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Elektronischer Turmbau zu Babel?

(Pioneer) – Wenn wir die Gegenwart von allen Geräuschen und Blendeffekten befreien, dann hören und sehen wir klarer. Manchmal bekommen wir die Gegenwart sogar in zwei Worten zu packen, die sich ihrerseits in ein Kürzel pressen und in einer Aktie verdichten lassen.

Diese Aktie ist derzeit Nvidia. Der Chiphersteller steht für das neue Zeitalter der Künstlichen Intelligenz, das in der Geheimsprache von Wirtschaftsführern und Börsianern nur als KI bezeichnet wird.

Das Unternehmen schlägt mit seinen KI-Chips Quartal für Quartal die Erwartungen der Analysten. Die Aktie kletterte bisher auf sagenhafte Höhen. Die Börse bewertet Nvidia inzwischen mit zwei Billionen Dollar. Das entspricht dem Bruttoinlandsprodukt Italiens. Aufklärung tut also not:

Die Firma

Das Tech-Unternehmen Nvidia wurde 1993 von dem taiwanesisch-amerikanischen Elektroingenieur Jensen Huang (61) zusammen mit Chris Malachowsky (64) und Curtis Priem (64) gegründet. Die drei wollten die Rechenleistung von Computern verbessern, besonders bei Videospielen und der Grafikbearbeitung sahen sie großes Wachstumspotenzial. Mit einem Startkapital von 40.000 Dollar wurde Nvidia gegründet.

Heute ist Nvidia Marktführer im Bereich Grafikkarten und Chipsätze und die Börsenbewertung liegt bei gut zwei Billionen Dollar. Hinter Microsoft, Apple und Saudi Aramco steht Nvidia damit auf Platz vier der wertvollsten Unternehmen der Welt. Im Fiskaljahr 2024, das am 31.01.2024 zu Ende ging, erzielte die Firma einen Nettogewinn von 29,7 Milliarden US-Dollar – ein sagenhaftes Plus von 580 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

CEO und Gründer Jensen Huang ist dadurch Milliardär geworden. Er hält rund drei Prozent der Aktien seines Unternehmens, Huangs Vermögen wird von Forbes inzwischen auf über 70 Milliarden Dollar geschätzt.

Der Markt

Ein KI-Modell, auch neuronales Netz genannt, ist im Wesentlichen eine „mathematische Lasagne“, wie Nvidia es nennt, die aus mehreren Schichten linearer Algebra-Gleichungen besteht. Die tausenden winzigen Recheneinheiten einer Grafikkarte arbeiten parallel, um diese „Lasagne“ eines KI-Modells zu zerlegen, sodass eine Künstliche Intelligenz innerhalb weniger Sekunden brauchbare Antworten liefern kann.

Diese Hardware liefert Nvidia mit seinen Chips, die in den Rechenzentren von Kunden wie Meta oder Microsoft verbaut werden. ChatGPT wurde mit Hilfe von tausenden Nvidia-Grafikkarten entwickelt und läuft heute auf Datenzentren, die mit Nvidia-Hardware ausgestattet sind. Im Segment der KI-Chips kommt Nvidia derzeit auf einen Marktanteil von über 90 Prozent.

Nvidias wichtigstes Produkt ist derzeit der Grafikchip H100. Er ist einer der leistungsfähigsten Chips und das derzeit begehrteste elektronische Bauteil der Welt. Das Angebot kann die Nachfrage auf dem Weltmarkt derzeit nicht befriedigen. Das bedeutet: Nvidia besitzt eine Preisfestsetzungsmacht.

Die Hoffnung

Nvidia-CEO Jensen Huang sieht die Menschheit durch KI am Beginn einer neuen Industriellen Revolution. Seine Vision ist der Aufbau einer weltweiten KI-Infrastruktur, um Quantensprünge in der heutigen Rechenleistung zu erzielen.

Die Hoffnung besteht darin, dass Nvidia einen Megatrend der Globalökonomie bedient. Das glaubt auch eine Reihe namhafter Analysten, die trotz der Rally der Nvidia-Aktie (über 1.000 Prozent seit 2020) und einer hohen Bewertung weiterhin zum Kauf der Aktie raten. Das durchschnittliche Kursziel liegt bei 873 US-Dollar (aktueller Kurs 798 US-Dollar).

Der Hype

Die Begründung für weitere Kurssteigerungen fußt in allen Analysen auf dem hohen Umsatzwachstum – und dessen erhoffter Fortsetzung. Laut Vivek Arya von der Bank of America sei die Bewertung darum weiterhin „überzeugend“. KI stecke noch in den Kinderschuhen. Durch die marktbeherrschende Stellung und Partnerschaften (wie beispielsweise mit Dell, SAP und ServiceNow) könnten die Anleger hier noch weitere Allzeithochs erwarten.

Der aktuell größte Optimist der Analystenriege ist Ananda Baruah von Loop Capital. Er erwartet für die Nvidia-Aktie Kurse um 1.200 US-Dollar. Das wäre ein nochmaliges Kursplus von 50 Prozent. Baruah geht davon aus, dass Nvidia weiterhin die Analystenschätzungen Quartal für Quartal schlagen wird.

Denn die Konkurrenz schläft nicht. Advanced Micro Devices (AMD) aus Santa Clara in Kalifornien produziert inzwischen einen leistungsstärkeren KI-Chip – und ist dabei günstiger als Nvidia. AMDs neue, im Dezember gelaunchte KI-Chips MI300X arbeiten nach eigener Aussage 1,6-mal so schnell wie Nvidias Produkte. Der durchschnittliche Verkaufspreis des AMD-Chips liegt zwischen 10.000 und 15.000 US-Dollar, so der Citi-Analyst Christopher Danely. Das ist deutlich günstiger als Nvidia (25.000 bis 40.000 US-Dollar).

Fazit: An der Börse gibt es keine absoluten Wahrheiten, sondern nur Wahrheiten auf Zeit.

 

Armes digitales Deutschland – eine Intervention eines klugen Professors für Mathematik

Prof. Ulrich Trottenberg schrieb an eine NRW-Behörde:

Dass Deutschland digital so weit zurückliegt, ist nicht nur, und auch nicht in erster Linie, ein Netz- und Infrastrukturproblem. Derartige Probleme kann man im Prinzip mit Geld und einer entsprechenden politischen Initiative lösen, zumindest systematisch in Angriff nehmen.

