Archiv der Kategorie: Klassische Medizin

Reinfall mit Impfstoff Curevac gegen Corona – Ursache und Folgen

Curevac, das war lange Zeit die große Impfstoff-Hoffnung im Kampf gegen Corona. Nachdem das Management vergangene Woche die finalen und weiterhin schlechten Ergebnisse des Impfstoffs mit 48 Prozent Wirksamkeit vermeldet hatte, ging das Unternehmen erst einmal auf Tauchstation. Jetzt erfuhr Business Insider aus Branchenkreisen, dass seit Wochen ein interner Machtkampf in der Tübinger Zentrale tobt.

Dabei geht es unter anderem darum, wie die schlechten Daten interpretiert und nach außen kommuniziert werden sollen. Ziel des Managements von Curevac ist, trotz der spärlichen Wirksamkeitsdaten, den Impfstoff unbedingt durch die Zulassung bei der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) zu bringen. Es ist der letzte Strohhalm, an den sich alle klammern.

Dass der Impfstoff den Konkurrenten Biontech/Pfizer und Moderna meilenweit unterlegen ist, steht seit längerem fest. Und es ist auch seit längerer Zeit intern bekannt, dass es erhebliche Schwierigkeiten mit dem Tübinger Vakzin und der Zulassungsstudie gibt. Studienleiter Peter Kremsner von der Universität Tübingen, den Business Insider nach dem Grund für das schlechte Abschneiden des mRNA-Vakzins fragte, erklärt: „Wir konnten einfach nicht hoch genug dosieren.“ Niemand hat in Europa mehr Probanden geimpft als Kremsner. Da der mRNA-Impfstoff im Gegensatz zu dem von Biontech/Pfizer und Moderna chemisch unmodifiziert ist, führte eine höhere Dosis zu starken Immunreaktionen. Zu Beginn hatten die Ärzte laut Kremsner auch Dosierungen mit 16 und 20 Mikrogramm getestet. Die Unverträglichkeiten war dann nicht mehr tolerabel.

Ein weiteres Problem des Curevac-Vakzins besteht darin, dass er Älteren offenbar kaum zu schützen vermag. „Es wirkt praktisch überhaupt nicht bei Älteren, man kann zumindest sagen, wir haben zu wenig Fälle“, erklärt Studienleiter Kremsner. Insgesamt traten in der Phase-3-Studie 21 Fälle von Covid-19-Infektionen bei den über 60-Jährigen auf. Schlechter hätte es kaum laufen können. Auch wenn dies nicht statistisch signifikant ist, heißt es doch vorläufig, dass die Impfung gerade in derjenigen Altersgruppe seine Wirkung verfehlt, die sie besonders dringend benötigt.

Was heißt dies nun für Menschen, die zwischen 55 und 60 Jahre alt sind? Die komplette Wirkungslosigkeit setzt ja nicht schlagartig mit dem runden Geburtstag ein, bei der eine „60“ auf der Torte prangt?

Aufgrund dieser Daten fahndet das Unternehmen nun nach einer geeigneten Untergruppe, für die es eine Notzulassung oder Zulassung beantragen könnte und für die die EMA mit viel guten Willen dann grünes Licht geben würde. Zumindest hypothetisch. „Wir sind noch in der Analyse und in Gesprächen mit der Europäischen Arzneimittelagentur“, erklärt CEO Franz-Werner Haas gegenüber Businessinsider.

Bei der Präsentation der Studien-Endergebnisse vertrat Haas vergangene Woche hingegen eine komplett andere These. Die zirkulierenden Virusvarianten hätten dazu geführt, dass ihr Vakzin schlechter abgeschnitten habe. Die finale Messung ergab 48 Prozent Wirksamkeit.

