Archiv der Kategorie: Klassische Medizin

Darmkrebs im Tierversuch unterdrückt

Darmkrebs zu verhindern?
Nachweis im Tiermodell geglückt
 
19.10.2004. An der Kieler Universität wurde ein Protein geschaffen, das
bei Mäusen gegen Darmkrebs vorbeugt. Einer Forschergruppe um den Kieler
Biochemiker Professor Stefan Rose-John und Professor Markus F. Neurath,
Universitätsklinikum Mainz, gelang jetzt der Nachweis, dass das Protein
die krebsauslösende Signalgebung des Botenstoffs Interleukin-6 (IL-6)
unterdrückt. Die neuen Ergebnisse resultieren auf Eingriffen in die
TGF-ß Signalübertragung auf der Körperzelle und werden in der
renommierten amerikanischen Fachzeitschrift „Immunity“ (Ausgabe vom 20.
Oktober) beschrieben. Die Kieler Firma „Conaris“ wird den neuen Stoff
zu einem anwendungsfähigen Medikament entwickeln.
 
Zur Forschung
Bereits 2003 konnten Stefan Rose-John und Markus F. Neurath im
Tiermodell belegen, dass das von Rose-John geschaffene, lösliche
Glycoprotein (sgp 130 Fc) chronische Entzündungen wie Gelenkrheuma
(Arthritis) sowie Darmentzündung verhindert, indem es das Signal des
Botenstoffs IL-6 auf der Zelloberfläche „abschaltet“.
 
Da das Zytokin Interleukin-6 eine wichtige Rolle in der Immunabwehr
spielt und im Organismus benötigt wird, sollte man diesen Botenstoff
nicht völlig blockieren. Es wurde vielmehr ein Mechanismus benötigt,
der nur in bestimmten Fällen, nämlich beim Auslösen chronischer
Entzündungen, hemmend wirkt und so das ebenfalls von Rose-John
entdeckte „trans-signaling“ verhindert. Die entscheidende Entwicklung
lag in der Veränderung des Zytokinrezeptors gp 130. Das neue, von
Rose-John erfundene sgp 130 Fc hemmt nur die Botentätigkeit von IL-6 in
den gewünschten Fällen.
 
Bereits 2001 war es Rose-John gelungen, die Architektur des
Zytokinrezeptorkomplexes zu entschlüsseln. Das in der Zeitschrift
„Science“ am 16. März 2001 vorgestellte Ergebnis war bereits damals als
„Meilenstein in der Erforschung des Immunsystems bezeichnet worden“.
 
Der biomedizinische und molekularbiologische Bereich ist an der
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel besonders profiliert. Die
vorgestellte Arbeit entstand im Zusammenhang mit dem
Sonderforschungsbereich (SFB) 415 „Spezifität und Pathophysiologie von
Signaltransduktionswegen“, in dem Mediziner und Biologen schon über
Jahre erfolgreich zusammenarbeiten. Entzündliche Prozesse im weitesten
Sinn werden in vielen Kieler Gruppen erforscht. Gerade die
interdisziplinäre Struktur der CAU bietet gute Voraussetzungen für die
Beantwortung derart komplexer Fragestellungen. Auch der 2002
eingerichtete Sonderforschungsbereich 617 „Molekulare Mechanismen der
epithelialen Abwehr“ widmet sich entzündlichen Vorgängen.
 
Zur Anwendung
In weiteren fünf bis acht Jahren planen Rose-John und Professor Stefan
Schreiber, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, das
Designer-Protein sgp 130 Fc zur Marktreife zu bringen. Die 2001
gemeinsam gegründete Firma „Conaris“ widmet sich der Produktentwicklung.
 
Die neusten Ergebnisse belegen gleichzeitig ein weiteres Mal, welch
wichtige Rolle Entzündungsvorgänge zur Erforschung und Behandlung von
Krankheiten spielen. „Langfristig wird man auch Alzheimer und
Herzinfarkt als Entzündungsvorgänge entschlüsseln können“, so
Rose-John. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass wir dort ähnliche
Mechanismen finden und auf ähnliche Weise vorbeugend arbeiten können.
Wir haben nun eine klare Spur, wie wir Störungen des Immunsystems
beeinflussen können.“
 
Für Medikamente, die nun von Conaris zu entwickeln sind, bietet sich
damit ein Milliardenmarkt. „Wir wollen jedoch hier keinen Börsen-Hype
betreiben“, so die beiden Professoren und Firmenchefs. Gesundes
wirtschaftliches Wachstum entstehe in diesem Markt nur durch gründliche
Forschung. Was den Patienten am besten diene, werde sich langfristig
auch am besten wirtschaftlich behaupten.
 
„Diese Verzahnung von Grundlagenforschung und Anwendung bringt eine
ganz neue Qualität des wissenschaftlichen Arbeitens“, so Stefan
Schreiber. „Sie resultiert in Kiel auch aus dem hervorragend
funktionierenden kollegialen Miteinander.“

Nanotechnologie – nicht ohne Gesundheitsrisiko ?

