PRESSEMITTEILUNG
EU-Kommission lässt 19 Gentechnik-Pflanzen auf einmal zu
Testbiotech bereitet Beschwerde vor
27. April 2015 / Die EU-Kommission hat so viele gentechnisch veränderte Pflanzen für den
EU-Import zugelassen wie nie zuvor an einem einzigen Tag. Am Freitag letzter Woche wurden
neunzehn Pflanzen zugelassen, siebzehn können für Lebens- und Futtermittel verwendet
werden, zwei Zulassungen betreffen Nelken. Zehn Zulassungen beziehen sich auf
Neuanmeldungen, der Rest betrifft Verlängerungen bereits bestehender Zulassungen. Damit
erhöht sich die Gesamtzahl der für die Nahrungsmittelproduktion in der EU zugelassenen
Gentechnik-Pflanzen auf 58. Testbiotech plant eine Beschwerde gegen die Zulassung.
„Die Risiken der jeweiligen Pflanzen wurden nicht ausreichend erforscht. Kombinierte
Auswirkungen auf die Gesundheit, die auftreten können, wenn die Pflanzen in Nahrungsmitteln
gemischt werden, wurden sogar überhaupt nie untersucht“, sagt Christoph Then von Testbiotech.
„Der laxe Umgang mit den Risiken dieser Pflanzen und deren massenhafte Zulassung führt zu stetig
steigenden gesundheitlichen Risiken in der Nahrungsmittelproduktion.“
Die Risikobewertung der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA wurde auch von Experten
verschiedener EU-Mitgliedsländer kritisiert. Doch dies hatte keine Auswirkungen auf die
Zulassungen. Stattdessen schlägt die EU-Kommission jetzt neue Regeln vor, die es einzelnen
Mitgliedsländern erlauben sollen, den Import von Gentechnikpflanzen zu verbieten. Den
Mitgliedsländern soll dabei allerdings ausdrücklich untersagt werden, ihren Importstopp
beispielsweise mit gesundheitlichen Risiken zu begründen. Damit könnten entsprechende
Importverbote in Zukunft kaum gegen Klagen verteidigt werden.
Tatsächlich bestehen aber erhebliche Unsicherheiten bei der Risikobewertung dieser Pflanzen.
Einige Beispiele:
Sieben der zehn Neuzulassungen betreffen Pflanzen, die unempfindlich gegen Unkrautvernichtungsmittel
gemacht wurden. Diese Resistenzen erstrecken sich auf vier
verschiedene Gruppen von Spritzmitteln. Doch die Rückstände der Herbizide und ihre
möglichen Wechselwirkungen wurden bei der Risikobewertung nicht berücksichtigt.
Bei drei der Gentechnik-Sojabohnen wurde die Zusammensetzung der Fettsäuren verändert.
Diese Pflanzen sollen zum Teil angeblich förderlich für die Gesundheit sein, wurden aber
nie auf ihre tatsächlichen Gesundheitseffekte getestet.
Eine Maispflanze soll Trockenheit besser widerstehen können. In der Paxis zeigt sich
allerdings kein Vorteil gegenüber ähnlichen, konventionell gezüchteten Maissorten. Dafür
gibt es jedoch besondere Unsicherheiten in der Risikobewertung: Wie das aus Bakterien
stammende Gen in den Pflanzen tatsächlich funktioniert, wird bislang nicht verstanden.
Zudem weisen die Maispflanzen eine Resistenz gegen Antibiotika auf, obwohl derartige
Eigenschaften laut EU-Regelwerk vermieden werden sollen.
Testbiotech kritisiert insbesondere die Zulassung von Rapspflanzen der Firma Monsanto,
von denen angenommen wird, dass sie sich bei Transportverlusten unkontrolliert in der
Umwelt ausbreiten können.
Testbiotech plant eine Musterbeschwerde gegen die Entscheidung der EU-Kommission. Die
Organisation hatte bereits in drei anderen Fällen offiziell Beschwerde eingelegt, ein Fall ist bereits
beim Gerichtshof der Europäischen Union anhängig.
Kontakt: Christoph Then, Tel 0151 54638040, info@testbiotech.org
Die Entscheidung der EU-Kommission: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-15-4843_de.htm
Ein tabellarischer Überblick über die Neuzulassungen: www.testbiotech.org/node/1218
Archiv der Kategorie: Landwirtschaft, Tier- Pflanzenwelt
Artensterben bisher unterschätzt
Klimawandel-Migration für viele Spezies keine Option
Seestern beim Muschelessen: Klimawandel zerstört Gleichgewicht (Foto: UBC)
Vancouver (pte003/01.12.2011/06:10) – Die Globalerwärmung beschleunigt das Aussterben vieler Arten – und zwar viel deutlicher als bisher angenommen wurde. Einen Beleg dafür haben Zoologen der University of British Columbia http://ubc.ca an den Küsten gefunden. Wie sie in der Zeitschrift "Science" berichten, können viele Tiere und Pflanzen ihren Lebensraum infolge des Klimawandels nicht einfach verlegen. "Der Klimawandel verändert das Zusammenspiel vieler Arten und beeinflusst damit auch die Biodiversität", erklärt Studienleiter Christopher Harley.
Seestern versus Krebse
Die Forscher spezialisierten sich auf Rankenfußkrebse und Muscheln an mehreren Küsten Westkanadas, die an der Übergangszone der Gezeiten leben. Das Meer ist hier durch Strömungen aus der Arktis kühl, erwärmte sich jedoch seit 1950 um 3,5 Grad. Viele der beobachteten Tierchen sind dadurch schon knapp an ihr oberstes Temperaturlimit gelangt und müssen ihren Lebensraum tiefer Richtung Meer legen – derzeit um einen halben Meter unter der Marke vor 60 Jahren, wie Studienvergleiche zeigen.
