenzial von den zwei persistenten,
mittelflüchtigen Substanzen, so genannten POPs ("persistent organic
pollutants"), nämlich DDT und Lindan, untersucht. Beide Substanzen sind
Insektizide. Während DDT wegen seiner Nebenwirkungen nur noch in
tropischen Ländern eingesetzt wird, ist Lindan ein global verwendetes
Pestizid aus der Landwirtschaft. Lindan ist von Landoberflächen
flüchtiger, wird aber durch Niederschlag auch rascher aus der
Atmosphäre entfernt als DDT.

Die Forscher konnten nun feststellen, dass sowohl der Grashüpfer-Effekt
als auch die Verteilung nach Erstemission für den Ferntransport
bedeutsam sind. "Das Modellexperiment sagt eine Anreicherung von
Lindan, nicht aber von DDT, in der Arktis und Antarktis sogar ohne dem
Grashüpfer-Effekt voraus. Die Gründe dafür liegen in der
Verschiedenartigkeit der Ausbringungsverteilung", berichtet das
Institut. Die Wahrscheinlichkeit in der freien Troposphäre und in noch
höheren Luftschichten bereits Lindan-Moleküle anzutreffen ist höher als
für DDT-Moleküle. Das hat mit rascherer Auswaschung und Reemission von
Lindan an den Oberflächen zu tun. Der Grashüpfer-Effekt verändert die
Verteilung über die verschiedenen Umweltmedien und erhöht die
Persistenz.

Unklar sind immer noch einige der Prozesse, denen diese Stoffe in der
Umwelt unterliegen. Das betrifft sogar Stoffeigenschaften. Außerdem
fehlen in der Modellstudie die Ferntransporte in den Ozeanen. Den
Forschern ist dennoch ein wesentlicher Einblick in die globalen Zyklen
wichtiger Spurenstoffe gelungen.

Alles hat zwei Seiten : Biotreibstoff

Zuckerrohr als Monokultur zerstört den Boden und die Umwelt

Pullman (pte/04.07.2005/15:13) – Alkohol als Biotreibstoff verursacht
zwar weniger CO2-Ausstoß, aber die Folgen eines großflächigen Anbaus
der "treibstoffliefernden Pflanzen" bleiben dennoch äußerst
problematisch, wie eine Studie von Forschern der Washington State
University http://www.wsu.edu/ nun ergab. Zuckerrohr oder Getreide in
großen Mengen angebaut, fügen dem Planeten zusätzlich großen Schaden
zu, denn die Methoden reduzieren die Artenvielfalt und zerstören die
Böden, berichtet das Wissenschaftsmagazin Nature
http://www.nature.com/.

Der Ruf von Ethanol ist um einiges besser, als er eigentlich sein
sollte, zu diesem Schluss kommt Burton Vaughan, Biologe von der
Washington State University, der mit seinen Kollegen Marcelo Dias de
Oliveira und Edward Rykiel die Auswirkungen des Biosprits untersucht
hat. In Brasilen fahren bereits 40 Prozent der Autos mit Ethanol aus
Zuckerrohr. Auch in den USA erfreut sich der Biotreibstoff dank der vom
Senat erteilten "Energy Bill" vom Ende Juni als populär.

Allein das Abfackeln von geernteten Zuckerrohrfeldern – eine gängige
Methode um die Felder zu säubern – bringt die angrenzende Vegetation in
große Gefahren. Zuckerrohr wird unter Einsatz zahlreicher Pestizide und
Düngemittel angebaut, das reinigen der Pflanzen verbraucht große Mengen
von Wasser. "Bis zu 3.900 Liter Wasser werden zur Säuberung von einer
Tonne Zuckerrohr benötigt", so Dias de Oliveira. Zusätzlich fällt die
Ernte des Zuckers noch in die Trockenzeit. Das Abwasser hatte darüber
hinaus die Ökologie des nahen Flusses bedroht. Zu ähnlichen Ergebnissen
kommt auch der Landwirtschafts-Experte David Pimentel von der Cornell
University in Ithaca/New York. "Die Ethanol Herstellung verbraucht mehr
Energie als in einem Auto je gewonnen werden kann." Den Aussagen der
Wissenschaftler widersprechen Studien der Argonne National Laboratory
in Illinois und das US-Department of Agriculture.