Langfristige Folgen können Auswirkungen wie Asbest aufweisen

London/Berlin (pte/06.05.2006/06:00) – Vom 02. bis 03. Mai wurden auf
der Konferenz "Nanoparticles for European Industry"
http://www.nano.org.uk in London Fragen zur Herstellung, Charakter und
toxikologische Folgen von Produkten der Nanotechnologie erörtert.
Bislang steht die Forschung am Anfang, Schäden für die Gesundheit sind
noch unbekannt. Experten warnen aber vor gesundheitlichen Folgen
ungeahnten Ausmaßes, ähnlich wie bei Asbest. Es bestehe erheblicher
Forschungsbedarf, so die Forscher.

"Es gibt keine vollständige Marktübersicht mit nanotechnologisch
veränderten Produkten" so Thorsten Wiegers, Pressesprecher des
Bundesinstitut für Risikobewertung http://www.bfr.bund.de/, im Gespräch
mit pressetext. Derzeit sei laut Wiegers noch nicht klar, ob Produkte,
bei denen Nanotechnologie eingesetzt werden, der Gesundheit schaden.
Der Einsatz von Nanomaterialien in Verbraucherprodukten ist nicht
speziell gesetzlich geregelt, so Wiegers weiter. Produkte mit
Nanopartikeln müssen momentan nicht gekennzeichnet werden.

Angewendet wird diese Technologie bereits in vielen Produkten des
Alltags, beispielsweise als Schutzschicht für Haushaltsgeräte,
Brillenoberflächen und Automobillackierungen. Nanotechnologie
bezeichnet die kontrollierte Veränderung von Atomen und Molekülen.
Dadurch entstehen Materialien mit verbesserten Eigenschaften wie etwa
Kratzfestigkeit, Transparenz, Leitfähigkeit und Festigkeit. Anwendung
findet diese Technologie in der Produktion von Wandfarben,
Fenstersprays, Sonnencremes, Kaugummis und Tabletten. 2005 betrug die
Förderung der Nanotechnologie in Deutschland mit Bundesmittel 298 Mio.
Euro. In nahezu allen High-Tech-Branchen wird ein Innovationsschub
erwartet.

Neue Behandlungsstrategien für Patienten mit Hepatitis C

Moderne Wirkstoffe verbessern Heilungschancen

DGVS empfiehlt neue Behandlungsstrategien für Patienten mit Hepatitis C

Berlin
– Neue, direkt antiviral wirkende Medikamente wandeln derzeit die
Behandlung von Hepatitis C: Angesichts des neuen Wirkstoffs Sofosbuvir
und den erwarteten weiteren Arzneimittelzulassungen hat die Deutsche
Gesellsch
aft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten
(DGVS) aktuelle Empfehlungen zur Behandlung von Patienten mit
chronischen Hepatitis C-Infektionen ausgesprochen. Die bisher üblichen
Therapien könnten nicht mehr als Standard gelten, so die Experten der
Fachgesellschaft. Die DGVS kündigt an, die auf ihrer Homepage veröffentlichten Empfehlungen mit der Verfügbarkeit neuer Substanzen stetig zu aktualisieren.

„Die
Zulassung von Sofosbuvir hat das Behandlungsspektrum bei Hepatitis C
deutlich erweitert“, erklärt Professor Dr. med. Michael Manns,  Direktor
der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie an
der Medizinischen Hochschule Hannover. Mit dem neuen Medikament würden
bei der Behandlung von Erkrankungen mit dem Hepatitis C-Virus (HCV) vom
Genotyp 1 deutlich mehr Patienten auf die Therapie ansprechen –  bei
gleichzeitig verkürzter Therapiedauer. Außerdem bestehe endlich die
Möglichkeit einer Interferon-freien und damit nebenwirkungsärmeren
Therapie. Letztere hat sich besonders für Infektionen mit dem Genotyp 2
als wirksam erwiesen.

Noch
einmal entscheidend verbessern werden sich die Heilungschancen für
Hepatitis C-Patienten nach Meinung der Experten, wenn die
Zulassungsbehörde voraussichtlich noch im laufenden Jahr die Wirkstoffe
Simeprevir, Faldaprevir und Daclatasvir freigibt: „Diese Substanzen
ermögl
ichen erste Interferon-freie Therapiekombinationen für alle Genotypen“,
erklärt Manns. Darüber hinaus werden im Laufe des Jahres 2014 weitere
Interferon-freie Kombinationstherapien mit hoher Wirksamkeit zugelassen,
die eine kontinuierliche Anpassung der Therapieempfehlungen nach sich
ziehen werden.

„In
Anbetracht der  zukünftigen Therapieoptionen sollten Ärzte und
Patienten gemeinsam abschätzen, wie dringlich eine antivirale Therapie
ist und dabei die potentiellen Nebenwirkungen und Erfolgschancen
berücksichtigen“, erklärt DGVS-Vorstandsmitglied Professor Dr. med.
Stefan Zeuzem, Direktor der Medizinischen Klinik 1 am
Universitätsklinikum Frankfurt am Main. „Bei der Frage, ob mit der
Therapie noch
abgewartet werden sollte, ist der Patientenwunsch mitentscheidend.“ Vor
allem bei Patienten mit einer Infektion mit den HCV-Genotypen 1, 3, 4, 5
und 6, die nicht an einer Leberzirrhose erkrankt sind, sei es sinnvoll
aufgrund der guten Verträglichkeit und den zu erwartenden hohen
Erfolgsraten, die Verfügbarkeit von Interferon-freien Therapieoptionen
in naher Zukunft zu bedenken. Bei Patienten mit einer Genotyp
2-Infektion sei hingegen keine wesentliche Steigerung der Heilungsraten
oder der Verträglichkeit durch die Zulassung weiterer Substanzen zu
erwarten.