Zum Krimi macht die Situation jedoch der natürlichen Feind der beiden Tiere, der Seestern. Bisher siedelten sich die Krebse und Muscheln möglichst weit oben am Strand an, um ihrem Jäger nicht in die Quere zu kommen. Zwar hat sich das Seesternrevier in den vergangenen Jahrzehnten kaum verändert, konnten die Forscher beweisen. Mit der Klimawandel-Wanderung hin zum Meer wuchs jedoch die Gefahr enorm, erbeutet zu werden. "Die sichere Muschelzone schrumpfte somit um die Hälfte und viele Muscheln an den untersuchten Stellen sind sogar ausgestorben", berichtet Harley.
Fragilität unterschätzt
Verhinderte man versuchsweise durch Schutzzäune das Eindringen von Seesternen, so wanderten die Krebse und Muscheln hingegen auch in wärmeren Zonen, wo sie üblicherweise nicht vorkommen. Der Artenreichtum verdoppelte sich dann sogar, da Muscheln auch kleinen Krustentiere, Schnecken, Würmern und Meeresalgen bei der Ansiedelung helfen. "Während man bisher annahm, dass die Globalerwärmung Tiere am Temperaturlimit einfach migrieren lässt, konnten wir das in unserem Kontext wiederlegen. Oft hat man auf das sensible Zusammenspiel vieler Faktoren wie etwa der Jagd vergessen", so der kanadische Forscher.
Lebten Vorfahren der Säugetiere unterirdisch?
die im Sonnenlicht enthaltene
UV-Strahlung kann Zellen und Erbsubstanz schädigen. Die Natur hat daher
für einige Reparatursysteme gesorgt, ein besonders effizientes wird
durch Licht gesteuert. Es ist ein sehr altes System, das sich im Laufe
der Evolution kaum geändert hat. Nahezu alle Organismen verfügen
darüber. Nur den höheren Säugetieren, und damit auch dem Menschen, fehlt
dieses lichtinduzierte Reparatursystem. Sie schützen sich mit einem
weit weniger effizienten Mechanismus. Warum, ist bis heute unklar. Einem
Team des KIT ist es nun in einem internationalen Forschungsprojekt
gelungen, einige Antworten zu geben. Die Ergebnisse veröffentlicht es in
Current Biology (10.1016/j.cub.2018.08.039).
In der Erbsubstanz steckt die Bauanleitung
für sämtliches Leben und alle biologischen Funktionen, zugleich ist sie
anfällig für schädigende Einflüsse. Diese können durch Fehler bei der
Vervielfältigung, aber auch durch externe Faktoren, etwa Strahlung oder
toxische Substanzen, ausgelöst werden. Die Natur schützt sich dagegen
von jeher mit Reparatursystemen. Eines der wichtigsten und
effizientesten ist die sogenannte Photoreaktivierung. Durch sichtbares
Licht werden dabei spezielle Enzyme, sogenannte Photolyasen, aktiviert,
die schädigende Veränderungen der Erbsubstanz rückgängig machen. Von
Pflanzen über Einzeller, Pilze und Bakterien bis hin zu fast allen
Tierarten verfügen Organismen über ein fast identisches System der
Photoreaktivierung. Lediglich höheren Säugetieren fehlt es. Diese
evolutionäre Auffälligkeit verbindet sie mit einem seltenen
Höhlenbewohner: Der blinde Höhlenfisch Phreatichthys andruzzii ist eine
Besonderheit, denn er lebt seit vielen Millionen Jahren unterhalb der
somalischen Wüste in wassergefüllten Felsspalten – völlig isoliert und
im vollkommenen Dunkel. Untersuchungen an dem Fisch ergaben, dass neben
einigen anderen ungewöhnlichen Veränderungen auch dieses Reparatursystem
für die Erbsubstanz defekt ist.
Der Evolution bei der Arbeit zusehen
Gemeinsam mit Professor Tilman Lamparter vom
Institut für Botanik des KIT und Professor Cristiano Bertolucci von der
Universität Ferrara, Italien, untersuchten die Forschenden des Instituts
für Toxikologie und Genetik (ITG) des KIT in einer mehrjährigen
internationalen Zusammenarbeit die Genetik dieses DNA-Reparatursystems
in Höhlenfischen und verglichen es mit dem von Zebrafischen. Dazu
bestrahlten sie Zellen der Fische mit UV-Licht und untersuchten deren
Fähigkeit zur DNA-Reparatur. „Wir konnten nachweisen, dass bei den
Höhlenfischen, im Unterschied zu den Zebrafischen, dieses System nicht
mehr richtig funktioniert. Die betroffenen Gene sind stark verändert und
auch die Art, wie diese Gene durch Licht reguliert werden, ist
abnormal“, so Professor Nicholas Foulkes vom ITG. „Zum ersten Mal können
wir der Evolution gewissermaßen bei der Arbeit zusehen, denn die
Ergebnisse geben uns Hinweise, wie sich diese Reparatursysteme unter
besonderen Bedingungen im Laufe der Jahrmillionen verändert haben
können“, so Foulkes. Das wiederum könnte darauf deuten, warum Säugetiere
diesen Schutzmechanismus nicht mehr besitzen. „Wir glauben, dass wir
hier die ersten Schritte eines Veränderungsprozesses beobachten, wie er
sich bei den Vorfahren der höheren Säugetiere während des Mesozoikums
abgespielt haben könnte“, berichtet der Forscher. Das Erdzeitalter
Mesozoikum begann vor etwa 250 Millionen Jahren und endete vor ungefähr
65 Millionen Jahren. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
schlussfolgern daraus, dass diese Säugetier-Vorfahren im Laufe der
Evolution unter der Erde gelebt und als Ergebnis von Jahrmillionen in
Dunkelheit ihr DNA-Reparatursystem verloren haben könnten.
