Archiv der Kategorie: Landwirtschaft, Tier- Pflanzenwelt

Mit “unsichtbaren” Chromosomen positive Eigenschaften gemeinsam vererben

(KIT) – Nutzpflanzen sollen möglichst ertragreich und wohlschmeckend, aber gleichzeitig auch resistent gegenüber Krankheiten oder Schädlingen sein. Jedoch können bei der Pflanzenzucht einzelne dieser positiven Eigenschaften verloren gehen, wenn die entsprechenden Gene auf einem Chromosom weit auseinander liegen. Um sie zukünftig gemeinsam vererben zu können, haben Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) nun mit der molekularen Schere CRISPR/Cas neun Zehntel eines Chromosoms „umgedreht“ und damit genetisch stillgelegt. Die auf diesem Teil liegenden Eigenschaften werden für den genetischen Austausch unsichtbar und so unverändert weitervererbt

Gezielt Gene in Pflanzen verändern, einfügen oder ausschalten – das ermöglicht die molekulare Schere CRISPR/Cas (CRISPR steht für Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats): Mit dieser Methode können Pflanzen etwa robuster gegen Schädlinge, Krankheiten oder Umwelteinflüsse gemacht werden. „Uns ist es bereits in den vergangenen Jahren erstmals gelungen, mit CRISPR/Cas nicht nur Gene, sondern auch die Struktur von Chromosomen zu verändern“, sagt Professor Holger Puchta, der am Botanischen Institut des KIT mit seinem Team bereits seit 30 Jahren an Anwendungen für Genscheren forscht. „Gene sind linear auf Chromosomen angeordnet und wir konnten durch Änderung dieser Abfolge zeigen, wie man gute von schlechten Pflanzeneigenschaften trennen kann.“

Jetzt haben die Forschenden es geschafft, den genetischen Austausch zu verhindern, der bei der Vererbung normalerweise stattfindet und bei dem Eigenschaften getrennt werden. „Wir legen fast ein komplettes Chromosom still – machen es quasi unsichtbar – und können so alle Eigenschaften, die sich darauf befinden, in einem Paket weitervererben“, so der Molekularbiologe. Bisher mussten Pflanzeneigenschaften, die gemeinsam vererbt werden sollten, auf demselben Chromosom nah beieinander liegen. Befinden sie sich auf einem Chromosom weiter auseinander, werden sie bei der Vererbung in der Regel voneinander getrennt und eine positive Eigenschaft kann so bei der Züchtung verloren gehen.

Nach dem Vorbild der Natur: Chromosomen-Engineering verhindert genetischen Austausch

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben sich bei ihrer Forschung ein Beispiel an der Natur genommen: „Diese ‚Umkehrungen‘ oder Inversionen, also das genetische Unsichtbarmachen, kommen in kleinerem Maßstab auch bei Wild- und Kulturpflanzen immer wieder vor. Wir haben von der Natur gelernt und dieses Wissen über den natürlichen Prozess genutzt und erweitert“, sagt Puchta.

Gemeinsam mit Professor Andreas Houben vom Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) haben die Forschenden um Puchta neun Zehntel eines Chromosoms der Modellpflanze Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) invertiert. Nur an den Enden erhielten sie Fragmente in ihrer ursprünglichen Ausrichtung. „Mit Hilfe dieser Fragmente kann das Chromosom genauso wie die anderen Chromosomen auch an die nächste Generation weitergegeben werden und geht als Ganzes nicht verloren”, erläutert Puchta.

Zukünftig Züchtung von effizienteren und robusteren Nutzpflanzen möglich

Bei der effizienten Zucht von Nutzpflanzen komme es darauf an, möglichst viele positive Eigenschaften in einer Pflanze zu vereinen. „Die Züchterinnen und Züchter wollen natürlich, dass die Pflanze gut schmeckt, möglichst vitaminreich ist, aber gleichzeitig auch resistent gegenüber Krankheiten. Das können wir mit unserer Methode künftig erleichtern“, so Puchta. (swi)

 

Wenn Stickstoff zum Problem wird: Tierhaltung und Gülle

Massentierhaltung für die Fleischproduktion schadet der Umwelt. Zusätzlich zum direkt emittierten Methan werden durch das Ausbringen von Gülle klimaschädliche Stickstoffverbindungen wie Ammoniak und Lachgas in die Atmosphäre freigesetzt. Zudem wird das Grundwasser über die Flüssigphase mit Nitrat verunreinigt. Wie sich die Gülle, die bei der Viehhaltung entsteht und häufig als Düngemittel eingesetzt wird, auf den Stickstoff-Fußabdruck auswirkt, haben nun Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) untersucht. Sie haben gezeigt, dass die Stickstoffbelastung durch Gülle aus der Rindfleischproduktion drei beziehungsweise acht Mal höher ist als bei Gülle aus der Schweine- und Geflügelfleischproduktion.