In
ihren Empfehlungen gehen die Wissenschaftler im Detail auch auf die
Therapie von besonderen Patientengruppen ein: Hierzu gehören Patienten,
die etwa aufgrun
d einer Unverträglichkeit kein Interferon bekommen dürfen, HIV-Patienten
sowie Patienten vor oder nach einer Lebertransplantation.

„Auf
kaum einem anderen Gebiet der Medizin werden derzeit solche
Fortschritte erzielt wie bei der Behandlung der Hepatitis C“, sagt
Stefan Zeuzem. „Wir müssen nun dafür Sorge tragen, dass die Innovationen
schnellstmöglich bei den Patienten ankommen.“ Das Expertenteam der DGVS
wird daher zeitnah zu den neuen Zulassungen seine Empfehlungen
aktualisieren und diese veröffentlichen.

Literatur:

Aktuelle Empfehlungen der DGVS zur Therapie der chronischen Hepatitis C

Mit Erwärmung gegen Blasenkrebs

Gießen, 17. November 2010. Eine bösartige Veränderung an der Innenhaut der Harnblase ist die zweithäufigste Krebserkrankung in der Urologie. Was kaum einer weiß: Im Laufe der letzten 20 Jahre hat es eine kontinuierliche Steigerung der Neuerkrankungsrate für Harnblasenkrebs gegeben. Aktuell erkranken fast 30.000 Menschen jedes Jahr neu an dieser bösartigen Krankheit. Besonders belastend für die Betroffenen ist die hohe Wiedererkrankungsrate von 30 bis 70 Prozent. „Eine Hyperthermie-Chemotherapie der Harnblase bietet jetzt die Chance, die hohe Rezidivrate beim Harnblasenkarzinom deutlich zu reduzieren“, sagt Dr. Gerson Lüdecke, Urologe am Universitätsklinikum Gießen und Initiator des 1. Blasenkrebs-Symposiums Gießen. Auf dem Symposium stellen nationale und internationale Experten am 4. und 5. Dezember 2010 die neue und bislang in Deutschland nur selten eingesetzte Methode vor.
 
Bei mehr als zwei Drittel der Patienten, die an einem Harnblasenkarzinom erkranken, liegt ein Tumor vor, der sich nicht in tiefere Schichten der Harnblase ausgebreitet hat und als nicht-muskelinfiltrierender Tumor bezeichnet wird. Bei der Mehrzahl dieser Patienten muss die Harnblase nicht entfernt werden. Sie werden Organ erhaltend über endoskopische Operationstechniken behandelt. Die Aggressivität eines Harnblasenkarzinoms verläuft jedoch ausgesprochen unterschiedlich und dementsprechend unterschiedlich sind auch die Erfolge der Behandlung. So schwankt die Wiedererkrankungsrate bei einem nicht-muskelinfiltrierenden Tumor der Harnblase zwischen 30 und 70 Prozent. Bei den Patienten tritt der Krebs – meistens innerhalb von zwei Jahren nach Diagnosestellung – also erneut auf. Bei vielen muss die Harnblase schließlich doch entfernt werden. „Für die Patienten ist die hohe Rezidivrate des Harnblasenkarzinoms mit ihren Folgen extrem belastend“, erläutert Lüdecke. Schon seit Jahrzehnten werde daher versucht, die Zahl wiederkehrender Tumore der Harnblase durch eine vorbeugende Behandlung zu verringern. Die bislang standardmäßig eingesetzten Verfahren wie Chemotherapie oder Immuntherapie können die Rezidivrate allerdings nur um etwa ein Drittel senken.
 
Einen neuen Ansatz zur Verringerung der Rezidivrate bietet die Hyperthermie-Chemotherapie, bei der die Harnblase mit einem Chemotherapeutikum bei gleichzeitiger lokaler Erwärmung gespült wird. „Nach einer Hyperthermie-Chemotherapie treten deutlich weniger Rezidive auf und es müssen weniger Harnblasen entfernt werden. Bei besonders aggressiven Tumoren kann diese Methode zudem eventuell noch vorhandene Tumorreste ausmerzen“, ist Lüdeckes Erfahrung. Die neue Methode zur Minimierung der Rezidivrate ist Thema auf dem 1. Blasenkrebs-Symposium Gießen, das am 4. und 5. Dezember 2010 in der Klinik und Poliklinik für Urologie, Kinderurologie und Andrologie am Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH, Standort Gießen, (Direktor: Prof. Dr. Wolfgang Weidner) stattfindet. Auf einem Ärztetag am 4. Dezember und auf einem Patiententag am 5. Dezember wird die Hyperthermie-Chemotherapie wissenschaftlich fundiert vorgestellt. Schwerpunkte sind die Grundlagen der Methode, die internationale Datenlage, die Anwendung in der täglichen Routine und Anwendungsergebnisse der praktizierenden Kliniken in Deutschland.
 