Das digitale Problem liegt tiefer. Es liegt in der digitalen Lethargie und der algorithmischen Hilflosigkeit der deutschen Öffentlichkeit. Alles Digitale ist algorithmisch geprägt und wird durch Algorithmen gesteuert: Rechner, Netze, Datenstrukturen und -flüsse usw. Tatsächlich begleiten Algorithmen unser gesamtes Leben, in geradezu jeder Minute, und prägen immer stärker auch unsere Arbeitswelt. Trotzdem sind Algorithmen in den Köpfen der meisten Menschen, auch vieler Gebildeter und Intellektueller, etwas merkwürdig Fremdes und Abstraktes. Man hört und liest das Wort „Algorithmen“ täglich, aber man weiß nicht, jedenfalls nicht genau, was das ist. Schon das Wort ist unverständlich.

In scheinbar merkwürdigem Gegensatz dazu, de facto aber dazu passend, gelten Algorithmen als bedrohlich, gefährlich, unheilbringend.

Ein aktuelles Beispiel für eine massive Verunsicherung ist die ChatGPT Entwicklung. Die Medien überschlagen sich in Kommentaren, von begeisterter Faszination bis zu rigoroser Ablehnung. Und das alles wird bizarr, wenn den generativen Algorithmen menschliche Eigenschaften zugeordnet werden: Die Chatroboter „denken“, die Maschinen haben eine „Seele“, sie reagieren „sensibel“ und haben „Emotionen“. Perspektivisch werden auf der einen Seite großartige Utopien beschworen und und auf der anderen Seite Dystopien der Bedrohung der Menschheit durch intellektuell überlegene Maschinen.

Kaum jemand bemüht sich, sachlich zu erklären, was da in den Algorithmen abläuft, wie und warum so verblüffende Ergebnisse erzielt werden.

Die digitale Lethargie der deutschen Gesellschaft beruht vor allem auf einer Fehlentwicklung der digitalen Bildung! Insbesondere Algorithmen haben bis heute keine Relevanz als zentrales Bildungsgut.

Solange das so bleibt, nutzt auch die bessere Vernetzung nicht viel. Das mangelnde digitale Verständnis der Öffentlichkeit ist das Problem der deutschen Gesellschaft, jedenfalls nicht nur die mangelhafte Infrastruktur.

Mit den besten Grüßen

Ulrich Trottenberg

Ich reagiere mit dieser Mail auf die Ankündigung der Vorstellung Ihres Buches bei der FES, nicht auf Ihr Buch. Ich habe Ihr Buch noch nicht gelesen, werde das aber sicher tun und bin sehr gespannt.

Vom Taschenrechner zum Chat GPT – Mit einer Antwort von Jean Pütz

Von Professor Dr. Ulrich Trottenberg, Mathematiker und Freund

Ein handelsüblicher Taschenrechner rechnet unvergleichlich viel schneller als jeder Mensch. Mit einem Smartphone – das heute so schnell rechnet wie ein Superrechner vor 30 Jahren – kann man anspruchsvolle mathematische Aufgaben lösen. Und ein Höchstleistungsrechner ist heute in der Lage Billiarden (eine Billiarde = eine 1 mit 15 Nullen!) Rechenoperationen in einer Sekunde durchzuführen und auf diese Weise sehr sinnvolle Rechenergebnisse zu erzielen, zum Beispiel das Wetter der nächsten Tage vorherzusagen. Trotz dieser geradezu unvorstellbaren Rechenleistung und der äußerst nützlichen Ergebnisse kommt niemand auf die Idee, den Rechnern ein „Bewusstsein“ zuzusprechen, dem Taschenrechner nicht, aber auch dem Höchstleistungsrechner nicht. Kaum jemand fühlt sich durch die Rechner bedroht, auch nicht durch die extreme Überlegenheit der Höchstleistungsrechner.

Das ist offenbar anders in dem Moment, wo der Computer nicht „sinnvolle“ Zahlen, sondern „sinnvolle“ Texte produziert. Die durch KI und Algorithmen des Maschinelles Lernens erzeugten Texte des ChatGPT4 Sprachmodells oder anderer generativer Algorithmen führen bei vielen Benutzern zur Überzeugung, dass der Computer mit der GPT-Software den „Sinn“ der erzeugten Texte „versteht“: Das GPT-System gibt in vielen Fällen auf Fragen intelligente, verständnisvolle Antworten, und es kann sich ein anspruchsvoller, überraschend anregender Dialog entwickeln.

Seit Monaten überschlagen sich die Medien in Berichten über die oft fantastischen Ergebnisse, die man mit dem Sprachmodell ChatGPT erzielen kann. Plötzlich kann jeder interessierte Mensch, ohne programmieren zu können oder andere einschlägige Erfahrungen zu haben, mit dieser Software spielen und arbeiten. Es sind insbesondere die Feuilleton-Teile der Medien, auch der großen renommierten Zeitungen und Zeitschriften, die sich des Themas annehmen. Dabei reichen die Reaktionen und Bewertungen von begeisterter Faszination über verstörte Verunsicherung bis zu massiver Ablehnung.

In Überschriften solcher Artikel ist  von der „Seele der Maschinen“, vom „Maschinengott“ und vom drohenden „Untergang der Menschheit“ die Rede, renommierte Experten und Wissenschaftsjournalisten sprechen den Systemen ein „Bewusstsein“ zu und reden von „denkenden“ Maschinen.  In solchen Formulierungen wird deutlich, wie intensiv die Erschütterung durch die generativen Algorithmen erlebt wird. Aus mathematischer Sicht fällt dagegen auf, dass die heute eingesetzten generativen Algorithmen und die zugehörigen Modelle mathematisch vergleichsweise simpel sind, jedenfalls bei weitem simpler als die meisten Algorithmen, die täglich für die Simulation und Optimierung  natürlicher und technischer Vorgänge verwendet werden. Der Unterschied zu den Algorithmen des Taschenrechners ist, dass ChatGPT mit Hunderten Milliarden Daten und Parametern arbeitet, wo eine Obstkasse im Supermarkt mit einem lernenden Algorithmus vielleicht 100 Daten und Parameter einsetzt, um selbstständig  z.B. Birnen und Bananen zu unterscheiden: Die „Intelligenz“ des Algorithmus, der Kern der zugrundeliegenden mathematischen Methodik, ist bei ChatGPT und bei der KI-basierten Obstkasse im wesentlichen die gleiche, nur die Daten- und Parameter-Quantitäten unterscheiden sich um viele Größenordnungen.