"Ethanol ist keineswegs perfekt, aber es ist immerhin besser als Benzin
bzw. Dieselöl", meint Monte Shaw, Sprecher der Renewable Fuels
Association http://www.ethanolrfa.org/, einer in Organisation zur
Förderung der US-Ethanol-Industrie. "Gründe dafür liegen darin, dass
Materialien zur Herstellung von Treibstoffen verwendet werden, die
ohnehin nach der Nahrungsmittel-Produktion übrig bleiben", so Shaw, der
zu bedenken gibt, dass die Effizienz bei der Produktion von Ethanol
stark zugenommen hat.

Alarm ! Regenwald verschwindet

Selektives Schlagen zerstört Fähigkeit der CO2-Aufnahme

 

Stanford/New York (pte/21.10.2005/11:26) – Die Lage im Amazonas ist
nicht nur angesichts der extremen Trockenheit (pte berichtete
http://www.pressetext.at/pte.mc?pte=051017023 ) dramatisch: Jüngsten
Studien zufolge verschwindet der Wald doppelt so schnell wie bisher
angenommen. Als weiteres Bedrohung kommt, so Wissenschaftler des
Carnegie Institute of Washington in Stanford/Kalifornien
http://globalecology.stanford.edu hinzu, dass selektives Schlagen dazu
beiträgt die Kohlendioxidmenge, die der Wald aufnehmen kann, drastisch
zu verringern. Das berichtet das Wissenschaftsmagazin Science
http://www.sciencemag.org in der jüngsten Ausgabe. Die Schäden durch
Abholzen werden um mindestens 60 Prozent unterschätzt. Die
brasilianische Regierung hat die Studie willkommen geheißen, aber
zugleich eingeräumt, dass die Zahlen weit überzogen sind.

Durch selektives Schlagen gingen bis zu 50 Mio. Kubikmeter Holz in den
Jahren von 1999 bis 2002 pro Jahr verloren. Insgesamt ist eine Fläche
von 19.800 Quadratkilometer allein im Jahr 1999 durch selektives
Schlagen verloren gegangen. Hinzu kamen weitere 16.100 Quadratkilometer
durch Kahlschlag, wie der Wissenschaftler Gregory Asner berichtete.
Betroffen vom selektiven Holzschlag sind auch Regionen, die eigentlich
als Naturschutzgebiete ausgewiesen sind. Als besonders dramatisch kommt
hinzu, dass diese Art des Holzschlags nur sehr schwer auszumachen ist,
betonen die Wissenschaftler.

Das Forscherteam hatte Satellitenaufnahmen und -daten miteinander
verglichen und dabei festgestellt, dass es vielerorts zu einer
Ausdünnung der Vegetation gekommen war. Zusätzlich dazu hinterlassen
Holzarbeiter eine Schneise zerstörter Pflanzen, wenn die Baumstämme
abtransportiert werden. Obwohl diese Methode des selektiven Schlagens
weit weniger gefährlich für den Regenwald ist, als Kahlschlag, ist
dennoch der Schaden beachtlich: Meist sind es gerade dichte
Regenwälder, die große Mengen von CO2 aufnehmen, in denen solche
Methoden angewendet werden. Dies führt dazu, dass die Wälder danach
weit weniger CO2 aufnehmen können als vorher.
http://asnerlab.stanford.edu/projects/amazon_logging2/amazon_logging.shtml

