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Chemie – Element unseres Lebens

Frankfurt a.M., 23. April 2013

Wissenschaftsforum Chemie 2013

Start am 1. September in Darmstadt

�Chemie
� Element unseres Lebens� ist das Motto des Wissenschaftsforums Chemie
2013, das vom 1. bis 4. September im Kongresszentrum Darmstadtium von
der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) ausgerichtet wird. �Ein
solches Motto erzeugt unterschiedliche Reaktionen�, schreibt die
GDCh-Präsidentin, Professor Dr. Barbara Albert, in ihrer Einladung.
�Eigentlich ist es ja eine Selbstverständlichkeit, dass Chemie zu
unserem Leben gehört. Sie ist natürlich ein essentieller Baustein.
Chemikerinnen und Chemiker sind sich dessen bewusst, wie sehr alles um
uns herum Chemie ist: die grüne Farbe der Blätter genauso wie der
Elektrolyt in einer Batterie. Das macht es jedoch nicht überflüssig,
dass wir uns und Anderen diese Selbstverständlichkeit bewusst machen.
Dazu bietet sich unser alle zwei Jahre stattfindendes Wissenschaftsforum
an.�

Barbara
Albert, GDCh-Präsidentin und zugleich Geschäftsführende Direktorin am
Eduard-Zintl-Institut für Anorganische und Physikalische Chemie der
Technischen Universität Darmstadt, eröffnet am Sonntag, dem 1.
September, 17 Uhr, die viertägige Veranstaltung, die von den
Herausforderungen an unsere zukünftige Arbeitswelt über Themen wie
Chemie und Energie, Materialien, Umweltchemie sowie Katalyse bis hin zur
Jahrestagung der GDCh-Fachgruppe Chemieunterricht eine weites Spektrum
abdeckt. Das Grußwort der Bundesregierung wird die Bundesministerin für
Bildung und Forschung, Professor Dr. Johanna Wanka, überbringen. Weitere
Grußworte aus Politik und Wissenschaft folgen, darunter das des
Präsidenten der EuCheMS, des europäischen Dachver
bands der chemiewissenschaftlichen Gesellschaften, Professor Dr. Ulrich
Schubert, Wien, und der Präsidentin der britischen Royal Society of
Chemistry, Professor Dr. Lesley Yellowlees.

Zwei
bedeutende Preise, die Adolf-von-Baeyer-Denkmünze und der
Karl-Ziegler-Preis, werden im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung
vergeben. Professor Dr. Klaus Müllen, Max-Planck-Institut für
Polymerforschung, wird mit der Adolf-von-Baeyer-Denkmünze der GDCh
ausgezeichnet, und zwar in Würdigung seiner herausragenden
wissenschaftlichen Beiträge zur Organischen Chemie ebenso wie zur
Polymerchemie und den Materialwissenschaften. Seine wegweisenden
Arbeiten � besonders sei hier die Erschließung der Nanographene
hervorgehoben � sind von internationalem Rang
und genießen höchste Beachtung. Organische Elektronikmaterialien,
insbesondere das Graphen, üben eine enorme Faszination auf
Naturwissenschaftler aus, und die chemische Industrie möchte sich damit
zukünftige Märkte sichern. Zu Beginn dieses Jahrhunderts mussten die
Synthesemethoden für die Herstellung von Nanographenen, den
zweidimensionalen À-konjugierten Oligomeren, erst entwickelt werden.
Dies gelang Müllen; allein dafür hätte er schon die Auszeichnung mit der
Adolf-von-Baeyer-Denkmünze verdient.

Besonders
hervorzuheben sind darüber hinaus das Anfang der 1990er Jahre von ihm
entwickelte Konzept der Leiterpolymeren, die organische Leuchtdioden
verbessern halfen. In der Folge gelang es Müllen auch, eine Vielzahl
wertvoller Fluor
eszenzfarbstoffe zu synthetisieren. Auf Basis von Hexabenzocoronen
gelangte Müllen zu flüssigkristallinen Materialien, die sich als gute
eindimensionale Halbleiter und Photoleiter erwiesen und die Nanographene
zur Realität werden ließen. Graphenfilme und deren Anwendung in
Solarzellen sind ein weiteres Beispiel für einen erfolgreichen
Brückenschlag zwischen Grundlagenforschung und anwendungsorientierter
Forschung. Müllens Ehrendoktorwürden, Ehrenprofessorentitel und hohe
Auszeichnungen aus dem In- und Ausland belegen sein wissenschaftliches
Renommee ebenso wie die Tatsache, dass er Deutschlands meistzitierter
Chemiker ist. Müllen war Präsident und Vizepräsident der GDCh, 2012
wurde er zum Präsidenten der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und
Ärzte gewählt.

Wer
den mit 50.000 Euro und einer Goldmünze dotierten Karl-Ziegler-Preis
der bei der GDCh ansässigen Karl-Ziegler-Stiftung erhalten wird, bleibt
weiter spannend. Die Entscheidung wird im Mai erwartet.