Die Aufregung  um ChatGPT ist verständlich, wenn man sich vor Augen hält, dass generative Algorithmen zu fragwürdigen, unsinnigen, gefährlichen und schädlichen Resultaten führen können. Die Ergebnisse hängen wesentlich vom Input (vom „prompt“)  ab, also von der Formulierung der Aufgabenstellung, und natürlich von den Daten und Texten, auf die das System – aufgrund des vorgegebenen Inputs – zurückgreift. ChatGPT kann den Nutzer durchaus in die Irre führen und gezielt missbraucht werden, z. B. durch vollkommene Sinnestäuschung, durch manipulierte und konstruierte, von der Realität ununterscheidbare Bilder und Filme. Was ein Plagiat und was ein Original ist, können wir ohne Kennzeichnung nicht mehr unterscheiden. Und die Kennzeichnung kann natürlich auch manipuliert werden. Wer ist der Autor eines Textes, wenn jeder uninspirierte, schwer verständliche Text durch eine generativ-algorithmische Überarbeitung in ein literarisches Kunstwerk verwandelt werden kann? Wie verändern diese KI-Entwicklungen die Arbeitswelt? An welchen Stellen nehmen KI-basierte Systeme den Menschen (gezielt oder unbemerkt) Entscheidungen ab, die den Menschen vorbehalten bleiben  müssen oder sollten?
Dieser kritisch-pessimistischen Bewertung lernender Algorithmen stehen auf der anderen Seite die ungeheuren Erfolge der KI gegenüber, die in einem kurzen Artikel nicht annähernd angemessen gewürdigt werden können. Wir erwähnen im medizinisch-pharmazeutischen Sektor nur die lebensrettende Früherkennung von Krebs, die individualisierte Medizin, die Optimierung der Entwicklung von neuen Arzneien usw. Bei diesen Chancen und den angedeuteten Risiken erkennen wir wieder die Wertfreiheit der Mathematik, sie ist die Grundlage für die größten Errungenschaften und kann für  inhumane und zerstörerische Zwecke missbraucht werden. Dass die Weiterentwicklung der KI-Systeme sorgfältig beobachtet, kontrolliert und verantwortungsvoll gesteuert werden sollte, und dass in vielen Anwendungsbereichen auch gesetzliche Regulierungen nötig sind, darüber muss  unbedingt (möglichst international und systemübergreifend) ein Konsens hergestellt werden.
Klug genutzt, können die heutigen und die weiter entwickelten Systeme zu großartigen Erleichterungen für die Menschheit führen. Sie sind dabei, die Welt fundamental zu verändern.

 

Lieber Ulrich,

großes Kompliment für diesen Artikel. Ich hoffe, dass Dir bei der Formulierung Chat GPT nicht geholfen hat.

Das ist die große Gefahr, die Du ja auch angesprochen hast: Wo bleibt das Original – wo bleibt die Bearbeitung. Insofern bin ich als Laien-Philosoph sehr skeptisch, ob diese Möglichkeiten nicht die Skepsis vieler Menschen gegenüber der Technologie und den Menschen, die damit umgehen könnten, weiter verstärkt. Das Prinzip der mangelnden Glaubwürdigkeit könnte die Konsens in unserer Gesellschaft aushebeln. Auch dieses Gefühl der Bürger lässt sich populistisch missbrauchen. Die Wissenschaft und Technologie verliert so wie so in der Schwarmintelligenz immer mehr Realitätsbezug. Gestern habe ich in der ARD den Presseclub verfolgt. Da sprach auch ein Journalist das mangelnde, vernunftbetonte Verständnis der Bürger an. Er nannte sie sogar ‚Idioten‘, bezog das aber auf den griechischen Ursprung des Wortes, es wird dort nämlich übersetzt mit ‚eigentümlichen Menschen‘. Ich würde heute sagen, das Eigentümliche hat sich ausgebreitet und mündet in der fehlenden Bereitschaft Wissen zu erwerben und der immer stärker werdenden Bereitschaft, dem Wunschdenken der Politiker eher zu glauben als der Wissenschaft, die korrumpiert wird durch Subventionen für alles und nichts. Es wird nicht mehr lange dauern, dann wird die Politik von Verschwörungsmythen und Emotionen gesteuert.

Hinzu kommt, dass immer weniger Menschen die Fortschritte der Technologie verstehen und gleichzeitig nur noch wenige Spezialisten den Durchblick haben.

Nicht umsonst versuche ich ja, den willigen Bürger mit meinen Kommentaren zum Thema ‚Der Vernunft eine Chance‘ bei Facebook zu erreichen. Immerhin folgen mir 95.000 Abonnenten und beteiligen sich mit mindestens 100 schriftlichen Kommentaren zum Thema – bis hin zu 970 bei meiner Intervention zum Verbot des Verbrennungsmotors. Leider ist das kein Sempel, welches auf die Allgemeinheit schließen lässt, denn das sind nur die wenigen, die gelegentlich noch ihr eigenes Gehirn einschalten. Quo vadis Deutschland? Demokratie nur auf Gefühlen auszubauen geht schief und die Wissenschaft wird nur noch als notwendiges Übel angesehen und verliert ihre Glaubwürdigkeit.

Danke für Dein Engagement – wir sind alle stolz auf Dich.

Dein Jean

Angst vor massivem Stellenabbau: Nach Verbrenner-Aus herrscht bei Bosch-Mitarbeitern „Alarmstufe Rot“

(Focus) – Der Betriebsrat von Bosch und die IG Metall reagieren auf das von der EU beschlossene Verbrenner-Aus ab 2035 und kündigen eine Betriebsversammlung an zehn Standorten in Deutschland an. Es herrsche Angst vor einem massiven Stellenabbau, teilte der Bamberger Betriebsratsvorsitzende Mario Gutmann gegenüber dem „ Bayerischen Rundfunk “ mit.

„Alarmstufe Rot“ für 900.000 Beschäftigte in Deutschland

Auch die mögliche Verlagerung der Produktionsstätten ins Ausland bereite vielen Mitarbeitern Sorge. Als Grund nennt Gutmann, dass hierzulande Teile für Verbrennermotoren gefertigt werden, die spätestens nach dem EU-Verbot ab 2035 unbrauchbar seien.

An der Betriebsversammlung werden auch das Bamberger Werk mit seinen knapp 6300 Mitarbeitern sowie der Standort in Nürnberg teilnehmen. Zwei Drittel der rund 6300 Beschäftigten in Bamberg konzentrieren sich derzeit allein auf die Fertigung von Teilen für Verbrennermotoren.