In der Landwirtschaft kommen große Mengen stickstoffhaltige Dünge- und Futtermittel zum Einsatz. Ein erheblicher Teil des eingesetzten Stickstoffs gelangt dabei ungenutzt in die Umwelt, etwa durch das Auswaschen von Nitrat aus Ackerböden oder durch Ammoniakemissionen aus der Tierhaltung. „Dass die Fleischproduktion sich sehr nachteilig für die globale Stickstoffbilanz auswirkt, ist bekannt. Der Stickstoff-Fußabdruck-Rechner zeigt bislang aber nicht, welch hohen Anteil die dabei entstehende Menge an Gülle daran hat“, sagt Prantik Samanta vom Engler-Bunte-Institut – Wasserchemie und Wassertechnologie des KIT. „Zugleich bedeuten diese Stickstoffmengen einen enormen Ressourcenverlust. Denn Stickstoff rückzugewinnen, ist energetisch sehr aufwendig.“ Wie viel Stickstoff über Gülle bei der Rind-, Schweine- und Geflügelfleischproduktion jeweils die Umwelt verschmutzt und als Rohstoff verloren geht, hat der Doktorand und Erstautor der Studie nun gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen untersucht. Zusätzlich haben sie berechnet, wie viel Energie benötigt würde, um die Gülle aufzubereiten und Stickstoff zurückzugewinnen. Dieser könnte wiederrum etwa gezielt als Düngemittel bereitgestellt werden.

Größte Stickstoffverlust bei der Rindfleischproduktion

„Wir haben festgestellt, dass sich der Stickstoffverlust pro Kilo Fleisch direkt mit einem virtuellen Stickstofffaktor, kurzVNF, berechnen lässt“, so Samanta. „Die Beziehung zwischen der Gesamtstickstoffzufuhr und dem entsprechenden Stickstoffverlust pro Kilogramm Fleischproduktion ist linear.“ Der VNF setzt den Stickstoffverlust mit dem Stickstoffgehalt im Fleisch ins Verhältnis. Dabei schlägt sich der größte Verlust in der zu entsorgenden beziehungsweise zu behandelnden Gülle nieder. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Rindfleischproduktion in den meisten Teilen der Welt am stärksten auf den Stickstoff-Fußabdruck auswirkt. Der Stickstoffverlust ist drei beziehungsweise acht Mal höher als bei Gülle aus der Schweine- und Geflügelfleischproduktion. Die Forschenden führen dies auf den hohen Futtermittelbedarf und den hohen Grundumsatz von Rindern zurück. Die Stickstoffverluste bei der Schweine- und Geflügelfleischerzeugung begründen sie eher mit schlechten Stallbedingungen als mit Futter und der Verdauung der Tiere.

Bei ihren Untersuchungen haben die Forschenden zudem mehrere Länder miteinander verglichen: „Japan setzt die größte Menge an Stickstoff in Bezug auf das konsumierte Fleisch frei, gefolgt von Australien. Das liegt auch daran, dass es zur Verschiebung der Werte kommt, wenn die Länder Futter und Fleisch in größerem Umfang ex- beziehungsweise importieren“, so Samanta. „Als Resultat ist in Japan auch die zu behandelnde Menge an Gülle pro Kilogramm Fleisch am höchsten.“ Der Stickstoffverlust durch die Fleischerzeugung sei in den USA und Europa niedriger.

Preissteigerungen von Fleisch durch hohen Energiebedarf

Die Forschenden haben außerdem berechnet, wie viel Energie nötig wäre, um den Eintrag von Stickstoff in die Umwelt weitestgehend zu minimieren. „Bei der Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch verbleiben 140 Gramm Ammoniumstickstoff in der Rindergülle. Um diesen zurückzugewinnen, benötigen wir sieben Kilowattstunden an Energie. Zum Vergleich: Die Deutschen verbrauchen pro Kopf im Durchschnitt etwa 29 Kilowattstunden Strom pro Woche“, zeigt der Wissenschaftler auf. Bei der Behandlung von einem Kilogramm Schweine- und Geflügelmist sinke der Energiebedarf deutlich auf unter drei beziehungsweise 0,8 Kilowattstunden.

„Unsere Ergebnisse zeigen deutlich, wie hoch der Energieverbrauch für die Güllebehandlung wäre, um den gesamten Stickstoff-Fußabdruck in der Tierhaltung zu verringern“, sagt Samanta. Zurzeit werde dieser Energiebedarf bei der Preisbildung nicht berücksichtigt: „Bezöge man ihn ein, müsste der Fleischpreis, je nach Fleischsorte, um 0,20 bis 1,50 Euro pro Kilo steigen.“ (swi)

Gefahr für den Menschen durch Pestizide bereits bewiesen

(pte) – Eine von drei Personen weist Anzeichen einer Belastung mit dem Pestizid 2,4-D auf, wie eine Studie der George Washington University zeigt. Die Belastung des Menschen mit dieser Chemikalie hat zugenommen, da der Einsatz von 2,4-D in der Landwirtschaft gesteigert wurde. Damit steigen auch die Bedenken über die Auswirkungen des Herbizids auf die Gesundheit, vor allem da eine weitere Steigerung vorhergesagt wird. Betroffen könnten vor allem kleine Kinder sein, die sehr empfindlich auf eine chemische Belastung reagieren.