Eine andere Studie, die ebenfalls im Wissenschaftsmagazin Science
veröffentlicht wurde, untersuchte die Folgen des Einschlages für die
CO2-Aufnahme. Das Team um Daniel Bunker von der Columbia University in
New York http://www.columbia.edu hat festgestellt, dass es durch den
Einschlag zu weniger Niederschlägen im Regenwald komme. Das verhindere
das Wachstum der Pflanzen, die viel Feuchtigkeit brauchen und bevorzuge
Spezies, die auch unter trockenen Bedingungen gedeihen können. Diese
Pflanzen können Kohlenstoff effektiver in ihrem Gewebe aufnehmen.
Allerdings gebe es auch einige weniger positive Effekte. Dazu gehöre
etwa die Fähigkeit vor Überschwemmungen zu schützen, die Wasserqualität
zu halten und anderen Risiken im komplexen Lebensraum standzuhalten.
"Die beste Strategie wäre, so viele Arten wie möglich zu schützen",
erklärt der Forscher. "Wenn zahlreiche verschiedene Lebewesen in einem
Ökosystem vorhanden sind, gibt es auch mehrere Möglichkeiten auf
Veränderungen der Umwelt zu reagieren. Und das wird in Zukunft
wesentlich sein", erklärt der Forscher. Die Tatsache, dass Holzfäller
einige Baumarten gezielt entfernen, sei keine positive Lösung.

Europäische Gletscher: Das Ende naht

Seit 1850 gingen 50 Prozent der Masse verloren

Zürich (pte/31.01.2007/10:00) – Die Gletscher in den Bergen weichen
heute drei Mal schneller zurück als in den achtziger Jahren des
vergangenen Jahrhundertes. Zu diesem Ergebnis ist eine Studie des World
Glacier Monitoring Service http://www.geo.unizh.ch/wgms gekommen.
Durchschnittlich verloren sie 2005 rund 66 Zentimeter an Dichte. Dieser
Rückgang ist ein 1,6 Mal höher als der jährliche Durchschnitt für die
neunziger Jahre und drei Mal so hoch wie in den achtziger Jahren. Laut
Michael Zemp sind diese Werte alarmierend aber nicht wirklich
überraschend. Sie entsprächen dem Trend der letzten 25 Jahre. Wirklich
beunruhigende Ergebnisse liefert die Analyse der letzten 150 Jahre im
Kontext der letzten 10.000 Jahre der Geschichte der Gletscher. Die
Berggletscher erreichten 1850 ihre maximale Ausdehnung. Seit damals
haben sei 50 Prozent ihrer Ausdehnung verloren und haben heute die
geringste Ausdehnung seit 10.000 Jahren.

In diesem Zeitraum stiegen die Temperaturen weltweit um rund 0,8 Grad
an. Es wird laut New Scientist erwartet, dass eine groß angelegte
Studie des International Panel on Climate Change (IPCC)
http://www.ipcc.ch/ , am kommenden Freitag einen weiteren Anstieg der
Temperaturen bis zum Jahr 2100 vorhersagen wird. Diese
Studienergebnisse gehen von einer weiteren Erwärmung zwischen zwei und
vier Grad aus. Das WGMS erwartet, dass ein weiterer Temperaturanstieg
der Temperaturen in Europa dazu führen wird, dass die Alpen weitere 80
Prozent ihrer Gletscher verlieren. Sind die Temperaturvorhersagen
korrekt, werden laut Zemp nur noch die größten und höchsten Gletscher
das 21. Jahrhundert überleben.

Das WGMS beobachtet 30 Gletscher in neun Gebirgsregionen auf der ganzen
Welt. Die gesammelten Daten weisen darauf hin, dass die Gletscher in
den europäischen Alpen am schnellsten zurückgehen. Seit dem Jahr 2000
haben sie durchschnittlich einen Meter verloren. Seit 1980 sind es
insgesamt 19 Meter. Heute sind sie durchschnittlich nur noch 30 Meter
tief. Zemp geht davon aus, dass die IPPCC-Studie entgegen den
kursierenden Gerüchten alle aktuellen Daten berücksichtigen wird. Er
selbst übermittelte im Sommer 2006 eine Studie und glaubt, dass sie ein
Teil der angekündigten Veröffentlichungen sein wird.

Spielplätze wichtig für kindliche Entwicklung

Wien (pts/07.09.2005/10:00) – Gerade im September ereignen sich laut
Statistik des Instituts Sicher Leben besonders viele Unfälle auf
Spielplätzen – Großzügige Raumplanung und Stoßdämpfung minimieren
Unfälle – Aktion "Dreh und Trink-Spielplatzdetektive" fördert
Spielplatzsicherheit – Gewinnspiel für Traumspielplatz läuft bis 30.9.