Martin Feder von der IG Metall spricht von „Alarmstufe Rot“ und warnt: „Die Zukunft der industriellen Fertigung ist in Gefahr.“ Das sei nicht nur bei Bosch zu spüren, sondern gelte für viele Unternehmen. 900.000 Beschäftigte sind aktuell in Deutschland „direkt und indirekt“ an der Verbrennermotoren-Produktion beteiligt.

„Die Politik verschläft gerade den Innovationsschub“

Feder nennt das Vorgehen des Autoherstellers Ford als warnendes Beispiel. In Köln und Aachen sollen knapp 2300 Arbeitsplätze abgebaut werden. Währenddessen baut Ford jedoch bereits an einer neuen Fabrik in den USA, die mehrere Milliarden Dollar kosten soll. Dort will Ford bald Batterien für E-Autos fertigen.

Durch Subventionen und Steuererleichterungen seien die USA und China besonders starke Produktionsförderer im eigenen Land. Der Bamberger Betriebsratschef Gutmann spricht über die daraus resultierende Deindustrialisierung in Deutschland und meint: „Die Politik verschläft gerade den Innovationsschub in die Zukunft.“

Bosch: „Wir sehen auch die Politik in der Verantwortung“

Die Robert Bosch GmbH ließ auf Anfrage des „BR“ mitteilen: „Grundsätzlich gehen wir dahin, wo unsere Kunden sind, und folgen damit unserem ‚Local for local‘-Prinzip. Das heißt, wir fertigen vornehmlich in der Region für die Region.“ Martin Schultz, kaufmännischer Bosch-Werkleiter in Bamberg, appelliert derweil an die Unterstützung aus der Politik: „Wir sehen allerdings auch die Politik in der Mitverantwortung, bei ihren Entscheidungen zur Zukunft der Mobilität die Ausgewogenheit zwischen ökologischen, ökonomischen und sozialen Fragen im Auge zu behalten.“

Nach den bisherigen Plänen sollen ab 2035 in der EU keine neuen Pkw mit Verbrenner mehr zugelassen werden. Die EU-Länder hatten sich bereits im Oktober auf einen Kompromiss verständigt. Zuletzt hatte das EU-Parlament die neuen CO2-Vorgaben gebilligt, wonach in der EU ab dem Jahr 2035 nur noch Neuwagen verkauft werden dürfen, die im Betrieb keine Treibhausgase ausstoßen. Die EU-Staaten müssen noch zustimmen. Die Vereinbarung soll 2026 erneut überprüft werden können.

WPK hat einen Unterstützungsfonds eingerichtet. Folgende Empfänger haben sich qualifiziert

(wpk) – Die ersten acht Projekte, die vom WPK-Innovationsfonds gefördert werden, stehen fest. Die unabhängige Jury hat am 1. September in Köln die Projekte mit dem höchsten Innovationsgrad ausgewählt.

Der WPK-Innovationfonds unterstützt Pionier:innen, die im Wissenschafts- und Datenjournalismus neue Wege beschreiten wollen. Martin Schneider, Vorsitzender der Wissenschaftspressekonferenz (WPK): „Wir freuen uns sehr über das hohe Interesse am Innovationsfonds: Mit 32 Bewerbungen in der ersten Ausschreibung hatten wir nicht gerechnet. Es war ein intensiver Entscheidungsprozess der Jury – und sie hat Projekte mit einer bemerkenswerten thematischen Bandbreite ausgesucht.“

Das Themenspektrum reicht von polyperspektivischen Reportagen für Audio & Smart Speaker über interaktive Live-Faktenchecks auf Twitch, einem Navigator für Medizin-Podcasts und einem neuen Klima-Themenservice für Redaktionen bis hin zur Idee, mit einem Greenwashing-Filter nachhaltige Konsumentscheidungen zu ermöglichen.

Dazu gesellen sich neue datenjournalistische Projekte, die den Impact von Satellitendaten und großen Datenbanken der Wissenschaft im Journalismus erhöhen wollen. Ein weiteres Projekt will die Berichterstattung über Wissenschaft in Regionalzeitungen mit einem neuen Tool zur Qualitätssicherung stärken.

Für diese Projekte hat die Jury insgesamt 320.000 Euro bewilligt; hinzu kommen Mittel für Beratungsleistungen, die die Bewerber:innen zusätzlich beantragen konnten. Die Teams und ihre Projekte im Einzelnen:

Förderlinie A (bis zu 10.000 Euro):

− Felix Pohl & Sarah Glatzel wollen mit „Fakt-O-Meter“ ein Format für Live-Faktenchecks auf der Plattform Twitch TV entwickeln.

− Leonie Sontheimer & Katharina Mau wollen mit dem „Newsletter Klimajournalismus“ einen neuen Themenservice für Redaktionen aufbauen.

− Das Team um Lukas Kohlenbach will mit „Medify“ einen Navigator für medizinische Podcasts und Audioinhalte erstellen.

 

Förderlinie B (bis zu 75.000 Euro):

− Der „Public Issues Data Guide“ vom Science Media Center stellt Redaktionen eine kuratierte Sammlung von Datensätzen zu gesellschaftlich relevanten Themen zur Verfügung.

− Mit „Katzen gegen Vögel“ entwickeln die RiffReporter die erste poly-perspektivische Wissenschaftsreportage für Audio & Smart Speaker, in der die Leser:innnen verschiedene Perspektiven einnehmen können.

− Marcus Pfeil & Michael Anthony wollen mit „Vertical52“ eine Plattform zur Suche und Visualisierung von Radar- und Satellitendaten aufbauen.

− Das Team von Flip will mit einem „Greenwashing-Filter“, der journalistische Recherche mit wissenschaftlichen Erkenntnissen verbindet, Verbraucher:innen nachhaltige Entscheidungen ermöglichen.

− TU Dortmund, Fraunhofer-IAIS, Medienhaus Lensing und Nürnberger Zeitung wollen im Projekt „Medien-Doktor Assistance“ die Wissenschaftsberichterstattung in Regionalzeitungen mit einem neuen Tool zur Qualitätssicherung stärken.

Ermöglicht wird die Förderung durch die sechs Stiftungen, die den Innovationsfonds tragen: die Joachim Herz Stiftung, die VolkswagenStiftung, der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, die Schöpflin Stiftung, die Rudolf Augstein Stiftung und die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius.