Urinproben analysiert

Das Team um Marlaina Freisthler hat Urinproben von Teilnehmern an der „National Health and Nutrition Examination Survey“ auf Biomarker des Pestizids untersucht. Der landwirtschaftliche Einsatz von 2,4-D wurde aufgrund des öffentlichen und privaten Pestizideinsatzes aus den Jahren 2001 bis 2014 geschätzt. Von den 14.395 Studienteilnehmern verfügten fast 33 Prozent über nachweisbare Spuren von 2,4-D in ihrem Urin. Dabei gab es Teilnehmer, deren Werte von niedrigen 17 Prozent zu Beginn der Studie auf hohe 40 Prozent zehn Jahre später anstiegen.

Doch nicht nur der Einsatz der Pestizide während der Laufzeit hat zugenommen, sondern auch die Belastungen beim Menschen sind größer geworden. Kinder zwischen sechs und elf Jahren hatten ein mehr als doppelt so hohes Risiko einer steigenden Belastung mit 2,4-D. Zusätzlich verfügten Frauen im gebärfähigen Alter über ein doppelt so hohes Risiko einer Belastung als Männer der gleichen Altersgruppe. 2,4-D wurde in den 1940er-Jahren entwickelt und bei Bauern, die ihren Ertrag steigern wollten, rasch ein beliebtes Herbizid. Hausbesitzer, die einen makellosen Rasen erzielten wollten, setzten die Chemikalie häufig kombiniert mit anderen Rasenchemikalien ein.

Soja sowie Baumwolle

Die Belastung mit hohen Werten diese Chemikalie wurde mit Krebs, Fortpflanzungsproblemen und anderen Erkrankungen in Zusammenhang gebracht. Die Auswirkungen einer geringeren Belastung sind derzeit noch nicht erforscht. Bekannt ist jedoch, dass es sich bei 2,4-D um einen endokrinen Disruptor handelt. Die aktuelle Studie zeigt zudem, dass Kinder und Frauen im gebärfähigen Alter über ein erhöhtes Belastungsrisiko verfügen. So können Kinder mit dem Pestizid in Kontakt kommen, wenn sie barfuß auf einem mit dem Herbizid behandelten Rasen spielen oder wenn sie ihre Finger in den Mund stecken, nachdem sie draußen gespielt haben.

Zu einer Belastung kann es auch durch das Essen von auf Sojabohnen basierenden Lebensmitteln sowie durch Einatmen kommen. Der heute verbreitete Einsatz von 2,4-D bei gentechnisch veränderten Sojabohnen und Baumwollen führt zu mehr 2,4-D in der Luft und damit können laut den Forschern auch mehr Menschen mit dem Herbizid in Kontakt kommen. Die aktuellen Forschungsergebnisse wurden in „Environmental Health“ veröffentlicht.

Der Darm und sein Mikrobion immer wichtiger für die Gesundheit – Nachrichten aus dem Zoo

(Uni Kiel) – Umfangreiche Vergleichsstudie an der CAU zur Zusammensetzung der Bakterienbesiedlung von Zootieren liefert neue Erkenntnisse über den Verlust an mikrobieller Vielfalt im menschlichen Körper

Im Mittelpunkt der lebenswissenschaftlichen und medizinischen Forschung steht seit einigen Jahren die Frage, wie die in und auf einem Körper lebenden Mikroorganismen zentrale Lebensprozesse und damit Gesundheit und Krankheit ihres Wirtslebewesens beeinflussen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter anderem an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) konnten zahlreiche Belege sammeln, dass es Zusammenhänge zwischen der Gesamtheit der mikrobiellen Besiedlung des Körpers, dem sogenannten Mikrobiom, und der Entstehung von Krankheiten gibt. Speziell chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) sind eng mit der Zusammensetzung und Balance des Mikrobioms verknüpft. Gemeinsam mit zahlreichen anderen sogenannten Umwelterkrankungen hat ihre Häufigkeit in den vergangenen Jahrzehnten stark zugenommen. Eine mögliche Ursache sehen Forschende im massiven Rückgang der mikrobiellen Artenvielfalt des menschlichen Mikrobioms. Dessen Verarmung geht vermutlich auf die radikale Änderung der Lebensbedingungen in der westlichen Gesellschaft zurück, die unter anderem von industriell hergestellten Lebensmitteln, umfassenden Hygienemaßnahmen, massiver Antibiotikanutzung und sozial isolierten Lebensweisen geprägt sind. Großes Potenzial sehen Forschende in künftigen Interventionen zur Wiederherstellung eines gesunden Mikrobioms. Wichtige Anhaltspunkte, um einen solchen gesunden Zustand zu definieren, liefern vergleichende Mikrobiomstudien – sowohl mit ursprünglich lebenden menschlichen Gesellschaften, als auch mit Tieren.

