Archiv der Kategorie: Physik, Chemie, Technik

Corona-Krise mit Hilfe von Mathematik und Naturwissenschaften verstehen und bekämpfen – Mit einer Bemerkung von Jean Pütz

Auf einen Aspekt, der im Artikel angesprochen wird, möchte ich hinweisen:
Die naturwissenschaftliche Bildung in Deutschland kommt einer Katastrophe nah. Aus persönlicher Erfahrung weiß ich, dass sogar Abiturienten nicht in der Lage sind, die einfachsten physikalischen Zusammenhänge zu erkennen und vor allen Dingen zu begreifen. Das liegt daran, dass nicht nur das Fach Physik schon frühzeitig in Gymnasien und Gesamtschulen abgewählt werden kann. Verhängnisvoll, denn die mangelnde Verinnerlichung des Prinzips von Ursache und Wirkung, auf das die Physik in ihren Grundfesten aufbaut, ist auch für das gesamte Leben unentbehrlich. Besonders im heutigen postfaktischem Zeitalter werden Fakenews und Verschwörungstheorien Tür und Tor geöffnet. Das erzeugt irrationale Ängste, die sich tief in die Gefühlswelt der Bürger eingraben, so dass politische Entscheidungen oft nicht mehr durch Vernunft, sondern nur noch durch Emotionalität bewertet werden. Leider muss ich es sagen, als gelernter Soziologe und ehemaliger Oberstudienrat für Physik empfehle ich über Folgendes nachzudenken.
Ich unterteile die Bürger grob in zwei Kategorien, in die rational gesteuerten Analysten – sie sind für die weitgehend technische und wissenschaftliche Kreativität verantwortlich – und in die sogenannten Emotionalisten, die hauptsächlich bauchgesteuert und selten durch Vernunft und Logik ansprechbar sind. Natürlich gibt es da fließende Übergänge. Für eine Demokratie, in der jede Stimme zählt, wirkt das Schwergewicht der Emotionalisten auf lange Sicht zerstörerisch.
Ich wage sogar eine Quotierung: Ich schätze, dass die Emotionalisten etwa 85% der Bevölkerung ausmachen, während die Analysten, die unsere Wirtschaft in Betrieb halten, nur noch einen Anteil von 15% darstellen. Es ist erstaunlich, dass durch Corona wenigstens kurzfristig – teilweise Angst getrieben – viele Menschen plötzlich der Wissenschaft vertraut haben. Nur so sind die enormen Erfolge durch die vielen Einschränkungen erklärbar, zumindest, wenn man das mit fast allen industriellen Ländern vergleicht. Dass sogar China, die USA, Türkei, Brasilien mehr den regressiven Einsichten der Autokraten ausgesetzt sind, während Deutschland bei dieser Pandemie eine Art Insel der Seligen geworden ist, hätte ich nie gedacht – großen Respekt!
Aber was geschieht, wenn jetzt die Aussetzung der Maßnahmen nach und nach von der Politik ermöglicht wird, ist eine andere Frage. Ob die Vernunft da obsiegt, ist lange noch nicht gesagt. Dass eine solche Seuche strengen naturwissenschaftlichen, soziologischen und mathematischen Gesetzen unterworfen ist, scheint aber auch bestimmten Ideologen – ob von rechter AFD, planwirtschaftlich orientierten ‚Linken‘ oder grünen-Ideologen – nicht bewusst zu sein. Sie nutzen diese Zeit garantiert populistisch aus, um ihre träumerischen oder totalitären Interessen in den Vordergrund zu stellen. Wer dann in Krisenzeiten die Oberhand behält, steht in den Sternen.
Das alles, weil unsere Jugend in der Schule nicht auf solche Problemzeiten vorbereitet wurde, und schwierige Fächer aus einem niederen Grund mit der Begründung ’sie wären zu kompliziert und man würde sich damit die Prüfungsnoten versauen‘ abgewählt werden können.
In diesem Sinne sehe ich den folgenden Aufruf der deutschen-naturwissenschaftlich-technischen Intelligenz:
Ihr Jean Pütz

(DPG) – Die COVID-19-Pandemie kann ohne mathematisch-naturwissenschaftlichen Sachverstand nicht überwunden werden. Dies betonen fünf große mathematisch-naturwissenschaftliche Fachgesellschaften in Deutschland in einem Positionspapier. Die Fachgesellschaften vertreten die Fächer Biologie, Chemie, Physik, Mathematik und Geowissenschaften.

Die fünf Gesellschaften weisen auf die Beiträge hin, die von den Naturwissenschaften gerade in der aktuellen Krise geleistet werden. Ob es um technische Einrichtungen wie Intensivbetten oder Beatmungsgeräte geht, um die Voraussage künftiger Fallzahlen, für die mathematische, medizinische und epidemiologische Kenntnisse gleichermaßen wichtig sind, um die Erforschung des Virus, die Entwicklung neuer Tests auf COVID-19 bzw. auf Antikörper gegen das Virus oder um die Herstellung der benötigten Schutz- und Desinfektionsmittel – überall ist naturwissenschaftlicher Sachverstand gefragt. Das gilt insbesondere für die medizinische Versorgung sowie für die Entwicklung eines Impfstoffes oder wirksamer Medikamente, an denen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in aller Welt derzeit mit Hochdruck arbeiten.

Der Dachverband der Geowissenschaften (DVGeo), die Deutsche Mathematiker-Vereinigung (DMV), die Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG), die Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) sowie der Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland (VBIO) vertreten insgesamt mehr als 130.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. „Auch wenn die Politik letztlich die Entscheidungen fällen muss, kann die Pandemie nicht ohne Forschung und Expertise von Mathematikern, Medizinern und Naturwissenschaftlern überwunden werden“, sagt DMV-Präsident Professor Friedrich Götze. „Die in den letzten Jahren zusammengetragenen Erkenntnisse zu Corona-Viren bilden die Basis für konkrete und zeitnahe Maßnahmen. Die COVID-19-Pandemie ist damit ein eindrückliches Beispiel für die essenzielle Bedeutung der Grundlagenforschung, deren Anwendungsrelevanz weder zeitlich noch inhaltlich vorhersagbar ist“, ergänzt Professorin Felicitas Pfeifer, Vizepräsidentin des VBIO.

Die Berichterstattung zur aktuellen COVID-19-Pandemie zeigt überdeutlich, dass das Verständnis von mathematischen und naturwissenschaftlichen Zusammenhängen unabdingbar ist, um komplexe Informationen über Fallzahlen, Reproduktionsziffern oder die Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen zu verstehen und nicht auf Panikmache oder „Fake News“ hereinzufallen. Die Fachgesellschaften fordern daher, dass in den Schulen Fächern wie Mathematik und Naturwissenschaften höchste Aufmerksamkeit geschenkt wird. „Wir brauchen mehr Naturwissenschaften in den Schulen und zwar in allen Altersstufen. Mit mathematisch-naturwissenschaftlichem Unterricht fördern wir das logische Denken und das Verständnis für komplexe Zusammenhänge,“ betont Dr. Lutz Schröter, Präsident der DPG. Und Professor Peter R. Schreiner, Präsident der GDCh, ergänzt: „Und wir sorgen dafür, dass Deutschland auch in Zukunft über hervorragende Problemlöserinnen und Problemlöser aus Medizin, Mathematik und Naturwissenschaften verfügt, um künftige Herausforderungen zu meistern.“

Schließlich betonen die Fachgesellschaften auch die Bedeutung der Wissenschaftskommunikation. „Die Bevölkerung hat ein Recht darauf, umfassend informiert zu werden, und zwar so, dass sie es versteht“, sagt DVGeo-Präsident Prof. Dr. Jan Behrmann. Die mathematisch-naturwissenschaftlichen Fachgesellschaften empfehlen in diesem Zusammenhang, die Wissenschaftskommunikation und den Wissenschaftsjournalismus insgesamt zu stärken und ihre Rolle im Wissenschaftsbetrieb aufzuwerten.

