Archiv der Kategorie: Klassische Medizin

Smartphone-App erkennt Herzschwäche sofort

Smartphone-App erkennt Herzschwäche sofort

Tests mit 72 Probanden erfolgreich – Anwendung genauer als EKG

Herzdiagnose per App: Smartphone an Halsschlagader halten (Bild: caltech.edu)
Herzdiagnose per App: Smartphone an Halsschlagader halten (Bild: caltech.edu)

Pasadena (pte016/07.09.2017/10:30) –

Forscher am California Institute of Technology http://caltech.edu (Caltech) haben eine neue App entwickelt, die in Minutenschnelle, ganz
ohne Besuch beim Kardiologen und teure diagnostische Geräte, die
Herzgesundheit untersucht. Mit der Smartphone-Kamera zeichnet der User
ein Bild seiner Halsschlagader auf. Diese bewegt sich im Rhythmus des
von der linken Herzkammer in den Kreislauf gepumpten Blutes. Ist das
Herz schwach, schwillt die Ader nur wenig an – ist es stark, deutlich
stärker.

Kamera auf Halsschlagader

Die Bewegungen der Halsschlagader wertet die App aus,
die Caltech-Ingenieure zusammen mit Kollegen des Huntington Medical
Research Institute http://hmri.org und der University of Southern California http://usc.edu entwickelt haben. "In erstaunlich kurzer Zeit haben wir es geschafft,
von der Idee bis zur Sammlung von klinisch belastbaren Daten zu kommen",
sagt Mory Gharib vom Caltech. Die Entwickler haben das Start-up Avicena
gegründet, mit dem sie die App vermarkten wollen.

Im Rahmen einer klinischen Studie haben die Techniker
ihre App an 72 Freiwilligen im Alter von 20 bis 92 Jahren getestet. Der
Ausstoß der linken Herzkammer wurde zunächst in einem
Magnetresonanztomographen (MRT) ermittelt, dem genauesten Verfahren in
diesem Fall. Im Normalfall wird das preiswertere Elektrokardiogramm
(EKG) eingesetzt. Dann hielten die Entwickler die Kamera eines iPhones
ein bis zwei Minuten lang auf die Halsschlagader der Probanden. Die
Messung wich von den MRT-Messergebnissen um 19,1 Prozent ab. Die
Fehlerquote beim EKG, der gängigsten Methode, liegt bei 20 Prozent.

Weitere Diagnose-Optionen

Die Methode funktioniert, da Arterien elastisch sind.
Entsprechend des Herzschlags dehnt sich die Arterie aus und fällt wieder
in sich zusammen. Diese Wellenbewegung beinhaltet die Information über
das Funktionieren des Herzens. Gharib und seine Mitstreiter arbeiten
jetzt daran, aus dieser Wellenbewegung weitere Informationen über das
Herz herauszulesen.

Mini-Gehirn aus der Petrischale

Mini-Gehirn aus der Petrischale

Organoide eröffnen neue Einblicke in die Entwicklung unseres Denkorgans, zeigt eine Studie der Uni Bonn

Eine neue Methode könnte die
Erforschung von Entwicklungsstörungen des Gehirns einen wichtigen
Schritt voranbringen. Das zeigt eine aktuelle Studie an der Universität
Bonn. Die Forscher untersuchten darin die Entstehung eines seltenen
angeborenen Gehirn-Defekts. Sie überführten dazu Hautzellen von
Patienten in so genannte „Alleskönner“-Stammzellen. Aus diesen
generierten sie dann Hirn-Organoide – dreidimensionale kleine
„Gewebe-Klümpchen“, deren Aufbau dem des menschlichen Gehirns ähnelt.
Die Arbeit ist nun in der Zeitschrift „Cell Reports“ erschienen.

Mit Hilfe von Humanzellen in
der Kulturschale ließ sich die menschliche Hirnentwicklung bislang nur
sehr eingeschränkt untersuchen: In der Schale wachsen die Zellen
flächig, sie weisen also keine dreidimensionale Architektur auf. Als
Alternative stehen Modellorganismen zur Verfügung, zum Beispiel Mäuse.
Das Denkorgan des Menschen ist jedoch erheblich komplexer aufgebaut.
Entwicklungsstörungen des menschlichen Gehirns lassen sich daher nur
bedingt im Tiermodell nachvollziehen.