Tatsächlich war im europäischen Teil der Studie praktisch nur eine einzige Variante anzutreffen: 92 Prozent der Proben bestanden aus Alpha, also der britischen Variante. Bei den unter 60-Jährigen wirkt das Curevac-Vakzin laut Präsentation gegen Alpha zu 55 Prozent. Addiert man die Gesamtpopulation mit den Älteren hinzu, müsste man noch ein paar Prozentpunkte von der Wirksamkeit abziehen und landete wieder bei etwa 48 oder 50 Prozent.

Auf die Frage, wie hoch die Wirksamkeit im europäischen Part in der Studie insgesamt war und wie hoch damit der Schutz vor der Alpha-Variante, sagte eine Sprecherin von Curevac: „Diese spezifischen Zahlen nach Kontinenten gesplittet haben wir nicht kommuniziert, lediglich jeweils immer bezogen auf die Gesamtanzahl.“

Es fällt ebenfalls auf, dass die Curevac-Untersuchung vom ursprünglichen Studienprotokoll stark abweicht. In der ursprünglichen Version mussten 160 Fälle von Covid-19 erreicht werden, damit das Data Safety Monitoring Board die finalen Datenanalyse vornehmen kann. Festgelegt wurde, dass bei 160 Fällen mit einer 50,5 Prozent Wirksamkeit der Studienerfolg eingetreten wäre. Doch anstatt den Erfolg bei 160 fällen zu vermelden, hat das Unternehmen weitere 68 Fälle abgewartet. 228 Fälle in der Präsentation. Die Gesamtwirksamkeit beträgt 48 Prozent. Damit gilt die Studie nach wissenschaftlichen Kriterien als gescheitert, da sie die Hürde, den so genannten primären Endpunkt, nicht erreicht hat. Studienleiter Kremser wollte dies nicht kommentieren.

Damit würde das Unternehmen dann nicht nach ein paar Tagen einen Zulassungsantrag einreichen, sondern bespricht vielmehr erst mit den Arzneimittelbehörden, für welche Untergruppe eine Zulassung noch möglich wäre. Das kann dauern.

Bei den 10 000 europäischen Probanden der Phase-3-Studie spielte Delta noch gar keine Rolle. Curevac identifizierte in der gesamten Studie insgesamt nur ein Prozent. Denn die Delta-Variante zirkulierte während der Studie noch nicht. Sie verbreitete sich erst rasant nach der Auswertung der Daten.

In Südamerika traten neben dem Ursprungstyp aus dem chinesischen Wuhan fünf namentlich aufgeführte Varianten auf. Hinzu kommen 13 Prozent „Sonstige“. Zählt man Delta aus dem europäischen Teil hinzu, kommt man rechnerisch insgesamt auf den Urspungstyp und sechs häufigere Varianten. Die Grafik in der Präsentation von Vorstandsvorsitzendem Haas nennt hingegen 15 Varianten. Die fehlenden neun Varianten verbergen sich unter den dreizehn Prozent „Sonstige“, spielen daher zahlenmäßig für das Gesamtgeschehen eine eher untergeordnete Rolle. Nur sechs Varianten und 13 Prozent „Sonstige“, davon ein einziges Prozent Delta, kamen in der Studie vor. Die These, welche die niedrige Wirksamkeit hauptsächlich auf das schwierige Variantenumfeld schiebt, wirkt auf der Grundlage dieser Zahlenanalyse weit hergeholt.

Noch dazu steht nun fest: Die anderen mRNA-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna wirken gut gegen die Varianten. Hier büßt die Effektivität einige Prozentpunkte ihrer 95-prozentigen beziehungsweise 94-prozentigen Wirksamkeit ein. Nur Delta scheint die Wirksamkeit der Impfstoffe möglicherweise empfindlich zu senken.

Aktuell verschleiert nun Curevac offenbar das Problem und sagt, sie hätten die erste Studie mit validen Daten zu den Varianten präsentiert. Erst die umfassende Veröffentlichung der Endergebnisse dürfte Klarheit schaffen, was das Curevac-Vakzin kann und was nicht. „Die Studiendaten werden wie für klinische Studien üblich demnächst im Rahmen einer wissenschaftlichen Publikation veröffentlicht“, teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit.