Die
Philharmonie Merck intoniert Stücke von Johann Strauß und Giuseppe
Verdi, bevor in der zweiten Hälfte der Eröffnungsveranstaltung zum
Wissenschaftsforum eine weitere bedeutende Auszeichnung der GDCh
vergeben wird: die August-Wilhelm-von-Hofmann-Vorlesung.
Sie
wird in Darmstadt von Professor Dr. Linda Nazar vom Department of
Chemistry and Department of Electrical Engineering an der University of
Waterloo, Kanada, gehalten.
In ihrem Vortrag stellt sie
dar, wie mit Hilfe der Nanotechnologie Probleme bei der Speicherung
hoher Energiedichten überwunden werden können. Die heutigen wieder
aufladbaren Lithium-Ionen-Batterien arbeiten nach dem Prinzip der
reversiblen Intercalation von Elektronen und Lithium-Ionen in
Materialien, deren Gitterstrukturen sich während der Redox-Zyklen nur
wenig verändern. Die Energiedichte dieser Materialien ist begrenzt.
Lithium-Schwefel- und Lithium-Sauerstoff-Batterien könnten die
Bedingungen für die Speicherung hoher Energiedichten erfüllen. Dafür
benötigen sie neuartige, leitfähige Nanomaterialien, die besondere
Anforderungen hinsichtlich ihrer Stabilität und elektrochemischen
Reversibilität erfüllen. Die Herausforderungen gegenüber dem Stand der
Technik werden anhand elektrochemischer und materialwissenschaftlicher
Kriterien erläutert. Und es wird dargestellt, welche ökonomischen
Hürden  noch zu überwinden sind.

Die
Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) gehört mit über 30.000
Mitgliedern zu den größten chemiewissenschaftlichen Gesellschaften
weltweit. Alle zwei Jahre veranstaltet sie an wechselnden Orten in
Deutschland das Wissenschaftsforum. Zu diesem bedeutendsten deutschen
Chemiekongress werden von der GDCh auch internationale Wissenschaftler
von Rang und Namen zu Vorträgen eingeladen. Ferner werden zahlreiche
international beachtete Preise verliehen. Die erste Auszeichnung, die
anlässlich des Wissenschaftsforums 2011 vergeben wird, ist die Adolf-von
Baeyer-Denkmünze der GDCh, eine Goldmedaille, verbunden mit einem
Preisgeld von 7.500 Euro. Eine Namensvorlesung ist eine besondere
Auszeichnung der GDCh für erfolgreiche ausländische Wissenschaftler. Die
traditionsreichste und bedeutendste ist
die August-Wilhelm-von-Hofmann-Vorlesung.

Kontakt:

Dr. Renate Hoer

Lebensmittelunverträglichkeiten stark zugenommen

Jeder sechste Europäer leidet an Lebensmittelunverträglichkeiten

Bis zu 17 Prozent der Europäer leiden nach eigenen Angaben an einer Lebensmittelallergie bzw. -unverträglichkeit. Das kann die Lebensqualität deutlich beeinträchtigen, erklärt die Europäische Akademie für Allergologie und klinische Immunologie (EAACI). Die gemeinnützige Organisation mit über 7.800 Mitgliedern in 121 Ländern hat erstmals Richtlinien zu Lebensmittelallergien und Anaphylaxie entwickelt. Bei einem anaphylaktischen Schock reagiert der Körper auf Nahrungsmittel, Medikamente oder Insektenstiche mit Atemwegs- oder Kreislaufbeschwerden sowie Veränderungen der Haut und Schleimhäute. Vielen sei laut EAACI nicht bewusst, dass die körperlichen Reaktionen
lebensbedrohlich sein können. Jedes Jahr erleiden nach aktuellen Daten bis zu 8 Menschen pro 100.000 einen anaphylaktischen Schock.

Die Wissenschaftler hatten eine systematische Datenüberprüfung durchgeführt, um fünf wichtige Themenbereiche zu aktualisieren: Lebensmittelallergie, Prävention, Lebensqualität, Anaphylaxie und Umgang mit Allergien im Patientenumfeld. Zur Vorbeugung von Lebensmittelallergien wird beispielsweise empfohlen, Kinder mindestens 4 bis 6 Monate ausschließlich mit Muttermilch zu ernähren. Ist das Stillen nicht möglich, sollen allergiegefährdete Babys in den ersten vier Monaten mit einer hypoallergenen Säuglingsnahrung versorgt werden. Allergiegefährdet sind Säuglinge, deren Eltern oder Geschwister von einer Allergie betroffen sind. Grundsätzlich brauchen Schwangere und
Stillende sich nicht anders zu ernähren, um Allergien beim Kind vorzubeugen. Ideal ist eine ausgewogene Kost mit reichlich pflanzlichen Lebensmitteln, kalorienarmen Getränken, mäßig tierischen Produkten, wenig Fett und Süßes.