Die Fachgesellschaften erwarten, dass die COVID-19-Pandemie auch langfristig Folgen haben wird. Dies betrifft sowohl die Krankenversorgung, die wirtschaftliche Entwicklung und das gesellschaftliche Miteinander, als auch die Art, wie Wissenschaft und Forschung künftig organisiert werden. Die Hochschulausbildung, der wissenschaftliche Austausch auf Tagungen und Konferenzen, Forschungskooperationen und das Publikationswesen werden sich ändern und darauf müssen sich Lehrende und Forschende an den Hochschulen ebenso einstellen wie Veranstalter von Tagungen sowie Verlage.

Die mathematisch-naturwissenschaftlichen Fachgesellschaften anerkennen die wichtige Rolle der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften beim Verständnis der Folgen der Pandemie sowie ethischer Kriterien, um mit den Folgen umzugehen. Sie betonen die große Bedeutung der Mathematik, der Medizin und der Naturwissenschaften für das Verständnis des Virus und seiner Ausbreitung.

Die unterzeichnenden Fachgesellschaften bieten der Politik und Gesellschaft ihre Fachkenntnis und ihre Unterstützung an, um geeignete Strategien zur Bewältigung der Coronakrise zu entwickeln und zu helfen, wichtige Entscheidungen – auch bei unvollständiger Erkenntnis – vorzubereiten.

 

Vom Makrokosmos in den Mikrokosmos

(Uni Stuttgart) – Forschende vermessen erstmals die Dynamik von Skyrmionen aus Licht auf ultraglatten Goldplättchen

Im Zentrum eines Wirbels bestehen sehr hohe Drehgeschwindigkeiten, die bei großen Tornados gewaltige Zerstörungskräfte entfalten können. Ähnliche Effekte werden für Licht vorhergesagt, das auf einer atomar glatten Goldoberfläche entlangläuft und dabei Drehimpulse und Wirbel ausbilden kann. Forschenden der Universitäten Stuttgart und Duisburg-Essen sowie der University of Melbourne (Australien) ist es jetzt erstmals gelungen, diese nach ihrem Entdecker Tony Skyrme „Skyrmionen“ genannten Wirbel-Muster auf der Nanometerskala zu filmen. Über die bahnbrechende Arbeit berichtet das Fachmagazin Science am 24. April 2020.

Wenn eine Eiskunstläuferin zur Pirouette ansetzt und dabei die Arme hebt, dreht sie sich aufgrund der Drehimpulserhaltung immer schneller um die eigene Achse. Der gleiche Pirouetteneffekt lässt an heißen Sommertagen über abgeernteten Felder die so genannten „Staubteufel“ entstehen, kleine Wirbelstürme aus heißer Luft, und er gibt großen Tornados ihre zerstörerische Kraft. Der Physiker Tony Skyrme hat sich in den 1960er-Jahren in einem Forschungsfeld, das man Topologie nennt, ausführlich mit solchen Wirbeln beschäftigt. Nach ihrem Entdecker werden die Muster „Skyrmionen“ genannt.

Auch bei Licht, das auf atomar glatten Goldoberflächen entlanglaufen kann, gibt es eine Art Drehimpuls, und es können sich Wirbel, sogenannte Vortices ausbilden. Allerdings sind die Wirbel in diesem Fall nur wenige Hundert Nanometer groß, und das Auge dieser Nanotornados hat nur eine Größe von wenigen Nanometern. Daher konnte bisher noch niemand die genaue Ausrichtung dieser Wirbel messen. Ebenso war es unmöglich, die Wirbeldynamik anzuschauen, denn die Zeit, die das Licht benötigt, um einmal um einen solchen Wirbel herumzulaufen, beträgt nur wenige Femtosekunden (Billionstel Millisekunden).

In einer aufsehenerregenden Arbeit ist es jetzt einem Team aus Forschenden der Universität Stuttgart, der Universität Duisburg-Essen und der University of Melbourne in Australien gelungen, erstmals solche Skyrmionen aus Licht auf der Nanometerskala zu filmen. Dabei konnten die Forschenden sogar die Richtung des elektrischen und magnetischen Feldes im Licht in allen drei Dimensionen aufnehmen und seine Bewegung messen. Der Theoretiker Tim Davis aus Melbourne, der in Stuttgart und Duisburg mit Unterstützung des Quantenzentrums IQST zu Gast war, berechnete die benötigten Lichtwellenlängen, die Nanostrukturen sowie genauen Dicken der Goldplättchen und sagte vorher, wie sich regelmäßige Felder aus Lichtwirbeln verhalten würden.

Neue Methode zur Herstellung atomarer Goldplättchen
Bettina Frank aus der Arbeitsgruppe von Prof. Harald Gießen am 4. Physikalischen Institut der Universität Stuttgart gelang es mit einer neuen, von ihr selbst entwickelten Methode, atomar glatte Goldplättchen mit einstellbarer Dicke im Nanometerbereich herzustellen. Zum Einsatz kamen dabei Silizium-Wafer, wie man sie in der Chipherstellung kennt. Die Plättchen wurden von ihr mit Nanostrukturen versehen. Dabei kam ein hochpräziser Gold-Ionenstrahl als Nanozerstäuber zum Einsatz. Dadurch können beim Bestrahlen mit Laserpulsen einer genau berechneten Wellenlänge im Infrarotbereich ganze Skyrmionenfelder aus Licht entstehen, sogenannte plasmonische Skyrmionen.

Die Messung der Vektordynamik, also der dreidimensionalen Ausrichtung der Plasmonen-Lichtfelder und ihres zeitlichen Verhaltens, gelang in einem speziell dafür entwickelten Experiment der weltweit führenden Gruppe um Prof. Frank Meyer zu Heringdorf an der Universität Duisburg-Essen. Die Doktoranden Pascal Dreher und David Janoschka schossen dafür Laserpulse von nur 13 Femtosekunden Pulsdauer bei 800 nm auf die Goldplättchen mit den Nanostrukturen aus Stuttgart. Durch den Photoeffekt, für den Einstein seinen Nobelpreis bekommen hatte, werden Elektronen aus der Goldprobe geschleudert, die dann in einem Elektronenmikroskop vermessen werden. Durch eine geschickte Kombination von mehreren Laserpulsen mit verschiedenen Lichtpolarisationen und mehrfache Wiederholung des Experiments kann man nun durch Projektion die verschiedenen Vektorkomponenten der Lichtfelder bestimmen.

Indem man zwei Laserpulse nacheinander auf die Probe schickt, kann man die Nanotornados aus Licht sowohl anwerfen und dann durch die ultrakurzen Laserpulse abtasten, so dass man innerhalb einer Nacht einen ganzen Nanofilm dieser Lichtwirbelstürme aufnehmen kann.

