Archiv der Kategorie: Erde, Klima, Umweltschutz

Hinweise vom anderen Ende der Welt

Hinweise vom anderen Ende der Welt: Wissenschaftler rekonstruieren Grönlands Klimageschichte mithilfe antarktischer Eisbohrkerne

Bremerhaven, 26. Oktober 2011. Eine Strecke von rund 14.000 Kilometer trennt Grönland von der Antarktis. Trotzdem ist es einem internationalen Forscherteam gelungen, mithilfe von Klimadaten aus antarktischen Eisbohrkernen eine Kurve für Temperaturänderungen in Grönland zu rekonstruieren, die 800.000 Jahre weit in die Vergangenheit zurückreicht und damit völlig neue Einblicke in die Klimageschichte Grönlands und des Nordatlantiks ermöglicht. Die Ergebnisse sind unter dem Titel „800,000 Years of Abrupt Climate Variability“ im Wissenschaf tsmagazin Science erschienen.

Bei ihren Untersuchungen und Berechnungen bauten die Experten auf das so genannte „Seesaw“ oder „Klimawippen“-Modell der Ozeanzirkulation. Es besagt, dass Warmphasen im Norden des Atlantischen Ozeans mit Kaltphasen im Süden einhergehen – und umgekehrt.

„Auf Grönland gab es während der letzten Eiszeit abrupte Klima-Umschwünge. Diese f ührten innerhalb weniger Jahrzehnte zu Temperaturschwankungen von bis zu zehn Grad Celsius. Hervorgerufen wurden diese Sprünge durch Änderungen in der Stärke der atlantischen Umwälzbewegung, die Wärme in hohe nördliche Breiten transportiert. Verstärkte sich diese Wärmepumpe plötzlich, kam es zu einer stärkeren Umverteilung von Wärme aus dem Südozean in den Nordatlantik“, sagt Mitautor Dr. Gregor Knorr vom Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in der Helmholtz-Gemeinschaft. Die Forscher gingen deshalb bei ihren theoretischen Vorüberlegungen davon aus, dass sich Anzeichen für diese schnellen Klimaveränderungen sowohl in Grönland als auch in der Antarktis finden lassen müssten.

Informationen darüber, welche Temperaturen damals in beiden Regionen vorherrschten, gewinnen Wissenschaftler heute aus Eisbohrkernen. Diese Bohrkerne werden aus Eisschilden entnommen und zählen aufgrund ihrer zeitlich feinen Auflösung und relativ langen Messreihen zu den aussagekräftigsten Klimaarchiven. Die Eisschilde entstehen, indem Schnee auf ihre oberste Schicht fällt, dort verdichtet wird und im Laufe der Zeit eine neue Eisschicht bildet. Diese Schicht enthält dann nicht nur Luftbläschen und Spurengase aus jener Zeit, sondern archiviert auch die Wasser-Isotopen-Zusammensetzung des Niederschlags, mithilfe derer die Wissenschaftler weit in die Klimageschichte zurückblicken können. „Die längsten Bohrkerne aus dem grönländischen Eisschild reichen bis in die letzte Warmphase, also etwa 120.000 Jahre zurück. Das Eisarchiv der Antarktis dagegen umfasst die vergangenen 800.000 Jahre“, so Knorr.

Die Forscher verglichen in einem ersten Schritt Temperaturdaten aus grönländischen und antarktischen Eisbohrkernen der letzten 100.000 Jahre miteinander. Der grönländische Bohrkern stammte vom Eisschild im Zentrum der Insel. Die antarktischen Bohrkerne hatten Wissenschaftler im Jahr 2004 am so genannten Dome C auf dem ost-antarktischen Plateau geborgen.

Beide Eisbohrkerne bestätigten für diesen Zeitraum die theoretischen Annahmen der Wissenschaftler. „Die Daten aus den ersten 100.000 Jahren haben so überzeugend zusammengepasst, dass wir beschlossen, noch weiter in die Vergangenheit zu schauen“, berichtet Knorr. Anhand der real existierenden Daten aus der Antarktis berechneten die Forscher nun eine „künstliche“ Temperatur-Zeitreihe für Grönland, die bis zu 800.000 Jahre zurückgeht.

Deren Verlauf verglichen sie im Anschluss mit Klimadaten aus Höhlen in der zentral-chinesischen Provinz Hubei. „Heute weiß man, dass sich während besonders kalter Phasen im Nordatlantik die atmosphärische Zirkulation so stark veränderte, dass der Sommermonsun in China schwächer ausfiel. Diese Niederschlagsmuster finden sich noch heute in den Stalagmiten, die in diesen Höhlen wachsen und deren Klimaarchiv bis zu 400.000 Jahre zurückreicht“, sagt Knorr.

Die künstliche Temperaturkurve für Grönland bestand nicht nur den Höhlenvergleichstest. Sie lässt zudem den Rückschluss zu, dass die schnellen Klima-Umschwünge auf Grönland während der letzten Eiszeit keine Ausnahmeerscheinung waren. Sie sind in der Klimageschichte der letzten 800.000 Jahre offenbar in j eder Eiszeit aufgetreten. „Wir können mit unserer künstlichen Zeitreihe zeigen, dass im Laufe der letzten 800.000 Jahre plötzliche Klimaveränderungen anscheinend ein fester Bestandteil von Eiszeiten und beim Vergehen dieser waren. Das ist ein Resultat, dass definitiv Anlass zu weiterer Forschung gibt, da schnelle Klimaänderungen somit möglicherweise nicht nur eine passive Begleiterscheinung sind, sondern auch eine aktive Rolle beim Vergehen der Kaltzeiten gespielt haben könnten“, sagt Knorr. Diese neuen Erkenntnisse könnten helfen, besser zu verstehen, wie es zum Wechsel von einer Eiszeit zur anschließenden Warmzeit kommt. Bisher stellt diese Übergangsphase die Wissenschaftler noch immer vor Rätsel.

Zunächst einmal aber wollen die Forscher jetzt herausfinden, welche speziellen Prozesse diese Klima-Umschwünge initiieren und steuern. Zudem stehen sie vor der Aufgabe, diese Phänomene mit Klimamodellen zu simulieren und die bestimmenden Mechanismen zu identifizieren. „Die künstliche Temperaturkurve für Grönland könnte in Zukunft außerdem als gute Vergleichsgröße dienen“, sagt Knorr. Wissenschaftlern dürfte es mit ihrer Hilfe leichter fallen, das genaue Alter anderer Eis- und Sedimentproben besser einzugrenzen.