Forschende der CAU haben nun in einer umfangreichen Vergleichsanalyse im Rahmen des Sonderforschungsbereichs (SFB) 1182 „Entstehen und Funktionieren von Metaorganismen“ insgesamt 368 Stuhlproben von 38 verschiedenen Tierarten von Wiederkäuern bis hin zu Primaten analysiert, um die Einflüsse der evolutionären Verwandtschaftsverhältnissen der verschiedenen Arten untereinander und der äußeren Lebensbedingungen auf die Zusammensetzung des Mikrobioms zu untersuchen. Das Probenmaterial sammelten sie in sieben deutschen Zoos und verglichen es sowohl untereinander als auch auch mit menschlichen Proben, indem sie darin enthaltenen Mikrobenarten per Genomsequenzierung bestimmten und so jeweils die verschiedenen Mikrobiomzusammensetzungen der diversen Tierarten charakterisieren konnten. Das Forschungsteam vom Institut für Klinische Molekularbiologie (IKMB) unter Leitung von Professor Andre Franke stellte fest, dass das Vorkommen bestimmter Bakterienarten zum Beispiel bei einigen Affenarten aber auch beim Menschen zurückgeht und ihr Mikrobiom offenbar insbesondere in Anpassung an Veränderungen ihrer Lebensbedingungen verarmt. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forschenden, die auch an der DFG-Forschungsgruppe miTarget beteiligt sind, kürzlich in der Fachzeitschrift BMC Microbiology.

Lebensweise beeinflusst das Mikrobiom bei Mensch und Tier
Die Zusammensetzung des Mikrobioms hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählen unter anderem die Ernährung, Umwelteinflüsse oder die Verwandtschaftsbeziehungen der Wirtslebewesen untereinander. Um ihre Daten unter kontrollierten Bedingungen gewinnen zu können, sammelten die Kieler Forschenden Proben von in Gefangenschaft lebenden und nach einheitlichen Standards gefütterten Tieren, unter anderem in Zoos in Hamburg, Berlin und Neumünster. Für die Wissenschaft sind solche Kooperationen von hohem Wert, da sie einfach zugängliches Probenmaterial und damit wichtige Datenquellen für ein ganzes Spektrum von Forschungsfragen zur Verfügung stellen können. In der aktuellen Arbeit bildet das in den Zoos gesammelte Probenmaterial zum Beispiel die Grundlage einer neuartigen Biobank, die teilweise noch gänzlich unbekannte Mikrobenarten beinhaltet und daher von großem wissenschaftlichem Interesse ist. „Bei der Analyse der Mikrobiomdaten stellten wir zunächst fest, dass die Geografie keinen großen Einfluss auf die Bakterienbesiedlung des Darms zu haben scheint und die Zusammensetzung der Mikroorganismen weitgehend unabhängig vom Standort ist“, sagt Erstautorin Dr. Corinna Bang, Leiterin des Mikrobiomlabors am IKMB. „Die Phylogenie, also die evolutionären Verwandtschaftsverhältnisse von Lebewesen – und damit auch das eigene Erbgut – spielt dagegen grundsätzlich die wichtigste Rolle für die Mikrobiomkomposition. Je näher verschiedene Arten miteinander verwandt sind, desto ähnlicher ist auch ihr Mikrobiom, denn es hat sich über lange evolutionäre Zeiträume weitgehend parallel entwickelt“, so SFB 1182-Mitglied Bang weiter.

Unter gewissen Umständen kann es aber im Tierreich dazu kommen, dass dieser eigentlich bestimmende Faktor in den Hintergrund tritt und von den Auswirkungen spezieller Lebensbedingungen überlagert wird. Diesen Aspekt konnten die Forschenden des SFB 1182 nun beleuchten, als sie die Mikrobiomdaten bestimmter afrikanischer Affenarten mit jenen von Affen aus Südamerika verglichen. Obwohl sie relativ nah verwandt sind, weichen ihre Lebensweisen stark voneinander ab: Im Falle der afrikanischen Tiere leben sie in großen sozialen Verbänden am Boden, ihre südamerikanischen Verwandten leben, vor allem in Zoos, auf Bäumen in relativ isolierten Kleingruppen. Überraschenderweise spiegelten sich ihre gegensätzlichen Lebensweisen auch in deutlichen Unterschieden in der Zusammensetzung ihres jeweiligen Mikrobioms wider: „Die Unterschiede in der Lebensweise überlagern hier also den Einfluss der relativ engen Verwandtschaft. Konkret bedeutet dies, dass es bei den südamerikanischen Affen zu einem deutlichen Rückgang charakteristischer einzelner Bakterienarten im Vergleich mit den afrikanischen Tieren kommt. Wir vermuten, dass diese Verarmung ihres Mikrobioms mit ihrer vergleichsweise kontaktarmen Lebensweise zusammenhängt“, so Bang weiter.

In diesem Aspekt sehen die Kieler Forschenden eine wichtige Parallele zur Entwicklung des menschlichen Mikrobioms. „Der Verlust bestimmter Bakterienarten des Mikrobioms – insbesondere Spirochaeta und Prevotella, die bei der Verdauung ballaststoffreicher, pflanzlicher Nahrungsbestandteile helfen – ist nicht nur bei den südamerikanischen Affen, sondern auch beim Menschen zu beobachten. Diese übereinstimmenden Muster untermauern die Annahme, dass die Verarmung des Mikrobioms mit den schnell geänderten menschlichen Lebensbedingungen zusammenhängen könnte“, betont Dr. Louise Thingholm, Bioinformatikerin am IKMB.