Die Ferien sind vorbei – und damit auch die ruhige Zeit auf den
öffentlichen Spielplätzen. Der September gilt als vergleichsweise
unfallträchtiger Monat: 900 Kinder unter 15 Jahren verletzten sich
letzten September auf einem Spielplatz so schwer, dass sie im Spital
behandelt werden mussten – genauso viele wie im Juli und August
zusammen! "Dieser enorme Anstieg an Verletzten hängt damit zusammen,
dass die Ferienzeit vorbei ist, die Kinder aus den Urlaubsquartieren
zurückkehren und die Spielplätze nun wieder verstärkt frequentieren.
Auch ist das Baden im Freien im September nicht mehr so angesagt, aber
für den Spielplatzbesuch ist das Wetter noch gut genug", erklärt Dr.
Rupert Kisser, Leiter des Instituts Sicher Leben. Insgesamt mussten
2004 6.600 Kinder nach einem Unfall auf einem öffentlichen Spielplatz
im Krankenhaus behandelt werden.

Großzügige Raumaufteilung

Nun den mahnenden Zeigefinger gegenüber den Betreibern der Spielplätze
zu erheben, wäre allerdings falsch: Ein Blick auf die Liste der
Unfallhergänge zeigt, dass viele Kinder sich nicht an defekten Geräten
verletzen, sondern im Eifer des Gefechts von der Schaukel fallen oder
auf der Wippe das Gleichgewicht verlieren. Nicht verwunderlich, dass
Stürze mit 64 Prozent die Unfallart Nr. 1 sind, gefolgt von
Zusammenstößen mit Gegenständen und Personen (26%). Diese durch
kindlichen Übermut und nicht durch Produktfehler der Geräte
verursachten Unfälle können – und hier kommt wieder der Betreiber ins
Spiel – allerdings gemildert werden, wenn der Spielplatz unter
Beachtung professioneller Richtlinien angelegt ist. "Das größte
präventive Potenzial liegt momentan in der Raumaufteilung der
Spielplätze. Die Geräte müssen mit ausreichendem Abstand angeordnet
sein. Besonders gilt das natürlich bei schwingenden Schaukeln",
erläutert Kisser ein wichtiges Kriterium, Unfallrisiken zu minimieren.
Eltern erkennen einen hochwertigen Spielplatz außerdem beispielsweise
an üppig vorhandenem stoßdämpfenden Bodenbelag sowie an einem Zaun zur
Abgrenzung vom Straßenverkehr.

Private Spielplatzgeräte im Fokus

Wertet man die Statistik mit Blick auf alle Spielplatzgeräte – also
auch die in den privaten Gärten – aus, so erkennt man: Das Problem
liegt weniger im öffentlichen denn im privaten Bereich. So kamen 2004
3.600 Kinder unter 15 Jahre unter Beteiligung eines privaten
Spielplatzgerätes zu Schaden, bei öffentlichen waren es "lediglich"
3.100. "Oft stellen Eltern oder Großeltern für die Kinder im eigenen
Garten Rutsche, Sandkasten und Schaukel auf, kümmern sich dann aber
selten um die regelmäßige Wartung. Außerdem lässt man seine Kinder im
eigenen Garten schneller ‚mal kurz‘ unbeaufsichtigt als auf
öffentlichen Plätzen – und schon wird mehr getobt und folglich auch
mehr gefallen", interpretiert Kisser das Zahlenmaterial aus der
Freizeitunfallstatistik des Instituts Sicher Leben. Kisser will jedoch
Pädagogen und Eltern, deren Kinder klettern, rutschen, wippen und
schaukeln wollen, keine Angst machen. Im Gegenteil: "Ursache der
Spielplatzunfälle ist hauptsächlich das Spielen und Toben der Kinder,
nicht defekte Spielplatzgeräte. Eltern sollten sich nicht scheuen, ihre
Jüngsten auf Spielplätze zu schicken, denn sie sind enorm wichtig für
die kindliche Entwicklung: Hier wird Bewegung gefördert und diese hilft
letztlich durch den Aufbau von Kraft und Geschicklichkeit, Unfälle zu
vermeiden."