Eine Auswertung von knapp 60 Studien und Metaanalysen hat ergeben, dass 6 bis 17 Prozent der Europäer nach eigenen Angaben an einer Lebensmittelallergie leiden. Bei Kindern treten sie häufiger auf als bei Erwachsenen. Zudem waren die Unverträglichkeiten im Nordwesten Europas weiter verbreitet als im Süden. Die häufigsten Lebensmittelallergien in Europa sind Unverträglichkeiten gegenüber Kuhmilch (6,0 %), Weizen (3,6 %), Eier (2,5%), Erdnüsse (0,4%), Nüsse (1,3%), Fisch (2,2%) und Meeresfrüchte
(1,3%). Allergien gegen Kuhmilch und Eier sind unter jüngeren Menschen und Kindern häufiger, während Ältere eher von allergischen Reaktionen auf Nüsse, Fisch und Meeresfrüchte betroffen sind. (aid)

Mehr Festplattenspeicher dank „Tarnkappen“

pte20181018019 Forschung/Technologie, Computer/Telekommunikation

Mehr Festplattenspeicher dank "Tarnkappen"

Optimierte, extrem kleine magnetische Nanostrukturen reduzieren störendes Streufeld effektiv

Tarnkappen steigern Speicherkapazität (Bild: L. Caretta, M. Huang, mit.edu)
Tarnkappen steigern Speicherkapazität (Bild: L. Caretta, M. Huang, mit.edu)

Berlin/Cambridge (pte019/18.10.2018/12:30) – Forscher des Max-Born-Institutes (MBI) http://mbi-berlin.de und des Massachusetts Institute of Technology (MIT) http://mit.edu haben den magnetischen Nanostrukturen in einem Speicherchip eine
"Tarnkappe" aufgesetzt. Dadurch lässt sich das sogenannte magnetische
Streufeld reduzieren. In der Folge sind die Bits gleichzeitig klein und
dennoch sehr beweglich. Die Ergebnisse wurden in "Nature Nanotechnology"
publiziert.

Getarnte Bits als Ziel

In neuartigen Konzepten magnetischer Datenspeicherung sollen Bits
mittels Strompulsen in einem Speicherchip hin- und hergeschickt werden,
um sie an geeignetem Ort dicht gepackt zum Speichern abzulegen und
später wieder auszulesen. Das magnetische Streufeld ist hierbei ein
Fluch: Es verhindert, dass die magnetischen Strukturen noch kleiner
gemacht und damit Informationen dichter gepackt werden können.
Andererseits wird das dem Streufeld zugrunde liegende magnetische Moment
gebraucht, um die Strukturen überhaupt zu bewegen.

Den Forschern ist es gelungen, kleinen magnetischen Nanostrukturen eine
Tarnkappe aufzusetzen und zu schauen, wie klein und schnell solche
getarnten Bits sind. Dazu wurden Atomsorten mit entgegengesetztem
Drehsinn der Elektronen und damit entgegengesetztem magnetischem Moment
kombiniert. Auf diese Weise lässt sich das magnetische Streufeld
reduzieren oder sogar völlig abschalten – die einzelnen Atome in der
Nanostruktur haben dabei aber immer noch ein magnetisches Moment, sie
tragen quasi nur eine Tarnkappe.

Höhere Speicherdichte

Das geschickte Einstellen der Stärke der Tarnkappe macht das Verfahren
für Anwendungen als Datenspeicher interessant: "In unseren Bildern
können wir sehr kleine, runde magnetische Strukturen erkennen. Die
kleinsten Durchmesser, die wir gefunden haben, betragen nur zehn
Nanometer", so Bastian Pfau vom MBI. Könnten diese Strukturen zur
Datenspeicherung genutzt werden, ließe sich die Speicherdichte gegenüber
heutigen Festplatten noch einmal deutlich erhöhen. Messungen am MIT
haben ergeben, dass sich getarnte Nanomagnete durch Strompulse besonders
schnell bewegen lassen – eine wichtige Eigenschaft für eine Anwendung.
So wurden Geschwindigkeiten von über einem Kilometer pro Sekunde
erreicht.

Internisten fordern verstärkte Erforschung der Arthrose

Internisten fordern verstärkte Erforschung der Arthrose

Wiesbaden – Mehr als die Hälfte aller Menschen über 65 Jahre leidet an Arthrose. Bei dieser schmerzhaften Gelenkerkrankung wird Knorpel abgebaut, es kommt zu Fehlstellungen und starken Funktionseinschränkungen. Im Jahr 2011 war in Deutschland eine Arthrose an Hüfte oder Knie sogar die häufigste Diagnose, die zu einem vollstationären Aufenthalt in einer Vorsorge- oder Rehabilitationsklinik führte. Dies meldet aktuell das Statistische Bundesamt (Destatis). Die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) nimmt dies zum Anlass, auf die derzeit unbefriedigende Situation der Patienten hinzuweisen und Forschung zu fordern. Denn noch immer fehlt es an wirksame n Therapien gegen Arthrose. Sinnvoll eingesetzte Forschungsgelder würden aus Sicht der DGIM nicht nur den Patienten selbst helfen. Dadurch ließen sich auch die enormen volkswirtschaftlichen Kosten senken, die durch Berufsunfähigkeit, Operationen, Rehabilitation und Pflege entstehen.