Gesundes Mikrobiom fördern
Der Übergang zur industriell und urban geprägten Lebensweise in der westlichen Welt hat in den vergangenen Jahrzehnten aus evolutionärer Sicht in sehr kurzer Zeit stattgefunden. Eine Hypothese der Forschenden ist daher, dass sich die menschlichen Mikrobengemeinschaften -nachdem sie sich wie im Tierreich über Jahrtausende nur wenig veränderten – an das abrupte Aufkommen des westlichen Lebensstils nicht mehr anpassen konnten. So sei der drastische Rückgang der mikrobiellen Vielfalt mit seinen zahlreichen gesundheitlichen Folgen zu erklären. „Eine fundamentale Aufgabe für die künftige Mikrobiomforschung wird es daher sein, genau zu definieren, welche Bestandteile der ursprünglichen Bakterienbesiedlung des Körpers wiederhergestellt werden müssen, um bestimmte Mikrobiom-assoziierte Krankheiten zu lindern oder zu vermeiden“, fasst miTarget-Sprecher Franke zusammen, der auch ein Teilprojekt im SFB 1182 leitet. „Dies könnte künftig einerseits durch gezielte Eingriffe in das Mikrobiom auf therapeutischem Wege geschehen. Ebenso wichtig wird es aber sein, eine präventive Lebensweise zu fördern, die wieder mehr mikrobielle Diversität zulässt“, so Franke weiter. Bei der Identifizierung von therapeutischen Zielen im Mikrobiom steht die Forschung trotz vielversprechender Perspektiven zurzeit noch am Anfang. Eine Mikrobiom-freundliche Lebensweise hingegen lässt sich bereits heute realisieren und besteht im Wesentlichen darin, die aus mikrobiologischer Sicht problematischen Aspekte des westlichen Lebensstils zumindest abzumildern und in vielfältiger Weise wieder mehr Kontakte mit Mikroorganismen zuzulassen.

Viren in unseren Genen: Aktiviert schädigen sie die Gehirnentwicklung

(Helmholtz) – Forschende konnten erstmals zeigen, dass die Aktivierung bestimmter humaner endogener Retroviren, die sich in unseren Genen befinden, die Gehirnentwicklung massiv beeinträchtigt. Diese Erkenntnis könnte dabei helfen, die Forschung an Therapien für neurodegenerative Erkrankungen voranzutreiben. Die Studie entstand in einer internationalen Zusammenarbeit unter Leitung des Helmholtz Zentrums München.

Seitdem sich unsere Vorfahren vor Jahrmillionen mit Retroviren infizierten, tragen wir Elemente dieser Viren in unseren Genen – bekannt als humane endogene Retroviren oder kurz HERVs. Diese Viruselemente haben ihre Fähigkeit zur Replikation und Infektion im Laufe der Evolution verloren, sind jedoch fester Bestandteil unseres Erbguts. Tatsächlich besitzt der Mensch fünfmal mehr HERVs als codierende Gene.  Die bisherige Forschung konzentrierte sich stark auf die Korrelation von HERVs und Krankheiten. Deshalb untersuchten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler HERVs meist in Proben von erkrankten Personen. Obwohl diese Studien wichtig sind, lassen sie keine Rückschlüsse darauf zu, ob HERVs die Ursache oder die Folge der Erkrankungen sind.

Neue Technologien ermöglichen Forschenden heute einen tieferen Einblick in die Mechanismen von HERVs und deren Funktion. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen ist es der Virologin Michelle Vincendeau* nun erstmals gelungen, die negativen Auswirkungen einer Aktivierung von HERVs für die menschliche Gehirnentwicklung nachzuweisen.

Aktivierung von HERV schädigt die Gehirnentwicklung
Mithilfe der CRISPR-Technologie aktivierten die Forschenden eine spezielle Gruppe von HERVs** in menschlichen embryonalen Stammzellen und entwickelten daraus Nervenzellen (Neuronen). Die viralen Elemente wiederum aktivierten spezifische Gene, darunter klassische Entwicklungsfaktoren, die an der Gehirnentwicklung beteiligt sind. Im Bereich der kortikalen Neuronen, also der Nervenzellen in unserer Großhirnrinde, führte dies zu einem kompletten Funktionsverlust der Neuronen. Sie entwickelten sich völlig unterschiedlich als gesunde Neuronen dieser Hirnregion – sie hatten ein deutlich kürzeres Axon (Nervenzellenfortsatz) und die Axone waren weniger verzweigt. Somit beeinträchtigt die Aktivierung einer spezifischen HERV-Gruppe die Entwicklung kortikaler Neuronen und damit die gesamte Gehirnentwicklung.

Klinische Bedeutung
Da neurodegenerative Erkrankungen oft mit der Aktivierung mehrerer HERV-Gruppen in Verbindung stehen, ist der negative Einfluss der HERV-Aktivierung auf die Entwicklung kortikaler Neuronen eine wesentliche Erkenntnis. Es ist bereits bekannt, dass Umweltfaktoren wie Viren, Bakterien und UV-Licht verschiedene HERVs aktivieren können und damit möglicherweise zum Ausbruch von Krankheiten beitragen. Die neuen Erkenntnisse machen HERVs für die klinische Anwendung noch interessanter. Das Ausschalten bestimmter viraler Elemente könnte ein neues Forschungsfeld für die Behandlung von Patientinnen und Patienten mit neurodegenerativen Erkrankungen eröffnen. In einem nächsten Schritt wird die Gruppe am Helmholtz Zentrum München die Auswirkungen einer Deaktivierung von HERVs in Proben von Neuronen erkrankter Personen untersuchen.