Aufgrund der Vielzahl der Bewerbungen hat die Joachim Herz Stiftung zusätzlich 100.000 Euro bereitgestellt. „Guter Wissenschaftsjournalismus ist wesentlich, um komplexe Sachverhalte aus Wissenschaft und Forschung zu verstehen und sich eine eigene, auch kritische Meinung bilden zu können. Die klassischen Verlagshäuser haben ihre Wissenschaftsressorts allerdings massiv verkleinert – dabei brauchen wir dringend innovative neue Formate. Deswegen haben wir uns entschieden, unsere Fördersumme für den Fonds in diesem Jahr noch einmal aufzustocken, um mehr von den guten Projektvorschlägen zu ermöglichen“, so Dr. Nina Lemmens, Programmvorständin der Joachim Herz Stiftung.

Ausdrücklich danken die WPK und die Stiftungen den Juror:innnen Mustafa Benali (Quarks Digital/WDR), Georg Dahm (Fail Better Media), Christina Elmer (Professorin für Digital- & Datenjournalismus/TU Dortmund), Peter-Matthias Gaede (Freier Autor/ehem. Chefredakteur GEO), Henriette Löwisch (Leiterin Deutsche Journalistenschule), Maren Urner (Professorin für Medienpsychologie/Perspective Daily) und Steffen Walz (Explorer & Professor of Design Innovation) für ihr Engagement und die intensive Begutachtung und Diskussion sämtlicher Bewerbungen.

Die nächste Ausschreibung startet am 30. Oktober 2022 und läuft bis zum 13. Januar 2023.

Ausführliche Infos zu den acht ausgewählten Projekten und zur nächsten Ausschreibung finden Interessierte auf der Webseite des WPK-Innovationsfonds: https://innovationsfonds.wpk.org/.

Hintergrund:

Die Wissenschaftspressekonferenz (WPK), Deutschlands Verband der Wissenschafts[1]journalist:innen, hat im Mai 2022 den WPK-Innovationsfonds Wissenschaftsjournalismus gestartet (https://innovationsfonds.wpk.org/). Der Fonds unterstützt Pionier:innen, die im Wissenschafts- und Datenjournalismus neue Wege beschreiten wollen, finanziell und beratend. Mit der Förderung durch sechs angesehene Stiftungen können jährlich 300.000 Euro an Antragstellende vergeben werden. Die erste Ausschreibungsfrist endete am 15. Juli 2022.

Der Fonds ist eine Initiative der WPK, der Joachim Herz Stiftung, der VolkswagenStiftung, des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft, der Schöpflin Stiftung, der Rudolf Augstein Stiftung und der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius. Die Joachim Herz Stiftung finanziert zudem die Fonds-Geschäftsstelle in den Räumen der WPK in Köln.

Die zwei unterschiedlichen Förderlinien A und B unterstützen die Entwicklung kleinerer Ideen ebenso wie die Umsetzung größerer Vorhaben. In der Förderlinie A kann man bis zu 10.000 Euro, in der Förderlinie B bis zu 75.000 Euro beantragen. Für die Beratung durch ein externes Netzwerk an Fachleuten in steuerrechtlichen, technischen oder juristischen Fragen können in beiden Förderlinien zusätzlich 10 Prozent der beantragten Summe bewilligt werden.

Eine unabhängige, siebenköpfige Jury begutachtet die Anträge. Der Innovationsfonds hat eine Laufzeit von drei Jahren und wird jährlich zwei Mal ausgeschrieben. Die Arbeit des Fonds wird zudem mit einer transformativen Forschung durch die Bauhaus-Universität Weimar umfassend begleitet. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert dieses Forschungsprojekt.

Datensicherheit: Mehr Privatsphäre auf dem Smartphone

(KIT) – Privatsphäre auf dem Smartphone ist möglich – das beweisen die „Privacy Friendly Apps“ für Android: Die Forschungsgruppe SECUSO am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat gemeinsam mit Studierenden mehr als 30 verschiedene Apps für Android entwickelt, die nur die für die Funktionalität erforderlichen Berechtigungen anfordern und keine Tracking-Mechanismen enthalten. Für diese „Privacy Friendly Apps“ hat SECUSO nun den 2022 erstmals verliehenen „Digital Autonomy Award“ vom Kompetenzzentrum Digital Autonomy Hub erhalten, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird.

Wir alle füttern unsere Smartphones täglich mit vielen Daten: Wir führen Gespräche in Wort, Text und Bild, speichern Notizen, Fotos und Videos, planen Termine und verwalten Kontakte. Der Zugriff auf diese teilweise sensiblen Daten ist über sogenannte Berechtigungen geregelt. Beispielsweise benötigt jede App, die auf die Kamera zugreift, die entsprechende Berechtigung. Viele Apps verlangen jedoch bereits bei der Installation oder in anderen Kontexten Berechtigungen, die ihnen den Zugriff auf private Smartphone-Daten ermöglichen, obwohl dies für die Funktionalität der Apps nicht erforderlich ist. So gibt es Wetter-Apps oder QR-Code-Scanner, die Zugriff auf das Adressbuch oder auf private Fotos fordern. Zudem enthalten viele Apps sogenannte Tracker, die laufend Daten erfassen, das Verhalten der Nutzerinnen und Nutzer analysieren und Profile von Personen anlegen, ohne dass diese es mitbekommen. Die gesammelten Daten lassen sich für gezielte Werbung nutzen, können aber auch von Hackerinnen und Hackern gestohlen werden.

Studierende sind maßgeblich an der Entwicklung der Apps beteiligt

Mehr Privatsphäre ermöglichen die von der Forschungsgruppe SECUSO (Security – Usability – Society) des KIT entwickelten „Privacy Friendly Apps“, kurz PFAs. Die Forschungsgruppe unter Leitung von Professorin Melanie Volkamer gehört zum Institut für Angewandte Informatik und Formale Beschreibungsverfahren des KIT. An der Entwicklung der für Android-Smartphones geeigneten PFAs waren und sind Studierende maßgeblich beteiligt „Dies ermöglicht den Studierenden im Rahmen von Programmierpraktika oder Abschlussarbeiten einen guten Einstieg in die Security- und Privacy- Aspekte bei der Android-App-Entwicklung“, sagt Volkamer. „Eine Herausforderung liegt darin, die Entwicklung der Apps mit der universitären Lehre zu verbinden. Auch Studierende ohne einschlägige Vorerfahrung sollen sich daran beteiligen können.“

Die PFAs zeichnen sich dadurch aus, dass sie nur die für ihre Funktionalität erforderlichen Berechtigungen anfordern, keine Tracking-Mechanismen enthalten und damit keine Nutzungsdaten sammeln. „Die erhobenen Daten werden lediglich lokal auf dem Smartphone gespeichert“, erklärt Christopher Beckmann, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Forschungsgruppe SECUSO und verantwortlich für das Privacy Friendly Apps Lab. „Nur dann werden klar definierte Daten an Drittanbieter übertragen, wenn dies für die Funktionalität unbedingt erforderlich ist.“ Der Quellcode jeder PFA ist auf der Plattform GitHub öffentlich einsehbar.