Arthrose beginnt mit einem Abbau des Gelenkknorpels. Auslöser sind oft Fehl- oder Überbelastungen der Gelenke, darüber hinaus Gelenkentzündungen (Arthritis) oder genetisch bedingte Abweichungen in der Knorpelmatrix. Ist di ese völlig zerstört, liegt der Knochen frei. Das Gelenk schwillt knotig an und wird unbeweglich. „Reibt Knochen auf Knochen, ist dies unvorstellbar schmerzhaft, häufig müssen im Verlauf Gelenkprothesen implantiert werden“, betont DGIM-Vorsitzende Professor Dr. med. Elisabeth Märker-Hermann. Im Gegensatz zum entzündlichen Rheuma mit großen Therapiefortschritten fehlen bei Arthrose bisher ursächliche oder an der Krankheitsentstehung orientierte Therapien. „Wir müssen die Arthrose deshalb stärker in den Fokus der Forschung holen“, so die Direktorin der Klinik Innere Medizin für Rheumatologie, Klinische Immunologie und Nephrologie an den HSK Dr. Horst Schmidt Kliniken in Wiesbaden. Gefragt seien hier einerseits Wissenschaftler. Vor allem aber auch Vertreter aus Politik und Gesundheitswesen, die an den entscheidenden Stellschrauben drehen könnten, um mehr Forschung in diesem Bereich zu ermöglichen.

Wie Destatis weiter mitteilt, behandelten größere Vorsorge- und Rehakliniken im Jahr 2011 rund 216 000 Patienten mit Arthrose, das sind 13 Prozent von insgesamt 1,6 Millionen stationären Patienten. Ihr Durchschnittsalter lag bei 68 Jahren. Bei Menschen unter 45 spielte die Diagnose Arthrose dagegen keine große Rolle.

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Doch laut DGIM handelt es sich hierbei nicht allein um altersbedingte Abnutzungserscheinungen. „Der Krankheit liegen Prozesse im Knochenstoffwechsel zugrunde, die auch in der embryonalen Phase des Menschen eine Rolle spielen“, erläutert Märker-Hermann. Arthrose aktiviert beim Erwachsenen Signalwege im Knochenstoffwechsel, die auch im Mutterleib ablaufen. Eine deutsche Forschergruppe um Professor Dr. med. Thomas Pap in Münster konnte an der Oberfläche der Knorpelzellen ein Molekül identifizieren, das am Abbau dieser Zellen maßgeblich beteiligt ist. „Hier könnte die Forschung ansetzen mit dem Ziel, diese krankhafte Knorpelreaktion zu stoppen“, sagt Professor Märker-Hermann. 

Doch bis zum wirksamen Präparat für den Menschen sei dafür noch viel Forschung nötig, meint Märker-Hermann, die auch Kongresspräsidentin des 119. Internistenkongresses ist. Dieser Appell richte sich an Forscher aber auch an jene, die Forschungsgelder verteilen und sich für medizinisch-wissenschaftliche Forschung für Patienten einsetzen. Die Krankheitskosten von Arthrose belaufen sich hierzulande auf weit über sieben Milliarden Euro jährlich. Neue therapeutische Ansätze seien dringend gesucht, insbesondere bei einem Blick in die Zukunft: Die Zahl der von Gelenk- und Knochenerkrankungen Betroffenen wird sich in den nächsten zwei Jahrzehnten voraussichtlich noch verdoppeln.

Sicherheit bei Druckbehältern

Sicherheit bei Druckbehältern, Wasserstoffspeicherung und Werkstoffen für die Luft- und Raumfahrt

Sicherheit in Technik und Chemie, dies ist der Leitsatz der BAM Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, und dieser spiegelt sich auch beim diesjährigen Messeauftritt der BAM auf der Materialica 2012 wider, die vom 23. bis 25. Oktober in München stattfindet. Gezeigt und demonstriert wird auf dem Gelände der Neuen Messe München unter anderem, wie man sicher in Glasröhrchen Wasserstoff spei­chert, und dass man mittels Sensoren sowohl die Konstruktion von Brücken als auch die Fertigungsqualität von Faserverbunddruckbehältern überwachen kann.

Wie ein Druckbehälter aussieht, der zerstörend geprüft wurde, zum Beispiel durch einen Beschussversuch, können sich Besucher am Stand 208 in Halle B1 anschauen. Zu sehen ist aber auch eine einem Druckbehälter ähnliche Probe, die in eine Zugmaschine eingespannt war. Gezeigt wird zudem eine von der BAM entwickelte zerstörungsfreie Prüfmethode, bei der die Fertigungsqualität von FaserverbundDruckbehältern mittels Schallemissionsprüfung kontrolliert wird und somit fehlerhafte Behälter aussortiert werden können. Die BAM ist die in Deutschland zuständige Behörde für die Zulassung von Druckgefäßen, wie Flaschen oder Druckfässern.

Bei der Entwicklung neuer Konzepte zur Energiespeicherung wird Wasserstoff eine besondere Rolle als Energieträger zugesprochen. Im Rahmen eines internationalen Forschungsprojekts wurde ein neues Speichersystem entwickelt, das auf dünnwandigen Glasröhrchen (Kapillaren) mit einer Wandstärke von wenigen Mikrometern basiert. Trotz der geringen Ausmaße können die Glaskapillaren sehr hohe Drucke aushalten und sind zudem drei Mal so zugfest wie vergleichbare Stahlrohre, wiegen aber im Vergleich deutlich weniger.