Hinweise für Redaktionen:
Der vollständige Literaturverweis für den Science-Beitrag lautet:
Barker, S. and Knorr, Gregor and Edwards, R. L. and Parrenin, F. and Putnam, A. E. and Skinner, L. C. and Wolff, E. and Ziegler, Martin (2011): 800,000 Years of Abrupt Climate Variability. Science 21 October 2011: Vol. 334 no. 6054 pp. 347-351 DOI: 10.1126/science.1203580

Druckbare Bilder f inden Sie in der Online-Version dieser Pressemitteilung unter www.awi.de. Dr. Gregor Knorr steht für Interviews zur Verfügung (Tel. 0471 4831-1769).
Ihre Ansprechpartnerin in der Abteilung Kommunikation und Medien des Alfred-Wegener-Instituts ist Sina Löschke (Tel. 0471 4831-2008; E-Mail: Sina.Loeschke@awi.de).

Das Alfred-Wegener-Institut forscht in der Ark tis, Antarktis und den Ozeanen der mittleren sowie hohen Breiten. Es koordiniert die Polarforschung in Deutschland und stellt wichtige Infrastruktur wie den Forschungseisbrecher Polarstern und Stationen in der Arktis und Antarktis für die internationale Wissenschaft zur Verfügung. Das Alfred-Wegener-Institut ist eines der 17 Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands.

 

Metall-organische Gerüste erzeugen Trinkwasser

Metall-organische Gerüste erzeugen Trinkwasser

EPFL-Wissenschaftler nutzen einfache Kombination mit Polydopamin

Gemauerte Abwasserkanäle: Gefahr durch Metalle (Foto: K.-U. Gerhardt/pixelio.de)
Gemauerte Abwasserkanäle: Gefahr durch Metalle (Foto: K.-U. Gerhardt/pixelio.de)

Lausanne (pte003/16.03.2018/06:10) –

Forscher der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) http://epfl.ch haben eine neue Technik entwickelt, mit der sich Wasser sekundenschnell
von Schwermetallen befreien lässt. Das könnte die Rettung für rund eine
Mrd. Menschen sein, die keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben.
Diese alarmierende Zahl nennt die Weltgesundheits-organisation WHO http://who.int .

Quecksilber und Blei filtern

Das Kunststück gelingt den Schweizern mit sogenannten
Metall-organischen Gerüsten (MOF). Das sind äußerst poröse Kristalle,
deren Knotenpunkte aus Metall bestehen. Verbunden sind diese mit
organischen Molekülen. Diese haben die Fähigkeit, bestimmte
Verunreinigungen in Wasser und in der Luft anzusaugen und in ihren Poren
sicher einzuschließen. Als bestens geeignet erwies sich Fe(BTC), ein
eisenbasiertes MOF, kombiniert mit Polydopamin, einem Kunststoff auf der
Grundlage des Glückshormons Dopamin.

In dieser Kombination ist das Material in der Lage,
große Mengen an Blei und Quecksilber aus dem Wasser zu entfernen. Das
Lausanner MOF ist in der Lage, das 1,6-Fache seines Eigengewichts an
Quecksilber beziehungsweise das 0,4-Fache an Blei aufzunehmen. Beide
Elemente werden via Abwasser in die Kläranlagen transportiert. Dort
können sie nicht entfernt werden, sodass sie letztlich in den Weltmeeren
landen, wo sie zur Gefahr für Fische und andere Meeresbewohner werden
können.

Erfreuliche Testergebnisse

Die Forscher haben ihren Wasserreiniger in Flint im
US-Bundesstaat Michigan ausprobiert. Dort gibt es Wasser, das extrem
verunreinigt ist. Innerhalb von Sekunden entfernte das MOF-Material so
viel Schwermetall, dass das Wasser nach den Richtlinien der WHO als
trinkbar galt. Die Forscher testeten das Material auch an Proben aus der
Rhône, dem Mittelmeer und einer Kläranlage in der Schweiz. Alle
Versuche brachten das gleiche erfreuliche Ergebnis.

Problematisch ist vor allem die Verunreinigung mit
Blei. Dieses Schwermetall ist in alten Farben, Glasuren, Spielzeugen
(Zinnsoldaten) und Abwasserleitungen enthalten. Quecksilber kommt
dagegen nicht mehr so häufig vor, nachdem es aus Thermometern verbannt
worden ist. In bestimmten Leuchtmitteln, vor allem bei der Goldwäsche,
wird es jedoch noch genutzt.

Hurrikan ‚Katrina‘ – Umdenken in der Energie- und Klimapolitik!

Berlin, 30. August 2005. Ein Umdenken in der Klimapolitik ist
unerlässlich, das zeigt nicht zuletzt die derzeitige Naturkatastrophe
in den USA, Hurrikan "Katrina". Verantwortlich für immer häufigere und
stärkere Naturkatastrophen sind die klimaschädigenden Treibhausgase in
der Erdatmosphäre, allen voran Kohlendioxid (CO2). Nach Aussagen von
Klimaforschern werden extreme Wetterereignisse, wie die Flut in Bayern
vergangene Woche, die Hitzewelle auf der Iberischen Halbinsel oder der
Hurrikan "Katrina" aufgrund der globalen Erwärmung weiter zunehmen.

Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Prof. Dr. Norbert Walter, ist
sich sicher, dass weitere Klimakatastrophen zum Umdenken in der
Energiepolitik führen werden, gerade auch in den USA. "Spätestens wenn
ein Hurrikan im Golf von Mexiko eine Bohrinsel trifft, werden auch die
Amerikaner das Thema Erneuerbare Energien in proaktiver Weise angehen.
Europa sollte auf diesen Zeitpunkt vorbereitet sein und den
technologischen Vorsprung nicht aufs Spiel setzen."

Dr. Simone Peter, Kampagnenleiterin von "Deutschland hat unendlich viel
Energie" bestätigt: "Ohne eine konsequente Klimavorsorgepolitik wird es
auf der Erde noch wärmer und das kommt uns teuer zu stehen. Der Ausbau
Erneuerbarer Energien ist wesentlich kostengünstiger als die Schäden,
die wir durch den Klimawandel zu erwarten haben. Bereits heute
vermeidet die Nutzung von Sonnen-, Wind- und Bioenergie, Wasserkraft
und Erdwärme in Deutschland den Ausstoß von mehr als 70 Mio. Tonnen CO2
– mit steigender Tendenz und bei sinkenden Kosten. Damit ist der
konsequente Ausbau Erneuerbarer Energien aus ökologischer und
ökonomischer Sicht zentraler Bestandteil einer wirksamen
Klimaschutzpolitik."