Neue Art der Mikroskopie
Prof. Harald Gießen vom 4. Physikalischen Institut der Universität Stuttgart glaubt, dass man auf der Basis dieser Forschung in Zukunft mit neuartigen Mikroskopen viel kleinere Strukturen mit Licht herstellen könnte, als dies bisher der Fall war. „Die Kombination aus Bahndrehimpuls und den Vektoreigenschaften führt schon mit linearer Optik zu plasmonischen Vortexstrukturen im Nanometer-Bereich“ berichtet er. „Auch wird es möglich sein, unter einstellbaren Randbedingungen zeitaufgelöste Skyrmionenphysik experimentell zu beobachten.“ Besonders spannend werde die Wechselwirkung solcher Skyrmionenfelder und ihrer Bahndrehimpulse mit benachbarten Teilchen in Halbleitern, zum Beispiel in atomar dünnen, zweidimensionalen Materialien, so Gießen weiter: „Dank unserer neuen Raith-Ionenstrahl-Lithographiemaschine haben wir fast unendlich viele Möglichkeiten, verschiedene topologische Nanostrukturen zu erzeugen und mit der Duisburger Nanokamera ihre Skyrmionendynamik zu studieren“.

Hirnimplantate jetzt mit tausenden Elektroden

Ich hoffe, dass diese Methode nicht bald von autoritären Staatssystemen missbraucht wird. Es wäre die absolute Apokalypse.

Trotzdem möchte ich Ihnen die Meldung nicht vorenthalten.

Ihr Jean Pütz

(pte) – Forscher der Duke University haben zusammen mit Kollegen der Northwestern und der New York University eine extrem flexible Schnittstelle zwischen Gehirn und Außenwelt entwickelt, die tausende Elektroden enthält. Das Messsystem wird ins Gehirn implantiert. Es soll mehr als sechs Jahre lang Daten liefern.

Quarzglas nicht abgestoßen
Die Elektroden der Forscher sind nicht gekapselt, trotzen der Umgebung dennoch über lange Zeit und sind hundertmal dünner als ein Blatt Papier. Sie bestehen aus Siliziumdioxid und sind weniger als ein Mikrometer dick. Pro Tag verlieren sie in der Dicke 0,46 Nanometer durch chemische Prozesse. Das Immunsystem interessiert sich für diesen Eindringling nicht – Siliziumdioxid ist biokompatibel.

Obwohl das Material, das auch als Quarzglas bekannt ist, elektrisch nicht leitfähig ist, kann es Infos aus dem Gehirn liefern. Es handelt sich um eine kapazitive Messung, vergleichbar der Technologie, die die Bewegung eines Fingers auf einem Touchscreen registriert. Die Experten implantierten ein System mit 64 Elektroden bereits in das Gehirn einer Ratte und eines mit 1.008 Elektroden in das Gehirn eines Affen. Sie lieferten Daten über einen langen Zeitraum. „Jetzt wollen wir unsere Technik verfeinern, um Menschen zu helfen, die an Gehirnkrankheiten leiden“, so Bijan Pesaran, Professor für Neurologie an der New York University.

Immunsystem als Hauptgegner
„Der Versuch, Sensoren dazu zu bringen, im Gehirn zu arbeiten, ist vergleichbar mit dem Versenken eines Smartphones im Ozean in der Erwartung, dass es dort 70 Jahre lang funktioniert“, so Jonathan Viventi, Assistenzprofessor für biomedizinisches Ingenieurswesen an der Duke University. Erschwerend komme hinzu, dass die Elektroden weitaus dünner und flexibler seien als ein Handy.

„Der Körper ist ein Ort, der gegenüber einem unerwünschten Gast unerbittlich vorgeht“, meint der Forscher. Das Immunystem zerstöre alle Eindringlinge. Dazu komme, dass Gewebe korrosive Wirkung habe, Elektroden also auf chemischem Weg angreife. Aus diesem Grund sind Implantate wie Herzschrittmacher voll gekapselt, meist in bioverträglichem Titan.

Das Z‘-Boson in der Vermessung

(KIT) – Im japanischen Forschungszentrum für Teilchenphysik KEK in Tsukuba, etwa 50 Kilometer nördlich von Tokio, ist seit etwa einem Jahr das Belle II-Experiment in Betrieb. Hier sucht ein internationales Forscherteam unter Beteiligung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) nach exotischen Teilchen, die unser Verständnis der Dunklen Materie im Universum voranbringen sollen. Für eines dieser Teilchen, das sogenannte Z‘-Boson, konnten nun die Masse und die Stärke seiner Wechselwirkung mit bisher unerreichbarer Genauigkeit eingegrenzt werden. Die Ergebnisse sind soeben im renommierten Wissenschaftsjournal Physical Review Letters erschienen.

Seit etwa einem Jahr nimmt das Belle II-Experiment Daten für physikalische Messungen. Sowohl der Elektron-Positron-Beschleuniger SuperKEKB als auch der Detektor Belle II waren in mehrjährigen Umbauarbeiten gegenüber den Vorgängern verbessert worden, um eine 40 Mal höhere Rate an Daten zu erzielen.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus zwölf Instituten in Deutschland sind maßgeblich am Bau und Betrieb des Detektors, der Entwicklung von Auswertungsalgorithmen und der Analyse der Daten beteiligt. Das KIT hat für Belle II Software zur Rekonstruktion der Teilchenspuren entwickelt, anwendungsspezifische integrierte Schaltungen (ASICs) für die Auslese der Daten entwickelt und produziert, Hardware mit modernen Machine-Learning-Algorithmen zum Aufspüren von Teilchenspuren konstruiert und Berechnungen durchgeführt, die die künftigen Belle II-Daten mit fundamentalen Theorien verknüpfen. „Eine Besonderheit des KIT ist, dass dabei Physiker und Elektroingenieure eng zusammengearbeitet haben”, erklärt Professor Ulrich Nierste aus dem Institut für Theoretische Teilchenphysik des KIT, dessen Arbeitsgruppe theoretische Studien für das Experiment durchführt.

Mit Belle II suchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach Spuren neuer Physik, mit der sich zum Beispiel das ungleiche Vorkommen von Materie und Antimaterie oder die mysteriöse Dunkle Materie erklären lassen. Eines der bisher unentdeckten Teilchen, nach dem der Belle II-Detektor Ausschau hält, ist das Z‘-Boson – eine Variante des bereits nachgewiesenen Z-Bosons. Letzteres agiert als Austauschteilchen für die schwache Wechselwirkung.

Soweit wir wissen, besteht etwa 25 Prozent des Universums aus Dunkler Materie, wohingegen die sichtbare Materie knappe 5 Prozent des Energiebudgets ausmacht. Beide Materieformen ziehen sich gegenseitig über die Schwerkraft an. Die Dunkle Materie bildet so eine Art Schablone für die Verteilung der sichtbaren Materie, was sich zum Beispiel in der Anordnung von Galaxien im Universum zeigt.

Bindeglied zwischen Dunkler und normaler Materie
Das Z‘-Boson könnte eine interessante Rolle beim Zusammenspiel von Dunkler und normaler, sichtbarer Materie spielen, also eine Art Vermittler zwischen den beiden Materieformen sein. Das Z‘ kann – zumindest theoretisch – aus der Kollision von Elektronen (Materie) und Positronen (Antimaterie) im SuperKEKB hervorgehen und dann in unsichtbare Dunkle-Materie-Teilchen zerfallen. „Somit kann das Z‘-Boson helfen, das Verhalten von Dunkler Materie zu verstehen – und nicht nur das: Mit der Entdeckung des Z‘ ließen sich auch andere Beobachtungen erklären, die nicht mit dem Standardmodell, der grundlegenden Theorie der Teilchenphysik, in Einklang stehen“, erläutert Ulrich Nierste die Untersuchungen.