Lüdecke möchte die Therapieinnovation im Bereich des Harnblasenkarzinoms durch ausführliche Informationen und einen intensiven Austausch ins Bewusstsein der Ärzte und Patienten rücken. Diskussionen zwischen den Referenten und Besuchern des Symposiums sind ausdrücklich erwünscht. Am 5. Dezember auf dem Patiententag sind außerdem die Angstverarbeitung nach der Diagnose Blasenkrebs aus Patientensicht und das Für und Wider der Blasenentfernung wichtige Themen. „Wir laden alle Interessierten herzlich ein, sich auf dem 1. Blasenkrebs-Symposium in Gießen umfassend und verständlich über Blasenkrebs zu informieren“, sagt Lüdecke. Kooperationspartner des Blasenkrebs-Symposiums sind der Bund der Urologen e.V., der Selbsthilfe-Bund Blasenkrebs e.V., die Selbsthilfegruppe Blasenkrebs Hessen und der onkologische Arbeitskreis Mittelhessen e.V. Jährliche Folgeprojekte sind schon in der Planung.

Immer mehr Masern- und Mumpsfälle in Deutschland

Immer mehr Masern- und Mumpsfälle in Deutschland
Gesellschaft für Virologie ruft Erwachsene zur zweiten Impfung auf

Ulm – In Deutschland treten zunehmend Fälle von Masern auf – auch bei Erwachsenen, die als Kind nur einmal geimpft wurden. Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr erwägt aufgrund dessen eine Impfpflicht für Kinder. Aber auch Mumpserkrankungen nehmen zu, warnt die Gesellschaft für Virologie (GfV). Verantwortlich für den dramatischen Anstieg der Fallzahlen bei den Masern seien vor allem die zu niedrigen Impfquoten bei der zweiten Masern-Mumps-Röteln (MMR)-Kombinations-Impfung. GfV-Experten empfehlen den Jahrgängen ab 1970 daher dringend, ihren Impfstatu s aufzufrischen.

Im Jahr 2012 wurden 166 Masernfälle an das Robert Koch-Institut übermittelt. Diese Zahl wurde in diesem Jahr bereits im Juni um das Fünffache übertroffen: Bis zum 17. Juni 2013 wurden insgesamt 905 Masernfälle gemeldet, die meisten davon in Bayern und Berlin. „Aktuell besorgen uns Ausbrüche bei Erwachsenen“, erklärt Professor Dr. med. Thomas Mertens, Präsident der GfV. In fast der Hälfte der gemeldeten Fälle waren die Betroffenen zwanzig Jahre alt oder älter.

„Diese Altersverschiebung ist vor allem auf die geringe Beteiligung an der zweiten MMR-Impfung in den allermeisten Bundesländern zurückzuführen“, so Mertens. „Wir empfehlen allen nach 1970 geborenen Personen, bei denen der Impfstatus unklar ist oder die nur eine MMR-Impfung erhalten haben, dringend die zweite Impfung nachzuholen, wie die Ständige Impfkommission (STIKO) es empfiehlt.“

Die Masern könnten bereits weltweit ausgerottet sein, erklärt Professor Mertens vom Universitätsklinikum Ulm. Denn das Virus breitet sich ausschließlich unter Menschen aus und die empfohlenen Impfungen im zweiten Lebensjahr – vorzugsweise mit dem MMR-Impfstoff – biet en einen guten Schutz.

Besorgniserregend sei auch die aktuelle Zunahme der Mumpserkrankungen, sie sich durch typische Hamsterbacken zeigen können, erklärt Virologe Mertens. Bei vielen Infizierten ist auch das zentrale Nervensystem beteiligt – meist mit gutartigem Ausgang. Allerdings kann es zu einseitiger oder beidseitiger bleibender Taubheit kommen.

Wie bei den Masernfällen sind auch bei den Mumpsfällen einmal geimpfte Erwachsene erkrankt. „Da der Impfschutz gegen Mumps schneller abnimmt als der Schutz vor Masern, ist die zweite Auffrischungsimpfung besonders wichtig“, betont Mertens. Ziel sei eine hohe Impfbeteiligung bei Kindern von mehr als 95 Prozent – auch bei der zweiten MMR-Impfung. In diesem Zusammenhang begrüßt die GfV die im Jahr 2 013 neu eingeführte bundesweite Meldepflicht für Mumpserkrankungen ausdrücklich. „Diese Maßnahme ist bei der Kontrolle von Mumpsausbrüchen eine entscheidende Hilfe für die Gesundheitsbehörden zum Schutz der Bevölkerung und sichert die Möglichkeit die aktuell kursierenden Mumpsviren im Hinblick auf Veränderungen ihrer Antigeneigenschaften zu untersuchen“, betont der GfV-Präsident. Grundsätzlich ist eine Meldepflicht für alle Infektionskrankheiten, bei denen eine allgemeine Impfempfehlung der STIKO besteht, eine wesentliche Voraussetzung für die Überwachung des Erfolges der Impfmaßnahme.

Fitte Kids brauchen täglich 60 Minuten Sport

Durham, N.C. (pte/13.06.2005/12:00) – Kinder brauchen täglich eine
Stunde Bewegung um fit und gesund zu bleiben. Moderate physische
Aktivitäten wie Fußballspielen, Laufen oder Rad fahren, zählen zu den
sportlichen Betätigungen, die von den Kindern regelmäßig im Sinne der
Gesundheitsvorsorge und Krankheitsprävention durchgeführt werden
sollten. Die Kontrolle über die tatsächliche Ausübung der sportlichen
Aktivitäten sollte vor allem bei den Eltern, Schulen, Sportvereinen und
Coaches liegen. Das sind die Empfehlungen einer Expertenkommission des
Medical College of Georgia http://www.mcg.edu/, die in der aktuellen
Ausgabe des Journal of Pediatrics
http://pediatrics.aappublications.org/ veröffentlicht worden sind.