Wissenschaftler am Institut
für Rekonstruktive Neurobiologie der Universität Bonn sind in ihrer
Studie einen neuen Weg gegangen: Sie haben dreidimensionale
Gewebe-Strukturen in der Zellkulturschale gezüchtet, deren Aufbau dem
des menschlichen Gehirns erstaunlich ähnelt. Diese „Mini-Gehirne“
erlauben einen Einblick in die Abläufe, mit denen sich einzelne
Nervenzellen zu unserem hoch komplexen Denkorgan organisieren. „Die
Methode eröffnet daher ganz neue Möglichkeiten, um Störungen in der
Architektur des sich entwickelnden menschlichen Gehirns zu untersuchen“,
erklärt Dr. Julia Ladewig, die eine Arbeitsgruppe zur Gehirnentwicklung
leitet.

Seltene Gehirnfehlbildung untersucht

Die Wissenschaftler haben in
ihrer Arbeit das so genannte Miller-Dieker-Syndrom untersucht. Die
Erbkrankheit ist auf einen Chromosomendefekt zurückzuführen. Dieser hat
unter anderem eine Fehlbildung der Hirnrinde zur Folge. „Bei Patienten
ist die Hirnoberfläche kaum gefurcht, sondern mehr oder weniger glatt“,
erklärt Vira Iefremova, Doktorandin und Erstautorin der Studie. Wodurch
diese Änderung zustande kommt, wusste man bislang nur in Ansätzen.

Die Forscher stellten
zunächst aus Hautzellen von Miller-Dieker-Patienten
„Alleskönner“-Stammzellen her, aus denen sie dann Hirn-Organoide
züchteten. In Organoiden organisieren sich die Gehirnzellen selbst –
ganz ähnlich wie im Gehirn eines Embryos: Die Stammzellen teilen sich;
ein Teil der Tochterzellen entwickelt sich zu Nervenzellen; diese
wandern dorthin, wo sie gebraucht werden. Diese Prozesse ähneln einem
komplizierten Orchesterstück, in dem die Erbanlagen den Taktstock
schwingen.

Bei Miller-Dieker-Patienten
ist dieser Prozess grundlegend gestört. „Wir konnten zeigen, dass sich
bei ihnen die Stammzellen anders teilen“, erklärt Privatdozent Dr.
Philipp Koch, der die Studie gemeinsam mit Dr. Julia Ladewig geleitet
hat. „Bei Gesunden vermehren sich die Stammzellen zunächst einmal und
bilden dabei geordnete, dicht gepackte Schichten. Nur ein kleiner Teil
von ihnen differenziert sich und wird zum Beispiel zu Nervenzellen.“

Für die dichte und
gleichmäßige Packung der Stammzellen sind bestimmte Proteine
verantwortlich. Die Bildung dieser Moleküle ist bei Kranken gestört.
Dadurch sind die Stammzellen nicht so eng gepackt und gleichzeitig nicht
so regelmäßig angeordnet. Diese schlechte Organisation führt unter
anderem dazu, dass sich die Stammzellen frühzeitiger differenzieren.
„Die Änderung der dreidimensionalen Gewebe-Struktur führt also
ursächlich zu einem geänderten Teilungsverhalten“, sagt Ladewig. „Dieser
Zusammenhang ist weder im Mausmodell noch in zweidimensionalen
menschlichen Kultursystemen erkennbar.“

Neue Therapieoptionen seien
damit allerdings nicht in Sicht, betont die Wissenschaftlerin. „Wir
betreiben hier Grundlagenforschung. Unsere Ergebnisse zeigen aber, dass
Organoide das Zeug dazu haben, eine neue Ära in der Hirnforschung
einzuleiten. Und wenn wir die Entwicklung unseres Denkorgans besser
verstehen, erwachsen daraus langfristig vermutlich auch neue
Behandlungsmöglichkeiten für Krankheiten.“

Publikation: Vira Iefremova,
George Manikakis, Olivia Krefft, Ammar Jabali, Kevin Weynans, Ruven
Wilkens, Fabio Marsoner,  Björn Brändl, Franz-Josef Müller, Philipp Koch
und Julia Ladewig: An Organoid-Based Model of Cortical Development
Identifies Non-Cell-Autonomous Defects in Wnt Signaling Contributing to
Miller-Dieker Syndrome; Cell Reports; DOI: 10.1016/j.celrep.2017.03.047

Enge Jeans ruinieren die Gesundheit

Modewahn: Enge Jeans ruinieren die Gesundheit

Muskeln
und Nerven können langfristig deutlich geschädigt werden
Enge Jeans: Gefahr für die Gesundheit (Foto: pixelio.de, Q.pictures)
Enge Jeans: Gefahr für die
Gesundheit (Foto: pixelio.de, Q.pictures)

Adelaide (pte010/23.06.2015/11:00) – Enge Jeans können Muskeln
und Nerven schwer schädigen, wie eine Studie der University of Adelaide http://adelaide.edu.au belegt. Eine 35 Jahre alte Frau
musste aus den Hosen herausgeschnitten werden, nachdem ihre Beine unförmig
angeschwollen waren. Die Ergebnisse wurden im Fachmagazin "Journal of Neurology,
Neurosurgery and Psychiatry" http://jnnp.bmj.com veröffentlicht.