Dreh und Trink-Spielplatzdetektive fördern Spielplatzsicherheit

Ziel der seit April laufenden österreichweiten Informationskampagne
"Dreh und Trink-Spielplatzdetektive" – von der niederösterreichischen
Herstellerfirma Klosterquell in Zusammenarbeit mit dem Vertriebspartner
Maresi Austria GmbH ins Leben gerufen und neben anderen Partnern auch
vom Institut Sicher Leben unterstützt – ist es, die Kinder selbst dazu
zu animieren, ihren Spielplatz auf Sicherheit, Kinderfreundlichkeit und
Spaßfaktor zu überprüfen. Dafür wurde eigens eine Spielefibel kreiert,
die Geschichten von den Dreh und Trink-Detektiven Kevin, Patrick, Sara
und Philipp erzählt. Sie sind den "bösen" Spielplatzpiraten, die sich
nicht um Sauberkeit und Ordnung kümmern und die schönen Spielplätze
beschädigen, auf der Spur, und zeigen Mut zur Eigeninitiative. Parallel
zur Spielefibel bietet die eigens konzipierte Kinderplattform
http://www.kinderdetektive.at umfangreiche Informationen zum
Spielplatz-Check und zahlreiche Tipps für Outdoor-Spiele. Die Dreh und
Trink-Spielefibel kann unter E-Mail: office@maresi.at angefordert
werden.

Gewinnspiel: Kinder planen ihren Traumspielplatz – noch bis 30.9.

Noch kurze Zeit – nämlich bis zum 30. September (Einsendeschluss) –
können alle Kinder im Rahmen der Aktion Dreh und
Trink-Spielplatzdetektive ihren eigenen Traumspielplatz planen und die
Idee als Zeichnung oder Geschichte einreichen. Die originellsten
Einsendungen der Kinder werden mit Sachpreisen belohnt. Der beste
Vorschlag für einen kindergerechten Spielplatz wird von Dreh und Trink
und seinen Kooperationspartnern realisiert. Einsendungen sind zu
richten an: Dreh und Trink, Kennwort "Spielplatzdetektive", Postfach
111, 1131 Wien.

Rückfragehinweis:

Institut Sicher Leben

Doreen Kallweit, M.A.

Marketing & Kommunikation

Tel.: 01-717 70-161

E-Mail: doreen.kallweit@kfv.at

Globale Erderwärmung: Musterknabe Deutschland kann Welt nicht retten

deutlich unter
zwei Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit – auf diesen
Wert soll die Erderwärmung laut Pariser Klimaabkommen begrenzt werden.
Ein aktueller Sonderbericht des Weltklimarates zeigt jedoch, dass sich
die globale Temperatur bereits jetzt um ein Grad Celsius erhöht hat. In
einer Studie konnte ein Forschungsteam des Karlsruher Instituts für
Technologie (KIT) und der Universität Edinburgh zeigen, dass die
bisherigen Bemühungen, Treibhausgase durch die Landnutzung des Menschen
zu reduzieren, unzureichend sind. Ihre Ergebnisse stellen sie in der
Fachzeitschrift Nature Climate Change vor (DOI: 10.1038/s41558-019-0400-5).

„Ein Viertel der vom
Menschen verursachten Treibhausgase stammen aus der Landnutzung und dem
damit verbundenen massiven Abbau von natürlichen Kohlendioxidsenken“,
sagt Dr. Calum Brown vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung –
Atmosphärische Umweltforschung (IMK-IFU), dem Campus Alpin des KIT.
Weniger Wälder aufgrund von Entwaldung und intensive Land- und
Weidewirtschaft haben ebenso einen Anteil am Klimawandel, wie fossile
Kraftwerke und Verbrennungsmotoren. „Ob wir die Klimaziele des Pariser
Abkommens erreichen, hängt daher auch erheblich davon ab, ob es uns
gelingt, grundlegende, nachhaltige Veränderungen im Landnutzungssystem
durchzusetzen.“ Gemeinsam mit der Universität Edinburgh hat das KIT
untersucht, wie die Länder, die das Pariser Klimaschutzabkommen
unterzeichnet haben, entsprechende Maßnahmen planen, einführen, umsetzen
und welche Wirkungen diese auf den Klimawandel haben könnten.