Wichtiges Indiz: Nachweis von Myonenpaare
Doch wie lässt sich das Z‘-Boson im Belle II-Detektor aufspüren? Nicht auf direktem Weg, so viel ist sicher. Theoretische Modelle und Simulationsrechnungen sagen voraus, dass sich das Z‘ durch Wechselwirkungen mit Myonen, schwereren Verwandten der Elektronen, verraten könnte: Wenn Wissenschaftler nach den Elektron-/Positron-Zusammenstößen eine ungewöhnliche hohe Anzahl an Myonen-Paaren mit gegensätzlicher Ladung sowie unerwartete Abweichungen bei Energie- und Impulserhaltung entdecken, wäre das ein wichtiges Indiz für das Z‘.

Allerdings lieferten die neuen Belle II-Daten noch keine Anzeichen für das Z‘-Boson. Jedoch können die Wissenschaftler mit den neuen Daten die Masse und Kopplungsstärken des Z‘-Bosons mit einer bisher unerreichbaren Genauigkeit einschränken.

Mehr Daten, genauere Analysen
Diese ersten Ergebnisse stammen aus der Analyse einer kleinen Menge an Daten, die noch in der Anlaufphase von SuperKEKB im Jahr 2018 gewonnen wurden. Seinen Vollbetrieb nahm Belle II am 25. März 2019 auf. Seither sammelt das Experiment Daten, während gleichzeitig die Kollisionsrate von Elektronen und Positronen stetig verbessert wird. Wenn das Experiment perfekt eingestellt ist, wird es ein Vielfaches der Daten liefern, die in die aktuell veröffentlichten Analysen eingeflossen sind. Die Physiker*innen hoffen so, neue Erkenntnisse über die Natur der Dunklen Materie und andere ungeklärte Fragen zu erzielen.  „Mit mehr Daten eröffnen sich neue Möglichkeiten, die Dunkle Materie zu erforschen: In Zerfällen schwerer Mesonen könnten Z’-Bosonen oder andere „dunkle” Austauschteilchen entstehen, die den Detektor verlassen, aber als Defizit in der Energiebilanz des Zerfalls dennoch bemerkt werden” erläutert Dr. Goldenzweig, dessen Arbeitsgruppe am Institut für Experimentelle Teilchenphysik des KIT auf solche Messungen spezialisiert ist.

Die deutschen Arbeitsgruppen im Belle II-Experiment werden mit Finanzmitteln folgender Einrichtungen und Programme gefördert:

  • Bundesministerium für Bildung und Forschung: Rahmenprogramm Erforschung von Universum und Materie (ErUM)
  • Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder:

„ORIGINS“:                      EXC-2094 – 390783311

„Quantum Universe“:    EXC-2121 – 390833306

  • European Research Council
  • European Union’s Horizon 2020 – grant agreement No 822070
  • Helmholtz-Gemeinschaft
  • JENNIFER im Rahmen von Horizon 2020 der Europäischen Kommission
  • Max-Planck-Gesellschaft

 

So verbreitet sich Atemluft beim Husten – Mit Videos

Video 1
Video 2-7

Amayu Wakoya Gena, DAAD-Stipendiat Professur Bauphysik an der Bauhaus-Universität Weimar, demonstriert in diesem Video mithilfe eines Schlierenspiegels wie unterschiedlich sich die Atemluft beim Husten ausbreitet. Dies visualisiert die hohe Bedeutung der Verhaltensempfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO zum Schutz vor dem Coronavirus, die wir unbedingt einhalten sollten.

(futurezone) – Mehrere Meter Abstand halten, in die Armbeuge husten oder eine Gesichtsmaske verwenden, sind derzeit die obersten Gebote, um andere vor dem Coronavirus zu schützen. Wie wichtig das ganze ist und warum man sich mit Husten und Niesen auch innerhalb der eigenen Familie sofort in Selbstisolation begeben sollte, zeigt ein beeindruckendes Video der Bauhaus-Universität Weimar.

Luftströmungen beim Atmen
In einem Experiment wurde die Atemluft einer Person beim Husten gefilmt – und zwar in verschiedenen Ausgangsszenarien. In dem Schwarz-Weiß-Video wird sichtbar, wie sich die Luftströmungen des Atems im Raum verteilen. Gezeigt wird die Situation zunächst ohne Schutzvorkehrungen, dann mit vorgehaltener Hand, in die Armbeuge und schließlich mit verschiedenen Atemschutzmasken.

Während die Atemluft beim Husten ohne Schutz ungebremst in den Raum geschleudert wird, bietet auch die eigene Hand wenig Schutz. Denn die Atemluft und mittels Tröpfcheninfektion auch das Coronavirus wird über die Hand einfach hinweg geschleudert, wie das Video zeigt. Etwas besseren Schutz bietet das Husten in die Armbeuge. Selbst eine Arbeitsmaske gegen Staub und eine Operationsmaske lässt Atemluft sichtbar durch. Hinsichtlich der Tröpfcheninfektion sollten diese zumindest einen gewissen Schutz bieten.

Schlierenspiegel verdeutlicht Luftströme
Um den Weg der Atemluft sichtbar zu machen, griff der Doktorand Amayu Wakoya Gena zu einem kreativen Mittel. Er setzte einen sogenannten Schlierenspiegel ein, der normalerweise am Institut für Bauphysik zur Visualisierung und Messung von Raumluftströmungen in Innenräumen eingesetzt wird – etwa um zu erforschen, welchen Einfluss das Raumklima auf den menschlichen Körper hat.

„Das Prinzip ist ähnlich wie bei einer überhitzten Straße im Sommer, wenn die Luft über dem Asphalt flimmert“, erklärt Conrad Völker, Professor der Bauphysik an der Bauhaus-Universität Weimar. „Wie über der Straße hat die warme, feuchte Atemluft eine andere Dichte als die kühlere Raumluft. Diese Dichteunterschiede führen zu einer Ablenkung des Lichtes, was dann als dunkle Flecken in einem Foto oder Videobild sichtbar wird.“

Da die Dichteunterschiede bei diesen Luftströmungen extrem gering sind, sind diese nur mithilfe des Schlierenspiegels zu erkennen. Herzstück des Messgerätes ist ein konkaver und extrem fein geschliffener Spiegel mit rund einem Meter Durchmesser. Der Universität zufolge handelt es sich dabei um einen von nur vier Großschlieren-Systemen weltweit, die in unterschiedlichen Forschungsbereichen eingesetzt werden.

Mit Gold gespickt – Forscherteam präsentiert neuartigen Sender

(HZDR) – Terahertz-Wellen werden für Wissenschaft und Technologie immer wichtiger. Mit ihnen lassen sich Eigenschaften von Zukunftsmaterialien enträtseln, Autolacke auf ihre Qualität prüfen und Briefumschläge durchleuchten. Allerdings ist die Erzeugung dieser Wellen nach wie vor eine Herausforderung. Einem Team des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR), der TU Dresden und der Universität Konstanz ist nun ein deutlicher Fortschritt gelungen. Es hat ein mit Gold gespicktes Germaniumbauteil entwickelt, das kurze Terahertz-Pulse mit einer vorteilhaften Eigenschaft erzeugt: Die Pulse sind überaus „breitbandig“, liefern also viele verschiedene Terahertz-Frequenzen zugleich. Da sich das Bauteil mit den Methoden der Halbleiterindustrie fertigen ließe, verspricht die Entwicklung einen breitgefächerten Einsatz in Forschung und Technik, wie das Team im Fachjournal Light: Science & Applications (DOI: 10.1038/s41377-020-0265-4) berichtet.