"Während die physische Aktivität der Kinder in den letzten zwei
Jahrzehnten dramatisch abgenommen hat, ist der Kalorienkonsum in die
Höhe geschossen. Dadurch steigt auch das Risiko ernährungsbedingter
Erkrankungen", erklärte Studienautor Robert Malina.

Ein 13-köpfiges Expertenteam analysierte 850 Studien und 1.200 Artikel,
die sich mit den Auswirkungen von physikalischer Bewegung auf physische
Faktoren wie Gewicht, Körperfett und Fettwerte und auch auf
psychologische Faktoren wie die Selbstwahrnehmung der Kinder, auswirkt.
In den meisten Studien wird eine kontinuierliche Bewegungstherapie von
30 bis 45 Minuten, circa drei bis fünfmal die Woche empfohlen. Doch die
Analysen der Experten ergeben, dass ein optimaler Gesundheitszustand
mit täglich einer Stunde leichter sportlicher Bewegung erzielt werden
kann.

"Kinder verlieren sehr schnell das Interesse am Sport, darum muss ihnen
eine abwechslungsreiche Palette an sportlichen Aktivitäten angeboten
werden. Das funktioniert am besten in der Schule oder in Sportclubs und
Vereinen. Denn dort werden spannende und herausfordernde
Mannschaftssportarten angeboten, die den Ehrgeiz der Kinder wecken",
resümierte Malina.

Frühe Darmkrebsvorsorge rettet Leben

Frühe Darmkrebsvorsorge rettet Leben

Berlin – Bei fast sieben Prozent der Versicherten, die zur vorsorglichen Darmspiegelung gehen, finden Gastroenterologen „Adenome“ in der Darmschleimhaut. Die Ärzte entfernen diese gefährlichen Polypen, die eine Vorstufe von bösartigen Tumoren darstellen, unmittelbar bei der Untersuchung. Leider nutzen Versicherte über 55 Jahre die Vorsorgekoloskopie immer seltener, obwohl die Kosten von den Krankenkassen übernommen werden. Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) wirbt daher ausdrücklich dafür, die Aufklärungsaktivitäten zu verstärken und das Vorsorgeprogramm auszuweiten.

„Die Koloskopie ist die einzige Früherkennungsmaßnahme, die einen bösartigen Tumor nicht nur frühzeitig zu entdecken, sondern auch zu verhindern vermag“, sagt DGVS-Sprecher Professor Dr. med. Christian Trautwein, Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Stoffwechselerkrankungen und Internistische Intensivmedizin (Medizi nische Klinik III) an der Uniklinik RWTH Aachen. Deshalb sei es besorgniserregend, dass immer weniger Menschen die Darmspiegelung wahrnehmen, obwohl sie im Rahmen von Vorsorgeprogrammen der Gesetzlichen Krankenkassen kostenlos angeboten wird. Daher müsse das Programm effektiver werden, um die Zahl der Darmkrebsfälle nachhaltig zu senken und den bisherigen Erfolg nicht zu gefährden.

Der Experte beruft sich auf die Ergebnisse des aktuellen Gutachtens der DGVS „Gastroenterologische Kernleistungen unter gesundheitsökonomischen Aspekten“. Die Autoren stellen darin fest, dass die Bereitschaft zur Durchführung des Krebsfrüherkennungsprogramms zurückgeht. Nach Aussagen der Gutachter ist es außerdem wichtig, bei genet isch gefährdeten Patienten bereits vor dem gesetzlich empfohlenen Alter von 55 Jahren eine Darmspiegelung durchzuführen. Der Eingriff solle im Abstand von zehn Jahren wiederholt werden. Darüber hinaus empfehlen die Autoren, das bereits existierende Angebot zu nutzen, das ab einem Alter von 50 Jahren eine Beratung und einen Stuhltest vorsieht. „Die DGVS setzt große Hoffnungen auf das neue Einladungsverfahren zur Darmkrebsvorsorge, bei dem die Krankenkassen ihre Versicherten in Zukunft aktiv kontaktieren und die Teilnahme am Programm empfehlen werden“, so Professor Trautwein.

Jährlich erkranken rund 69 000 Menschen in Deutschland an Darmkrebs. Sowohl bei Frauen als auch bei Männern ist das „Kolonkar zinom“ die zweithäufigste Krebsart. Da die Krankheit zunächst kaum Symptome verursacht, wird die Diagnose häufig zu spät gestellt. „Trotz Fortschritten bei der Behandlung leben fünf Jahre nach einer Darmkrebs-Operation nur noch etwa die Hälfte der Patienten“, erläutert DGVS-Präsident Professor Dr. med. Markus Lerch, Direktor der Klinik für Innere Medizin A am Universitätsklinikum Greifswald. Der Nutzen der präventiven Koloskopie ist daher unumstritten: Erkennt der Arzt bei der Untersuchung gefährliche Polypen in der Darmschleimhaut, kann er diese direkt entfernen und den Patienten so vor einem schweren Krebsleiden bewahren. Und selbst wenn der Arzt Karzinome, also bereits entartete Tumore, findet: Oft wird die Krankheit durch die Darmspiegelung frühzeitig erkannt, und die Patienten haben viel bessere Heilungschancen als bei Diagnosestellung im Spätstadium. „Es ist unsere Aufgabe, die Bevölkerung noch stärker über das Thema Darmkrebsprävention aufzuklären“, so Lerch.