Kompartmentsyndrom

Die Patientin hatte beim Ausräumen von Schränken für einen Umzug
Stunden in der Hocke verbracht. Bis zum Abend waren die Füße der Australierin
taub und es fiel ihr schwer zu gehen. Die Mediziner gehen davon aus, dass sie an
dem sogenannten Kompartmentsyndrom leidet, das durch die engen Jeans
verschlimmert wurde.

Beim Kompartmentsyndrom handelt es sich um eine schmerzhafte und
gefährliche Erkrankung, die durch Blutungen oder Schwellungen innerhalb eines
innen liegenden Muskelbündels hervorgerufen wird. In diesem Fall waren die Waden
betroffen. Die Erkrankung führte zum Sturz der Frau, die dann unfähig war,
wieder aufzustehen und mehrere Stunden auf dem Boden liegend verbrachte.

Bei der Untersuchung im Royal Adelaide Hospital http://rah.sa.gov.au waren die Unterschenkel stark
angeschwollen. Obwohl die Füße warm waren und über eine ausreichende
Blutversorgung verfügten, hatten die Muskeln ihre Kraft verloren. Da sich der
Druck auf die Unterschenkel konzentriert hatte, wurden die Muskeln und Nerven
geschädigt. Die Patientin erhielt Infusionen. Nach vier Tagen konnte sie wieder
ohne Hilfe gehen.

Zusammengedrückte Nerven

Laut den Autoren kommen durch enge Jeans hervorgerufene Fälle von
Neuropathie immer häufiger vor, wobei Verletzungen des Oberschenkelhautnervs
dominieren. Dies wird durch das Zusammendrücken des Nervs am Leistenband
hervorgerufen. Der aktuelle Fall stellt den Experten nach jedoch eine ganz neue
neurologische Komplikation durch das Tragen von engen Jeans dar.

Die Wissenschaftler beziehen sich bei ihren Annahmen auf die
Meralgia paraesthetica, ein Nervenkompressionssyndrom. Diese Krankheit wird
jedoch nicht nur durch das Tragen von engen Jeans hervorgerufen, sondern tritt
auch bei Fettleibigkeit, Diabetes und dem Tragen von Gürteln auf, die mit
schweren Objekten verbunden sind. Ein sehr starker Druck auf den betroffenen
Bereich tritt in all diesen Fällen auf.

Prothesen mit Tastsinn

US-Militär entwickelt Prothesen mit Tastsinn
Pentagon-Forschungsbehörde will besseres Körpergefühl ermöglichen
"HAPTIX": Prothese mit Gefühl
[ Foto ]

Washington (pte002/28.04.2014/06:05) – Die Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) http://www.darpa.mil will Armprothesen mit neuronaler Rückkoppelung für Behinderte entwickeln. Invalide sollen beispielsweise fühlen können, wohin sie ihre Prothese richten, womit die Kontrolle der Bewegungen intuitiver werden soll und sie ein gewisses Körpergefühl zurückerlangen könnten. Auch Phantomschmerzen sollen so geringer werden.

"HAPTIX" zapft Nerven an

Das Programm namens "Hand Proprioception and Touch Interface" (HAPTIX) soll diese Ziele erreichbar machen, indem die Forscher Interface-Systeme entwickeln, die Bewegungssignale messen und entschlüsseln, welche von peripheren Nerven oder Muskeln aufgezeichnet werden. Das Projekt wird dazu eine bereits entwickelte Gliedprothese anpassen und Sensoren integrieren, die dem Nutzer Rückkopplung beim Tasten geben – und zwar durch Stimulation von sensorischen Bahnen in peripheren Nerven.

Die große Herausforderung ist dabei Stimulationsmuster zu identifizieren, die ein natürliches Empfinden von Berührung und Bewegung hervorrufen. Am Ende soll ein implantierbares Gerät stehen, das effektiv, zuverlässig und sicher für die Benutzung durch Menschen ist. "Periphere Nerven sind reich an Informationen und zugängliche Ziele für ein Interface mit dem menschlichen Nervensystem", erklärt DARPA-Projekt-Manager Doug Weber.