Ebenso wie Licht zählen Terahertz-Wellen zur elektromagnetischen Strahlung. Im Spektrum liegen sie genau zwischen Mikrowellen und Infrarotstrahlung. Doch während Mikrowelle und Infrarot schon lange den Alltag erobert haben, finden Terahertz-Wellen erst allmählich Verwendung. Der Grund: Erst seit Beginn der 2000er Jahre gelingt es Experten, halbwegs passable Quellen für Terahertz-Wellen zu bauen. Perfekt sind diese Sender aber noch nicht – sie sind relativ groß und teuer, und die von ihnen abgegebene Strahlung hat nicht immer die gewünschten Eigenschaften.

Eine der heute etablierten Erzeugungsmethoden basiert auf einem Kristall aus dem Halbleiter Galliumarsenid. Wird dieser Kristall mit kurzen Laserpulsen bestrahlt, bilden sich im Galliumarsenid Ladungsträger. Diese Ladungen werden durch eine angelegte Spannung beschleunigt. Das erzwingt die Abstrahlung einer Terahertz-Welle – im Grunde der gleiche Mechanismus wie bei einem UKW-Sendemast, in dem hin und her bewegte Ladungen Radiowellen erzeugen.

Doch diese Methode besitzt mehrere Nachteile: „Sie lässt sich nur mit relativ teuren Speziallasern betreiben“, erläutert HZDR-Physiker Dr. Harald Schneider. „Mit Standardlasern, wie man sie für die Glasfaser-Kommunikation verwendet, funktioniert das nicht.“ Ein weiteres Manko: Galliumarsenid-Kristalle liefern nur relativ schmalbandige Terahertz-Pulse und damit einen eingeschränkten Frequenzbereich – was ihr Einsatzgebiet merklich begrenzt.

Implantiertes Edelmetall
Deswegen setzten Schneider und sein Team auf ein anderes Material – den Halbleiter Germanium. „Bei Germanium lassen sich günstigere Laser nutzen, sogenannte Faserlaser“, sagt Schneider. „Außerdem sind Germaniumkristalle sehr transparent und erlauben damit die Emission von sehr breitbandigen Pulsen.“ Bislang aber gab es ein Problem: Wird reines Germanium mit einem kurzen Laserpuls bestrahlt, dauert es mehrere Mikrosekunden, bis sich die elektrische Ladung im Halbleiter wieder abgebaut hat. Erst danach kann der Kristall den nächsten Laserpuls aufnehmen. Heutige Laser können ihre Impulse im Takt von wenigen Dutzend Nanosekunden abfeuern – eine Schussfolge, viel zu schnell für das Germanium.

Um diese Schwierigkeit zu meistern, suchten die Fachleute nach einem Trick, mit dem sich die elektrischen Ladungen im Germanium schneller abbauen lassen. Die Lösung fand sich bei einem prominenten Edelmetall – Gold. „Wir nutzten einen Ionenbeschleuniger, um Goldatome in einen Germaniumkristall zu schießen“, erläutert Schneiders Kollege Dr. Abhishek Singh. „Dabei drang das Gold bis zu 100 Nanometer tief in den Kristall ein.“ Anschließend erhitzten die Fachleute den Kristall einige Stunden lang auf 900 Grad Celsius. Die Hitzekur sorgte dafür, dass sich die Goldatome gleichmäßig im Germaniumkristall verteilten.

Der Erfolg zeigte sich, als das Team das goldgespickte Germanium mit ultrakurzen Laserpulsen beleuchtete: Statt für mehrere Mikrosekunden im Kristall herumzugeistern, verschwanden die elektrischen Ladungsträger bereits nach knapp zwei Nanosekunden wieder – etwa tausendmal schneller als vorher. Bildlich gesprochen fungierte das Gold dabei als Falle, die Ladungen einfängt und neutralisieren hilft. „Dadurch lässt sich der Germaniumkristall nun mit hoher Wiederholungsrate mit Laserpulsen beschießen, und er funktioniert trotzdem“, freut sich Singh.

Günstige Fertigung möglich
Die neue Methode ermöglicht Terahertz-Pulse mit extrem großer Bandbreite: Statt 7 Terahertz wie bei der etablierten Galliumarsenid-Technik ist es nun das Zehnfache – 70 Terahertz. „Auf einen Schlag bekommt man ein breites und lückenloses Spektrum“, schwärmt Harald Schneider. „Damit haben wir eine äußerst vielseitige Quelle zur Hand, geeignet für verschiedenste Anwendungen.“ Ein weiteres Plus: Im Prinzip lassen sich die Germanium Bauteile mit derselben Technologie verarbeiten, mit der auch Mikrochips hergestellt werden. „Anders als Galliumarsenid ist Germanium kompatibel mit Silizium“, beschreibt Schneider. „Und da sich die neuen Bauteile zusammen mit herkömmlichen Glasfaser-Lasern betreiben lassen, könnte man die Technik vergleichsweise platzsparend und preiswert gestalten.“

Das dürfte das golddotierte Germanium nicht nur für wissenschaftliche Anwendungen interessant machen, etwa die detaillierte Analyse innovativer zweidimensionaler Materialien wie Graphen. Möglich scheinen auch Anwendungen in Medizin und Umwelttechnik. Denkbar sind zum Beispiel Sensoren, die bestimmte Gase in der Atmosphäre anhand ihres Terahertz-Spektrums aufspüren. Die heutigen Terahertz-Quellen sind dafür noch zu teuer. Das neue Verfahren aus Dresden-Rossendorf könnte dazu beitragen, solche Umweltsensoren künftig billiger zu machen.

 

Schnellladetechnologie killt Akkus von E-Autos

(pte) – Heutige kommerzielle Schnellladetechnologie ist bei E-Autos ein regelrechter Akku-Killer, so eine aktuelle Studie von Forschern der University of California, Riverside (UCR) . Hohe Temperaturen und Widerstände beim Ladevorgang führen demnach zum rasanten Kapazitätsverlust und Schäden an den Akkus. Ein adaptives System mit einem neuen Algorithmus der Forscher verspricht in Zukunft ein schonenderes Schnellladen.

Heißlaufen beim Laden
Niemand will unterwegs stundenlang warten, während das E-Auto auflädt. Deshalb gibt es in den USA entlang Autobahnen kommerzielle Schnellladestationen. Doch die genutzte Technologie ist der im Journal „Energy Storage“ veröffentlichten Studie zufolge eigentlich Gift für Auto-Akkus. „Dieses Schnellladen wirkt sich negativ auf die Lebensdauer von Lithium-Ionen-Akkus aus, aufgrund einer Steigerung des internen Widerstands der Akkus, die zu Hitze-Entwicklung führen“, erklärt der UCR-Doktorand Tanner Zerrin. Er war Teil des Teams, das genau das mithilfe von Panasonic-Akkumudulen (NCR 18650B), wie sie in Tesla-Fahrzeugen stecken, getestet hat.