Kontakt:

Herausgeber: Informationskampagne für Erneuerbare Energien

Kampagnenleitung: Dr. Simone Peter

Redaktion: Doreen Rietentiet, Tel.: 030/200-535-53

E-Mail: d.rietentiet@unendlich-viel-energie.de

Sexuelle Täuschung erhöht die Zahl potenzieller Partner

Insektenkundler entlarven Flirt-Strategie tricksender Männchen


Dresden (pte/17.03.2005/15:50) – Um ihre Paarungschancen zu erhöhen nutzen viele Insektenmännchen einen raffinierten Trick: Denn die Männchen tun einfach so, als wären sie Weibchen. Diese überraschende Erkenntnis gab die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft http://www.bba.de bei der derzeitig stattfindenden Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für allgemeine und angewandte Entomologie (DGaaE) http://dgaae.de bekannt. „So etwas war bei Insekten bisher nicht bekannt“, erklärte Joachim Ruther vom Institut für Biologie der Freien Universität Berlin http://www.biologie.fu-berlin.de .


Den neuen Erkenntnissen zufolge senden die Männchen den Duft paarungswilliger Weibchen aus und führen so ihre Konkurrenten an der Nase herum. Die Forscher konnten dieses Verhalten bei den Lagererzwespen nachweisen, die ihre Nebenbuhler bereits im Puppenstadium täuschen und somit noch bevor sie als fertige Männchen schlüpfen.


Die schwarzen Lagererzwespen (Lariophagus distinguendus) sind ein bis zwei Millimeter groß und eigenen sich zur biologischen Schädlingsbekämpfung. Die Weibchen legen ihre Eier in Getreidekörner, die von Käferlarven befallen sind. Die schlüpfenden Erzwespenlarven fressen dann die Schädlingslarve. Wenn nach der Verpuppung die Weibchen schlüpfen, senden sie ein Sexualpheromon aus, das bei den Männchen das Balzverhalten auslöst.


Die Forscher konnten nun zeigen, dass auch die sich in den Körnern entwickelnden Männchen diesen sexuellen Lockstoff produzieren. Ihre bereits geschlüpften Konkurrenten hocken dann erwartungsvoll auf diesen Getreidekörnern und warten auf das vermeintliche Weibchen, das sich dann als Männchen entpuppt. Ein genialer Schachzug, denn die Wissenschaftler nehmen an, dass sie so ihre Nebenbuhler von der Suche nach den richtigen Weibchen abhalten und ihre eigenen Paarungschancen erhöhen.

Vierter Zustand der Materie

Im Inneren kosmischer Giganten, wie Jupiter
oder der Sonne, herrscht ein merkwürdiger Zustand. Der extrem große
Druck und die hohe Temperatur verwandeln die Materie in Plasma – ein
brodelndes Gemisch wild umherfliegender Atome, Ionen und Elektronen. Die
Materie ist dadurch gleichzeitig dichter als alle bekannten Festkörper,
aber auch derart heiß, dass sie den Schmelzpunkt jeglichen Materials
übersteigt. Mit ihrer neuen Nachwuchsgruppe geht Dr. Katerina Falk
dieser sogenannten „Warmen Dichten Materie“ am Helmholtz-Zentrum
Dresden-Rossendorf (HZDR) seit Anfang März 2018 auf den Grund. In den
nächsten sechs Jahren unterstützt die Helmholtz-Gemeinschaft die
Physikerin dafür mit insgesamt 1,8 Millionen Euro.

„Obwohl es sich die meisten Menschen in ihrem
täglichen Leben wahrscheinlich nicht vorstellen können, ist die warme
dichte Materie der häufigste Zustand im Universum“, erzählt Katerina
Falk. „Wir finden sie in Sternen, Galaxien und kosmischen Nebeln.
Trotzdem gibt es hier immer noch viel zu entdecken.“ Das liegt nach
Einschätzung der Forscherin vor allem an den Schwierigkeiten, die
Materieform experimentell zu untersuchen. So lässt sich die warme dichte
Materie mit den bisher verfügbaren Sonden und Methoden nicht genau
genug erforschen. Katerina Falk, die von der tschechischen Extreme Light
Infrastructure ELI nach Dresden wechselt, will deshalb mit einem
Postdoc und zwei Doktoranden hierfür geeignetere Verfahren entwickeln.
Mit den beiden Hochleistungslasern DRACO und zukünftig PENELOPE findet
sie am HZDR dafür die perfekte Umgebung.

„Indem wir einen hochintensiven Laserpuls auf eine
gasförmige Probe schießen, erzeugen wir im Labor ein Plasma“, erläutert
Falk. „Der Puls reißt Elektronen aus den Atomen heraus und kreiert so
eine Art Blase im Plasma, die ein starkes elektrisches Feld enthält.
Dieses Feld wiederum, das der Laserpuls mit sich zieht, schließt die
Elektronen ein und beschleunigt sie auf diese Weise bis fast auf
Lichtgeschwindigkeit. Die dabei entstehende Strahlung können wir nutzen,
um Materie zu durchleuchten.“ Aufbauend auf dem Prinzip will die
Forscherin eine neuartige Plattform entwickeln, die Lang- und
Kurzpuls-Laser mit räumlich aufgelösten Röntgenstrahlen sowie
innovativen Techniken der Elektronenstreuung kombiniert. Falk erhofft
sich dadurch neue Erkenntnisse über fundamentale Vorgänge in der warmen
dichten Materie, wie dem Strahlungstransport, der Wärmeübertragung oder
der elektrischen Leitfähigkeit.

„Diese Prozesse spielen bei vielen
astrophysikalischen Phänomenen eine entscheidende Rolle, zum Beispiel
bei der Entstehung der Planeten oder der Magnetfelder in ihrem Kern“,
erklärt die Physikerin. Im Anschluss an die Experimente in Dresden will
sie die neuen Methoden auch in Prag bei ELI sowie an der Helmholtz
International Beamline for Extreme Fields HIBEF, die das HZDR am
Europäischen Röntgenlaser XFEL in Hamburg aufbaut, testen. Exzellente
Rahmenbedingungen liefert ihr die Helmholtz-Gemeinschaft mit dem
Förderinstrument der Nachwuchsgruppen, schätzt die Forscherin ein: „Die
garantierte Unterstützung über sechs Jahre gibt ausreichend Zeit, um ein
Projekt ordentlich durchzuführen.“ Außerdem lobt Katerina Falk die
Möglichkeiten zur Lehre, die bei dem Programm miteingeschlossen sind. So
wird sie neben ihrer Forschung am HZDR auch einen Kurs im
Masterstudiengang Physik an der TU Dresden geben.