„Unsere Studie zeigt,
dass wir schnelle aber realistische Lösungen finden müssen, um die
Landnutzung durch den Menschen nachhaltig zu verändern, wenn wir die
Klimaziele noch erreichen wollen“, betont Brown. Bisher haben etwa 197
Länder national festgelegte Beiträge (engl. Nationally Determined
Contributions, NDC) ausgearbeitet. Die häufigsten Maßnahmen zielen
darauf ab, Abforstungen deutlich zu verringern, großräumige Flächen
wieder aufzuforsten und Treibhausgase aus der Landwirtschaft zu
reduzieren. So wollen beispielsweise Indien und China in den nächsten
Jahren eine Fläche bis zu 40 Millionen Hektar wieder aufforsten. „Wälder
speichern große Mengen Kohlendioxid aus der Luft und können so unter
anderem die Treibhausgase aus der Landwirtschaft reduzieren“, so Brown.

Politische und wirtschaftliche Interessen führen zu Verzögerungen

„Diese Pläne könnten
jedes Jahr bis zu 25 Prozent der Treibhausgase durch menschliches
Handeln entfernen“, erklärt Brown. „Jedoch braucht es häufig Jahrzehnte,
bis sich Veränderungen zeigen – viel zu lange, um den Klimawandel wie
gefordert zu entschleunigen.“ Hinzu komme, dass es keinen verbindlichen
Rahmen für NDC gäbe: Sie müssen nicht nachweislich erreichbar sein und
haben in den meisten Fällen keinen definierten Umsetzungsplan. „Hier
liegt auch die vielleicht größte Bedrohung für das Erreichen des 1,5
Grad-Ziels“, sagt der Klimaforscher. „Der Zeitrahmen des Klimaabkommens
überschreitet den kurzfristigen Charakter politischer Entscheidungen.“
Häufig können NDC ihre Wirkung nicht entfalten, weil Entscheidungsträger
konkrete Maßnahmen gegen die Erderwärmung bei einem Politikwechsel
wieder aufgeben oder zurückziehen. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist
der angekündigte Rückzug der USA aus dem Pariser Abkommen.

Ebenso können
wirtschaftliche Interessen nationale politische Ziele verschieben. So
steigt die Abforstung tropischer Wälder in vielen Ländern wieder an: In
Brasilien um 29 Prozent, in Kolumbien sogar um 44 Prozent. Ein Grund ist
beispielsweise der Anbau von Ölpalmen. „Die Zahlen stehen im krassen
Gegensatz zu der Tatsache, dass viele Länder die Abforstung im Zuge des
Klimaabkommens verringern wollten“, so Brown. „Das legt den Schluss
nahe, dass viele Pläne zur Abschwächung der Folgen des
Landnutzungssystems von Anfang an unrealistisch waren.“ Daher gebe es
bisher auch keinen bis kaum Fortschritt, in manchen Fällen habe sich die
Situation in den letzten drei Jahren sogar verschlechtert: „Die
globalen Kohlendioxidemissionen sind in den Jahren 2017 und 2018 wieder
angestiegen, nachdem sie bereits gesunken waren.“

Aus Erfahrungen realistische Ziele formulieren

Unrealistische Ziele,
politische Entwicklungen und Fehler in der praktischen Umsetzung
beeinflussen den Erfolg der bisherigen NDC. Hier könnten vor allem
empirische Studien und konkrete Fallstudien helfen: „Diese
berücksichtigen Zeitverzögerungen bei der Findung und Umsetzung
politischer Entscheidungen und können helfen, realistische Maßnahmen zu
beschließen“, sagt Brown. Ein wichtiger Punkt dabei ist die Bereitschaft
der betroffenen Menschen vor Ort, Innovationen in Technologien,
Landwirtschaft oder Politik einzuführen. „Pläne, um den Effekt der
anthropogenen Landnutzung auf den Klimawandel zu senken, sollten daher
immer klare offensichtliche und unmittelbare Vorteile für Landwirte,
Kleinbauern und Förster schaffen, denn sie können die Landnutzung aktiv
nachhaltig verändern.“

Originalpublikation:

Calum Brown, Peter
Alexander, Almut Arneth, Ian Holman and Mark Rounsevell: “Achievement of
Paris climate goals unlikely due to time lags in the land system” in:
Nature Climate Change