Was sind die Schlüsselgene für UV-Schäden?
Insgesamt, so Foulkes, brächten die
Erkenntnisse ein besseres Verständnis über die Biologie dieser
Reparatursysteme. „Je mehr wir darüber lernen, desto eher können wir
diese Erkenntnisse in einem medizinischen Kontext anwenden“, führt er
weiter aus. Die negativen gesundheitlichen Folgen übermäßiger
Sonnenlichtexposition seien ein wichtiges Gesundheitsthema. „Wir
verstehen aber noch nicht vollständig, welche Mechanismen daran
beteiligt sind und welches die Schlüsselgene für die DNA-Schäden sind.
Sie könnten wichtige Marker und vielleicht auch Ziele für therapeutische
Ansätze sein, um UV-Schäden zu behandeln“, hofft Foulkes.
Warum Fische Fett vertragen
Phreatichthys andruzzii weist noch weitere für die Forschung interessante Besonderheiten auf.
Wie viele andere Höhlentiere auch, ist der Somalische Höhlenfisch
äußerst langlebig und hat eine besondere Zellregulation, welche die
Entstehung von Krebs verhindert. Außerdem verfügt er über eine
ungewöhnlich niedrige Stoffwechselrate. Höhlenfische überdauern längere
Perioden ohne Nahrung, indem sie äußerst effizient Fett speichern. „Wie
überleben sie ohne negative Folgen mit so viel Fett im Körper?“, fragt
Nicholas Foulkes und hofft, durch ein besseres Verständnis dieses
außergewöhnlichen Stoffwechsels langfristig wichtige Erkenntnisse für
den menschlichen Körper erzielen zu können.
Originalpublikation:
Haiyu Zhao, Giuseppe Di Mauro, Sebastian
Lungu-Mitea, Pietro Negrini, Andrea Maria Guarino, Elena Frigato, Thomas
Braunbeck, Hongju Ma, Tilman Lamparter, Daniela Vallone, Cristiano
Bertolucci and Nicholas S. Foulkes: Modulation of DNA repair systems in
blind cavefish during evolution in constant darkness, Current Biology
Fischbestände schützen, nachhaltige Fischerei stärken
Fish Dependence Day 2015: Fischbestände schützen, nachhaltige
Fischerei stärken
Bremen/
Berlin, 1.4.2015. Ab Ostermontag (6.4.) ist Fischverzehr in Deutschland
rechnerisch nur noch durchEinfuhren
gedeckt. Die Fänge der deutschen Fischer sind dann aufgebraucht. Auf
europäischer Ebene sieht es ähnlich aus: Schon jeder zweite in Europa
konsumierte Fisch wird außerhalb der EU gefangen. Das bedroht besonders
Kleinfischer und damit traditionell vom Fischfang lebende Küstengemeinden in
Entwicklungsländern. Darauf weisen Brot für die Welt, Fair Oceans und Slow Food
hin. Die Organisationen appellieren an die Bundesregierung, sich für ein
nachhaltiges Fischereimanagement in Europa im Rahmen der neuen Gemeinsamen
Fischereireform, einen verantwortungsvollen Fischkonsum und eine Fischerei- und
Handelspolitik einzusetzen, die die Interessen der Menschen in
Entwicklungsländern wahrt.
Über
1,1 Mio. Tonnen Fisch und Meeresfrüchte werden pro Jahr in Deutschland verzehrt,
doch nicht einmal eine Viertelmillion Tonnen werden unter deutscher Flagge
gefangen oder hier in Teichen und Aquakulturbetrieben produziert. Dieses hohe,
nur auf dem Weltmarkt zu deckende Konsumniveau trägt global zur Überfischung
bei.