Nach nur 40 Schnellladezyklen mit der derzeitig kommerziell genutzten Technologie ist die Akkukapazität laut Studie auf 60 Prozent gefallen. Das sind weit weniger als die üblicherweise als Untergrenze für den sinnvollen Einsatz gehandelten 80 Prozent. Nach 60 Zyklen sind Gehäuse gesprungen, sodass das Akku-Innenleben mit Luft in Berührung kommt. Beim Laden haben sich Akkus auf 60 Grad Celsius erwärmt, was die Schäden mitbedingt und selbst problematisch ist. „Kapazitätsverlust, interne chemische sowie mechanische Schäden und die große Hitze sind große Sicherheitsprobleme“, sagt Mihri Ozkan, Professorin für Elektrotechnik und Informatik.

Abhilfe per Algorithmus
Das UCR-Team hat einen Algorithmus entwickelt, mit dem Schnellladevorgänge akkuschonender werden. Ihr System setzt darauf, beim Laden den internen Widerstand im Akku zu beobachten und darauf so zu reagieren, dass ein starkes Heißlaufen vermieden wird. Damit lag die Restkapazität von Testmodulen nach 40 Schnellladezyklen auch tatsächlich noch im Bereich von 80 Prozent. Zudem konnten Schäden am Gehäuse vermieden werden. Das Team ist also überzeugt, dass sein zum Patent angemeldeter Algorithmus ein schonenderes, sichereres Schnellladen für Autoakkus ermöglicht.

Quacksalberei aus dem Mittelalter in die Neuzeit gerettet ? Mit einer Stellungnahme von Jean Pütz

Dass auch in einer Epoche, in der Wissenschaft und Technik unser Leben bestimmt und die Prosperität der Wirtschaft ausschließlich darauf aufbaut, heißt nicht, dass mit Quacksalberei noch viel Geld verdient werden kann. Dazu beispielhaft die folgende Meldung, die eine Agentur mir hat zukommen lassen, welche sich eigentlich der seriösen Wissenschaft verpflichtet hat. Es geht um einen Streit zwischen einer dubiosen Firma mit Namen ‚Neutrino Energy‘ und dem ZDF. Die Firma will unwissenden Bürgern weiß machen, man könnte mit den Milliarden von Neutrinos, die die Sonne sekündlich auf die Erde schickt, die Energieprobleme der Welt in Zukunft lösen.

Sie beschwert sich beim ZDF, dass Professor Harald Lesch in einer Sendung vor dem Kauf solcher Anteilscheine gewarnt hat. Immerhin wollte ‚Neutrino Energy‘ mit dieser Behauptung Millionen von Euro durch Verkauf dieser Anteilscheine einsammeln.

Ich stehe 100%ig zur These von Professor Lesch, inkl. der Warnung zur Kaufempfehlung der Anteile an einer dubiosen Stiftung. Hier wörtlich: „das Vorhaben, die Neutrino-Weltraumstrahlung zur Stromerzeugung zu nutzen, sei „abenteuerlich“ und „blödsinnig“, wer daran glaube, sei „nicht mehr zu retten“.

Ich persönlich habe mit Kollegen der Wissenschaftspressekonferenz (WPK.org) vor ca. 10 Jahren die bedeutendste Forschungsstätte  für Neutrinos in Europa – wenn nicht gar der ganzen Welt – in Italien besucht, im Gran Sasso-Gebirge des Apennin. Von Pescara nach Rom verläuft eine Autobahn, die den Gran Sasso mit einem langen Tunnel unterquert. Dieses Gebirge besteht vorwiegend aus Granit, mitten im Tunnel gibt es eine Abzweigung in ein Forschungsinstitut. Die Wissenschaftler nutzen dort die darüberliegenden 2.000 Meter Granitschichten  aus, um nur die Neutrinos einzufangen, die aus dem Weltraum, von der Sonne ausgehend, die Erde durchqueren. Sie schließen damit die auf irdische Radioaktivität zurückzuführenden Neutrinos aus.

Zur Erkenntnis: Ein Neutrino hat nur eine ganz minimale Masse, ähnlich wie die eines Elektrons. Weil es keine elektrische Ladung besitzt, ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass es beim Durchqueren unserer Erde mit irgendeinem Atomkern kollidiert. Die Konsequenz: Die Bewegungs-Energie, die es beim Eintritt in die Erdoberfläche besitzt, bleibt nach dem Durchlauf der Erdkruste, dem flüssigen Magma und wieder Austritt, völlig erhalten. Das sind immerhin fast 13.000 km der Materie unseres Globus. Nichts von seiner kinetischen Energie hat es verloren.  Das liegt daran, dass der Zwischenraum zwischen Atomkern und Elektronenhülle enorm groß ist. Wenn man die gesamte Masse der Erde so zusammenpressen könnte, dass die Zwischenräume verschwinden, würde die Erde räumlich in einer Kaffeetasse verschwinden – oder anders gesagt – wenn man sich den Atomkern in der Größe eines kleinen Kirschkerns vorstellen würde, liegt die äußere Elektronenhülle, dass ist das, was wir rundherum mit unseren Sinnen ertasten oder sehen können, etwa 2 km vom Kirschkern entfernt. Dazwischen ist das Nichts.

Nun besteht bei der Forschung das Problem, überhaupt eines der Abermilliarden von Neutrinos, die vom Weltall auf uns eindringen, zu identifizieren. Dazu gibt es großflächige Wannen, gefüllt mit flüssigem Stickstoff. Teilweise müssen die Forscher wochenlang warten, um die Spur eines zufällig mit dem Stickstoff-Atomkern kollidierenden Neutrinos zu finden bzw. fotografieren zu können. Daraus lassen sich dann Rückschlüsse auf die Eigenschaft des Neutrinos schließen.

Nun glaubt Dr. Günther Krause, ehemaliger Staatssekretär beim letzten Ministerpräsidenten der DDR, Lothar de Maizière, und nach deren Auflösung Minister für besondere Aufgaben und später Verkehrsminister der neuen Bundesrepublik in Bonn, mit den Neutrinos eine großartige Entdeckung gemacht zu haben. Kurzsichtig wie er ist, und wissend, dass die Neutrinos enorme kinetische Energie besitzen, will er diese für irdische Zwecke nutzen. Dabei vergisst er völlig, wie schwierig es ist, diese einzufangen.

  1. Wie will er das bewerkstelligen, denn die sind ja fast 100%ig durchdringend, wie das Experiment der italienischen Teilchen-Forscher im Gran Sasso beweist.
  2. Aber ihm geht es sicher nicht darum, dieses zu belegen, sondern er möchte damit viel Geld verdienen. Insofern stimme ich nicht nur Professor Harald Lesch, sondern allen Physikern bei, die das als Betrug identifizieren.

Dass solche Fakenews sogar in der Wissenschaft und Technik Raum greifen können, obwohl die gesamte Science-Community der Physiker dagegenspricht, ist bezeichnet für unser ‚postfaktisches‘ Zeitalter. Mag sein, dass Sie sich über die Unverfrorenheit, wie sich diese Investorengruppe mit dem ZDF umgeht, gewundert haben. Das erinnert mich sehr stark auch an die Vorschläge für ein Perpetuum mobile, das Mittelalter lässt grüßen. Dass das ZDF auf einen solchen Blödsinn sogar noch – entgegen den Behauptungen – geantwortet hat, ist verwunderlich. Es ist Aufgabe des ZDF, ihre Zuschauer zu warnen, solche später total wertlose Anteilscheine zu zeichnen. Dass überhaupt Geld eingesammelt werden konnte, zeugt davon, dass die Schwarmintelligenz der Deutschen, was naturwissenschaftliche Grundkenntnisse anbelangt, nicht besonders groß ist. Die Idee grenzt jedenfalls an die Quacksalberei des Mittelalters.