Nach dem Studium am Imperial College London sowie
ihrer Promotion in Atom- und Laserphysik an der Universität Oxford hat
Katerina Falk zunächst von März 2012 bis Dezember 2014 am Los Alamos
National Laboratory in New Mexico geforscht. Vor drei Jahren zog es sie
nach Prag, um dort die Beamline ELI mitaufzubauen. Im vergangenen
September erhielt Katerina Falk die Zusage für eine Nachwuchsgruppe von
der Helmholtz-Gemeinschaft. Mit diesem Programm will die größte deutsche
Forschungsorganisation exzellente Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler beim Start in eine eigenständige Karriere unterstützen.
Pro Jahr werden 20 Gruppen ausgeschrieben – 2017 konnten sich 16
Forscher die Förderung sichern. Neben Falks Team gibt es am HZDR derzeit
drei weitere Helmholtz- sowie eine Emmy Noether-Nachwuchsgruppe der
Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).

Forscher entschlüsseln die Antriebskräfte der Wanderung großer Eisberge

Forscher entschlüsseln die Antriebskräfte der Wanderung großer Eisberge

Tafeleisberge treiben acht Jahre und länger durch das Südpolarmeer und schmelzen vor allem an der Unterseite

Bremerhaven, 7. April 2017. Wenn in absehbarer Zukunft am
Larsen-C-Schelfeis in der Antarktis ein Tafeleisberg von der fast
siebenfachen Größe Berlins abbricht, beginnt für ihn eine Wanderung,
deren Route Klimawissenschaftler des Alfred-Wegener-Institutes,
Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung schon jetzt ziemlich
genau vorzeichnen können. Den Forschern ist es nämlich gelungen, die
Drift antarktischer Eisberge durch das Südpolarmeer treffend zu
modellieren und dabei die physikalischen Antriebe ihrer Wanderung und
ihres Schmelzens zu identifizieren. Welche Kräfte dabei maßgeblich
wirken, hängt nämlich von der Größe des Eisberges ab. Die neuen
Ergebnisse sind im Online-Portal des Fachmagazins Journal of Geophysical
Research: Oceans erschienen.

Zurzeit schauen Polarforscher aus aller Welt gespannt auf die
Antarktische Halbinsel. Am Larsen C-Schelfeis beginnt sich ein riesiger
Eisberg vom Schelfeis abzulösen. Der zukünftige Eisberg wird etwa 175
Kilometer lang und an seiner breitesten Stelle 50 Kilometer breit sein.
Das heißt, seine Gesamtfläche wird fast 6.000 Quadratkilometer betragen
und damit etwa 7-mal so groß sein wie das Stadtgebiet Berlins. Mit einem
Gesamtgewicht von etwa 1300 Gigatonnen Eis wird der Koloss außerdem
fast so viel auf die Waage bringen wie üblicherweise alle im Zeitraum
eines Jahres neu entstandenen Eisberge in der Antarktis
zusammengenommen.

Wann genau Eiskolosse dieser Größe kalben, lässt sich nicht vorhersagen.
Klimawissenschaftler des Alfred-Wegener-Institutes können jetzt aber
ziemlich genau prognostizieren, auf welchem Kurs große, mittlere und
kleine Eisberge durch das Südpolarmeer wandern – nachdem sie von der
Schelfeiskante abgebrochen sind – und welche physikalischen Kräfte die
Eismassen antreiben. Je nach Größe der Eisberge gibt es da nämlich
entscheidende Unterschiede.

Winzlinge treibt der Wind auf das offene Meer hinaus, die Riesen bleiben in Küstennähe

„Eisberge, die nicht länger und breiter als zwei Kilometer sind, treiben
innerhalb weniger Monate von der Schelfeiskante weg und aus dem
Küstenbereich heraus. Der Wind drückt sie auf das offene Meer hinaus, wo
sie dann im Laufe von zwei bis drei Jahren in kleinere Stücke
zerbrechen und schmelzen“, erläutert Thomas Rackow, Klimamodellierer am
Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven und Erstautor der neuen Studie.

Bei Kolossen von der Größe des Larsen-C-Kandidaten spiele der Wind
dagegen zunächst kaum eine Rolle. Angetrieben wird die Bewegung hier vor
allem durch das Eigengewicht des Eisberges und die Tatsache, dass die
Oberfläche des Südpolarmeeres keine ebene Fläche ist, sondern sich
Richtung Norden neigt. Das heißt, an der Südküste des Weddellmeeres kann
der Meeresspiegel bis zu 0,5 Meter höher liegen als im Zentrum des
Weddellmeeres. „Wenn große Eisberge treiben, dann rutschen sie zunächst
die schräge Meeresoberfläche hinunter. Ihre Rutschbahn verläuft dabei
jedoch nicht als gerade Linie, sondern schlägt einen Bogen nach links.
Der Grund dafür ist die Corioliskraft, welche auf die Erdrotation
zurückzuführen ist und die Eisberge letztlich auf eine Bahn parallel zur
Küste ablenkt, ähnlich dem Verlauf des Küstenstroms“, erklärt Thomas
Rackow.

Auf einer von vier Hauptstraßen Richtung Norden

Die Ablenkung durch die Corioliskraft erklärt auch, warum große
Tafeleisberge die ersten drei, vier Jahre in Küstennähe verbleiben. Den
Sprung hinaus auf das offene Meer schaffen viele von ihnen erst, sobald
der Küstenstrom die Küste verlässt oder wenn sie im Packeis gefangen
sind und der Wind das Meereis samt Eisberg von der Küste wegschiebt.
„Auf diese Weise gelangen dann auch die großen Tafeleisberge in
nördlichere Meeresregionen mit wärmerem Wasser“, so Thomas Rackow.

Einmal in wärmeren Gefilden, beginnen die Tafeleisberge vor allem an der
Unterseite zu schmelzen und folgen je nach Ursprungsort einem der vier
„Highways“, die alles schwimmende Eis der Antarktis Richtung Norden
führen. Eine dieser Eisberg-Autobahnen führt an der Ostküste der
Antarktischen Halbinsel entlang aus dem Weddellmeer Richtung Atlantik.
Eine zweite Ausfahrt zweigt auf Höhe des nullten Längengrads am Ostrand
des Weddellmeeres ab – etwa dort, wo die deutsche Antarktisstation
Neumayer III auf dem Ekström-Schelfeis steht. Die dritte Ausfahrt
beginnt auf Höhe des Kerguelen-Plateaus in der Ostantarktis und die
vierte führt das Eis aus dem Rossmeer Richtung Norden (siehe Grafik).