Ursula
Hudson, Vorsitzende von Slow Food Deutschland: �Es gibt über 25.000 genießbare Fischarten, aber nur
etwa 20 finden sich in unseren Fischtheken. Eine Alternative bieten regionale,
oft nicht so bekannte Fischsorten wie etwa die Schleie. Vielfalt auf dem Teller
kann helfen, die Vielfalt im Wasser zu schützen.� Aquakulturen, die die hohe
Nachfrage decken sollen, sind jedoch keine Lösung. Hudson: �Aquakultur ist fast
immer Massentierhaltung. Fische werden mit Fischmehl gemästet, für das Fische
verarbeitet werden. Das ist in keiner Weise nachhaltig.�
Seitdem
die Fernfangflotte der EU auf allen Weltmeeren kreuzt, verschafft sie sich über
Lizenzen einen direkten Zugang zu den lukrativsten Fischgründen und konkurriert
mit Kleinfischern um die begrenzten Bestände. Das trifft vor allem die, für die
Fisch wichtige und oft einzige Eiweißquelle ist: Küstenanrainer in
Entwicklungsländern. Francisco Marí, Referent für Fischerei und Agrarhandel bei
Brot für die Welt: �Fischereiabkommen mit Entwicklungsländern dürfen nicht dazu
führen, dass die einheimische Bevölkerung mangelernährt ist. Wir können uns auch
ohnederen Fisch ausgewogen ernähren, die
Menschen dort können das jedoch nicht.�
Von
den mehr als zwei Millionen Tonnen Fisch, Meeresfrüchten und Fischmehl, die
jährlich von der deutschen Fischereiwirtschaft verarbeitet werden, durchläuft
ein erheblicher Anteil die Betriebe des Bundeslandes Bremen. Allein die in
Bremerhaven produzierten Fischstäbchen reichen aneinander gelegt mehrmals um die
Erde. Kai Kaschinski, Projektleiter Fair Oceans: �Obwohl Bremen mit seinem
Engagement als Hauptstadt des Fairen Handels und der Initiative BioStadt für
regionalen, nachhaltigen und fairen Konsum wirbt, erfüllt die
Fischereiwirtschaft, einer der zentralen Zweige der ansässigen
Ernährungsbranche, bisher keines dieser Kriterien.�
Der
Fish Dependence Day wird jährlich von der britischen New Economics Foundation
(nef) ermittelt. Den Bericht über den aktuellen Stand der Selbstversorgung mit
Fisch und Meeresfrüchten in den EU-Mitgliedsstaaten gibt es ab dem 7.4. unter www.neweconomics.org
Befangenheit der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA
Schwerwiegende Befangenheit der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA bei Bewertung wissenschaftlicher Publikation
EFSA und EU-Kommission unter Verdacht des Missbrauchs ihrer Macht, um eigene Position vor Gericht zu stärken
29. September 2016 / Testbiotech erhebt schwere Anschuldigungen gegen die Europäische
Lebensmittelbehörde (EFSA). Konkret geht es dabei um Interessenkonflikte
bei der Bewertung einer wichtigen wissenschaftlichen Publikation. Im
Juli 2016 stellte die EFSA nach Anfrage der EU-Kommission die Behauptung
auf, dass eine aktuelle Publikation norwegischer Wissenschaftler, die
sich mit den Risiken gentechnisch veränderter Pflanzen befasst, keine
endgültigen Schlussfolgerungen erlaube und deswegen bei der
Risikobewertung ignoriert werden könne. Die Publikation aus Norwegen ist
gleichzeitig ein wichtiges Dokument in einem Gerichtsverfahren am
Gerichtshof der EU (T177/13), an dem auch die EFSA und die EU-Kommission
beteiligt sind.
Im
Gerichtsverfahren geht es um den Vorwurf von Testbiotech, dass die
Risiken gentechnisch veränderter Pflanzen nicht ausreichend untersucht
werden, bevor sie in der EU zugelassen werden. Testbiotech hatte das
Dokument als Beweismittel eingereicht, um zu zeigen, dass die
EU-Kommission und EFSA wichtige Risiken außer Acht lassen. Testbiotech
befürchtet, dass die EU-Kommission und die EFSA mit der Abwertung der
Studie eigene Interessen verfolgen, um sich Vorteile vor Gericht zu
verschaffen.
Testbiotech
brachte das Gerichtsverfahren gegen die EU-Kommission im Jahr 2013 auf
den Weg und wirft dieser konkret vor, die gentechnisch veränderten
Sojabohnen „Intacta“ von Monsanto ohne ausreichende Risikoprüfung
zugelassen zu haben. Daraufhin traten die EFSA, Monsanto und die
Regierung von England dem Verfahren auf der Seite der EU-Kommission bei.
Die Soja ist resistent gegenüber Glyphosat und produziert ein
Bt-Insektengift. Testbiotech argumentiert u. a., dass die
Wechselwirkungen zwischen den Rückständen des Einsatzes von Glyphosat
und dem Insektengift untersucht werden müssen, bevor über die Sicherheit
der Sojabohnen entschieden werden kann.
Die
Gerichtsanhörung fand im Mai 2016 statt. In diesem Zusammenhang reichte
Testbiotech die neue Publikation der norwegischen Wissenschaftler (Bøhn et al., 2016) als wichtiges Dokument ein, weil es über Wechselwirkungen zwischen
Bt-Insektengiften und Glyphosat berichtet. Dabei wurden unerwartete
schädliche Effekte bei Wasserflöhen (Daphnia magna), die in der
Forschung als Modellorganismus dienen, beobachtet. Nach Aufforderung
durch die EU-Kommission legte die EFSA danach ihre Stellungnahme vor und
behauptete, die Studie weise generelle methodische Mängel auf, wodurch
die Bewertung der Ergebnisse erschwert werde.
Diese
Behauptung der EFSA ist allerdings mehr als zweifelhaft: (1) Die
Behörde befasste sich nur mit einem kleinen Ausschnitt der Ergebnisse,
erklärt aber alle Befunde wegen angeblicher methodischer Mängel für
nicht relevant. (2) Zugleich hatte die EFSA die Autoren der Studie nicht
kontaktiert, um Fragen bezüglich der Methodik zu klären. (3)
Schließlich empfahl die Behörde trotz erheblicher Unsicherheiten, auf
weitere Untersuchungen zu verzichten. Aus wissenschaftlicher Sicht ist
das ausgesprochen überraschend, weil die akkumulierte Wirkung von
Bt-Toxinen und Rückständen von Glyphosat bisher kaum untersucht wurde.
Gerade diese Frage ist aber für die Bewertung einer Vielzahl
gentechnisch veränderter Pflanzen wie Mais, Baumwolle und Soja relevant.
Damit geht die Bedeutung der Studie weit über das aktuelle
Gerichtsverfahren hinaus.