Ihr Jean Pütz

Hier die Meldung, und das Video:

(pts) – Ein Filmbeitrag über Neutrinos im ZDF-Wissenschaftsmagazin Terra X von Harald Lesch sorgt anhaltend für Ärger. Lesch hatte sich manipulativ und interessensgeleitet über Geschäftsmodelle mit kosmischer Strahlung geäußert.

Das siebenminütige Video stammt vom 16. Oktober 2019. Darin hatte Lesch behauptet, das Vorhaben, die Neutrino-Weltraumstrahlung zur Stromerzeugung zu nutzen, sei „abenteuerlich“ und „blödsinnig“. Wer daran glaube, sei „nicht mehr zu retten“. Damit gab Lesch allerdings eine Kaufempfehlung ab, indem er vom Kauf abriet, was ihm juristisch nicht zusteht.

Leschs Ansicht wird von Prof. Dr. Günther Krause, dem stellvertretenden Vorsitzenden im Wissenschaftlichen Beirat der Neutrino-Gruppe, zerpflückt. „Herr Professor Lesch gehört zu einer Mehrheit der Physiker, die noch bis vor fünf Jahren die Neutrinos als masselose Geisterteilchen umschrieben haben“, erklärte Krause. Nur wenige Physiker seien anderer Meinung gewesen, nämlich dass Neutrinos die Masseeigenschaft besäßen.

„Wie so oft in der Wissenschaft hat sich durch genauere Messverfahren seit Oktober 2015 auch in Leschs Kosmos eine Meinungsänderung durchgesetzt. Doch von ‚keiner Masse‘ zu einer ‚viel zu kleinen Masse‘ war es ein weiter Weg!“ Ein weiter Weg der Erkenntnis, der ohne die beiden Physiknobelpreisträger von 2015, die die Masseeigenschaft der Neutrinos nachweisen konnten, wohl nicht gegangen worden wäre.

Kritische Nachfragen von Journalisten an die Redaktion des ZDF wurden nicht beantwortet, Kommentare im Netz gelöscht, die Mailadresse des Fachjournalisten Nico Wolf, der in seinen Recherchen um eine Stellungnahme angefragt hatte, auf den Sperrindex gesetzt.

Auf Kritik und Beschwerden seitens der Neutrino Energy Group über den Beitrag antwortete für das ZDF Christiane Götz-Sobel, Leiterin der Redaktion Naturwissenschaft und Technik. Erwartungsgemäß schrieb sie, das Video habe die Frage „Neutrinos als unendliche Energiequelle“ korrekt behandelt.

Dazu warf Holger Thorsten Schubart, CEO der Neutrino Energy Group, der ZDF-Redaktion vor, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. In einer Erklärung nahm Schubart Stellung: „Es ist unglaublich, wie sich das ZDF um Tatsachen windet und völlig verkennt, dass Herr Lesch eben nicht nur wissenschaftlich von Neutrinos gesprochen, sondern sich zu Geschäftsmodellen geäußert hat. Er hat sich zu Neutrino Energie, zu Patenten und Beteiligungen manipulativ und offenbar interessensgeleitet geäußert und die ergebnisoffene Zukunft gleich mal mitbewertet.“

Lesch hätte, so Schubart, zu keinem Zeitpunkt irgendeine Kaufempfehlung abgeben dürfen. „Unsere Juristen sehen den Beitrag diesbezüglich als bewusste Manipulation der Öffentlichkeit“, betonte Schubart. „Ich persönlich denke, dass das ZDF instrumentalisiert wurde.“ Eine derartige Verunglimpfung und Wertung ergebnisoffener Forschungen eines so wichtigen Themas bei einem öffentlich-rechtlichen Sender sei nicht hinzunehmen. Schubart bot an, Journalisten einen Einblick in den vertraulichen Bereich von Forschung und Nachweisen zu gewähren. Von diesem Rechercheangebot machte die ZDF-Redaktion jedoch keinen Gebrauch. „Wenn das ZDF an einer ernsthaften und wahrheitsgemäßen Darstellung eines sehr wichtigen Wissenschaftsfeldes interessiert ist, stehen wir gerne für umfassende Gespräche zur Verfügung“, bekräftigte Schubart.

„In der Polemik des Vortrages von Herrn Lesch geht es genau betrachtet nicht um ’neutrale‘ wissenschaftliche Aufklärung oder den momentanen Wissensstand von Herrn Lesch. Vielmehr wird aus einem wissenschaftlichen Beitrag plötzlich eine Diffamierung und Verleumdung, eben diese ’negative Kaufempfehlung für die Börse‘, was ganz klar eine juristisch relevante schwere Marktmanipulation darstellt“, so Schubert weiter.

In dem Zusammenhang wies Professor Günther Krause darauf hin, dass demnächst das erste Kleinstkraftwerk fertiggestellt sein werde. Unter seiner Leitung sei mit dem Bau eines Automaten zur Beschichtung von metallischen Trägern begonnen worden, „sodass in relativ kurzer Zeit davon ausgegangen werden kann, dass erste Kleinstkraftwerke bis zirka fünf Kilowattstunden als Wechselstromanlagen beziehungsweise als 24/48-Volt-Gleichstromanlagen zur Verfügung stehen“.

Im eigenen Land habe der Prophet noch nie viel getaugt, so Krause. „Aber die Anerkennung beispielsweise der Akademie der Wissenschaften Russlands für die von uns im Labor abgeschlossenen Entwicklungen oder auch der Volksrepublik China sollten eigentlich auch in Leschs Kosmos vorgedrungen sein. Verschiedene Wissenschaftler zum Beispiel im US-amerikanischen Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben das Patent inzwischen nachgebaut und bestätigen die Energieproduktion als ‚Umwandlung gemäß Energieerhaltungssatz‘.“

Die Neutrinovoltaic als Ergänzung von Wind und Sonne werde auch durch Leschs Kosmos nicht mehr aufzuhalten sein, resümierte Krause. Zukunftsfragen und deren Lösungsansätze sollten wissenschaftlich nie von vornherein ausgeschlossen werden. Insofern habe Harald Lesch noch einen weiten Weg fortzusetzen.

Verkauft Deutschland sein Tafelsilber an China ? Mit einem Vorwort von Jean Pütz

Noch als China ein wirtschaftlicher Zwerg mit über 1,5 Mrd. Bürger und arg gebeutelt war von der Kulturrevolution, wunderte ich mich, dass bei wissenschaftlichen Kolloquien immer wieder nicht nur Wissenschaftler, sondern auch meine Wissenschaftsjournalisten-Kollegen anwesend waren.  Als damaliger 1. Vorsitzender der Wissenschaftskonferenz (WPK.org) habe ich das begrüßt, wunderte mich aber, dass sie so freizügig reisen konnten in einem China, dass ziemlich zugeknöpft war. Heute weiß ich warum. Obwohl extrem autoritär, so schlau waren die damaligen kommunistischen Machthaber. Sie erkannten den technologischen Rückstand und taten alles, den nachzuholen. Das ist ihnen so gut gelungen, dass sie mittlerweile im Begriffe sind, sogar die USA zu überholen. Deutschland spielt dabei den Steigbügelhalter, weil teilweise die intelligente Technologie für n‘ Appel und n‘ Ei‘ verkauft worden sind. Das gilt nicht nur für die Computer-Technologie (z. B. Kuka), Chemie, Pharmazie (mittlerweile sind wir, was die Rohstoffe für Medikamente angeht, völlig von China abhängig) usw. Abgewandert sind komplett die deutsche Eisenindustrie, ganze Eisenhüttenwerke wurden hier geschlossen und mit Sack und Pack in China wieder aufgebaut. Noch viel schlimmer: Das gesamte Wissen rund um die Magnetschwebebahn Transrapid wurde nach China verschenkt und feiert dort als Transportmittel der Zukunft große Auferstehung. Das dieser Austausch asymmetrisch erfolgt beweist allein die Tatsache, dass deutsche Firmen, die sich in China etablieren, stets einen chinesischen Partner benötigen.