Neue Pfade für die Grundlagenforschung
Darüber hinaus liefern die Forschungsergebnisse wichtige Hinweise darauf, dass epigenetische Mechanismen die Virenelemente in der gesunden Gehirnentwicklung unter Kontrolle halten. Michelle Vincendeau vermutet sogar eine funktionelle Rolle der kontrollierten HERVs für die normale Entwicklung des Gehirns. „Wir tragen diese Elemente seit rund 40 bis 70 Millionen Jahren in uns. Wir nehmen an, dass ihr Vorhandensein für unsere natürlichen Prozesse relevant ist, sonst hätten wir sie im Laufe der Evolution nicht so lange behalten“, sagt Vincendeau. Weitere Grundlagenforschung in diese Richtung wird neue funktionelle Rollen von HERVs aufzeigen.

* Michelle Vincendeau leitet die Forschungsgruppe für humane endogene Retroviren am Institut für Virologie des Helmholtz Zentrums München. Ein Teil der Daten aus der aktuellen Studie entstanden im Rahmen ihrer vorherigen Forschungsprojekte am Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York. Für diese Arbeit hat sie auch mit Forschenden der Technischen Universität München und der Universität des Saarlandes zusammengearbeitet.

Kiri, ein Wunderbaum, der alles leichter macht – Mit einer Einführung von Jean Pütz

Diesen Kiribaum, der in der Universität zu Bonn aus dem japanischen Ur-Kiribaum entwickelt wurde, hat erstaunliche Eigenschaften. Sein Holz ist leichter als Balsaholz, doch genau so stabil wie Pappel-Holz. Mittlerweile gibt es nicht nur in Deutschland, sondern auch in Spanien große Plantage. Dieser Baum wächst pro Jahr angeblich 2,5 Meter und – wenn er richtig behandelt wird – wachsen seine ersten Äste erst ab 4 Metern Höhe, was ihn zu einem idealen Nutzbaum macht. Z. B. im anschließenden Beitrag kann man damit Paddelboote bauen.

Ich selbst habe 14 dieser Bäume eingepflanzt, noch sind sie sehr klein, aber sie bilden im Moment nach schlechtem Wetter blaue Blüten und die Blätter kommen auch schon. Ich bin gespannt und werde weiter darüber berichten.

Jean Pütz

(KiriNews) – Mit unserem Kiriholz haben zwei Bootsbauer aus Kiel das wohl nachhaltigste Stand-up-Paddleboard der Welt gebaut. Das „Ray Eco“ – schnell, leicht und stabil – besteht zu 95 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen. Der wichtigste davon: Kiriholz von unserer Anbaufläche in Ladenburg (Baden-Württemberg).

Wir haben den beiden dafür extra lange Kiriholzbohlen zur Verfügung gestellt – mehr als 4,50 Meter maßen sie. Peter Diessenbacher, Gründer und Geschäftsführer der WeGrow-Gruppe, ist von dem Ergebnis angetan: „Wir als Kiriholzpioniere sind stolz darauf, als Kooperationspartner einen entscheidenden Anteil an der Entwicklung dieses nachhaltigen Sportgeräts zu leisten. Das Board sieht toll aus, ist superleicht und macht einen sehr stabilen Eindruck.“

Holz statt Glas- und Kohlefasern – und Fanatic als Marktpartner

Das nachhaltig angebaute Kiriholz ersetzt bei dem Stand-up-Paddlingboard die sonst üblichen Glas- oder Kohlefasern. Auch der Kern – bei gewöhnlichen Boards aus Schaum – besteht aus einer Spantenstruktur aus Kiri. Für Kiri entschieden sich die Boardbauer unter anderem wegen der herausragenden Ökobilanz des Baumes. Er bindet außergewöhnlich viel CO2, verbraucht vergleichsweise wenig Wasser – und das Holz ist im Gegensatz zu anderen Holzarten seewasserbeständig.

Vermarktet wird das Board vom renommierten Markenhersteller Fanatic, der seit rund 30 Jahren Bretter für den Wassersport produziert. Es wird das nachhaltigste Produkt der SUP-Linie sein. „Wassersportartikel sind reine Luxusprodukte, die kein Mensch zwingend benötigt. Daher ist es hier umso wichtiger, ein kritisches Auge auf den Ressourcenverbrauch und die Auswirkungen auf die Umwelt zu haben“, sagt Michael Walther, einer der Board-Bauer.

Keine Marketing-Geschichte, sondern wirklich nachhaltig und umweltverträglich

Walther und sein Partner legten während des gesamten Produktionsprozesses Wert auf Nachhaltigkeit und umweltverträgliche Bio-Öle und Pigmente. Das Board soll während seines vollständigen Lebenszyklus einen minimalen Einfluss auf die Natur haben. Den Konstrukteuren war wichtig, dass es keine Marketinggeschichte wird, die sauber aussieht, aber bei genauerer Betrachtung kaum Vorteile gegenüber herkömmlichen Boards bietet.  Profi-Sportler Michael Walther wird das Kiriboard demnächst auf mehreren Touren prüfen, um sicherzustellen, dass es allen Anforderungen gewachsen ist. Wir sind gespannt auf seinen Bericht!