Zu sehen sind auf der Materialica auch thermoplastische Kunststoffe, die für den Einsatz in der Luft- und Raumfahrt gedacht sind. Diese Kunststoff-Faserverbundstoffe erfordern eine kontinuierliche Online-Überwachung durch faseroptische Sensoren, die sich entweder im oder auf dem Material befinden. Die BAM hat die Sensoren entwickelt und auch an realen Strukturen getestet. Untersucht wurde beispielsweise die Haltbarkeit der Sensoren, wenn sie bis zehn Millionen Mal beansprucht werden. Auch bei Bauteilen in Tragwerken aus Kunststoff-Faserverbundstoffen, wie sie zum Beispiel bei Brücken eingesetzt werden, spielen die Sensoren eine Rolle und können sowohl die Dehnung als auch die Temperatur kontinuierlich und über die gesamte Länge des Bauteils messen.

Die Materialica ist eine internationale Fachmesse für Werkstoffanwendungen, Oberflächen und Produktentwicklung. Sie findet bereits zum 15. Mal statt.

Wassertrinken kann Kopfschmerz lindern

Wassertrinken kann Kopfschmerz lindern
Mediziner raten zum Selbstversuch mit zusätzlich 1,5 Litern täglich
 
Glas Wasser: Arznei bei Migräne (Foto: Flickr/Ferdinand)

Maastricht/München (pte001/15.08.2012/06:00) – Mit sieben Gläsern Wasser pro Tag lassen sich Kopfschmerz und Migräne lindern. Das behaupten zumindest Forscher der Universität Maastricht http://maastrichtuniversity.nl in der Zeitschrift "Family Practice". "Manche Kopfschmerz-Patienten dürften von zusätzlicher Wasseraufnahme profitieren. Die Empfehlung an Betroffene scheint angebracht, über eine kurze Zeitspanne mehr Wasser zu trinken. Mann kann somit selbst austesten, ob sich das Kopfweh bessert", sagt Studienleiter Mark Spigt.

Deutliche Verbesserung

Eine Anekdote gab Anlass zur Studie: Schon 2005 hatte ein Patient berichtet, dass sich seine Migräne mit dem zusätzlichen Trinken wegen eines Blasenproblems gebessert hat. Nun untersuchten die Forscher über 100 Patienten, die häufig an mittelschwerem bis schwerem Kopfschmerz litten. Alle wurden über Bewältigungstechniken informiert, die von Stressreduktion bis zu Maßnahmen der Besserung des Schlafes reichten. Jedem Zweiten wies man zusätzlich an, drei Monate lang täglich 1,5 Liter Wasser mehr als gewohnt zu trinken.

Tatsächlich fühlten jene mit der Extraportion Wasser ihren Kopfschmerz zu Studienende weniger stark, zeigte ein Fragebogen am Ende der Untersuchung. Bei 47 Prozent aus der Wasser-Gruppe gab es sogar deutliche Verbesserungen von mindestens sechs Punkten auf einer 10-Punkte-Skala, während dieser Effekt in der Kontrollgruppe nur bei 25 Prozent auftrat. Die Anzahl der Kopfschmerz-Tage reduzierte sich allerdings in keiner Gruppe.

Wasser ist Migräne-Faktor

"Es ist eine lang bekannte klinische Erfahrung, dass Unregelmäßigkeiten im Tagesablauf Migräne-Attacken auslösen können", erklärt Stefanie Förderreuther, Generalsekretärin der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft http://dmkg.de , im pressetext-Interview. Damit eine Migräne-Attacke entsteht, müssen häufig mehrere Faktoren zusammentreffen. "Eine dieser Faktoren scheint, neben Hormonschwankungen oder Stressbelastungen, auch zu geringe Flüssigkeitszufuhr oder das Auslassen einer Mahlzeit zu sein", so die Expertin.

Es sei folglich richtig, Migränepatienten bezüglich des regelmäßigen Trinkens zu informieren. Freilich betont auch die Kopfschmerz-Expertin, dass man keine Heilung erwarten dürfe, zumal gebe es auch Patienten, bei denen sich keine Attacken-Auslöser erkennen lassen. "Die grundsätzliche Bereitschaft des Gehirns, diese Kopfschmerzen zu generieren, bleibt trotz regelmäßigem Wassertrinken erhalten."