Bakterien als Umwelt-Sensor umgebaut

Bakterien schlagen als Sensoren bei Giften Alarm

Schnelle Nachweismethode für die Umwelt und das Internet der Dinge

Bakterien leuchten, wenn sie in Kontakt mit Giften kommen (Symbolbild: dtu.dk)
Bakterien leuchten, wenn sie in Kontakt mit Giften kommen (Symbolbild: dtu.dk)

Lyngby (pte003/14.06.2018/06:10) –

Genmanipulierte Bakterien fungieren in einem Sensor, den ein Team um
Anders Kristensen von der Technischen Universität von Dänemark (DTU) http://dtu.dk gemeinsam mit israelischen Forschern entwickelt hat, als
Schadstoffdetektoren. Wenn sie etwas Gefährliches entdecken, leuchten
die Mikroorganismen auf. Je nachdem, wie sie manipuliert worden sind,
reagieren sie auf unterschiedliche Gifte.

Escherichia coli in Aktion

Angesiedelt sind die Bakterien in dreieckigen Rillen,
die in einen Träger aus Silizium eingeätzt worden sind. Damit das
relativ schwache Licht, das sie bei Kontakt mit Giften aussenden, besser
zu sehen ist, erhält der Chip eine Abdeckung aus hauchdünnem Aluminium,
das als Fokus fungiert. Kristensen vergleicht die Unterschiede des
emittierten Lichts mit dem Nachthimmel. In einer klaren Dezembernacht
seien die Sterne bestens zu sehen, wenn man sich auf dem Lande aufhalte.
Stünde man aber im Zentrum von Kopenhagen, könne man nur die hellsten
sehen.

Shimson Belkin von der Hebrew University of Jerusalem http://new.huji.ac.il und sein Team waren für die Manipulation der Bakterien zuständig. Sie
entschieden sich für einen der beliebtesten Mikroorganismen in der Bio-
und Gentechnik – Escherichia coli. Ein Typ reagiert auf Explosivstoffe,
andere detektieren umweltgefährdende Moleküle in Trinkwasser oder der
Luft. Die DTU-Forscher waren für den Zusammenbau des Chips zuständig.

Serienreife als nächstes Ziel

Wenn die Bakterien mit Schadstoffen in Berührung
kommen, leuchten sie binnen Sekunden auf. Das ist eine entscheidende
Verbesserung zu heutigen Analysemethoden, die oft Stunden dauern, ehe
ein Ergebnis vorliegt. Werden unterschiedlich manipulierte
Mikroorganismen auf einem Chip platziert, ist er für mehrere Schadstoffe
empfindlich. Jetzt gehen die Forscher daran, den Chip zur Serienreife
zu bringen.

Kristensen ist zunächst glücklich darüber, dass es
gelungen ist, die Machbarkeit zu beweisen. Der Biosensor ist nicht nur
schnell, sondern auch billig im Vergleich zu herkömmlichen
Analysegeräten. Kristensen findet, dass ein Sensor zu einem wesentlichen
Element im Internet der Dinge werden kann. Hier werde alles gemessen,
um höchste Qualität zu erzielen und sehr schnell reagieren zu können,
wenn irgendetwas aus dem Ruder läuft oder Ressourcen sinnlos vergeudet
werden. "Unsere Technik eröffnet viele Möglichkeiten", ergänzt der
DTU-Forscher.

Mikroorganismen filtern Uran aus Grundwasser

Mikroorganismen filtern Uran aus Grundwasser

In einem geplanten Endlager für hochradioaktiven Abfall aus Kernkraftwerken, das derzeit in Finnland errichtet wird, konnten Forscher des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) Bakterien entdecken, die in der Lage sind, gelöstes Uran in ihrer Zelle in Kristalle umzuwandeln. Auf diese Weise verhindern sie die mögliche Ausbreitung des radioaktiven Stoffes in der Umwelt.