Wie kam es zu den Fehlern? Man habe am Anfang Zeit verloren, sagt ein Brancheninsider gegenüber Business Insider, und sei viel zu spät mit der Phase-3-Studie gestartet. Als die Studie im Dezember vergangenen Jahres dann begann, wurde der erste Impfstoff von Biontech/Pfizer in der EU bereits zugelassen. So zögerten viele potentielle Probanden, da die Leute hofften, auf irgendeinem Weg an das wirksame Biontech/Pfizer-Vakzin heranzukommen. In der Curevac-Studie bestand ja eine 50-prozentige Wahrscheinlichkeit, statt des Impfstoffs eine unwirksame Scheinimpfung zu erhalten. Nur schleppend konnte Curevac daher die nötigen Probanden rekrutieren.

Interessant wird sein, ob die EU der Firma das Vakzin überhaupt abnehmen wird. In der Online-Pressekonferenz vergangene Woche gab sich Vorstandschef Haas selbstbewußt und sagte, es gäbe eine Abnahmeverpflichtung der EU für den Impfstoff, wenn die EMA eine Zulassung erteilen würde. Doch das stimmt so nicht.

Coronameldung über Abwasser

(DWA) – Wasser als zentraler Baustein der lebenswerten Zukunftsstadt und Coronamonitoring über den Abwasserpfad – mit zwei hochaktuellen Themen beteiligt sich die DWA Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall an der vom Bundespräsidenten und der DBU Deutschen Bundesstiftung Umwelt ausgerichteten „Woche der Umwelt“. Unter dem Motto „So geht Zukunft!“ findet die Woche der Umwelt dieses Jahr am 10. und 11. Juni digital statt. „Wir bedauern, dass es dieses Jahr nicht möglich ist, den Bürgern die Themen der Wasserwirtschaft im direktem Kontakt im Park des Schloss Bellevue näher zu bringen. Gleichzeitig freuen wir uns aber, durch das digitale Format bundesweit Menschen für die wasserbewusste Zukunftsstadt begeistern und über die vielfältigen Möglichkeiten des Coronamonitorings über den Abwasserpfad informieren zu können“, betont Johannes Lohaus, Sprecher der DWA-Bundesgeschäftsführung. „Zudem sind wir sehr stolz, zum vierten Mal in Folge von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt als Aussteller für die Woche der Umwelt ausgewählt worden zu sein.“

Fachforum Corona auf der Spur
Genmaterial von Coronaviren – nicht das Virus selbst, das Coronavirus kann als behülltes Virus im Abwasser nicht überleben – ist im Abwasser nachweisbar. Dies bietet der Pandemiebekämpfung vielfältige Möglichkeiten. Über den Abwasserpfad können Änderungen im Infektionsgeschehen bereits fünf bis zehn Tage vor den offiziell ermitteln Fallzahlen erkannt werden. Auch asymptomatisch Infizierte werden über den Abwasserpfad erfasst, Mutationen des Virus können frühzeitig nachgewiesen werden. Zudem ist auch eine Rückverfolgung über das Kanalnetz zu Corona-Hot-Spots möglich. Aufgrund dieser Möglichkeiten hat die EU-Kommission bereits im Frühjahr allen Mitgliedsstaaten den Aufbau eines entsprechenden Monitoringsystems dringend empfohlen. In Deutschland laufen aktuell zahlreiche Pilotprojekte, um das System in der Praxis zu etablieren. Die DWA vernetzt die Forschung und Praxis im vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt CoroMoni.
Diese umfassenden Möglichkeiten und konkrete Praxiserfahrungen stehen im Mittelpunkt des Fachforums „Corona auf der Spur“, das die DWA am 10. Juni von 14.00 bis 15.00 Uhr auf der Woche der Umwelt anbietet. Das Fachforum beginnt mit einem kurzen Filmbeitrag, der den gesamten Prozess des Abwassermonitorings darstellt und erläutert. Anschließend belegen zwei Vorträge, wie ein solches Überwachungssystem in der Pandemiebekämpfung eingesetzt werden kann. Prof. Jörg Drewes zeigt anhand des von ihm koordinierten Projektes „Berchtesgadener Land“, wie ein abwasserbasiertes Überwachungs- und Frühwarnsystem in ein pro-aktives Krisenmanagement münden kann – eine Blaupause für andere Kommunen in Deutschland! Welche Möglichkeiten das Coronamonitoring über den Abwasserpfad für das Aufspüren und den Nachweis von Virusmutationen bietet, analysiert Prof. Susanne Lackner, TU Darmstadt. Abschließend stehen die Experten für Fragen im Chat zur Verfügung.