Große Eisberge, die einmal den Weg nach Norden eingeschlagen haben,
schaffen es häufig sogar, den 60. südlichen Breitengrad zu überqueren.
Das heißt, sie legen bis zu ihrem Schmelztod oft Tausende Kilometer
zurück. Einzelne wurden auch schon vor der Küste Südamerikas oder
Neuseelands gesichtet.

Wie weit der künftige Larsen-C-Eisberg treiben wird, hängt davon ab, ob
er nach dem Abbruch als ganzer Eisberg erhalten bleibt oder schnell in
viele kleinere Stücke zerfällt. Zudem könnte der Eisberg auch für einen
gewissen Zeitraum auf Grund laufen. „Im ersten Fall stehen die Chancen
gut, dass er zunächst für etwa ein Jahr entlang der Antarktischen
Halbinsel durch das Weddellmeer treibt. Dann dürfte er Kurs Richtung
Nordosten nehmen. Das heißt, er würde in etwa Südgeorgien und die
Südlichen Sandwich-Inseln ansteuern“, sagt Thomas Rackow.

Angesichts seiner Gesamtmasse dürfte der Larsen-C-Koloss eine Lebenszeit
von acht bis zehn Jahren haben. Älter wird laut Computermodell kaum
einer der weißen Wanderer.

Für die neue Studie haben Thomas Rackow und Kollegen die realen
Positions- und Größendaten von 6912 antarktischen Eisbergen in das
Bremerhavener Meereis-Ozean-Modell FESOM eingespeist und es mit dem
dynamisch-thermodynamischen Eisberg-Modell des AWI gekoppelt. Im
Anschluss simulierten die Forscher die Drift und das Schmelzen der
Eisberge über einen Zeitraum von zwölf Jahren. Die vom Modell
berechneten Routen überprüften sie dann sowohl mit Echtdaten großer
Eisberge aus der „Antarctic Iceberg Tracking Database“ als auch mit
Positionsdaten von GPS-Sendern, die das AWI bereits in den Jahren 2000
und 2002 auf verschiedenen Eisbergen im Weddellmeer installiert hatte.

„Bei dieser Studie ging es uns in erster Linie darum, zu verstehen, in
welcher Region des Südpolarmeeres die großen Eisberge schmelzen und
somit große Mengen Süßwasser in das Meer eintragen. Dass es uns nun auch
gelungen ist, die grundlegenden Mechanismen so umfassend zu
entschlüsseln, freut uns aber umso mehr“, sagt Thomas Rackow.

Algen versus Biodiesel

Biodiesel kam in den letzten Jahren in Kritik, da sich die zur Gewinnung benötigten Anbauflächen als Konkurrenz zur Lebensmittelproduktion herausstellten. Der Einsatz von Algen als pflanzliche Biodiesel-Rohstoffe könnte hier eine Lösung bieten. Meeresbiologen der Universität Wien http://www.univie.ac.at/marine-biology prüfen derzeit in Kooperation mit der BioDiesel International http://www.biodiesel-intl.com/ Verarbeitungsformen und Erträge einer ölhältigen Mikroalge, die sich für die Erzeugung von Biodiesel eignet.

Dass aus Algen Öl gewonnen werden kann, ist bereits seit den 70er-Jahren bekannt. Sie sind in ihrer fossilen Form immerhin an der Entstehung von Rohöl beteiligt. "Bisher wurde aber die Untersuchung aus Kostengründen nicht weitergeführt", so Forschungsleiter Friedrich Schagerl gegenüber pressetext. Der finanzielle Aufwand für erforderliche Photobioreaktoren und die Entnahme der Algen aus dem Flüssigmedium sei groß, jedoch steige mit den Treibstoffpreisen das Interesse der Wirtschaft an dieser alternativen Gewinnung. Doch auch lebende Schwebealgen enthalten für die Biomasse nutzbares Öl, das sie zum Überleben brauchen. Die Ölpartikel machen sie leichter und verhindern ihr Absinken in Tiefe, wo es kein für die Photosynthese notwendiges Sonnenlicht gibt. Besonders hohe Fettgehalte haben die verschiedenen Arten der Grünalge Botryococcus.

Um die Verarbeitungsmöglichkeiten zu erforschen, isoliert das Wiener Forscherteam zunächst Algen aus verschiedensten Biotopen, züchtet sie und sucht nach ihrem maximalen Ölgehalt. "Die wichtigste Voraussetzung für das Wachstum von Algen ist das Sonnenlicht, das bei der Züchtung in nördlichen Regionen durch künstliche Beleuchtung ersetzt werden muss", erklärt Schagerl. Das Flüssigmedium, in dem die Algen wachsen, enthalte eine Nährlösung aus Phosphor, Stickstoff, Kohlenstoff und anderen mineralischen Stoffen, außerdem brauche die Pflanze zum Aufbau der Biomasse große Mengen an Kohlendioxid. "Das für den Photobioreaktor notwendige CO2 erhalten wir von einem Biomasse-Kraftwerk. So werden dessen Abgase selbst wieder als Biomasse gebunden", so der Wiener Meeresbiologe.

Der benötigte Rohstoff für Algensprit wächst schnell und die verlorene Agrarfläche ist im Vergleich zu Biodiesel aus Feldfrüchten klein. Doch auch von der Qualität des Algen-Biodiesels verspricht sich Schagerl einiges. "Durch eine nachträgliche Veresterung kann hochwertiger Kraftstoff hergestellt werden, die Anwendung ist sogar für das Flugzeugbenzin Kerosin denkbar." Die Qualität des Diesels hänge vor allem von der Art der Alge ab, so Schagerl abschließend.