Auf Nachfrage erklärte Thomas Bøhn,
einer der Verfasser der wissenschaftlichen Publikation: „Unsere
Publikation zeigt interessante Ergebnisse, die weitere Untersuchungen
nach sich ziehen müssen. Daphnia magna sollte gegenüber
Bt-Insektengiften gar nicht empfindlich sein. Doch genau das ist hier
der Fall. Dabei verursachte eine verdoppelte Dosis auch entsprechend
höhere Schäden. Dies ist relevant, wenn beispielsweise Bt-Toxine in
gentechnisch veränderten Pflanzen kombiniert werden. Zudem haben wir
herausgefunden, dass es Wechselwirkungen zwischen Glyphosat und den
Bt-Giften gibt, was zeigt, dass wir ein besseres Verständnis der Wirkung
dieser ,Giftcocktails‘ benötigen. Für mich ist es überraschend, dass
die verantwortliche Behörde weitere Untersuchungen für nicht notwendig
hält.“
Ein
weiterer Grund zur Sorge besteht für Testbiotech auch darin, dass der
bei der Bewertung durch die EFSA an führender Stelle beteiligte Experte,
Yann Devos, eine aktive Rolle in einer Organisation mit dem Namen
„International Society for Biosafety Research“ (ISBR) spielt. Diese
Organisation wird zu großen Teilen von der Industrie finanziert. Der
Fall Yann Devos war jüngst auch Gegenstand mehrerer Schreiben an die
EFSA. Deren Direktor Bernhard Url behauptet allerdings, dass hier keine Interessenkonflikte vorliegen würden.
„Die
EFSA muss ihre Bewertung zurückziehen. Die EU-Kommission hätte die EFSA
niemals auffordern dürfen, einzelne Befunde dieser wissenschaftlichen
Publikation zu bewerten, und die EFSA hätte sich dieser Anfrage der
Kommission widersetzen müssen. Stattdessen hätte man eine Bewertung
durch unabhängige Experten verlangen müssen, die auch die
Wissenschaftler aus Norwegen miteinbezieht“, erklärt Christoph Then für
Testbiotech.
Testbiotech
fordert daher, dass die EU-Kommission weitere Zulassungen
entsprechender gentechnisch veränderter Pflanzen stoppt, solange deren
Sicherheit nicht überprüft wurde. Wenn es hier Unsicherheiten gibt, muss
das Vorsorgeprinzip zum Schutz von Mensch und Umwelt zur Anwendung
kommen und es müssen weitere Untersuchungen durchgeführt werden.
Kontakt:
Christoph Then, Testbiotech
Einblicke in die Tiefsee
Einblicke in die Tiefsee
Um das System Erde besser zu verstehen, geht geowissenschaftliche Forschung den Dingen buchstäblich auf den Grund. So führte eine Expedition mit dem Forschungsschiff „Sonne“ rund ein Jahr nach dem schweren Erdbeben im Jahr 2011 vor die Küste Japans, um zu untersuchen, was dabei am und unter dem Meeresboden passiert ist. Vom 8. März bis zum 6. April 2012 waren 33 deutsche und japanische Forschende gemeinsam unterwegs.Die Ergebnisse können sich sehen lassen.
„Wir konnten unter anderem zeigen, dass der Tsunami auf das Erdbeben und nicht auf einen Hangrutsch zurückgeht“, berichtet der Leiter der Expedition, Gerold Wefer aus Bremen. „Der Kontinentalhang hat sich an einigen Stellen um bis zu 50 Meter nach Südosten verlagert.“ Messungen mit den verschiedenen bordeigenen Echolotsystemen ergaben zudem, dass sich der Meeresboden über der Erdbebenzone um rund zehn Meter gehoben hat. Diese massiven Volumenänderungen erklären die Wucht des Tsunami. Eine unerwartete Entdeckung zeigte sich laut Wefer bei der chemischen Untersuchung der Sedimentablagerungen am Meeresgrund: „In großen Bereichen hat sich eine Sedimentschicht von etwa einem Meter Dicke neu gebildet.“ Weitere wichtige und neue Ergebnisse liefern die bei der Fahrt genommenen Sedimentkerne. Diese sind gleichsam ein Archiv für Paläoerdbeben und zeigen anhand von Lagen aus Asche, wann in der Erdgeschichte welche Vulkane ausgebrochen sind – Informationen, die die Wissenschaft an Land so nicht erheben kann, da dort die kontinuierliche Ablagerung fehlt.
Um Erkenntnisse wie diese zu Tage zu fördern, stehen an Bord der „Sonne“ hochmoderne technische Geräte bereit. Dazu gehört der Tauchroboter QUEST, laut Wefer „ein einzigartiges und stark nachgefragtes Hightech-Gerät“. Denn nur Unterwasserfahrzeuge können Observatorien, wie sie beispielsweise vor Sendai am Meeresgrund installiert sind, überprüfen und bei Beschädigungen Komponenten austauschen. „Nur solche Geräte ermöglichen uns Einblicke in die Vorgänge der Tiefsee, die schlecht zugänglich ist und über die wir deshalb immer noch wenig wissen“, fügt Wefer hinzu.
.Das Arbeitsgebiet der Sonne vor der Küste Japans
© Marum
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Das Arbeitsgebiet der Sonne vor der Küste Japans
© Marum
Neben einem einsatzbereiten und gut ausgestatteten Forschungsschiff wie der „Sonne“, für die es 2015 einen modernen und nach dem aktuellen Stand der Technik ausgebauten Nachfolger geben soll, sind auch gute Kontakte zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern essenziell für eine erfolgreiche Expedition „Wir sind durch das Integrated Ocean Drilling Program (IODP) seit langem gut vernetzt“, betont Wefer. Ein Knotenpunkt des Netzwerkes ist das DFGForschungszentrum MARUM in Bremen, das sich 2007 um den im Jahr 2012 verlängerten Exzellenzcluster „Der Ozean im System Erde“ erweitert hat und das Wefer seit seiner Gründung leitete. Ende 2012 folgte ihm Michael Schulz als Direktor nach. In Bremen befindet sich außerdem eines der drei internationalen Bohrkernlager des IODP.