Wasserbewusste Zukunftsstadt

Schöner Wohnen, mehr Grün in der Stadt, bestmöglich geschützt vor Starkregen – und gleichzeitig eine sichere Wasserversorgung der Grünanlagen sowie ein wesentlicher Beitrag zur Milderung des Hitzestresses an heißen Sommertagen. Die wasserbewusste Zukunftsstadt bietet viele Vorteile. Die DWA nutzt das Ausstellerforum der Woche der Umwelt, um die Bürger über die zahlreichen Vorteile einer wasserbewussten Zukunftsstadt zu informieren. Im Fokus stehen konkrete und einfach realisierbare Maßnahmen für Bürger und Kommunen. Grün auf dem Balkon, auf dem Dach, auf der Garage und vor dem Haus schafft nicht nur Lebensräume für Insekten und Kleinstlebewesen, sondern auf diesen Grünflächen versickert der Regen und die Verdunstung der Pflanzen bringt Kühlung. Die Fassadenbegrünung ist nicht nur etwas fürs Auge, sondern der Feinstaub wird durch die Vegetation merklich reduziert. Die DWA stellt Kommunen und Bürgern umfassendes Informationsmaterial zur wasserbewussten Zukunftsstadt zur Verfügung.

 

Darm beeinflusst unser Gehirn, unsere Stimmung und Depressionen – Mit einer Einleitung von Jean Pütz

Es stimmt tatsächlich, dass die Darmflora und das gesamte Mikrobiom einen Einfluss auf Darmsystem hat. Nach dem ich vor 40 Jahren – deutlich vorwissenschaftlich deklariert – in der Hobbythek verbreitet habe, hat sich diese Aussage wissenschaftlich immer mehr verdichtet und ist heute Stand der Wissenschaft. So etwas wird auch medizinisch als Gold-Standard bezeichnet. Mit Fug und Recht kann man behaupten: Ist der Darm gesund, ist auch sein Träger, der Mensch, gesund. Immerhin ist das Immunsystem die absolut beste Apotheke der Welt. Das Immunsystem wird auch durch Impfen generell gestärkt, egal um welches Impfserum es sich handelt. Diese Erkenntnis hat mir seinerzeit schon mein Freund, Prof. Dr. Gerd Uhlenbrock, emeritierter Immunologe an der Universität zu Köln, eingetrichtert, schon vor besagten 40 Jahren. Er hat Recht behalten und ist mit seinem Wissen über 90 Jahre alt. Daran ist bestimmt aber auch sein Humor beteiligt, denn er hat seine Weisheit in denkwürdigen Aphorismen nieder geschrieben. Vielleicht verhilft dies einigen generellen Impfgegnern zu Umdenken, denn mit modernen Impfstoffen ist das Risiko mittlerweile millionenfach geringer als von irgendeiner gefährlichen Viren-Erkrankung erwischt zu werden.