Neues Gen als Auslöser für Autoimmunkrankheiten entdeckt

Canberra (pte/01.06.2005/12:05) – Wissenschaftler der Australian
National University (ANU) http://www.anu.edu.au in Canberra haben ein
neues Gen entdeckt, das in Verdacht steht, Autoimmunkrankheiten wie Typ
I Diabetes oder Lupus (entzündliches Rheuma) zu verursachen. Dabei
werden Organe wie Nieren oder Haut vom körpereigenen Immunsystem
angegriffen.

Die Immunologen um Carola Vinuesa von der John Curtin School of Medical
Research (JCSMR) an der ANU stellten bei ihren Untersuchungen fest,
dass eine Mutation in dem Gen, das sie Roquin nannten, dafür sorgt,
dass die für die Immunabwehr so wichtigen T-Zellen eigenes Körpergewebe
angreifen. In ihrer Untersuchung imitierten die Wissenschaftler mittels
zufälliger Veränderungen am Mausgenom die spontane genetische
Veränderung, die natürlicherweise bei Bevölkerungswachstum auftritt.
Dabei entstanden neuartige Modelle für Autoimmunkrankheiten. Nachdem
die Forscher Anzeichen für Lupus entdeckten, arbeiteten sie sich von
dort rückwärts vor und fanden das dafür verantwortliche veränderte Gen.

"Vor Beginn dieser Studie waren weder Existenz noch Funktionsweise von
Roquin bekannt. Jetzt wissen wir allerdings, dass im Immunsystem von
Säugetieren das Protein Roquin die Aktivitäten von in Teilen des Köpers
vorhandenen unzulässigen T-Zellen unterbindet", so Vinuesa. Das
Forscherteam konnte herausfinden, dass eine einzige Mutation im Roquin
für die abnormale Aktivierung dieser T-Zellen verantwortlich ist und
damit eine Autoimmunreaktion ausgelöst wird, die verschiedenste Teile
des Körpers betrifft.

Autoimmunkrankheiten treten auf, wenn das Immunsystem dahingehend
aktiviert wird, eine Reaktion gegen normales Körpergewebe zu starten
und dieses wie einen Krankheitskeim zu behandeln. Dabei wird das Gewebe
dann beschädigt oder zerstört. Bei Typ I Diabetes tritt beispielsweise
eine Immunreaktion gegen die Insulin-abgebenden Zellen der
Bauchspeicheldrüse auf, bei Lupus kann nahezu jeder Teil des Körpers
vom Immunsystem angegriffen werden.

"Eine einzige Nukleotidveränderung beeinträchtigt die Funktionsweise
eines Autoimmungenes, das bisher gänzlich unbekannt war", so
Christopher Goodnow, Leiter des Immunogenomics Laboratory am JCSMR. Die
Wissenschaftler wollen nun mit der Entwicklung von Methoden beginnen,
die eine Mutation des Gens verhindern sollen. Das wäre ein neuer Ansatz
zur Behandlung von Autoimmunerkrankungen.

Mobile Krebsstammzellen als Ursache für Metastasen

EMT formt Krebszellen in gefährliche Stammzellen um

Berlin (pte/28.03.2008/15:02) – "Die mobilen Krebsstammzellen sind die gefährlichsten Zellen für den Krebspatienten, denn sie sind nach unserem Modell der Hauptursprung von Metastasen." Zu diesem Schluss kommt der Krebsexperte Thomas Brabletz von der Universitätsklinik Freiburg http://www.uniklinik-freiburg.de beim derzeit in Berlin stattfindenden Kongress "Invasion and Metastasis" am Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) http://www.mdc-berlin.de. Bisher waren die Wissenschaftler stets davon ausgegangen, dass jede Tumorzelle Metastasen bilden kann.

Brabletz, der sich insbesondere mit der Entstehung von Dickdarmkrebs beschäftigt hat, erklärt im pressetext-Interview, wie die Krebsstammzellen aus den Stammzellen des Dickdarms entstehen. Normalerweise sorgen die Stammzellen dafür, dass die Zellen des Darms, die nur eine begrenzte Lebensdauer haben, regelmäßig, das heißt einmal am Tag, erneuert werden. "Wenn eine solche Stammzelle zur Krebsstammzelle wird, kann sie sich anschließend unbegrenzt teilen und weitere Krebsstammzellen hervorbringen", erklärt der Experte. In einem weiteren Schritt löst sich die Krebsstammzelle vom Ursprungstumor ab und kann sich über die Blutgefäße im Körper verbreiten. "Dafür werden längst stillgelegte Signalwege aktiviert, die der Körper während seiner Entwicklung als Embryo nutzte."