Dies alles war 2012 eine gute Basis für die Japan-Expedition, die eine ungewöhnlich kurze Vorlaufzeit hatte. „Wir haben die Fahrt in weniger als einem Jahr auf die Beine gestellt“, erzählt Wefer, „auch dank der Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung und die DFG.“ Die Vorbereitungen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler flankierte die Öffentlichkeitsarbeit mit einem umfassenden Presseprogramm sowie einem Empfang mit dem deutschen Botschafter in Japan, Volker Stanzel, und dem DFG-Vizepräsidenten Ferdi Schüth direkt vor Fahrtbeginn. „Wir haben große Aufmerksamkeit und Anerkennung seitens der Regierung und der Forschungsorganisationen erfahren“, so Wefer.
Die intensive Zusammenarbeit zwischen deutschen und japanischen Forschenden trägt bereits Früchte: Ein „Post-cruise Meeting“ im September 2012 benannte zukünftige Forschungsfragen, die weitere Expeditionen beantworten sollen: sei es auf der „Sonne“ oder auf japanischen Schiffen, wie der „Chikyu“, die beide seit langem als Forschungsplattformen deutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern offenstehen. Gemeinsame Anträge und Fahrten sind in Planung, und der Austausch von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ist bereits vereinbart. Wefer betont das starke Vertrauensverhältnis, das zwischen deutschen und japanischen Forschenden entstanden ist: „Beiderseits gibt es großes Interesse an der weiteren Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Das ist wirklich nachhaltig!“
Zentrum für Mittelmeerstudien
In Bochum entsteht ein "Zentrum für Mittelmeerstudien"
Staatssekretär Rachel: "Die Ausrichtung könnte aktueller kaum sein"
Das Mittelmeer eint und trennt Menschen, Kontinente, Religionen, politische Systeme und Wirtschaftsräume. Das Zentrum für Mittelmeerstudien an der Universität Bochum ist die erste wissenschaftliche Einrichtung Deutschlands, die der epochenübergreifenden geistes- und sozialwissenschaftlichen Erforschung dieser besonderen Kontaktzone Afrikas, Asiens und Europa gewidmet ist.
"Angesichts der sich derzeit überschlagenen Nachrichten aus den Ländern des südlichen Mittelmeerraumes, ist die Bedeutung des Bochumer Zentrums evident, ja, seine Ausrichtung könnte aktueller kaum sein. erklärte der Parlamentarische Staatsekretär Thomas Rachel MdB anlässlich der feierlichen Eröffnung des Zentrum für Mittelmeerstudien am 3. März 2011 in Bochum. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert mit insgesamt 2,3 Mio. Euro die Gründung des Zentrums an der Ruhr-Universität Bochum.
"Die Regionalforschung erlebt derzeit zu Recht einen deutlichen Aufschwung. Denn dieser Aufschwung speist sich nicht nur aus wissenschaftsimmanenten Entwicklungen, sondern auch aus dem steigenden gesellschaftlichen Bedarf an fundiertem Wissen über die verschiedenen Weltregionen. In geeigneter Form vermittelt, trägt dieses Wissen zur Verbesserung der interkulturellen Kommunikation bei und kann Anknüpfungspunkte für Politik und Wirtschaft liefern. betonte Rachel.
Das Zentrum für Mittelmeerstudien wird im Rahmen des BMBF-Programms "Regionalstudien gefördert. Wissenschaftler aus verschiedenen geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächern bearbeiten vier Themenfelder ("Mobilität, "Soziale Netzwerke, "Interkulturelle Kommunikation und "Politische Netzwerke) von der Antike bis zur Gegenwart. Eine besondere Rolle spielt die Frage nach dem Austausch und der gegenseitigen Beeinflussung in der Mittelmeerregion, in der sehr unterschiedliche Religionen, Ethnien und Staatsformen aufeinanderstoßen.
Auf Tagungen, Podiumsdiskussionen und Ringvorlesungen werden die Forschungsergebnisse diskutiert und der Öffentlichkeit vorgestellt. Weiterhin führt das Zentrum aktuelle Informationen zur deutschen und europäischen Mediterranistik zusammen und stellt diese über Internetplattformen bereit.
Alles im grünen Bereich?
Alles im grünen Bereich?
Öko-Junglandwirte diskutieren über Optimierung der Erzeugung
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(aid) – Die Biobranche boomt seit 15 Jahren. Aber stimmt der hohe Anspruch der ökologischen Landwirtschaft noch mit der Realität überein? Diese und andere kritische Fragen zur eigenen Branche diskutierten über 100 engagierte Junglandwirte Ende Oktober auf der 8. Öko-Junglandwirtetagung in Fulda. Reichlich Diskussionsfutter lieferten Referenten aus den unterschiedlichsten Fachbereichen.