„Der Einfluss von Mikroorganismen auf die Sicherheit von Endlagern für radioaktive Stoffe ist bislang noch nicht ausreichend erforscht“, beschreibt Dr. Evelyn Krawczyk-Bärsch vom Institut für Ressourcenökologie am HZDR den Stand der Wissenschaft. „Es ist jedoch bekannt, dass gewisse Bakterien die Korrosion von Kanistern mit den abgebrannten Brennelementen beschleunigen können. Durch solche Lecks gelangen möglicherweise Radionuklide in das Grundwasser.“ Eine spezielle Rolle spielen dort Biofilme – Schleimschichten, in denen Mikroorganismen, wie Bakterien, Algen oder Pilze, miteinander verbunden sind –, da sie wie ein natürlicher Schwamm in der Lage sind, gelöste Schwermetalle, zu denen auch das Element Uran zählt, „aufzufangen“.

„Diese mikrobiellen Lebensgemeinschaften bilden sich entlang von Klüften im Gestein“, erläutert Krawczyk-Bärsch. Die Geochemikerin überraschte es deswegen kaum, solche Biofilme auch im finnischen Onkalo-Tunnel, der voraussichtlich ab dem Jahr 2022 als Endlager für hochradioaktiven Abfall dienen soll, zu entdecken. Denn durch den dortigen Gneis ziehen sich zahlreiche Spalten, durch die Grundwasser sickert, das Mikroorganismen enthält. Diese setzen sich zum Teil an den Gesteinswänden fest und bilden dort die Biofilme. „Uns ging es nun darum, ob sie unter den gegebenen Umständen das gelöste Uran an sich binden können“, erklärt Krawczyk-Bärsch die Motivation für die Untersuchung der Schleimschichten.

Die Rossendorfer Forscherin simulierte deswegen gemeinsam mit Kollegen in einem Experiment den Fall eines leckenden Kanisters, aus dem Uran austritt. Dafür setzten sie eine Biofilm-Probe aus dem Tunnel in eine Flusszelle ein. Über diese ließen die Wissenschaftler anschließend in einem geschlossenen Kreislauf Wasser, das sie ebenfalls aus der finnischen Tiefe mitgebracht und im Labor mit dem radioaktiven Stoff versetzt hatten, laufen. „So konnten wir die Bedingungen vor Ort nachahmen“, beschreibt Krawczyk-Bärsch den Aufbau des Experiments. „Bereits nach 42 Stunden haben wir festgestellt, dass sich die Menge des radioaktiven Stoffes im Grundwasser verringert hat. Das lässt darauf schließen, dass das gelöste Uran immobilisiert wurde.“

Wie die Untersuchung gezeigt hat, formten sich im Zellplasma einiger Bakterien nadelähnliche Kristalle, die aus Uran bestanden. „Spektroskopische Verfahren bestätigten, dass es sich um ein Uranyl-Phosphat-Mineral handelt“, erklärt die Geochemikerin. „Die Mikroorganismen haben auf diese Weise die Bioverfügbarkeit – also die Wahrscheinlichkeit, dass der radioaktive Stoff in die Nahrungskette des Menschen gelangt – verringert.“ Denn die Bakterien haben das Uran aus dem Wasser gefiltert und im Biofilm gespeichert – ein möglicher Weitertransport in die Biosphäre wurde somit gestoppt.

Ob sich auf dieser Grundlage vielleicht eine Sanierungstechnologie aufbauen lässt, kann Krawczyk-Bärsch allerdings noch nicht sagen: „Theoretisch könnte es ein Ansatz sein, um urankontaminierte Gebiete zu säubern. Das ist dann aber eher eine technische Fragestellung. Uns geht es jedoch erst einmal darum herauszufinden, wie Mikroorganismen die Sicherheit von potentiellen Endlagern beeinflussen.“ Wie die Studie der Rossendorfer Forscher zeigt, können die kleinen Lebewesen eine entscheidende Rolle spielen. Die Kriterien zur Suche nach einem sicheren Endlager für hochradioaktive Stoffe muss somit um einen weiteren Punkt ergänzt werden.

_Bildunterschrift: Biofilme könnten eine wichtige Rolle bei der Sicherheit von Endlagern für hochradioaktive Stoffe spielen. Quelle: HZDR

_Ansprechpartner für weitere Informationen:

Dr. Evelyn Krawczyk-Bärsch

Institut für Ressourcenökologie am HZDR