80 Prozent mit Phantomschmerzen

"Forschung innerhalb der DARPA und anderswo hat gezeigt, dass diese Nerven ihre Bewegungs- und Sensorfasern behalten, die früher das amputierte Gliedmaß innerviert haben, und dass diese Fasern ihre Funktion auch Jahrzehnte nach dem Verlust der Gliedmaßen behalten. HAPTIX wird versuchen, diese biologischen Kommunikationswege anzuzapfen, so dass die Nutzer die Prothesen mit den gleichen neuronalen Signalwegen kontrollieren und fühlen können wie ihre intakten Arme und Hände", ergänzt Weber.

Zusätzlich zur Verbesserung der Bewegungsmöglichkeiten gibt es der DARPA zufolge immer mehr Hinweise darauf, dass sensorische Stimulation bei Amputierten wichtige psychologische Vorteile bietet, wie etwa ein verbessertes Körpergefühl und der Rückgang von Phantomschmerzen in nicht mehr vorhandenen Armen oder Beinen, worunter 80 Prozent der Amputierten leiden. Die Militär-Forschungsbehörde hofft mit dem Projekt die "volle und natürliche Funktionsfähigkeit" verwundeter Soldaten wiederherzustellen.

Neues Antibiotikum entwickelt

Widerstand ist zwecklos:

Bakterien adé

Münster, 18.05.06 (wid). Ein neu entwickeltes Antibiotikum erobert seit
Anfang Mai von Münster aus den deutschen Markt. Es bekämpft sogar
multiresistente Bakterien und verhindert die Entstehung neuer
resistenter Arten. Der Wirkstoff, der europaweit zum ersten Mal
zugelassen wird, findet in Krankenhäusern Verwendung.

Drei Millionen Patienten stecken sich jährlich in europäischen Kliniken
mit Keimen an, die auf herkömmliche Antibiotika gar nicht oder nur sehr
schlecht reagieren. Eine solche Infektion endet für etwa 50.000
Krankenhauspatienten tödlich. "Mit dem neu entwickelten Wirkstoff
Tigecyclin können viele dieser Menschen gerettet werden", betonte Dr.
Peter-Andreas Löschmann, Medizinischer Direktor der deutschen Wyeth
Pharma GmbH in Münster, die Bedeutung des Präparats, das jetzt auf
einem Symposium der medizinischen Fach-Öffentlichkeit vorgestellt wurde.

Neben den vielen vermeidbaren Todesfällen stellen die hartnäckigen
Keime auch eine Belastung für die Gesundheitswirtschaft dar: Mehr als
eine Milliarde Euro verwenden die deutschen Krankenkassen und
Krankenversicherungen jährlich für die Bekämpfung von widerstandsfähig
gewordenen Keimen. Deren Resistenzen seien die Folge eines
unreflektierten Einsatzes von Antibiotika in den vergangenen Jahren,
unterstrich Prof. Dr. Hartmut Lode, Leiter des Berliner Research
Centers for Medical Studies, bei der Vorstellung des Antibiotikums in
Münster.

Nachdem der von der Wyeth Pharma GmbH entwickelte Wirkstoff bereits von
der amerikanischen Gesundheitsbehörde zugelassen wurde, ist das
Medikament als erstes Präparat aus der Klasse der Glycylzykline nun
auch in Deutschland erlaubt. Zuvor hat das Präparat zahlreiche
klinische Studien unter der Federführung der Universität Heidelberg
durchlaufen.

"Das Antibiotikum ist für komplizierte Haut- und Weichgewebsinfektionen
und Entzündungen des Bauchraumes zugelassen", kreist Löschmann die
Einsatzgebiete des Medikamentes ein und erklärt: "Dank seiner
Wirksamkeit gegenüber verschiedenen problematischen Keimen schließt das
neue Antibiotikum eine wichtige therapeutische Lücke".

Maßnahmen zur Vorsorge und Gesundheitsförderung

Die deutsche Sprache ist in vielen Dingen unmissverständlich. Ein Gesundheitsministerium ist ein Ministerium für Gesundheit. Ein Gesundheits-Fonds ist ein Fonds, der zur Förderung und Aufrechterhaltung der Gesundheit die entsprechenden Mittel bereitstellt. Gesundheitsreformen sind Maßnahmen, die die Gesundheit in der Bevölkerung weiter optimieren sollen.

Die Realität im Deutschland des Jahres 2008 ist ganz anders, eine irreführende. Das Gesundheitsministerium ist ein Krankheitsministerium. Es beschäftigt sich primär damit, wie die Behandlung kranker Menschen finanzierbar bleibt. Der Gesundheits-Fonds ist ein Krankheits-Fonds, der aber zumindest ein gesundes Maß an demokratischer Diskussion ausgelöst hat. Und die so genannten Gesundheitsreformen waren bisher kaum mehr als Kosten-Umverteilungen, um die Behandlung kranker Bundesbürger zu finanzieren.