KIT-Zentrum Energie: Zukunft im Blick

KIT-Zentrum Energie: Zukunft im Blick
Physik-Nobelpreisträger Carlo Rubbia besuchte heute das KIT. (Foto: Martin Lober)
Wasserstoff aus Methan herzustellen, ohne dass dabei Kohlen-dioxid entsteht, ist Ziel eines Projekts, an dem das KIT maßgeb-lich beteiligt ist: Im Karlsruher Flüssigmetalllabor KALLA bau-en Forscher einen neuartigen Flüssigmetall-Blasensäulenreak-tor auf, der eingeleitetes Methan unter hoher Temperatur in Wasserstoff und elementaren Kohlenstoff zerlegt. Das KIT fun-giert dabei als Partner des Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS). Heute traf sich der Initiator des Projekts und wissenschaftlicher Direktor des IASS, Nobelpreisträger Profes-sor Carlo Rubbia, am KIT mit Forschern des KALLA, des Insti-tuts für Hochleistungsimpuls- und Mikrowellentechnik (IHM) und des Instituts für Angewandte Materialwissenschaften – Werkstoffprozeßtechnik (IAM-WPT).
Aus fossilen Brennstoffen Energie gewinnen, ohne dabei den Aus-stoß von klimaschädlichem Kohlendioxid zu verursachen – diese Vision könnte durch das Forschungsprogramm „Verbrennung von Methan ohne CO2-Emissionen“ Wirklichkeit werden. Seit Ende 2012 ist das KIT Partner in dem Programm, das zum Cluster „Erdsystem, Energie und Umwelt“ (E³) am Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) in Potdam gehört. „This is the truly pioneering exper-
Wasserstoff aus Methan ohne CO2-Ausstoß

Dies ist ein wirklich zukunftsweisendes Experiment mit dem Ehr-geiz, fossile Energieträger zu nutzen, ohne dass CO2 frei wird.], sagte der Wissenschaftliche Direktor des IASS und Physik-Nobelpreisträger Professor Carlo Rubbia im Rahmen seines heuti-gen Besuchs am KIT.
Wasserstoff stellt ein aussichtsreiches Medium für Energiespeiche-rung und Energietransport der Zukunft dar. Allerdings ist er nur in gebundener Form verfügbar, nämlich in Wasser (H2O) oder in Koh-lenwasserstoffen wie in Erdöl, Erdgas oder Kohle. Der Wasserstoff muss also zunächst abgespalten werden. Bei herkömmlichen Trenn-verfahren entsteht das klimaschädliche Treibhausgas Kohlendioxid. Die heutige weltweite Wasserstoffproduktion verursacht rund fünf Prozent der globalen CO2-Emissionen.
Zur CO2-freien Wasserstoffherstellung setzt das Projekt am KIT auf die thermische Zerlegung von Methan in einem Hochtemperatur-Blasensäulenreaktor. Damit betreten die Karlsruher Forscher wis-senschaftliches Neuland. „Mit dem Projekt haben wir die Chance, an der Entwicklung von Grundlagen für eine völlig neue Energietechno-logie mitzuwirken“, erklärt der Leiter des KALLA, Professor Thomas Wetzel. „Sollte sich die Machbarkeit bestätigen lassen, würde die nachhaltige Herstellung und Nutzung von Wasserstoff sogar aus fossilen Quellen möglich, die bei konventioneller Nutzung klima-schädlich wären.“
Der Flüssigmetall-Blasensäulenreaktor, der in den kommenden Monaten am KALLA entsteht, ist eine senkrecht stehende Säule von rund einem halben Meter Höhe mit einem Durchmesser von weni-gen Zentimetern. Gefüllt ist die Säule mit flüssigem Metall, das bis auf 1000 Grad Celsius erhitzt wird. Durch einen porösen Körper am unteren Ende wird Methan in feinen Bläschen eingeleitet. Diese steigen an die Oberfläche. „Bei solch hohen Temperaturen zerfällt das Methan in den aufsteigenden Bläschen zunehmend in seine Bestandteile Wasserstoff und Kohlenstoff“, erklärt Professor Thomas Wetzel. „Wir werden untersuchen, wie viel Wasserstoff wir durch geschickte Prozeßgestaltung tatsächlich gewinnen können.“
Mit dem Flüssigmetall-Blasensäulenreaktor bauen die KIT-Forscher auf früheren Arbeiten von Professor Carlo Rubbia und Professor Alberto Abánades vom IASS auf. Sie hatten die thermische Zerle-gung von Methan in einem Gasphasenreaktor durchgeführt. Bei dieser Gasphasenreaktion setzt sich der entstehende Kohlenstoff jedoch an den Reaktorwänden ab. Damit werden die Gaskanäle nach kurzer Zeit blockiert, sodass kein kontinuierlicher Prozess

möglich ist. „In dem nun mit den IASS-Kollegen geplanten Reaktor übernimmt die Hülle der Bläschen die Rolle der Wand“, erläutert Thomas Wetzel. „Erst wenn die Bläschen an der Oberfläche des flüssigen Metalls platzen, wird Kohlenstoff frei. Die Reaktorwand erneuert sich sozusagen immer wieder.“ Ein ähnliches Vorgehen wurde erstmals von Forschern um Manuela Serban in einer Arbeit aus dem Argonne National Lab, USA, vor etwa zehn Jahren be-schrieben. Das Verfahren ist seitdem aber nicht weiterentwickelt worden.
Nach dem Aufbau des Versuchsreaktors werden die KIT-Wissen-schaftler noch in diesem Jahr die Wirkung verschiedener Einflusspa-rameter auf die Prozessführung und die mögliche Wasserstoffaus-beute untersuchen. Ein weiterer Schwerpunkt der Arbeiten am KIT liegt auf grundlegenden wissenschaftlichen Fragen, beispielsweise nach der Identifizierung der Reaktionspfade, welche die Zusam-mensetzung des Produktgasstroms beeinflussen und nach Möglich-keiten, den Kohlenstoff aus dem Reaktor zu entfernen. Parallel dazu befassen die Forscher sich mit der Materialauswahl für mögliche zukünftige industrielle Reaktoren, der Filtertechnik und der Entwick-lung von Sonden für eine spätere kontinuierliche Prozessführung.
In der Energieforschung ist das Karlsruher Institut für Techno-logie (KIT) eine der europaweit führenden Einrichtungen. Das KIT unterstützt die Energiewende und den Umbau des Energie-systems in Deutschland durch seine Aktivitäten in Forschung, Lehre und Innovation. Hier verbindet das KIT exzellente tech-nik- und naturwissenschaftliche Kompetenzen mit wirtschafts-, geistes- und sozialwissenschaftlichem sowie rechtswissen-schaftlichem Fachwissen. Die Arbeit des KIT-Zentrums Energie gliedert sich in sieben Topics: Energieumwandlung, erneuerba-re Energien, Energiespeicherung und Energieverteilung, effizi-ente Energienutzung, Fusionstechnologie, Kernenergie und Sicherheit sowie Energiesystemanalyse. Klare Prioritäten lie-gen in den Bereichen Energieeffizienz und erneuerbare Ener-gien, Energiespeicher und Netze, Elektromobilität sowie dem Ausbau der internationalen Forschungszusammenarbeit.