Kartoffeln mit mehr Stärke entdeckt

(aid) – Kartoffeln bestimmen nicht nur die deutsche Küche maßgeblich, sie sind auch ein wichtiger nachwachsender Rohstoff. Als Stärkequelle kommen sie z. B. in der Papier-, Leim-, Tierfutter- und Lebensmittelindustrie zum Einsatz. Wie gut sie dafür geeignet sind, hängt in erster Linie von den Eigenschaften der Stärke ab, z. B. von der Fähigkeit Wasser zu binden. Die Stärke wird in der Knolle in Körnen abgelagert, die aus Stärke und Stärke bildenden Enzymen bestehen. Die Aktivität und Zusammenarbeit dieser Enzyme hängt von der Kartoffelsorte ab und bestimmt maßgeblich die Größe und Form der Körner und damit die Eigenschaften der Stärke. Züchtungsbestrebungen gehen seit Jahren dahin, für jeden Verwendungszweck die Kartoffel mit der optimalen Stärkestruktur zu züchten.
Xinfeng Huang von der Universität Wageningen in den Niederlanden ist nun im Rahmen seiner Doktorarbeit ein wesentlicher Durchbruch geglückt. Mithilfe biotechnologischer Verfahren erzeugte er Kartoffeln, die wesentlich größere Stärkekörner enthalten. Die Stärke dieser Superkartoffeln kann Flüssigkeiten besser binden. Daher wird viel weniger davon benötigt, um Suppen und Soßen zu binden. Außerdem halten die Körner das gebundene Wasser besser, wodurch sich das Auftauverhalten verbessert. Das erleichtert die Verwendung in Tiefkühlprodukten. Das Kunststück gelang dem jungen Wissenschaftler, indem er so genannte Fusionsgene in die Kartoffel einführte. Diese kombinieren Kartoffelgene mit Genen für verschiedene Stärke modifizierende Enzyme aus Bakterien. Die Kartoffel erhielt also ein kartoffelfremdes Gen, mit dem sie die Stärke weiter verarbeiten kann. Mithilfe des Amylosucrase-Gens aus dem Bakterium Neisseria pysaccharea entstanden so veränderte Stärkekörner.
Trotzdem steht die Revolution in der lebensmittelverarbeitenden Industrie noch nicht unmittelbar bevor, denn als transgene Organismen gehören die Superkartoffeln zu den gentechnisch veränderten Organismen (GVOs) und müssen ein aufwendiges Zulassungsverfahren durchlaufen. Zumindest im deutschsprachigen Raum ist die Akzeptanz der Verbraucher zudem fraglich. Huangs Experimente zeigen aber, dass und wie es möglich ist, Kartoffeln mit wesentlich verbesserten Stärkeigenschaften zu erzeugen.
Dr. Margit Ritzka, www.aid.de

Weitere Informationen:
www.wageningenuniversity.nl/UK/newsagenda/news/starches291110.htm

Fischzucht muss nachhaltiger werden

DBU-Förder-Intitiative: Aquakulturen können zur Entlastung der Meere beitragen

Osnabrück (pte/21.08.2009/13:45) – Jeder Deutsche verzehrt pro Jahr durchschnittlich 16 Kilogramm Fisch. Die Tendenz ist weiter steigend. Demgegenüber steht ein dramatischer Rückgang der weltweiten Fischbestände in den Meeren. Aquakulturen, die kontrollierte Aufzucht von Fischen, Muscheln oder Krebsen, werden als Alternative immer wichtiger. Allerdings sind viele der Aquakulturen nicht nachhaltig und führen – wie etwa bei der Shrimpzucht – zu schweren ökologischen Schäden. "Für Zuchtanlangen etwa in Südostasien werden Mangrovenwälder großflächig gerodet. Fischkot und Futterreste belasten Gewässer, Frischwasser wird in Mengen verbraucht", so Fritz Brickwedde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) http://www.dbu.de. Die neue Förderinitiative "Nachhaltige Aquakultur" soll nun helfen, Lösungen für diese Probleme zu finden.

"Seit 25 Jahren verzeichnen Aquakulturen, egal ob in Zuchtbecken, Teichen oder Netzgehegen im freien Meer, sehr hohe Wachstumsraten", so DBU-Experte Holger Wurl im pressetext-Gespräch. "Da Fisch und Meeresfrüchte wichtige Eiweißlieferanten sind, gewinnen sie zunehmend an Bedeutung für eine sichere Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung." Weltweit gehen Experten davon aus, dass die Aquakulturproduktion auch künftig weiter steigen werde. Zu den größten Umwelt-Bedrohungen gehören Schadstoffe durch Fischkot und Futtermittelreste, der Verlust an Naturräumen durch den Aufbau großer Zuchtanlagen sowie die Bedrohung von Wildbeständen durch ausgebrochene Zuchttiere. "Nachhaltige Standards sind für den Ausbau dieses Wirtschaftszweiges unerlässlich", betont Wurl.

Ziel der neuen Förderinitiative ist es, kleinen und mittleren Unternehmen einen Anreiz zu bieten, Verfahren und Produkte zu entwickeln, bei denen Umweltbelastungen von vornherein vermieden werden. "Ein Beispiel dafür sind etwa geschlossene Kreislaufanlagen, bei denen durch Filterung des zirkulierenden Wassers ein Großteil davon wiederverwertet werden kann. Zudem wird verhindert, dass Exkremente in die Umwelt gelangen können." Ein weiterer Kritikpunkt von Aquakulturen ist ihr hoher Verbrauch an Ressourcen. "Für die Aufzucht werden große Mengen an Fisch bzw. Fischresten, die zu Futtermittel verarbeitet werden, benötigt." Ein von der DBU-Initiative geförderter Forschungsbereich könne dementsprechend die Entwicklung von Futtermitteln auf pflanzlicher Basis sein, meint der Experte. Hier stehe die Wissenschaft noch ganz am Anfang.