Apps reichen vom Schrittzähler bis zum Passwortgenerator

Derzeit gibt es mehr als 30 PFAs in den Bereichen Tools, Fitness und Gesundheit, Spiele sowie Sicherheit, unter anderem mit Taschenlampe und To-do-Liste, Schrittzähler und Aktivpause, Sudoku und Kopfrechentrainer, Passwortgenerator und WiFi-Manager. Für die „Privacy Friendly Apps“ erhält SECUSO den 2022 erstmals verliehenen „Digital Autonomy Award“. Die Auszeichnung vergibt das Kompetenzzentrum Digital Autonomy Hub – Technik souverän nutzen, das ein interdisziplinäres Netzwerk von 43 Instituten und Organisationen koordiniert, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Forschungsprogramm „Miteinander durch Innovation“ gefördert und von der Gesellschaft für Informatik e.V. und AlgorithmWatch umgesetzt wird.

 

 

EU-Kommission will ihr eigenes Internet aus dem Weltall aufbauen

(FAZ) – Als nach der Flutkatastrophe im Ahrtal im Juli vielerorts die Internetverbindungen ausfielen, war Elon Musk zur Stelle. In wenigen Tagen baute sein Unternehmen Starlink drei Dutzend Stationen auf, mit denen sich die Menschen per Satellit mit dem Internet verbinden konnten. Für Musk war das die perfekte Werbung. 20 bis 30 Milliarden Dollar will er in sein satellitenbasiertes Internet stecken.

Ein Netz von bis zu 50.000 Satelliten könnte irgendwann das Internet bis in die entlegensten Winkel der Welt bringen. Schon jetzt kreisen 2000 Starlink-Satelliten im erdnahen Orbit. Auch Jeff Bezos’ Amazon investiert Milliarden in das Konkurrenzprojekt „Kuiper“. Russland und China haben eigene Projekte für Breitband aus dem All angekündigt.

6 Milliarden Euro

Da darf die Europäische Union auf keinen Fall zurückstehen. Davon ist zumindest die EU-Kommission und allen voran der französische Binnenmarktkommissar Thierry Breton überzeugt. Knapp 6 Milliarden Euro, davon 2,4 Milliarden aus dem EU-Budget, will die Kommission in den Aufbau eines eigenen satellitenbasierten Internets investieren. Damit will sie den „weißen Flecken“, die es bei der auch für den Mittelstand wichtigen Internetversorgung selbst in reichen EU-Staaten wie Deutschland auf dem Land noch gibt, ein Ende bereiten.

Das ist aber nicht alles. „Wir wollen ein Back-up für unsere Infrastruktur schaffen und unsere Unabhängigkeit von Dritten und die Cyber-Sicherheit steigern“, sagt Breton. Die eigene Satelliteninfrastruktur soll die sichere Kommunikation etwa durch Quantenverschlüsselung ermöglichen und damit auch für Regierungen und das Militär zusätzlichen Nutzen bringen.

Außerdem ist die „Initiative für sicheres Internet“ genau wie das eben erst vorgelegte „Chip-Gesetz“ Industriepolitik. „Als paneuropäisches Projekt wird sie unseren vielen Start-ups und Europa als Ganzem ermöglichen, an der Spitze der technologischen Innovation zu stehen“, sagt Breton. Die EU soll nicht wieder von Amerikanern und Chinesen abgehängt werden. All das ist eng mit der französischen Regierung abgestimmt.

Die nutzt die EU-Ratspräsidentschaft, die sie seit Januar wieder für ein halbes Jahr innehat, traditionell dafür, für eine stärkere EU-Weltraumpolitik zu werben. An diesem Mittwoch hat sie zum Weltraumgipfel nach Toulouse geladen. Dabei geht es auch um die Interessen der französischen Weltraumindustrie. So warnt die Europaabgeordnete Angelika Niebler (CSU) be­reits: „Von dem Projekt darf nicht nur die französische Großindustrie profitieren, sondern auch kleine und mittlere Unternehmen und Start-ups.“

Um auf die 6 Milliarden Euro zu kommen, soll das Geld aus dem EU-Budget durch Mittel der Mitgliedstaaten und privates Geld aufgestockt werden. Wie viele Satelliten die EU am Ende in den Orbit schießen will, ist noch unklar. Anders als die amerikanischen Projekte will die Kommission aber auch nur Europa abdecken. Weil das auf denselben Längengraden liegende Afrika so gleich weitgehend problemlos mitversorgt werden kann, verkauft die Kommission es zugleich als Teil ihrer globalen Infrastrukturpolitik. Vor allem soll es schnell gehen. Die Kommission will schon im kommenden Jahr mit dem „Ausrollen“ des Projekts beginnen. Die ersten Angebote und Tests der Quantenverschlüsselung im Orbit sollen 2025 starten. 2028 dann soll die europäische Antwort auf das satellitenbasierte Internet aus den Vereinigten Staaten und China stehen.

Das ist ehrgeizig. Das gesteht die Kommission durchaus zu. Ehrgeizig sei milde ausgedrückt, heißt es in der Branche. Auch der kommerzielle Nutzen sei fragwürdig. Das Projekt klinge nach dem verzweifelten Versuch, überall dabei sein zu wollen. „Wir laufen Gefahr, viel dummes Geld auszugeben, nur um unser Ego zu befriedigen“, sagt Sven Sünberg, der mit der Media Broad­cast Satellite GmbH die für das satellitenbasierte Internet nötigen Bodenstationen betreibt. Zumal das Geld nur einmal ausgegeben werden könne und anderswo fehle. „Überhaupt ist europäische Industrie viel besser als viele denken.“

Das britische Projekt Oneweb, an dem der französische Konzern Eutelsat beteiligt ist, etwa hat erst vor wenigen Tagen 34 Satelliten ins All geschickt, die für das satellitenbasierte Internet genutzt werden sollen. Insgesamt sind es damit schon mehr als 400. Auch bei den Vorprodukten gehören die Europäer zu den Vorreitern. So spielen zwei deutsche Unternehmen, Tesat und Mynaric, eine Schlüsselrolle bei der zukunftsträchtigen Übertragung riesiger Datenmengen zwischen Satelliten per Laserstrahl.