Klimapuzzle Arktischer Ozean

Die Klimageschichte der Nordpolarregion konnte erstmals anhand eines
arktischen Bohrkerns rekonstruiert werden. Absolut neu und überraschend
ist, dass sich die Arktis wesentlich früher abgekühlte, als bisher
angenommen. In der Bohrung auf dem Lomonosow-Rücken hat man
eistransportiertes Material in Ablagerungen gefunden, die 45 Millionen
Jahre alt sind. Erste Teile der Antarktis begannen ebenfalls vor rund
43 Millionen Jahren zu vereisen. Die Wissenschaftler leiten daraus ab,
dass die Abkühlung der Erde seit etwa 50 Millionen Jahren durch
entsprechende Prozesse an beiden Polen gesteuert wurde. Die unter
Mitarbeit von Wissenschaftlern des Alfred-Wegener-Instituts in
Bremerhaven gewonnenen Erkenntnisse wurden jetzt im
Wissenschaftsmagazin Nature veröffentlicht.

Die bisherige Rekonstruktion der Langzeit-Klimageschichte der Erde
beruht überwiegend auf geologischen Informationen aus nicht-polaren
Breiten. Aufgrund der logistischen Herausforderungen waren
entsprechende Archive aus den polaren Gebieten nur schwer zu gewinnen.
Im Spätsommer 2004 wurden drei Eisbrecher eingesetzt, um einen 400
Meter langen Sedimentkern vom dem in der zentralen Arktis gelegenen
Lomonosow-Rücken zu erhalten.

Bereits vor dieser Tiefbohrung war bekannt, dass sich die Erde vor 100
Millionen Jahren abzukühlen begann. Die vorhandenen Klimadaten
suggerierten, dass die Abkühlung durch die Vereisung in der Antarktis
gesteuert wurde. Die Arktis kühlte nach diesem Modell erst sehr viel
später vor rund zehn Millionen Jahren ab. In der Bohrung auf dem
Lomonosow-Rücken fand sich eistransportiertes Material in Ablagerungen,
die 45 Millionen Jahre alt sind. Dies bedeutet, dass Meereis in der
Arktis wesentlich früher aufgetreten ist, als bisher angenommen. Erste
Teile der Antarktis begannen ebenfalls vor rund 43 Millionen Jahren zu
vereisen. Die Autoren leiten daraus ab, dass die Abkühlung der Erde
seit etwa 50 Millionen Jahren durch entsprechende Prozesse an beiden
Polen gesteuert wurde.

Dieser generelle Abkühlungstrend führte dann zur ersten massiven
Vereisung der Antarktis vor ungefähr 14 Millionen Jahren. Aufgrund der
globalen Abkühlung vor 3,2 Millionen Jahren begann dann ebenfalls
Grönland zu vereisen. Aus der zeitlichen Synchronität der Ereignisse in
der Arktis und Antarktis leiten die Autoren ab, dass für die generelle
Abkühlung der Erde überwiegend Treibhausgase wie Methan und
Kohlendioxyd verantwortlich waren. Die Öffnung von Meeresstrassen, wie
die Drake Passage im Süden und die Framstrasse im Norden, hatten
offensichtlich einen geringeren Einfluss auf das Weltklima als bisher
gedacht.

Die erste wissenschaftliche Tiefbohrung im arktischen Ozean fand etwa
225 Kilometer vom Nordpol entfernt statt. Meterdicke Packeisrücken und
große Treibeisschollen erschwerten die Arbeiten. Voraussetzung für
diese Mission waren seismische Daten, die im Jahr 1991 während einer
internationalen Arktisexpedition mit den Eisbrechern Polarstern und
Oden entlang des Lomonosow-Rückens erhoben wurden. Bisher standen aus
dieser Region nur Kurzkerne von weniger als 15 Metern zur Verfügung.
“Die in dem 400 Meter langen Bohrkern enthaltenen Sedimente geben
Aufschluss über die Klima- und Umweltgeschichte des Arktischen Beckens
während der letzten 55 Millionen Jahre³, sagt Prof. Dr. Rüdiger Stein
vom Alfred-Wegener-Institut. “Die Kurzkerne lassen keine direkten
Aussagen über die längerfristige Klimageschichte zu. Nur anhand des
neuen Sedimentkerns können wir den Übergang von einem frühen
(alttertiären) eisfreien zu einem eisbedeckten Arktischen Ozean, wie
wir ihn heute kennen, erklären.³ Das Verständnis der Ursachen dieser

langfristigen Klimaänderungen ist auch von großer Bedeutung, um die
aktuell beobachteten Umweltveränderungen in der Arktis zu verstehen.

Bis zur Tiefbohrung in der Arktis war auch unbekannt, ob das Klima in
der Nordpolarregion vor etwa 55 Millionen Jahren erheblich wärmer war
als heute., wie es Untersuchungen aus nicht-polaren Regionen für das
globale Klima zeigten. Aus den arktischen Sedimenten lässt sich
ablesen, dass in diesem Zeitraum etwa 50 Prozent des heutigen
arktischen Ozeans noch nicht existierte und die Wassertemperaturen bei
maximal 24 Grad Celsius lagen. Vor und nach diesem Klimaoptimum lagen
die Wassertemperaturen in der Arktis nur bei 18 Grad Celsius.

Integrated Ocean Drilling Programm – IODP

Die Bohrkampagne wurde im Rahmen des internationalen Bohrprogramms
“Integrated Ocean Drilling Program – IODP³ durchgeführt. Die
wissenschaftliche Leitung dieser Expedition lag bei Prof. Jan Backman
von der Universität Stockholm und Prof. Kate Moran von Rhodes Island.