In der beigefügten Pressemitteilung distanziere ich mich allerdings von der darin enthaltenen Werbung. Ob das dort propagierte präbiotische Nahrungsergänzungsmittel JO2-Phyto wirksam ist, ist wissenschaftlich nicht bewiesen, aber ich persönlich ziehe meinen selbst hergestellten probiotischen Joghurt mit den in der Hobbythek vorgestellten gefriergetrockneten probiotischen Joghurt-Bakterien vor. Täglich 250 ml Joghurt mit Früchten der oder tiefgefroren, sind die Quelle meiner Gesundheit geworden. Ich weiß nicht, ob es daran liegt, aber mit 85 Jahren bin ich nicht einen Zentimeter kleiner geworden. Vielleicht liegt es auch an dem im Joghurt enthaltenem Calcium.

Jean Pütz

(pts) – Über den sogenannten Vagusnerv ist das menschliche Gehirn auf direktem Weg mit dem Darm verbunden. Die Kommunikation zwischen den beiden Organen ist aber komplexer und findet zusätzlich auf indirekten Wegen statt, nämlich mithilfe von Metaboliten. Das sind Stoffwechselprodukte der Darmbakterien, die das Verdauungsorgan verlassen, die Blut-Hirn-Schranke überwinden können und somit Einfluss auf unsere Stimmung nehmen. Die Darm-Hirn-Achse ist vielen Menschen zunächst einmal gar nicht bewusst. Dabei kennt eigentlich jeder das Gefühl, wenn psychischer Stress sprichwörtlich „auf den Magen schlägt“ oder man Ärger „runterschluckt“. Werden die Darmbewohner falsch ernährt, können auch unser Gehirn und unsere Psyche Schaden nehmen, bis hin zu Depressionen. Das Forschungsteam rund um PhytoEffekt Gründer Dr.-Ing. Henning Rosenfeld, hat das präbiotische Nahrungsergänzungsmittel JO2-Phyto entwickelt, das unseren Darm und die Darmflora rezeptfrei und auf pflanzlicher Basis unterstützt. Die guten Bakterien wachsen und gesundheitsfördernde Metabolite entstehen. Allen voran die kurzkettigen Fettsäuren (engl. SCFA – short chain fatty acids).

Unser Darm braucht Hilfe, um unserem Hirn zu helfen
Während eine gesunde Darmflora emotional ausgleichend auf den Menschen wirkt, können Störungen des Mikrobioms im Darm zu Gereiztheit und aggressiver Stimmung führen. „Probiotische Lactobacillen senken sowohl bei Mäusen als auch beim Menschen den Stresslevel deutlich. Immerhin werden vom Mikrobiom psychoaktive Substanzen produziert, wie zum Beispiel Neurotransmitter oder Hormone, die dann das Gefühlsleben beeinflussen“, so Dr. Ing. Henning Rosenfeld, dessen Forschungsteam das „ideale Futter“ für das Mikrobiom auf pflanzlicher Basis mit den Flavanonen Naringin, Naringenin und Apigenin entwickelt hat. Aufgrund der weitreichenden Einflüsse des Mikrobioms ist es sinnvoll, wenn man sich der Darmflora annimmt und sie wieder ins Gleichgewicht bringt.

Gestörte Darm-Hirn-Achse mit dem Phyto-Effekt wieder geraderücken
Serotonin wird allgemeinhin als Glückshormon bezeichnet. Für den gesamten körpereigenen Serotonin-Haushalt spielt der Darm die entscheidende Rolle. 95 Prozent des Serotonins im Körper werden vom Darm und vom Darmmikrobiom hergestellt. Hier ist das Serotonin unter anderem für die Regulation des Glukose- und Fettstoffwechsels, die Verhinderung von Darmentzündungen und die Steigerung der Darmmotilität verantwortlich. Kürzlich wurde auch gezeigt, dass es sogar schützend gegen das Eindringen pathogener Mikroorganismen wirkt, die Krankheiten verursachen.