"Die stationären Krebszellen können allerdings noch keine Metastasen bilden", räumt auch Brabletz ein. In einem Prozess namens epitheliale-mesenchymale Transition, kurz EMT genannt, werden die Krebszellen umgeformt und nicht mehr im ursprünglichen Zellverband gehalten. "Diese Theorie ist mittlerweile anerkannt", meint der Forscher. Wenn eine solche bewegliche Krebsstammzelle ins Blutsystem eindringt, kann sie so andere Körperregionen erreichen, die vom ursprünglichen Tumor weit entfernt sind und sich dort ansiedeln. "Dies nennt man Metastasierung. Beim Dickdarmkrebs siedeln sich Metastasen meist in der Leber an", erklärt der Wissenschaftler.

Mit dem Modell der mobilen Krebsstammzelle vereint Brabletz erstmals alle aktuellen Theorien zur Entstehung von Metastasen – von den genetischen Veränderungen, den Veränderungen im Tumorumfeld, den Krebsstammzellen sowie der EMT. "Die wichtigen Schritte der Metastasenbildung sind umkehrbar und können nicht nur durch unwiderruflich veränderte Gene erklärt werden. Wenn eine mobile Krebsstammzelle ihr Ziel erreicht, verwandelt sie sich wieder zurück in eine stationäre Krebsstammzelle." Was die Wissenschaftler nun interessiert, ist die Frage, welche Komponente den Anstoß für die Verwandlung dieser Zellen in die eine oder die andere Richtung gibt. Möglicherweise gebe es Wachstumsfaktoren aus dem Umfeld des Tumors, die dafür verantwortlich sind.

An eine Umsetzung des Wissens in neue Krebstherapien will der Forscher aber noch nicht denken. "Es wäre verfrüht hier irgendetwas Konkretes zu sagen." Er rechne in frühestens zehn Jahren mit spezifischen Medikamenten, die etwa die mobilen Krebsstammzellen bekämpfen können.

Dickdarmkrebs ist nach dem Lungenkrebs die zweithäufigste Todesursache unter den Krebserkrankungen. Vielfach zeigen Betroffene am Anfang selten Schmerzen oder Symptome. Der Tumor wird häufig erst erkannt, wenn sich bereits Metastasen gebildet haben. Eine ab dem 45. Lebensjahr im Abstand von mindestens fünf Jahren durchgeführte Darmspiegelung sei eine geeignete Vorsorge, meint auch der Forscher.

Neue Erkenntnisse über arktischen Permafrostboden

Allmähliches und anhaltendes Auftauen:
Internationales Forscherteam gewinnt CBremerhaven,
9. April 2015. Der Permafrostboden in der Arktis und den subarktischen
Gebieten wird vermutlich über Jahrzehnte hinweg kontinuierlich
beträchtliche Mengen von Treibhausgasen freisetzen. Zu diesem Schluss
kommt ein internationales Forscherteam, nachdem es aktuelle
Permafrost-Studien zusammengefasst und ausgewertet hat. Die
Wissenschaftler stellen damit fest, dass die immer wiederkehrende These
einer schlagartigen und großflächigen Freisetzung von Milliarden Tonnen
von Kohlendioxid und Methan aus dem gefrorenen Boden sehr
unwahrscheinlich ist. Die Studie erscheint heute im Fachmagazin Nature.

Der
Permafrostboden der nördlichen Erdhälfte speichert fast doppelt so viel
Kohlenstoff, wie derzeit in der Atmosphäre enthalten ist. „Wenn der
Boden auftaut, beginnen Mikroorganismen und Bakterien die Pflanzen- und
Tierreste, die seit Jahrtausenden in der Erde lagern, zu zersetzen.
Dabei produzieren sie Kohlendioxid und Methan. Steigt also die globale
Temperatur weiter an, könnte der Permafrost mehr Treibhausgase
freisetzen“, erklärt Dr. Guido Grosse, Permafrostforscher an der
Forschungsstelle Potsdam des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum
für Polar- und Meeresforschung (AWI) und Co-Autor der aktuellen Studie.
Wie schnell der Boden der Arktis auftaut und Treibhausgase freisetzt,
sind deshalb entscheidende Fragen. Bisher gab es hierzu allerdings
unterschiedliche Antworten.

Aus diesem Grund hat ein
internationales Team von Wissenschaftlern aus den Vereinigten Staaten,
Europa, Kanada und Russland den derzeitigen Stand des Wissens zum
Permafrost zusammengetragen. Dabei sind die Forscher zu dem Schluss
gekommen, dass der gefrorene Boden im Laufe der nächsten Jahrzehnte sehr
wahrscheinlich allmählich, aber beständig, große Mengen an Kohlendioxid
und Methan freisetzen wird. Die These, dass der Permafrost bei
steigenden Temperaturen schlagartig große Mengen Kohlendioxid und Methan
ausstoßen könnte, schätzen die Wissenschaftler als sehr
unwahrscheinlich ein. „Der Permafrost reagiert größtenteils langsam auf
Klimaveränderungen. Hat der Tauprozess allerdings erst einmal begonnen,
lässt er sich nicht mehr so schnell aufhalten. Selbst wenn wir jetzt die
menschengemachten Emissionen drastisch reduzieren, würde der Permafrost
über die nächsten Jahrhunderte weiter tauen“, sagt Dr. Guido Grosse.

Wie viel Kohlenstoff speichert der Permafrost?