Die Prävention zur Gesunderhaltung ist dagegen auch 2008 politisch noch nicht gesellschaftsfähig. Das Präventionsgesetz zur Stärkung der Vorsorge und Gesundheitsförderung, seit Jahren in Politik wie auch maßgeblichen Gesundheitskreisen heftig diskutiert, wurde erneut und auf unbestimmte Zeit verschoben. So bleibt es wohl weiterhin dabei, dass allein die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) den vorgegebenen Betrag für "Engagement in der Prävention und Gesundheitsförderung" von Euro 2,74 pro Jahr und Versichertem (SGB V, § 20) ausgeben werden. Das sind zirka 0,2 % der GKV-Gesamtausgaben – völlig unzulänglich für eine wirksame, breit angelegte Gesundheits-Vorsorge.

Dem gegenüber steht eine dramatische, pandemische Ausbreitung chronischer Stoffwechsel- und Gefäßkrankheiten, allgemein unter dem Begriff "Metabolisch-vaskuläres Syndrom" zusammengefasst: Übergewicht, Bluthochdruck, Fettstoffwechsel-Störung, Typ 2 Diabetes – auch als "tödliches Quartett" bezeichnet. Seriöse Hochrechnungen zeigen, dass jeder Zweite im Jahr 2000 geborene Bundesbürger an einem Diabetes mellitus erkranken und aufgrund der Komplikationen vor seinen Eltern sterben wird. Nur eine vernünftige Trendwende des persönlichen Verhaltens, d.h. eine Abkehr von einem ungesunden Lebensstil, kann unsere Gesundheit entscheidend positiv beeinflussen. Das bedeutet vor allem: Mehr Bewegung, eine sinnvolle reduzierte Ernährung, möglichst weniger Stresssituationen in Beruf und Alltag.

Unter Experten ist unbestritten, dass gesundheitliche Prävention kommen muss und kommen wird. Die Frage der Bezahlbarkeit wird dabei schnell in den Hintergrund treten, denn die Kosten der Kuration (also der Behandlung von Krankheiten) – allein für den Problemkomplex Metabolisch-vaskuläres Syndrom – werden in dramatische und auch volkswirtschaftlich unverträgliche Größenordnungen entgleiten. Allein für Diabetes (mit allen Folgen) betragen die Gesamtkosten in Deutschland derzeit etwa 60 Milliarden Euro.

Eine echte Gesundheitspolitik, die den Namen auch wirklich verdient, muss politisch ganz oben angesiedelt werden. Sie sollte Chefsache sein und gehört somit ins Kanzleramt. Das "Gesundheitswesen" muss radikal umgestaltet werden und – Prävention und Gesundheitsförderung eingeschlossen – als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe angesehen werden. Damit sind gesundheitspolitisch, neben dem "zuständigen" Ministerium, gleichermaßen die Bildungs-, Arbeits-, Verbraucherschutz-, Familien-, Wirtschafts-, Verkehrs-, Umwelt-, Entwicklungs- und Forschungsressorts gefragt, die an einem Strang ziehen müssen.

"Prävention ist die einzige Möglichkeit, um die Gesundheit der Bevölkerung zu erhalten und die Finanzierung des Gesundheitswesens nachhaltig zu sichern", heißt es in der neuen Broschüre "Prävention vor Kuration. Gesundheit 2010 – unsere Chance", herausgegeben von der Deutschen Diabetes-Stiftung (DDS) mit dem Nationalen Aktionsforum Diabetes mellitus (NAFDM) und der Arbeitsgemeinschaft Prävention des Diabetes mellitus Typ 2 der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG). Die 52seitige Broschüre (ISBN 978-3-87490-811-5) kann für 7,50 € ab sofort im Buchhandel bestellt werden.

Die Autoren von "Prävention vor Kuration" plädieren für eine rasche, radikale Änderung des Gesundheitssystems und zeigen auf, wie eine nachhaltige Gesundheitsförderung aussehen könnte: Welche Struktur notwendig ist, um gesundes Leben für alle erlebbar zu machen – auf lokaler, regionaler und bundespolitischer Ebene. Wie und mit welchen Maßnahmen die Bevölkerung für ein gesundheitsbewussteres Leben sensibilisiert werden kann. Wie Krankheitsrisiken früh erkannt und damit Folgen verhindert oder gemindert werden können. Sie zeigen aber auch auf, dass die Etablierung eines nationalen Präventions-Programms ein langfristiger Plan ist, dessen Umsetzung 5 bis 10 Jahre beanspruchen wird und Investitionen (in die Gesundheitswirtschaft) erfordert.
Die vergangenen 50 Jahre haben gezeigt, dass mit reiner Aufklärung und Beratung über Ernährungs- und Bewegungsverhalten keine nachhaltigen Erfolge erzielt wurden.