Auch wenn Wassersportgeräte nur einen kleinen Nieschen-Anwendungsbereich von Kiriholz darstellen, so zeigt dieses Projekt dennoch sehr anschaulich wie vielseitig einsetzbar und nachhaltig unser Holz ist.

 

Treffpunkt Dorflinde

Ich habe vor zwei Jahren zwei große Lindenbäume auf meinem Grundstück gepflanzt, denn ich bin Imker und die Linde hat eine zusätzliche Funktion, indem sie in ihren Blüten Nektar produziert, auf den im wahrsten Sinne des Wortes die Bienen fliegen. Außerdem finde ich, dass dieser Baum in unseren Dörfern und Städten fast völlig verschwunden ist. Leider, denn Lindenblütentee ist eine Delikatesse, die ich früher kostenlos ernten konnte. Außerdem kommt mir nicht aus dem Sinn, die Linde viel besungen in Volksliedern.

Jean Pütz

(BZfE) – In ländlichen Regionen ist die Dorflinde noch häufig zu finden. Die großen alten Bäume stehen auf dem Marktplatz oder vor einer Kirche. Hier trafen sich früher die Menschen, um Tanzfeste zu feiern oder Gericht zu halten. Doch der Laubbaum ist nicht nur kulturell interessant, sondern hat auch kulinarisch Einiges zu bieten.

Die jungen Blätter der Linde entfalten sich im April und haben ein mildes fein-säuerliches Aroma. Sie schmecken roh im Salat oder Smoothie, fein geschnitten auf dem Butterbrot, aber auch gedünstet als Spinatgemüse. Blätter und Blütenknospen können zum Strecken von Getreidemehl verwendet werden. Probieren Sie auch ein Pesto mit Lindenblättern, Olivenöl, Zitronensaft, Pinienkernen, Parmesan und Knoblauch.

Die zuckersüßen Blüten sind gut zum Aromatisieren von Desserts und Getränken geeignet. Sie lassen sich aber auch zu Sirup oder Gelee verarbeiten. Bekannt ist das besondere Aroma des Lindenblütenhonigs. Lindenblütentee ist ein gängiges Mittel bei Erkältungskrankheiten. Er soll die Abwehrkräfte stärken und entzündungshemmend wirken. Die enthaltenen Schleimstoffe bringen vor allem bei Hustenreiz und Halsschmerzen Linderung. Für einen Tee wird der gesamte Blütenstand mit Hochblatt verwendet: Zwei Teelöffel frische Blüten mit 250 ml kochendem Wasser übergießen, 5 bis 10 Minuten ziehen lassen und abseihen. Die Blüten sind gelblich, aber der aufgegossene Tee hat eine tief goldrote Färbung.

Die Linde gehört zu den Malvengewächsen. Hierzulande sind zwei Arten heimisch, die Sommerlinde (Tilia platyphyllos) und die Winterlinde (Tilia cordata). Die Laubbäume mit ausladender Krone können bis zu 40 Meter hoch und 1.000 Jahre alt werden. Häufig sieht man sie in Parks, Gärten und Alleen. Die Blätter sind herzförmig und kerbig gesägt. Die Sommerlinde blüht von Juni bis August, die Winterlinde einige Wochen später. Die Blüten sind gelblich-weiß und stark duftend. Nach dem Verblühen bilden sich kleine kugelförmige Früchte mit einem länglichen Blatt, das an ein Segel erinnert. Wenn sie noch weich sind, können sie als Kapernersatz in Salzlake oder Essig eingelegt werden.

Ameisen benutzen ihre selbstproduzierte Ameisensäure als Antibiotikum

(pte) – Ameisen desinfizieren sich und ihren Magen mithilfe ihrer eigenen Säure. Laut Forschern der Universität Halle-Wittenberg (MLU) und Universität Bayreuth tötet die Ameisensäure schädliche Bakterien im Futter der Tiere und verringert so das Krankheitsrisiko. Gleichzeitig hat die Säure den Experten nach Einfluss auf die Darmflora der Ameisen. Details wurden in „eLife“ publiziert.

Verhinderung schädlicher Pilze
„Lange ging man davon aus, dass die Säure nur zur Abwehr gegen Fressfeinde dient, also zum Beispiel gegen Insekten und Vögel. Immer, wenn Ameisen Futter oder Wasser schlucken, fangen sie danach vermehrt an, sich an ihrem Hinterteil zu putzen“, sagt MLU-Forscher Simon Tragust. In früheren Arbeiten konnte er bereits zeigen, dass Ameisen die Säure auch bei der Brutpflege einsetzen: Die Tiere desinfizieren damit ihre Brut und können so zum Beispiel die Ausbreitung von schädlichen Pilzen verhindern.