Aus persönlicher Erfahrung: Ein Freund, der geniale auf dem Gebiet der Roboter-Schleiftechnik mit vielen Patenten entwickelt hatte, musste, weil er in Deutschland nicht genügend Kapital einsammeln konnte, den Chinesen Tribut zollen und seine Firma an sie verkaufen. Noch heute wartet er auf den Rest der vereinbarten Zahlungen. Deshalb kann ich die positiven Darstellung im folgenden Artikel nicht nachvollziehen

(ntv) – Die Übernahme des Augsburger Roboter-Herstellers Kuka wurde oft kritisiert, weil Robotik als Schlüsseltechnologie gilt.

Deutsche Technologie-Unternehmen sind für China von großem Interesse. Bieter aus dem Reich der Mitte haben es besonders auf Mittelständler abgesehen. Neben der Angst vor der Abwanderung von Know-how schwingt dabei auch immer die Sorge vor der Schwächung deutscher Unternehmen mit. Zu Recht?

Von chinesischen Investoren übernommene deutsche Unternehmen leiden einer Studie zufolge nicht unter dem Eigentümerwechsel. „Die bisher vorliegende Evidenz unterstützt nicht die Vermutung, dass chinesische Direktinvestitionen in Deutschland zu einer Schwächung der wirtschaftlichen Leistungskraft der betroffenen Unternehmen geführt haben“, heißt es in der veröffentlichten Untersuchung im Auftrag der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI).

„Dabei zeigten sich keine signifikanten Unterschiede im Hinblick auf die Entwicklung der Anzahl der Beschäftigten, des Umsatzes und der Anzahl der Patentanmeldungen“, sagte der EFI-Vorsitzende Uwe Cantner. Auch sei bei Ausgaben für Forschung und Entwicklung nicht gespart worden.

Allerdings seien Unternehmensbeteiligungen durch chinesische Investoren „grundsätzlich mit der Möglichkeit einer politstrategischen Einflussnahme verbunden“, betonte der Wissenschaftler. „Der chinesische Staat kann somit Unternehmen in Deutschland und anderen Ländern aufkaufen und auf deren Know-how zugreifen.“

Umgekehrt sei die Volksrepublik für deutsche Direktinvestitionen im Vergleich zu anderen Ländern schwer zugänglich. „Der Technologieaustausch gestaltet sich noch schwierig und der Schutz von Rechten an intellektuellem Eigentum ist nicht immer gegeben.“ Die Bundesregierung sollte sich daher für gleiche Wettbewerbsbedingungen und Chancengleichheit einsetzen.

Übernahmen umfassender prüfen
Bundeskanzlerin Angela Merkel sicherte dies bei der Übergabe des Jahresgutachtens zu. „Wir möchten Offenheit mit Fairness verbinden“, sagte sie. Auch sei man bei Firmenübernahmen „schon sehr viel aufmerksamer“ geworden. China sei der größte Handelspartner für Deutschland, entwickele sich aber auch sehr dynamisch als Innovationsstandort. Entscheidend sei die Reziprozität in den Beziehungen, also vergleichbare Bedingungen für beide Seiten. Die Industrie klagt seit Langem darüber, dass sich chinesische Firmen auf dem deutschen Markt freier bewegen können als deutsche in China.

Die Expertenkommission befürwortet die Pläne des Wirtschaftsministeriums, Übernahmen durch ausländische Investoren im Bereich sensibler Technologien umfassender zu prüfen. „Die hierbei einbezogenen Technologiebereiche sollten zunächst benannt werden“, heißt es dazu. „Außerdem sind klare und transparente Prüfkriterien zu entwickeln.“ Dies sollte im europäischen Rahmen abgesprochen werden.

Mit Fledermaus-Technik gegen Pipeline-Lecks

(pte) – Ein Team unter Leitung der Lancaster University hat einen neuartigen Scanner entwickelt, um korrodierendes Metall in Öl- und Gas-Pipelines zu orten. Die Lösung funktioniert im Prinzip wie die Ultraschall-Echoortung von Fledermäusen. Sie nutzt jedoch hochenergetische Neutronen- und Gammastrahlen, die auch Erdreich oder Betonummantelungen durchdringen können, um so verborgene Korrosion an Leitungen zu finden – was helfen kann, Lecks zu verhindern.

Rückstreuung à la Fledermaus
Korrosion – vulgo Rost – an Pipelines kann zu Lecks und damit hohen Umwelt – und Reparaturkosten führen. Gängige Methoden, um nach solchen Schäden zu suchen, wie Ultraschall, funktionieren aber nicht oder unbefriedigend, wenn eine Pipeline unterirdisch läuft oder zur Isolation mit Beton oder Kunststoff ummantelt ist. Eben in solchen Fällen soll das neue System, an dem auch das National Physical Laboratory http://npl.co.uk und die Firma Hybrid Instruments http://hybridinstruments.com mitgearbeitet haben, Korrosion doch rechtzeitig erkennen können.

„Das System funktioniert etwa wie das Zirpen von Fledermäusen. Das ist einen Überlagerung unterschiedlicher Ultraschall-Wellenlängen, die zu den Ohren der Fledermäuse zurückgeworfen werden“, sagt Mauro Licata, Doktorand in Lancaster. Allerdings kommen bei dem neuen System hochenergetische, schnelle Neutronen und Gammastrahlen zum Einsatz, da sich diese gut ergänzen. Denn die Neutronen reagieren vor allem mit Materialien geringer Dichte und können dichte Substanzen gut durchdringen. Gammastrahlung dagegen reagiert besonders mit Metallen, kommen aber nicht so gut durch dichte Materialien.

Viel schneller Schäden finden
Das System nutzt also einen kombinierten Neutronen- und Gammastrahl. Die Signale der Rückstreuung erfasst ein neuartiger Kombi-Detektor, ein sogenannter „Mixed Field Analyzer“. In Laborversuchen ist es damit gelungen, Schwankungen in der Dicke von Karbonstahl nachzuweisen – auch, wenn eine isolierende Beton- oder Kunststoffschicht vorhanden war. In der Praxis deuten solche Änderungen in der Materialdicke bei einer Pipeline auf Korrosionsschäden hin.

„Neutronen- und Gammastrahlen-Rückstreuung von einer Stahloberfläche in Echtzeit zu isolieren, analog dazu, wie Fledermausgehirne gestreuten Ultraschall isolieren und Verwirrung durch ihr eigenes Zirpen verhindern, könnte uns helfen, Fehler in Pipelines schneller und effektiver zu finden“, betont Malcolm Joyce, Professor für Nukleartechnik in Lancaster und Technischer Leiter bei Hybrid Instruments. Den Forschern zufolge bedarf es allerdings noch besserer Neutronen-Detektoren, um das System schneller zu machen. Langfristig könnte es auch zur Prüfung anderer Strukturen, wie beispielsweise Brücken, geeignet sein.