Erste Modellprojekte sollen nun belegen, wie mit einem qualifizierten, strukturierten und zertifizierten Gesundheitsmanagement Fortschritte zu erzielen sind. Wie Menschen ihre bisherige Lebensweise in eine gesündere überführen können; eingedenk der neurowissenschaftlichen Erkenntnis, dass es rund sechs Wochen dauert, bis sich aus einem ersten Vorsatz eine zuverlässige Gewohnheit etablieren kann. Zum Beispiel die zu mehr Freude am Leben durch regelmäßige Bewegung bei einer ausgewogenen Ernährung.

Schlüsselloch-Chirurgie bei Kindern immer häufiger

Schlüsselloch-Chirurgie bei Kindern immer häufiger

Berlin – Insbesondere kleine Kinder erleben eine Operation oft als sehr „einschneidendes“ Erlebnis. Minimalinvasive Verfahren (MIC) über kleine Schnitte verringern nicht nur das körperliche und seelische Trauma, sondern auch die Schmerzen danach – etwa bei einer Blinddarmoperation. Das gilt selbst für Säuglinge und Kleinkinder. Aber nicht in allen Fällen kommt ein minimalinvasiver Eingriff in Frage. Wann er geeignet ist und wann nicht und wo es Unterschiede gibt bei der Behandlung von Kindern oder Erwa chsenen, sind Thema einer Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) am 14. Oktober 2013 anlässlich des 4. Weltkongresses der Kinderchirurgen (WOFAPS) in Berlin.

Die sogenannte Schlüsselloch-Chirurgie ist bei einigen Diagnosen bereits Standardtherapie. „Vor allem in der Neugeborenen- und Säuglingschirurgie haben wir mit minimalinvasiven Verfahren große Fortschritte gemacht“, sagt der Kinderchirurg Professor Dr. med. Philipp Szavay, Sprecher der DGKCH. Durchgesetzt hat sich die MIC beispielsweise in einigen Bereichen der Kinderurologie. Etwa bei der Korrektur einer Verengung des Harnleiters oder der Entfernung von Harnleiter oder Niere. „Studien zufolge sind minimalinvasive Eingriffe an Kindern unter einem Jahr ebenso erfolgreich und sicher wie offene Operationen – vorausgesetzt, die Chirurgen verfügen über die nötige Erfahrung“, sagt Professor Szavay, der Chefarzt der Kinderchirurgie am Kantonsspital Luzern ist. Einer der Vorteile sei, dass große Narben am Bauch verhindert werden.

Auch bei Operationen im Bereich des Brustkorbs greifen Kinderchirurgen zu minimalinvasiven Verfahren: Eine sogenannte Thorakoskopie hat den Vorteil, dass der Arzt den Brustkorb nicht öffnen muss. Dies erspart dem Kind Folgen wie zum Beispiel die Schiefstellung der Wirbelsäule. „Gerade bei Kindern, die ja noch wachsen, ist das von großer Bedeutung“, betont der Experte.

Allerdings sind der Schlüsselloch-Chirurgie auch Grenzen gesetzt. Dies gilt etwa für den Einsatz von Kohlenstoffdioxid (CO²), das in den Körper eingeblasen wird, damit der Operateur eine bessere Sicht hat. Es besteht die Gefahr, dass das Kind auskühlt oder als Folge des erhöhten CO²-Gehalts das Blut übersäuert. „Bei längeren Eingriffen muss der Arzt Risiko und Nutzen abwägen. Dafür bedarf es großer Expertise; auch der entsprechend beteiligten Kinder-Narkoseärzte“, erklärt Szavay. Komplexe Eingriffe sollten deshalb nur an kinderchirurgischen Zentren mit MIC-Erfahrung durchgeführt werden, empfiehlt der Experte.

Bei welchen Erkrankungen sich die Schlüsselloch-Chirurgie außerdem anbietet und welche Aspekte bei der Entscheidung für oder gegen diese OP-Technik bei Kindern eine Rolle spielen, darüber informiert die DGKCH auf ihrer Pressekonferenz am 14. Oktober 2013 von 13.00 bis 14.00 Uhr im Berliner Congress Center.