So wies Professor Dr. Albert Sundrum, Leiter des Fachbereichs Tierernährung und Tierhaltung an der Universität Witzenhausen, auf die Probleme im Bereich der ökologischen Tierhaltung hin. Zwar habe der Ökobereich aufgrund der strengen Vorgaben für Stallbau und Platzbedarf klare Vorteile gegenüber konventionellen Haltungsmethoden. Doch beim Blick auf die Tiergesundheit von Schweinen und Kühen zeige sich, dass Bio-Landwirte in gleichem Umfang mit Krankheiten zu kämpfen haben wie ihre konventionellen Kollegen. "Dabei muss es doch unser Anspruch sein, an dieser Stelle besser zu sein.
Das erwarten auch die Verbraucher", so Sundrum. Er riet den Junglandwirten deshalb zu einem möglichst objektiven Blick auf die Gesundheit der eigenen Tiere, der auch durch Zahlen untermauert sein sollte. Zudem plädierte er dafür, dass die Bioverbände Vorgaben für wissenschaftlich abgesicherte, gesundheitsbezogene Parameter festlegen, wie beispielsweise Grenzwerte für Zellzahlen in der Milchviehhaltung. Auch die Beratung müsse sich hier auf einheitliche, möglichst objektive Standards einigen. Andernfalls drohe das Qualitätsniveau tierischer Bioprodukte zu sinken.
Einen sensiblen Bereich des Ökolandbaus sprach Dr. Heike Kuhnert vom Projektbüro Land & Markt an. Sie stellte eine BÖLN-Studie zu Umfang und Gründen der Rückumstellung von Öko-Betrieben vor. Danach haben zwischen 2003 und 2010 mehr als 4.200 Betriebe in Deutschland von bio auf konventionell rückumgestellt. Etwa ein Drittel davon waren Betriebsaufgaben. Im Saldo sei jedoch laut Kuhnert die Zahl der Bio-Betriebe trotz Rückumstellungen moderat gestiegen.
Zudem hätten im gleichen Zeitraum deutlich mehr konventionelle Betriebe aufgegeben. Als Gründe für eine Rückumstellung nannten die befragten Betriebsleiter am häufigsten die strengen Richtlinien der Verbände, vor allem bei Futtermitteln. "Die Höhe der Förderung war dagegen nur für wenige Betriebsleiter ein Problem", erklärte Kuhnert. Stattdessen wünschten sich die Befragten eine verlässliche, durchgehende Förderung für den Ökolandbau, um mehr Planungssicherheit zu haben. Um zukünftig Rückumstellungen zu vermeiden, sei darüber hinaus eine noch bessere Kommunikation zwischen den Bio-Anbauverbänden hilfreich.
Nährstoffe aus Gülle umweltgerecht verwertet
Nährstoffe aus Gülle umweltgerecht verwertet
Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben ein Verfahren zur Aufbereitung von Schweinegülle entwickelt, mit dem sich die enthaltenen Nährstoffe separieren und in eine transportfähige und dosierbare Form überführen lassen. Auf diesem Verfahren basiert eine mit Partnern aus Forschung und Industrie errichtete Demonstrationsanlage. Zur Einweihung der Anlage am Donnerstag, 6. März 2014, um 14 Uhr beim Bildungs- und Wissenszentrum Boxberg sind Vertreterinnen und Vertreter der Medien herzlich eingeladen. (Anmeldung bitte mit anhängendem Formular oder per E-Mail)
Grußworte zur Einweihung sprechen der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller sowie KIT-Vizepräsident Professor Alexander Wanner. Danach hält der Leiter des Kompetenzzentrums für Materialfeuchte (CMM) des KIT, Dr. Rainer Schuhmann, einen Fachvortrag über: „Nährstoffrückgewinnung aus Gülle auf Basis des P-RoC-Verfahrens“. Eine Besichtigung der Demonstrationsanlage schließt sich an.
Die Anlage arbeitet auf der Grundlage des am CMM des KIT entwickelten Verfahrens P-RoC, kurz für „Phosphorus Recovery from waste and processwater by Crystallization“. Phosphor stellt einen essenziellen Nährstoff für alle biologischen Organismen dar; die weltweiten Vorkommen sind begrenzt. Auch andere in Gülle enthaltene Nährstoffe, wie Kalium und Magnesium, besitzen grundsätzlich eine hohe Wertigkeit und können in der Landwirtschaft Mineraldünger ressourcenschonend ersetzen. In der Regel wird Gülle vor der Ausbringung vorbehandelt, vorzugsweise in Co-Fermentations¬anlagen, um auch die enthaltene Energie zu nutzen. Nach der Fermentation ist ein Substrat verfügbar, das landwirtschaftlich verwertet werden kann und den Nährstoffkreislauf schließen soll.
In Veredelungsregionen reicht allerdings häufig die Fläche nicht aus, um die in der Gülle anfallenden Nährstoffe sinnvoll und umweltgerecht zu verwerten. Dieses Problem verstärkt sich noch, wenn zusätzlich Gärreste aus Biogasanlagen zu verwerten sind. Werden die Nährstoffe vor oder während des Fermentationsprozesses auf der Basis des P-RoC-Verfahrens aus der Gülle separiert, lässt sich zum einen der Gärprozess stabilisieren, zum anderen lassen sich die Nährstoffe in eine transportfähige und dosierfähige Form überführen. So wird die regionale Absetzbarkeit des Substrats gewährleistet und zusätzlich Düngemittel gewonnen.
Im Rahmen des Projekts „Nährstoffrückgewinnung aus Schweinegülle“ entwickelten die Forscher um Dr. Rainer Schuhmann das Verfahren zur Praxisreife weiter. Das Bildungs- und Wissenszentrum für Schweinezucht Boxberg stellte die Infrastruktur bereit. Dort wird die neue Demonstrationsanlage in den Betrieb einer Co-Fermentationsanlage integriert. Das Ingenieurbüro Roth & Partner übernahm die Planung der Anlage, die Alltech Dosieranlagen GmbH den Bau. Die Universität Hohenheim bestätigte dem generierten Sekundärphosphat die Düngewirksamkeit.