Ein von der DBU mit 350.000 Euro gefördertes Projekt beschäftigt sich derzeit mit der Reinigung und Aufbereitung von Wasser in geschlossenen Kreislaufanlagen. Die Fischereiforschungsstelle Baden-Württemberg will in Zusammenarbeit mit der Zordel Fischhandels-GmbH (Neuenbürg) und der Fischzucht Peter Störk (Bad Salgau) ein Futtermittel entwickeln, nach dessen Aufnahme die Fische schwimmfähigen, festen Kot erzeugen, der leicht von der Wasseroberfläche abschöpfbar ist. Ein weiteres DBU-gefördertes Projekt der International Fish Farming Technology IFFT http://www.ifft.eu beschäftigt sich mit einem völlig neuen Ansatz der Garnelenzüchtung. Anstatt die Muttertiere aus dem Meer zu entnehmen, werden sie gezüchtet und anschließend in geschlossenen Kreislaufanlagen in Vietnam eingesetzt, wo sie bis zur Erreichung einer bestimmten Größe heranwachsen. Die Zucht von Black Tiger Garnelen ist vor zwei Jahren in Asien zusammengebrochen, da Virusepidemien die krankheitsanfälligen Tiere dahingerafft haben. Das große Problem dabei war, dass es kaum mehr gesunde Muttertiere ohne Krankheitserreger gegeben hat.

"Mit Hilfe solcher Innovationen kann Aquakultur ressourcenschonend und energieeinsparend gestaltet werden. Eine wichtige Nahrungsgrundlage der Bevölkerung wird so sichergestellt und gleichzeitig eine Teilentlastung der Meere und Ozeane erreicht sowie ein Beitrag zur Bewahrung bedrohter Arten geleistet", meint Wurl. Die Förderinitiative ist für Projekte von Forschungseinrichtungen sowie für kleine und mittlere Unternehmen offen. Interessenten können ihre Projektskizzen bis zum 31. Oktober 2009 einreichen.

Typ-2-Diabetis und die Folgen

Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München haben die
Krankenkassen-Daten von über 300.000 Menschen mit Diabetes untersucht.
Im Fachjournal ‚Diabetes Care‘ schlüsseln sie auf, welche Kosten die
verschiedenen Folgeerkrankungen verursachen. Die Helmholtz Autorinnen
und Autoren sind Mitglieder des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung
(DZD).

Schätzungen zufolge sind rund sieben Millionen
Menschen in Deutschland von Typ-2-Diabetes betroffen. Bereits im frühen
Stadium können Schäden an Gefäßen und anderen Organen beginnen. Dazu
zählen beispielsweise Augenleiden, die bis zum Erblinden führen können,
Nierenschäden, die ein Nierenversagen zur Folge haben können,
Fußbeschwerden, die eine Amputation erfordern können oder schwere Herz-
und Kreislauferkrankungen wie ein Herzinfarkt oder chronische
Herzschwäche.

„Wir wollten wissen, wie hoch die dadurch
entstehenden Kosten sind, die von den Krankenkassen und somit von der
Gesellschaft getragen werden“, beschreibt Erstautorin Katharina Kähm den
Ansatz der Studie. Die Doktorandin und ihre Kollegen vom Institut für
Gesundheitsökonomie und Management im Gesundheitswesen (IGM) am
Helmholtz Zentrum München untersuchten dazu Daten von 316.220 Menschen
mit Typ-2-Diabetes aus den Jahren 2012 bis 2015.

Hohe Gesundheitskosten durch Komplikationen bei Typ-2-Diabetes

Anhand dieser Datengrundlage konnten die
Forscher die Kosten der Folgeerkrankungen detailliert ermitteln.
Typ-2-Diabetes macht sich in der Mehrzahl erst im höheren Alter
bemerkbar. Entsprechend stellen die Autoren eine Beispielrechnung auf,
die von einem Mann zwischen 60 und 69 Jahren ausgeht. Allein in dem
Quartal, in dem die entsprechende Folgeerkrankung eintritt, verursacht
das in dem Fall

  • bei einem Augenleiden (Retinopathie) rund 700 Euro
  • bei Erblinden etwa 3.000 Euro
  • bei Nierenschäden rund 3.400 Euro
  • bei (dialysepflichtigem) Nierenversagen rund 23.000 Euro
  • bei einem Diabetischen Fuß rund 1.300 Euro
  • bei einer Amputation über 14.000 Euro

„Zudem reichen die mittleren Kosten bei
Herz- Kreislauferkrankung von 2.700 für Angina pectoris bis 20.000 Euro
für tödliche ischämische Komplikationen“, ergänzt Michael Laxy,
Arbeitsgruppenleiter am IGM. „Auch in den Quartalen nach erstmaligem
Eintritt dieser Folgeerkrankungen bleiben die Kosten erhöht.“

Die Studie ist den Autoren zufolge die erste
in einer derartigen Größe und in diesem Detaillierungsgrad. Langfristig
soll sie zur Verbesserung der Vorsorgeprogramme führen: „Die Ergebnisse
zeigen klinischen und gesundheitspolitischen Entscheidungsträgern die
erheblichen finanziellen Folgen von Diabetes-bedingten Komplikationen
auf“, so Prof. Dr. Rolf Holle. „Die Studie kann also die Planungen und
Priorisierung neuer Präventions- und Behandlungsprogramme im Management
von Typ-2-Diabetes unterstützen.“ Künftig wollen Michael Laxy und sein
Team untersuchen, welche ökonomischen Auswirkungen mehrere gleichzeitig
bestehende Erkrankungen haben.