Medikament heilt Rückenmarksverletzungen

Neues Medikament heilt Rückenmarksverletzungen

Wissenschaftliche Tests mit Ratten erfolgreich – Nervenzellen wachsen

Wirbelsäule: Medikament heilt Verletzungen (Foto: pixelio.de, Dieter Schütz)
Wirbelsäule: Medikament heilt Verletzungen (Foto: pixelio.de, Dieter Schütz)

Cleveland (pte014/04.12.2014/10:30) –

Ein Medikament, das die Nerven im Rückenmark zum Wachsen bringen und
damit Verletzungen heilen kann, haben Wissenschaftler der Case Western
Reserve University School of Medicine http://casemed.case.edu entwickelt. Eine Studie mit Ratten hat gezeigt, dass ein Teil der
Bewegungsfähigkeit und die Kontrolle über die Blase wiederhergestellt
werden können. Die Wirkung des Medikaments beruht auf der Unterbrechung
der klebrigen Substanz, die verhindert, dass Nervenzellen während einer
Verletzung wachsen.

Blasenkontrolle wieder möglich

Laut dem Team um Jerry Silver verhindert das sich nach
einer Rückenmarksverletzung bildende Narbengewebe die Heilung.
Zuckerhaltige Proteine werden durch das Narbengewebe freigesetzt. Sie
wirken wie Klebstoff. Axone, die langen schlauchartigen
Nervenzellfortsätze, verfangen sich im Klebstoff, wenn sie versuchen,
die Verletzung zu überwinden.

Die Wissenschaftler injizierten eine Chemikalie unter
die Haut über dem Rückenmark und unterbrachen die Aktivität des
Klebstoffes. Laut Silver begannen die Axone anschließend zu wachsen. Bei
ersten Tests zeigten 21 von 26 Ratten ein gewisses Ausmaß an Gesundung.
Es bezog sich entweder auf die Beweglichkeit oder auf die Funktion der
Blase.

Versuche mit großen Tieren nötig

Laut Silver war die Wirkung bei einigen Tieren so
ausgeprägt, dass eine Verletzung kaum noch zu erkennen war. Weitere
Tests mit größeren Tieren seien jedoch nötig, bevor klinische Studien
durchgeführt werden könnten. In Zukunft wäre der neue Ansatz in
Kombination mit Nerventransplantationen und elektrischer Stimulation
möglich. Die Forschungsergebnisse wurden im international beachteten
Fachmagazin "Nature" http://nature.com veröffentlicht.

Startschuss für den Allergieinformationsdienst

Am Donnerstag, 13. April 2017, wird mit dem Allergieinformationsdienst (www.allergieinformationsdienst.de)
ein onlinebasiertes Informationsportal rund um das Thema Allergien
freigeschaltet. Das Helmholtz Zentrum München hat dieses Angebot mit
Unterstützung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) entwickelt. Es
ist Teil eines Forschungsprojekts zur Erstellung und Evaluierung eines
qualitätsgesicherten und allgemeinverständlichen Informationsangebots
zum Thema Allergien.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe
erklärt dazu: „Mehr als jeder Fünfte leidet in Deutschland unter eine
Allergie. Gerade jetzt in der Pollenzeit erleben besonders viele
Menschen, wie belastend Allergien sein können und wie sie das tägliche
Leben auf vielfältige Weise beeinträchtigen. Der neue
Allergieinformationsdienst im Internet bietet eine wertvolle
Orientierungshilfe zum Thema Allergien. Damit stärken wir durch
verbesserte Informationen die Patientinnen und Patienten und bringen
Prävention und Versorgung weiter voran.“

Professor Dr. Günther
Wess, Wissenschaftlicher Geschäftsführer des Helmholtz Zentrums München:
„Trotz des drastischen Anstiegs allergischer Erkrankungen in den
letzten Jahrzehnten ist deren Erforschung bislang nur unzureichend
vorangekommen. Das Helmholtz Zentrum München hat zusammen mit seinen
Partnern ein Allergieforschungsprogramm entwickelt und wird dessen
Umsetzung in den nächsten Jahren voranbringen. In diesem Zuge ist es uns
ein großes Anliegen, mit dem Allergieinformationsdienst das Wissen
aktuell, unabhängig und direkt aus der Wissenschaft weiterzugeben an die
Betroffenen, für die wir letztendlich forschen.“
Die  Freischaltung
des onlinebasierten Angebots stellt den ersten Schritt zu einem
umfassenden Informationsangebot dar. Die Informationen auf der
Internetseite etwa zu Krankheitsbildern und Therapien werden in den
nächsten zwei Jahren nach und nach weiter ausgebaut. Zusätzlich sollen
ein monatlicher Newsletter, eine Nachrichten-App, Erklärvideos und eine
Plattform für klinische Studien erstellt sowie Patienteninformationstage
und Telefonaktionen durchgeführt werden.