Gut findet die Initiative Daniel Voelsen von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Die globale Infrastruktur des Internets erfahre durch die satellitenbasierten Lösungen eine massiven Wandel und stoße in ganz neue Dimensionen vor. „Wenn die EU sich da nicht engagiert, droht sie ein weiteres Mal in die Abhängigkeit von den USA und China zu rutschen“, warnt er – ganz im Sinne Bretons.

Es drohe eine weitere Konzentration wirtschaftlicher Macht und damit ein bisher unbekanntes Maß poli­tischer Kontrolle über die globalen Kommunikationsnetze. Eine Satellitenkonstellation unter Kontrolle der EU könne dem entgegenwirken und zudem einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit der Regierungskommunikation leisten. Wie beim Satellitenprogramm Galileo gehe es auch darum, Expertise in Europa und damit die politische Handlungsfähigkeit zu erhalten. Im Übrigen profitierten auch US-Unternehmen von Staatshilfen. Starlink etwa werde aus dem Geld, das Musk für Space-X erhalte, unterstützt.

Europa im digitalen Abstieg

Den folgenden Beitrag möchte ich Ihnen nicht vorenthalten, weil er leider den Nagel auf den Kopf trifft. Vor 1956 bis 1959 habe ich an der staatlichen Kölner Nicolaus-August-Otto-Ingenieurschule mein Ingenieur-Diplom als Nachrichtentechniker erworben. Seit 63 Jahren beobachte ich mit zunehmendem Entsetzen die deutsche Kommunikationspolitik, die mittlerweile die gesamte IT- und Übertragungstechnik beinhaltet. Der vorliegende Kommentar kommt von der Deutschen Telekom. Vielleicht erinnern sich nur noch wenige daran, dass die gesamte Nachrichten-Technik in der ehemaligen ‚Post‘ beheimatet wer. In den 60er/70er Jahren geriet dieses Gebilde ins Wanken, mein persönlicher Eindruck war, dass das viel mit Korruption zu tun hatte. Von Anfang an beherrschte Siemens als Monopolist die deutsche Kommunikations-Technik. Ich habe noch Telefon-Netze berechnen müssen, deren wichtigster Bestandteil zunächst der Heb-Dreh-Wähler war, aber dann entwickelte Siemens den Dreh-Wähler , der nicht mehr die Verbindungen rauf und runter vermittelte, sondern bereits digital gesteuert in einer Ebene, und zwar 100Positionen. Dann kam die Halbleiter-Technik, doch zu aller letzt entschied sich die Post, diese Funktionen auf Basis von Mikroprozessoren zu erfüllen.

In den USA wurde gezeigt, dass das auch ganz anders geht. Aber Siemens bestimmte in Deutschland die Richtung. Durch die EU wurde eine notwendige Öffnung über Deutschland hinaus initiiert. Die Post geriet immer mehr ins Hintertreffen. Nichtsdestotrotz setzte man immer noch auf armdicke Kabel mit hunderten von dünnen Kupferleitungen, obwohl es schon wesentlich zukunftsträchtigere Methoden gab, z. B. das sogenannte Koaxial-Kabel, welches besonders von dem Bundespostminister Christian Schwarz-Schilling eingeführt wurde, das erst sein Lieblingskind, das sogenannte Kabelfernsehen, vorantrieb. Öfters habe ich mit ihm diskutiert, denn ich war zu dieser Zeit der 1. Vorsitzende der Vereinigung der Deutschen Wissenschaftsjournalisten, der Wissenschaftspressekonferenz WPK.org. Damals zeichnete sich schon ab, dass Glasfaserkabel wesentlich effektiver große Datenmengen, die z. B. durch Übertragung von Fernsehen, übertragen konnten. Ich warf ihm vor, aus Deutschland aus durchsichtigen Gründen ein Kupferbergwerk zu machen, denn er hatte einen bestimmten Grund: Seine Familie besaß eine große Bleibatterie-Fabrik mit Namen Sonnenschein. Diese mittelgroßen Blei-Akkus wurden beim Einsatz der Koaxial-Kabel alle fünf bis zehn Kilometer benutzt, um die notwendigen Verstärker zur Verfügung zu stellen. Bei Glasfaser war das nicht nötig. Schon damals hätte man das, was heute mit großem Investitions-Aufwand nachgeholt wird, preisgünstig haben können.

Aber dann kam noch ein großer Sündenfall: Als die Frequenzen für die drahtlose Kommunikation der Zukunft, also für unsere Handys, verteilt werden sollten, hat der Finanzminister zugeschlagen. Mittlerweile war die Post aufgeteilt in Brief- und Paket-Post und in die Telekom. Letztere war für die Versteigerung dieser Frequenzen verantwortlich, nachdem sie sich als Aktiengesellschaft privatisiert wurde. Derjenige, der allerdings diese Volksaktien erwarb, hatte auf lange Sicht mit Zitronen gehandelt. Ein Boss mit Namen Sommer musste mit ansehen, dass der Kurswert innerhalb kürzester Zeit von über 100 Euro pro Aktie auf unter 10  Euro abstürzte. Der Deutsche Staat hat zwar mit diesen Versteigerungen Milliarden Euro eingenommen. Auch dies war eine Milchmädchen-Rechnung, denn dieses Geld fehlte beim Aufbau effizienter Netze. Irgendwie mussten sich die Firmen, die die Rechte erworben hatten, das Geld von ihren Kunden, also uns Bürgern, wieder zurück holen.

Auch heute noch ist Deutschland – obwohl markwirtschaftlich aufgeteilt – am teuersten in ganz Europa, was die Kosten für drahtlose Breitband-Kommunikation anbelangt, also wenn wir per Handy, Tablet oder gar Fernsehen Programme empfangen wollen.

Der Fehler wurde wieder gemacht, als jetzt das sogenannte 5G-Netz in Betrieb ging. Dieses benötigt viel mehr Minisender und trotz aller Auflagen und Bekundungen steht Deutschland in Europa ganz hinten an. Vielleicht ist das mit einer der Gründe dafür, dass Deutschland zum Entwicklungsland der Digitalisierung mutierte.

Nur ein persönliches Beispiel: Mein Sohn, der Professor in Frankreich ist, hat für mich ein Smartphone gekauft, mit allem Drum und dran, also auch mit 5G. Der monatliche Betrag dafür liegt weit unter den deutschen Preisen. Trotzdem, während ich in Deutschland einen Vertrag habe, die mir monatlich 5 Gigabit Datenvolume gibt, zahle ich in Frankreich 60 Gigabit. Also leiste ich mir den Luxus, mit dem französischen in ganz Europa ohne Grenzen kostenlos zu telefonieren und meine Daten abzurufen und überall einen Hotspot mit dem Handy einzurichten. Das Datenvolumen reicht dafür bei weitem aus. Der große Vorteil, das Smartphone sucht sich stets den Provider, der das stärkste Signal liefert, überall in Europa.