Neue
Erkenntnisse erlangten die Wissenschaftler vor allem in Bezug auf die
Kohlenstoffmenge, die in den Permafrostregionen vermutet wird. Gingen
erste Studien noch von 1600 bis 1700 Milliarden Tonnen aus, konnte das
Team mit Hilfe historischer und aktueller Daten die Werte für die
detaillierter untersuchten Permafrostregionen auf 1330 bis 1580
Milliarden Tonnen eingrenzen. Dazu kommen weitere, bis zu 400 Milliarden
Tonnen Kohlenstoff in den Regionen, die wegen der dortigen spärlichen
Datenlage allerdings noch mit großer Unsicherheit in der
Mengenabschätzung belegt sind.

Den größten Anteil, rund siebzig
Prozent, davon erwarten die Wissenschaftler in den oberen drei Metern
des Permafrostbodens. Doch auch in Tiefen von bis zu 40 Metern lagern
wohl beträchtliche Kohlenstoffmengen. „Wir nehmen an, dass selbst die
tiefen gefrorenen Ablagerungen für uns Menschen durchaus klimarelevant
sind. Denn diese Schichten enthalten viel Eis, das bei steigenden
Temperaturen schmilzt und den Permafrost trotz der Tiefe anfällig für
schnelles und tiefes Auftauen innerhalb der nächsten 100 bis 300 Jahre
macht und zur Freisetzung von Treibhausgasen führen kann", erklärt der
AWI-Permafrostforscher.

Ein beträchtlicher Anteil Kohlenstoff
noch unbekannter Größenordnung befindet sich darüber hinaus unter dem
Meeresspiegel der Schelfmeere Nordsibiriens und Alaskas. Permafrost, der
sich hier während der letzten Eiszeit noch an Land gebildet hat, wurde
mit dem Ende der Kaltzeit überflutet und Teile davon bestehen seitdem
als so genannter submariner Permafrost weiter.

Abruptes, regionales Tauen von Permafrost

Obwohl
die Wissenschaftler davon ausgehen, dass diese Kohlenstoffspeicher
kontinuierlich abgebaut werden, verweisen sie in ihrer Studie auch auf
Regionen in Alaska und Kanada, in denen es zu einem schnelleren Auftauen
kommen kann. Der Grund: Der Boden in diesen Gebieten ist sehr
eishaltig. Wenn die Temperatur hier schnell steigt, beginnen diese
unterirdischen Eiseinlagerungen zu schmelzen und das darüber liegende
Gelände abzusinken. In den dadurch entstehenden Senken wiederum sammelt
sich Wasser. Es entstehen so genannte Thermokarstseen, unter denen der
Boden mit erhöhtem Tempo weiter auftaut.

„Das Tauen unter den
Seen passiert innerhalb weniger Jahrzehnte und kann sehr tiefe Schichten
erreichen. Diese Thermokarst-Prozesse sind für uns deshalb ein
deutliches Anzeichen dafür, dass das Tauen nicht immer graduell abläuft,
sondern unter bestimmten Bedingungen – wie bei einer starken Erwärmung
oder veränderten Niederschlägen – regional auch sehr plötzlich
stattfinden kann“, erklärt Dr. Guido Grosse.

Kohlenstoff ist nicht gleich Kohlenstoff

Allerdings,
fassen die Forscher zusammen, führt das Tauen der Permafrostböden nicht
automatisch dazu, dass der gesamte darin gespeicherte Kohlenstoff als
Kohlendioxid und Methan in die Atmosphäre abgegeben wird. „Auch Mikroben
und Bakterien haben gewisse Futtervorlieben. Teile des Kohlenstoffs
können sie sehr leicht aufnehmen, an anderen haben sie mehr zu knabbern,
um sie umzusetzen – und einige können sie nur extrem langsam
zersetzen“, erklärt Dr. Guido Grosse.

Erste Langzeitversuche
ergaben zudem, dass besonders am Anfang, wenn der Boden zu tauen
beginnt, die Kohlenstoff-Verlustrate hoch ist. Über die Zeit jedoch
nimmt diese Rate wieder ab. Bereits zum Jahr 2100 könnten allerdings 15
Prozent des leicht zu verwertenden Kohlenstoffs als Treibhausgase
freigesetzt werden. Den Wissenschaftlern zu Folge würde dies noch in
diesem Jahrhundert zu einer zusätzlichen globalen Erwärmung um bis zu
0,27 Grad Celsius führen.

Tauender Permafrost in Klimamodellen

Ziel
der Permafrost-Forscher ist es nun, die neuen Erkenntnisse in
Klimamodelle einzubauen. Denn bisher fanden Permafrost-Prozesse nur
wenig Beachtung, wenn es darum ging, Aussagen über das zukünftige Klima
zu treffen. „Wenn man bedenkt, dass die Permafrost-Regionen, die
immerhin fast ein Viertel der Landoberfläche auf der Nordhalbkugel
einschliessen, vermutlich ebenso viel Treibhausgase freisetzen, wie die
historisch viel beachteten menschengemachten Veränderungen in der
Landnutzung, dann zeigt sich, wie bedeutend diese Vorgänge für unser
Klima sind“, erzählt Dr. Guido Grosse.

Finanziert wurde die
Zusammenarbeit des internationalen Forscherteams durch die amerikanische
National Science Foundation (NSF). Dr. Guido Grosse wurde durch das
European Research Council (ERC) mit dem Projekt PETA-CARB und dem
Helmholtz Impuls- und Vernetzungsfonds finanziert.