Weitere Informationen

Das Helmholtz Zentrum München verfolgt
als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel,
personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit
verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und
Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken
von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums
liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München
beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ist Mitglied
der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und
medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten
angehören. 

Allergieinformationsdienst – www.allergieinformationsdienst.de (ab 13. April 2017)

Bundesministerium für Gesundheit – www.bundesgesundheitsministerium.de

Behandlung von Infektionen kann Augen schädigen

München – Medikamente gegen Infektionen können Sehstörungen auslösen. Um dauerhafte Schäden an den Augen zu vermeiden, sollten Patienten Sehstörungen beachten und sich rechtzeitig vom Augenarzt untersuchen lassen. Darauf verweist die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG) anlässlich eines Artikels in der Fachzeitschrift DMW „Deutsche Medizinische Wochenschrift“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2012).

Medikamente gegen Infektionen erreichen über den Kreislauf auch die Augen. „Dort haben oft kleinste Veränderungen schwere Funktionsstörungen zur Folge“, erläutert Professor Dr. med. Klaus-Peter Steuhl, Präsident der DOG aus Essen. Nebenwirkungen von Arzneimitteln am Auge entwickeln sich jedoch oft langsam, warnt der Mediziner. Die Patienten sprechen deshalb den Arzt erst spät darauf an. „Viele von ihnen können keine genaueren Angaben machen, da sie auf der Intensivstation behandelt werden oder ihnen die notwendigen Informationen über derartige Medikamente fehlen“, so Professor Steuhl. Um Schäden zu vermeiden, müsste das medizinische Personal auf Sehstörungen achten und gezielt danach fragen, fordert der Experte. Bei einigen Medikamenten rät er zu routinemäßigen augenärztlichen Untersuchungen.

Sehr häufig treten Sehstörungen bei der Behandlung von Pilzinfektionen mit Voriconazol auf, schildert Dr. med. Matthias Huber vom Institut für Klinische Pharmakologie und Toxikologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Diese können verschwommenes Sehen, Störungen des Farbensehens, oder Scheue vor Licht umfassen. Die Störungen gehen meist innerhalb von einer Stunde zurück. Sind sie sehr ausgeprägt oder halten länger an, rät Dr. Huber zu einer augenärztlichen Untersuchung. Eine mögliche Ursache sieht der Experte in hohen Medikamentenspiegeln im Blut, bei einzelnen Patienten auch aufgrund der Einwirkung durch andere Arzneimittel.

Bei der Behandlung bakterieller Infektionen können ebenfalls Sehstörungen auftreten. Das Antibiotikum Telithromycin, welches auch zur Behandlung von Lungenentzündungen eingesetzt wird, kann die Motorik der Augen stören. Dies verzögert mitunter den Wechsel von Fern- auf Nahsicht oder erzeugt Doppelbilder. Auch wenn sich die Beschwerden während oder nach Ende der Therapie zurückbilden, rät Dr. Huber zu einer augenärztlichen Kontrolle, um andere Ursachen auszuschließen. Das Antibiotikum Linezolid kann dauerhafte Schäden des Sehnervs verursachen – bis hin zum Verlust des Sehvermögens. Dieses Antibiotikum kommt bei Infektionen durch den Problemkeim MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) zum Einsatz. Vor allem bei längerer Therapiedauer könne es zu dieser Neuropathie kommen, weshalb Dr. Huber zu vorsorglichen augenärztlichen Untersuchungen rät. Denn früh erkannt ließe sich die Therapie anpassen und eine – wenn auch meist langsam verlaufende – Besserung der Sehfunktion erreichen.

Bestimmte, auch häufig eingesetzte Medikamente gegen Infektionen können zu Sehstörungen führen, warnt die Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG). Insofern seien Nebenwirkungen am Auge frühzeitig in die Therapieplanung einzubeziehen. Augenärztliche Kontrollen, etwa auch im Rahmen der Tuberkulosetherapie, seien möglichst vorab zu planen. Die DOG rät Ärzten, Pflegern und Patienten, auf Hinweise für Sehstörungen zu achten und frühzeitig einen Augenarzt hinzuzuziehen.

Quelle:

M. Huber, R. Stahlmann: Arzneimittelnebenwirkungen am Auge bei systemischer Therapie mit Antiinfektiva; Deutsche Medizinische Wochenschrift 2012 137 (03)