Das Projekt lief über zwei Jahre und ist mit der Einweihung der Demonstrationsanlage abgeschlossen. Gefördert wurde es von der Europäischen Union mit Mitteln aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) sowie vom Land Baden-Württemberg mit Mitteln des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft. Die Förderung beträgt rund 650 000 Euro.
Immunsystem steuert im Fischhirn Neubildung von Nervenzellen
Immunsystem steuert im Fischhirn Neubildung von Nervenzellen
Im Zebrafisch neuer Regenerationsmechanismus nach schweren Gehirnverletzungen entschlüsselt
Dresden. Verletzungen des menschlichen Gehirns und Rückenmarks rufen eine Entzündungsreaktion hervor. Seit Jahrzehnten wird in der Medizin darüber diskutiert, ob die Reaktion des Immunsystems nach Verletzungen des zentralen Nervensystems eher den Heilungsprozess fördert oder diesen verhindert. Erstmalig haben Regenerationsforscher des DFG-Forschungszentrums für Regenerative Therapien Dresden – Exzellenzcluster an der TU Dresden (CRTD) am Modell des Zebrafischs nachgewiesen, dass die Entzündungsreaktion beim Fisch notwendig ist, damit sich Nervenzellen nach Gehirnverletzungen überhaupt neu bilden. Hiermit haben sie einen neuen Mechanismus identifiziert, der die Regeneration des Zebrafischgehirns durch neurale Stammzellen steuert. Die Gehirne von Mensch und Zebrafisch unterscheiden sich zwar oberflächlich betrachtet hinsichtlich Größe und Aussehen, sind aber neuroanatomisch und genetisch bedingt durch die evolutionäre Abstammung verwandt. (Science 2012, DOI 10.1126.science.1228773)
Bereits im November 2011 konnte die Arbeitsgruppe des Dresdner Regenerationsforschers Professor Michael Brand zeigen, dass erwachsene Zebrafischgehirne nach einer Verletzung regenerieren können – eine phantastische Fähigkeit, die Gehirne von Säugetieren leider nicht besitzen. Die Forscher konnten insbesondere die Stammzellen identifizieren, die für die Neubildung von Nervenzellen nach Gehirnverletzungen im erwachsenen Zebrafisch verantwortlich sind. Die Wissenschaftler zeigten damals auch, dass im Zebrafischgehirn, ebenso wie in Säugetieren, eine starke Entzündungsreaktion kurz nach der Verletzung auftritt. Bei Fischen führt dies jedoch nicht zu einer chronischen Narbenbildung, welche beim Menschen die Selbstheilung des Gehirns verhindert (Development 2011, DOI 10.1242/dev.072587). Hier knüpft nun die aktuell in Science publizierte Forschungsarbeit an. „Im ersten Schritt haben wir in Zebrafischen Entzündungen durch Injektionen von Hefepartikeln erzeugt, ohne dabei das Gehirn zu verletzen“, berichtet Michael Brand. Wie verhalten sich danach die radialen Gliazellen, die als neuronale Stammzellen bei Gehirnverletzungen in Zebrafischen Nervenzellen neu bilden? Tatsächlich werden die Gliazellen durch die Hefepartikel angeregt, die Produktion von neuen Nervenzellen wie bei einer Gehirnverletzung stark zu erhöhen.
Dexamethason wird in Medikamenten bei Entzündungen im menschlichen Körper standardmäßig als entzündungshemmend und dämpfend auf das Immunsystem eingesetzt. Diesen Wirkstoff haben die Forscher dem Wasser zugesetzt, in dem Zebrafische gehalten wurden, deren Gehirn vorher verletzt wurde, um somit Entzündungen zu unterdrücken. Die radialen Gliazellen wurden nun nicht aktiviert und bildeten trotz der Gehirnverletzungen nicht mehr neue Nervenzellen. Das war der wissenschaftliche Beweis dafür, dass die Entzündungsreaktion notwendig ist, um überhaupt den Prozess der vermehrten Neubildung von Nervenzellen in Gang zu setzen.
Wie kommt es zur Aktivierung der neuralen Stammzellen im Gehirn des Zebrafischs durch das Immunsystem? Wie sind die Signalwege? „CysLT1-LTC4, ein Lipidrezeptor, regt als Signalmolekül die neuronalen Stammzellen im Fischgehirn an, neue Nervenzellen zu bilden“, fand Nikos Kyritsis, Doktorand in der Dresdner Arbeitsgruppe von Professor Brand, heraus und identifizierte somit den molekularen Mechanismus der Stammzellaktivierung. Denn die Injektion des Lipids in gesunde Fische aktivierte die Nervenzellproduktion.
In den Gehirnen von erwachsenen Zebrafischen entstehen lebenslang neue Nervenzellen, die dauerhaft verlorene Nervenzellen ersetzen können.
Gene und molekulare Mechanismen sind zwischen Fisch und Mensch aufgrund der gemeinsamen evolutionären Abstammung hoch konserviert. Der kleine Fisch ist so als Modellorganismus bestens geeignet, auch genetischen Grundlagen menschlicher Krankheiten auf die Spur zu kommen. Das Wissen um deren Regenerationsmechanismen könnte in Zukunft dazu beitragen, neue therapeutische Ansätze bei Krankheiten und Verletzungen des Gehirns zu entwickeln.