Mehr Informationen zum IODP finden Sie unter www.bgr.de/iodp/home.htm ,
www.rcom.marum.de/Arktische_Bohrexpedition_2004_ACEX.html oder auf den
internationalen Seiten www.iodp.org/

Ozon und Klima: Mit dem Forschungsflugzeug HALO zum Nordpol

die Belastung der Erdatmosphäre durch
ozonzerstörende Substanzen wie Chlor oder Brom aus
Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) hat sich dank des Montrealer
Abkommens zum Schutz der Ozonschicht in den vergangenen Jahren
verringert. Ozon wird jedoch nicht nur von diesen Substanzen
beeinflusst, sondern ist auch selbst ein Treibhausgas: Seine Wirkung auf
das bodennahe Klima ist in der Tropopausenregion – der Übergangszone
zwischen Stratosphäre und Troposphäre in circa sieben bis 17 Kilometern
Höhe – am größten. Die dort ablaufenden komplexen Prozesse sind
Gegenstand einer umfangreichen Messkampagne mit dem deutschen
Forschungsflugzeug HALO, die Klimaforscher des Karlsruher Instituts für
Technologie (KIT) koordinieren und im Verbund mit mehreren Partnern
durchführen.

„Bisher ist die Tropopausenregion über der
Arktis noch wenig untersucht. Für die nun startende Messkampagne wurde
das Forschungsflugzeug HALO mit einer gezielten Kombination speziell
entwickelter Sensoren ausgerüstet. Unter anderem wollen wir so die
Prozesse, die Ozon und andere klimawirksame Spurengase in der arktischen
Tropopausenregion im Winter beeinflussen besser verstehen“, so  Hermann
Oelhaf vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung des KIT, der
die Kampagne zusammen mit seinem Kollegen Dr. Björn-Martin Sinnhuber
koordiniert.

„Wir wissen, dass der Klimawandel aufgrund
der Zunahme von CO2 und anderen Treibhausgasen in der Atmosphäre die
Ozonschicht stark beeinflussen wird. Aber gerade im arktischen Winter
sind die Prozesse durch das Wechselspiel von atmosphärischer Zirkulation
und Chemie komplex, und wir verstehen einige der Mechanismen noch nicht
ausreichend genug, um verlässliche Prognosen für die Zukunft abgeben zu
können,“ so Björn-Martin Sinnhuber. Während etwa am Erdboden die
Zunahme an Treibhausgasen zu einer globalen Erwärmung führe, bewirke sie
in der Stratosphäre eine Abkühlung.

Im Gegensatz zum Südpol, wo sich jedes Jahr
im Frühjahr der Südhemisphäre ein Ozonloch bildet, wurden über der
Arktis nur in wenigen, besonders kalten Wintern extreme Ozonzerstörungen
beobachtet, die dem antarktischen Ozonloch vergleichbar sind. „Ob aber
tatsächlich durch den Klimawandel häufiger kalte Winter in der
arktischen Stratosphäre auftreten werden oder ob Änderungen in der
atmosphärischen Zirkulation eher zu einer Erwärmung der arktischen
Stratosphäre führen werden, ist noch eine offene Frage“, sagt Sinnhuber.

Besonderes Augenmerk richten die Forscher
während der Kampagne auf Prozesse, die Ozon, Wasserdampf und andere
Spurengase im Bereich der Tropopause kontrollieren, also im
Übergangsbereich zwischen der Troposphäre und der Stratosphäre. Die
Tropopause liegt je nach Jahreszeit und geografischer Breite zwischen
sieben und siebzehn Kilometern Höhe, in polaren Breiten in etwa sieben
bis zwölf Kilometern Höhe. „Von entscheidender Bedeutung für die
Verteilung klimawirksamer Spurengase in der Tropopausenregion sind die
Transportwege, über welche die arktischen Luftmassen in die mittleren
Breiten gelangen und umgekehrt, sowie Austauschprozesse zwischen
Stratosphäre und Troposphäre“, erläutert Hermann Oelhaf. Mit einer
Flughöhe bis 15 Kilometer und einer Reichweite von mehr als 8.000
Kilometern ist HALO (High Altitude and Long Range Research Aircraft) für
solche Studien besonders geeignet.

Ein wichtiges Messgerät an Bord von HALO ist
das Infrarotspektrometer GLORIA, das Wissenschaftler und Ingenieure des
KIT und des Forschungszentrums Jülich gemeinsam entwickelt und gebaut
haben. „Mit GLORIA können wir Temperatur, Wolkenparameter und eine
Vielzahl von Spurengasen in der Atmosphäre beobachten“, so Hermann
Oelhaf. Das Infrarotspektrometer analysiert die Wärmestrahlung der
Atmosphäre und identifiziert verschiedene Spurengase anhand ihrer
spektralen Signatur, einer Art „Fingerabdruck“ der Moleküle. Da dabei
die Abstrahlung der Atmosphäre selbst gemessen wird, funktioniert das
Verfahren auch während der Polarnacht. GLORIA kombiniert Spektrometer
und Infrarotkamera und kann auf diese Weise zweidimensionale
Spurengasverteilungen – man kann sich dies als fein gewebte Vorhänge
entlang des Flugpfades vorstellen – viel detaillierter beobachten als
bisher. „Dies ermöglicht uns neue Einblicke in vertikale und horizontale
Transportprozesse, ebenso in die Wechselwirkung zwischen hohen dünnen
Cirrus-Wolken und Spurengasen wie Wasserdampf in der Tropopausenregion,
beides kritische Größen im Klimasystem“, erläutert Oelhaf.

Etwa 70 Wissenschaftler, Ingenieure,
Techniker, Piloten, und Logistiker werden im Hangar „Arena Arctica“ im
schwedischen Kiruna am Polarkreis vor Ort sein. Partner im Projekt
„POLSTRACC – The Polar Stratosphere in a Changing Climate“ (dt. Die
polare Stratosphäre im Klimawandel) sind neben dem Karlsruher Institut
für Technologie (KIT) das Forschungszentrum Jülich (FZJ), das Deutsche
Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sowie die Universitäten
Heidelberg, Frankfurt, Mainz und Wuppertal. Derzeit finden erste
Testflüge von der DLR-Basis Oberpfaffenhofen bei München statt. Zwischen
Januar und März 2016 dient dann die „Arena Arctica“ als Basis für zehn
bis 15 Forschungsflüge über das Eismeer in Richtung Grönland und
Nordpol.

Über HALO

Das Forschungsflugzeug HALO ist eine
Gemeinschaftsinitiative deutscher Umwelt- und
Klimaforschungseinrichtungen. Gefördert wird HALO durch Zuwendungen des
Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der Deutschen
Forschungsgemeinschaft (DFG), der Helmholtz-Gemeinschaft, der
Max-Planck-Gesellschaft (MPG), der Leibniz-Gemeinschaft, des Freistaates
Bayern, des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), des Deutschen
GeoForschungsZentrums GFZ, des Forschungszentrums Jülich und des
Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).