Ich wollte nur einige Aspekte darstellen, warum Deutschland so schlecht im Verhältnis zu allen anderen Ländern im Nachteil liegt, und dass diese Kleinstaaterei auch Europa insgesamt in der Entwicklung beeinflusst.

Lesen Sie dazu den sehr interessanten Auszug aus ‚Morning Briefing‘ von Gabor Steingart

(Morning Briefing) – Erfolgreiche Wirtschaftsführer liefern nicht nur gute Ergebnisse für ihre Aktionäre, sondern besitzen immer auch einen Röntgenblick – mit dem sie die Welt der Politik durchdringen. Sie beherrschen das, was Max Weber „die geschulte Rücksichtslosigkeit des Blickes in die Realitäten des Lebens“ nannte.

Wenn Telekom-Chef Tim Höttges mit eben jener geschulten Rücksichtslosigkeit auf die europäischen Realitäten schaut, dann erkennt er einen Kontinent im Abstieg – allen Deklarationen der Politiker zum Trotz.

Der heute 59-Jährige, der im Alter von 37 Jahren zur Telekom stieß, kennt die Versprechungen vom vereinten Europa, von der Schicksalsgemeinschaft, der Werteunion, dem Binnenmarkt. Und er kommt zu der kühlen Erkenntnis, dass nichts davon auf ihn und die Telekommunikationsindustrie zutrifft.

Das Europa, in dem er und seine Firma navigieren, ist regulatorisch zerklüftet und zuweilen regelrecht zerfressen vom Egoismus der Nationalstaaten. Die Politiker sagen „wir“ und meinen sich. Sonntags fordern sie die beschleunigte Digitalisierung, um sie montags bis freitags zu blockieren. Das Ergebnis ist eine Situation, bei der ausgerechnet Europas Schlüsselindustrie weiter zurückfällt:

  • 5G bedeutet die schnellste mobile Datenübertragung, die es derzeit gibt. Aber nur für 62 Prozent der europäischen Bevölkerung steht dieser Standard wenigstens theoretisch zur Verfügung. In den USA sind es rund 93 Prozent und in Südkorea 94 Prozent. Das bedeutet: Die Digitalisierung – mit allen davon abhängigen Geschäftsmodellen – verläuft bei uns im Schneckentempo. Europa bildet weltweit das Schlusslicht.
  • Die Gesamtheit der europäischen Telekommunikationsfirmen investierte 2018 rund 55 Prozent ihrer Vorsteuer-Gewinne – und bringt es dennoch nur auf eine pro-Kopf-Investition der europäischen Bevölkerung von 95 Euro. Die amerikanischen Telekommunikationsunternehmen investieren keine 40 Prozent ihrer Gewinne und schaffen damit eine pro-Kopf-Investition von über 210 Euro. Das heißt: Europas Firmen gehen in die Vollen und fallen trotzdem weiter zurück.
  • Weil die europäischen Staaten ihre Telefonfirmen als nationale Heiligtümer betrachten, herrscht in Europa auch im Zeitalter der digitalen Vernetzung und Globalisierung die Kleinstaaterei. 447 Millionen Einwohner werden von mehr als 100 Mobilfunkbetreibern bedient. In Amerika werden gut 330 Millionen Einwohner von drei nationalen Mobilfunkbetreibern versorgt. Das bedeutet, dass in Europa das Geld der Telefonkunden für kostspielige Konzernzentralen und bürokratische Doppel-, Dreifach- und Zehnfach-Strukturen ausgegeben werden muss.
  • Die Investoren an den internationalen Kapitalmärkten sind zu der brutalen Erkenntnis gelangt, dass dieses Spiel für Europa nicht zu gewinnen ist. Die Börsengeschichte der europäischen Telekommunikationsfirmen ist daher eine Geschichte des Niedergangs. 57 Prozent Wertverlust allein in den Jahren zwischen 2010 und 2020. In Amerika legte im gleichen Zeitraum die Börsenkapitalisierung der Telcos um 213 Prozent zu.

Fazit: Im Bereich der Telekommunikation ist die Politik außen europäisch, aber innen hohl. Realität und Rhetorik sind den Politikern außer Sichtweite geraten. Zu viele von ihnen pflegen nicht den Diskurs, sondern das Selbstgespräch.

Bild schürt Verschwörungstheorien zu Corona – Beschwerden den Deutschen Presserats

Presserat prüft Sammelbeschwerde mehrerer Wissenschaftler gegen BILD

Der Deutsche Presserat prüft aktuell eine Sammelbeschwerde mehrerer Wissenschaftler gegen BILD und BILD.DE. Der Presserat bestätigt damit entsprechende Medienberichte.

Die Redaktion hatte am 4. Dezember drei namentlich genannte und im Bild gezeigte Wissenschaftler als „Lockdown-Macher“ bezeichnet. Gegen den Beitrag und besonders gegen dessen Überschrift hatte die Humboldt-Universität nach eigenen Angaben Beschwerde beim Deutschen Presserat eingereicht.

„Insgesamt liegen uns dazu 84 Beschwerden vor“, bestätigte Sonja Volkmann-Schluck, Referentin für Öffentlichkeitsarbeit beim Deutschen Presserat. „Die Beschwerdeführer kritisieren, es werde der falsche Eindruck erweckt, dass Wissenschaftler Corona-Maßnahmen beschließen, für die aber die Politik verantwortlich sei. Dies schüre Verschwörungstheorien und sei zudem ein Aufruf zur Hetze gegen Wissenschaftler.“

Der Deutsche Presserat prüft jetzt, ob er ein Verfahren gegen BILD und BILD.DE einleitet. Dabei geht es um die Frage, ob die Redaktion ihrer Sorgfaltspflicht nach Ziffer 2 des Pressekodex nachgekommen ist bzw. ob die Berichterstattung dem Wahrhaftigkeitsgebot nach Ziffer 1 des Pressekodex entspricht.

Der Deutsche Presserat ist die Freiwillige Selbstkontrolle der Printmedien und deren Online-Auftritte in Deutschland. Anhand von Beschwerden überprüft er die Einhaltung ethischer Regeln im Journalismus, die im Pressekodex festgehalten sind.