 

Weitere Informationen

Weiterführende Informationen zum Thema Folgeerkrankungen von Diabetes finden Sie beim Diabetesinformationsdienst.

Medizinisch gut versorgt im hohen Alter

Medizinisch gut versorgt im hohen Alter – Akademien fordern evidenzbasierte Therapien für betagte Menschen

Alte
Patienten unterscheiden sich häufig körperlich, geistig und in ihren
Lebensumständen von jüngeren Patienten. Insbesondere leiden sie oftmals
an mehreren Erkrankungen gleichzeitig. Medizinisch versorgt werden sie
jedoch meist mit Medikamenten und Therapien, die bei Patienten mittleren
Alters mit einer einzelnen Erkrankung erprobt sind. Dies führt zu einer
unangemessenen Versorgung, mitunter auch zu einer Gefährdung älterer
Patienten. Darauf weisen die Nationale Akademie der Wissenschaften
Leopoldina, acatech ─ Deutsche Akademie der Technikwissenschaften und
die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften in der heute
veröffentlichten gemeinsamen Stellungnahme „Medizinische Versorgung im
Alter – Welche Evidenz brauchen wir?“ hin. Die Akademien zeigen darin
Wege auf, wie eine bessere medizinische Versorgung alter Patienten
erreicht werden kann.

Sehr
alt zu werden ist in Deutschland keine Ausnahme mehr. Rund viereinhalb
Millionen Menschen in Deutschland sind 80 Jahre alt und älter. Dies ist
auch das Verdienst eines hohen medizinischen Standards. Für die älteste
Gruppen von Patienten fehlt aber belastbares wissenschaftliches Wissen
darüber, wie ältere Menschen mit Mehrfacherkrankungen optimal versorgt
werden können. Therapie und Behandlungsziele müssen zudem Unterschieden
innerhalb der Patientengruppe gerecht werden, die zum Beispiel
kulturell, wirtschaftlich oder biografisch bedingt sein können. Die
Akademien nennen in ihrer Stellungnahme drei Ansatzpunkte, um die
Versorgung zu verbessern: Forschung, Versorgungspraxis sowie Aus- und
Weiterbildung.

(1)Im Bereich Forschung empfehlen die Akademien, auch alte Menschen, die an mehreren
Krankheiten leiden, in Arzneimittelstudien einzubeziehen. Dabei sollten
auch neue Formate wissenschaftlicher Studien genutzt werden. Zum
Beispiel solche, die die Lebensumstände der Patienten einbeziehen, um
die Bedürfnisse älterer Menschen besser abzubilden. Die Behandlungsziele
Älterer sollten gezielt in den Blick genommen werden. So sind Hören,
Sehen und Mobilität als Voraussetzungen für den Erhalt von
Selbstständigkeit und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben oftmals
wichtige Ziele. Die Wechselwirkungen von parallel eingenommenen
Medikamenten sollten intensiver erforscht werden, ebenso wie Wege,
Medikamente wieder abzusetzen. Als weiteres Forschungsthema nennt die
Stellungnahme den Erhalt der Selbständigkeit durch technische
Hilfsmittel, Wohnraumanpassung und Telemedizin. Hier fehlen Studien mit
größeren Fallzahlen und Kontrollgruppen.

(2)Für die Versorgung empfehlen die Akademien unter anderem, Versorgungsmodelle gezielt für
chronisch kranke und mehrfacherkrankte ältere Menschen zu entwickeln.
Zudem wird Verbesserungsbedarf beim Überleitungsmanagement und dem
Informationsfluss, zum Beispiel zwischen Krankenhäusern und
Hausarztpraxen, gesehen. Um Über-, Unter- und Fehlversorgung zu
vermeiden, soll möglichst direkt bei der Aufnahme in ein Krankenhaus
eine Einschätzung der körperlichen, psychischen und sozialen Situation
(geriatrisches Assessment) vorgenommen werden. In Pflegeheimen sollten
Gesundheitsdienstleister und Bewohner sich frühzeitig über
Gesundheitsziele und die Gestaltung des letzten Lebensabschnittes
verständigen. Die Rückkehr in die häusliche Umgebung nach einem
zeitweiligen Heimaufenthalt sollte erleichtert werden und ein wichtiges
Ziel sein.

(3)In der Ausbildung und Weiterbildung befürworten die Akademien verpflichtende geriatrische Grundkenntnisse
in allen medizinischen Fachdisziplinen und Gesundheitsberufen. Um
evidenzbasierte Therapien und Versorgungskonzepte für ältere Patienten
zu entwickeln, sollte zudem die Methodenausbildung verbessert und an der
Weiterentwicklung von Studiendesigns gearbeitet werden. Hier empfehlen
die Akademien als ersten Schritt einen Lehrstuhl einzurichten, der
klinische, biostatistische und geriatrische Expertise miteinander
verbindet.

Medizinische
Versorgung im Alter – Welche Evidenz brauchen wir?, Stellungnahme der
Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina – Nationale Akademie der
Wissenschaften, der acatech – Deutsche Akademie der
Technikwissenschaften und der Union der deutschen Akademien der
Wissenschaften, 84 S., ISBN: 978-3-8047-3427-2