„Hatten die Ameisen Zugang zu ihrer Säure, stiegen ihre Überlebenschancen deutlich, wenn sie Futter zu sich nahmen, das mit krankheitserregenden Bakterien angereichert war“, so Tragust. Der vorteilhafte Effekt sei nicht nur auf einzelne Tiere beschränkt. Ameisen geben Futter an ihre Nestgenossen von Mund zu Mund weiter. „Das ist eine große potenzielle Ansteckungsquelle“, so Tragust. Wenn die Ameise, die das Futter weitergibt, zuvor Säure zu sich genommen hat, so hat die Zweite ein geringeres Risiko, zu erkranken. Auf diese Weise verringere das Verhalten auf der Ebene der Ameisenkolonie die Ausbreitung von Infektionen.

Kiri – ein neuer Wunderbaum – Mit einer Einführung von Jean Pütz

Kiri – ein neuer Wunderbaum: gezüchtet in Bonn, er wächst 2,50 Meter pro Jahr, das Gewicht ist so leicht wie Balsa-Holz, aber so stabil wie die Pappel.
Er ist nicht nur für große Plantagen geeignet, sondern auch für Ihren Garten als Blickfang mit großen Blättern und schönen Blüten.
Habe ich Ihre Neugier angeregt, dann schauen sie sich das  Video an, dass leider nicht von den Öffentlich-Rechtlichen, sondern von Pro 7 produziert wurde.

 

 

Mit KI in der Landwirtschaft Wasser sparen

(KIT) – Dürre und Wetterschwankungen bedrohen die Landwirtschaft in Deutschland oftmals schon im Frühjahr. Eine wachsende Zahl an Ackerlandwirten bewässert daher künstlich. Doch das Wasser ist begrenzt. Genaue Informationen über den Zustand von Pflanzen und Böden helfen Landwirten dabei, wirkungsvolle Maßnahmen gegen Trockenschäden einzuleiten und gezielter zu bewässern. Das Start-up heliopas.ai aus dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) analysiert Satellitenbilder mit Künstlicher Intelligenz (KI) und bringt präzise Daten über die Lage auf dem Feld auf das Smartphone der Landwirte. Dazu müssen sie lediglich die Smartphone-App „Waterfox“ installieren und ihre Flächen anlegen.

 Bereits zu Beginn dieser Vegetationszeit hat es in Deutschland wieder viel zu wenig geregnet: Mit knapp 17 Litern pro Quadratmeter erreichte der April 2020 kaum ein Drittel seines Solls von 58 Litern – so  meldet es der Deutsche Wetterdienst (DWD) – nur 1881 und 2007 hat es weniger geregnet. Der Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) zeigt ausgedehnte Regionen mit extremer und teils sogar außergewöhnlicher Dürre. Aufgrund der Dürrejahre 2018 und 2019 ist der Boden zudem bereits bis in 1,80 Meter Tiefe ausgetrocknet.

„Leider ist das kein regionales Problem“, erklärt der Gründer Ingmar Wolff vom Start-up heliopas.ai. Aufgrund der globalen Klimaerwärmung müsse jetzt weltweit mit einer Zunahme von Extremwetterlagen gerechnet werden: „Trockenschäden in der Landwirtschaft, aber auch feuchtigkeitsbedingte Krankheiten sind jedes Jahr für Milliardenschäden verantwortlich und bedrohen die Nahrungsmittelsicherheit von Millionen Menschen.“ Gemeinsam mit seinem Gründerkollegen Benno Avino will er Landwirten dabei helfen, mit der neuen Situation umzugehen. „Wir nutzen Künstliche Intelligenz, um sehr genau zu verstehen, was eigentlich auf dem Feld passiert, wie es den Pflanzen geht und wo eventuelle Probleme entstehen. Diese Erkenntnisse verwenden wir, um Empfehlungen auf das Smartphone des Landwirts zu bringen, damit er optimal reagieren kann“, so Wolff.

Eine App hilft Landwirten beim Wassersparen
Um den Service von heliopas.ai zu nutzen, müssen Landwirte keinerlei Sensoren oder andere Geräte auf ihren Flächen installieren. Die neue Technologie basiert vielmehr auf der Analyse von tagesaktuellen Satellitenbildern, Niederschlagsmengen und weiteren Daten, in denen eine Künstliche Intelligenz dann relevante Parameter wie die Bodenfeuchte, aber auch einen Krankheitsbefall erkennen kann. Für einen benutzerfreundlichen Zugang zu den Daten sorgt die Smartphone-App „Waterfox“, die ab sofort verfügbar ist. „Dank der einfachen und klaren Empfehlungen bewässert der Landwirt dann nur noch, wo es tatsächlich notwendig ist“, sagt Wolff. „So spart er Wasser bei der Bewässerung und Aufwand bei Planung und Koordination seiner Saisonarbeiter.“

WaterFox ist leicht zu benutzen: Der Nutzer legt Felder auf einer Karte in der App an und ist sofort startklar. Kunden können das Produkt aktuell für einen Monat kostenlos testen, anschließend wird die Nutzung hektargenau abgerechnet – auch für kleine Betriebe ist der Service also attraktiv. Zukünftig wird es neben Empfehlungen zur Bewässerung auch Empfehlungen zur punktgenauen Düngung und einem wohldosierten Pflanzenschutz geben. Landwirte steigern so ihren Ertrag, produzieren gesündere Nahrung und schonen die Umwelt.