Nur fünf Prozent des Serotonins findet man im Gehirn, wo es seine stimmungsaufhellende Wirkung entfaltet. Der direkte Weg ins Gehirn ist dem Serotonin aufgrund der Blut-Hirn-Schranke leider versperrt, sodass es dort selbst produziert werden muss. Das erfolgt über die Aminosäure Tryptophan, die direkter Vorläufer des Serotonins ist. Die Serotonin-Menge im Gehirn lässt sich über den Tryptophanspiegel beeinflussen – und dieser wiederum über die Ernährung – bzw. den Darm. Dass tryptophanhaltige Nahrungsmittel stimmungsfördernd wirken, kann man zum Beispiel beim Verzehr von Schokolade erfahren.

Kapsel zur Regulation des Serotonin-Systems
Da der Darm das Hauptreservoir für Serotonin darstellt und über die Tryptophanaufnahme entscheidet, spielt er zusammen mit seinen Mikrobiom-Wechselwirkungen eine fundamentale Rolle in der Regulation des Serotonin-Systems. Neueste Studien haben gezeigt, dass die Mikroben die serotoninproduzierenden Darmzellen entscheidend durch Metabolite zur Produktion anregen. Es sind die kurzkettigen Fettsäuren (SCFA), die maßgeblich an der Regulation des Serontonin-Systems mitwirken. Und die SCFA-Produzenten kann man durch die richtigen Pflanzenstoffe fördern.

KI-Hörhilfe liefert besseres Sprachverstehen – Mit einer Einführung von Jean Pütz

Dass im Alter das Hörvermögen abnimmt, beruht nicht nur auf physikalischen Ursachen. Dass z. B. die Cochlea altert und daher höhere Sequenzen nicht mehr wahrgenommen werden. Hören ist viel mehr, weil es im Gehirn oft vernachlässigte komplizierte Prozesse auslöst. So ist z. B. das Hören auch mit dem Auge verbunden. Beim gesunden Menschen werden die Signale, die vom Gesichtsfeld herkommen, selektiv verstärkt. Wenn aber ein Sprachengewirr, verbunden mit Echo- und Nebengeräuschen anfallen, wird das Gehirn umso stärker gefordert, um z. B. Sprache verstehen zu können. Das nimmt im Alter einfach ab. Leider wird das sehr selten im Fernsehen, Hörfunk oder Film von den Regisseuren berücksichtigt. Selbst im modernen Hörgerät, dass ganz individuell per Computer  auf den jeweiligen Besitzer des Ohr einstellbar ist, und die höheren Frequenzen anhebt, verbessert nicht das Verständnis. Dem soll Künstliche Intelligenz Abhilfe leisten, vor allen Dingen Nebengeräusche so unterdrücken, dass das Alters-Handicap reduziert wird.

Dazu die folgende Pressemitteilung

Jean Pütz

(pte) – Forscher des Hörforschungslabors der Universität Bern und des Inselspitals haben in einer Machbarkeitsstudie gezeigt, wie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) bei der Entwicklung von Hörimplantaten hilft und den „Cocktail-Party-Effekt“ ermöglicht. Damit soll der hörbeeinträchtigte Träger aus vielen Schallquellen gezielt Sprache herausfiltern können – normalerweise eine natürliche Fähigkeit des Gehirns. Konkret geht es bei dem neuen Ansatz um virtuelle Zusatzmikrofone, deren Signale mittels KI errechnet werden.

78.000 Audiodateien genutzt
Je mehr Mikrofone ein Audioprozessor zur Verfügung hat und je breiter diese verteilt sind, desto besser kann eine Hörhilfe den Schall aus einer bestimmten Richtung fokussieren, wie die Forscher festgestellt haben. Für den Studienaufbau haben die Ingenieure den „Bern Cocktail-Party-Datensatz“, eine Sammlung einer Vielzahl von Geräusch-Szenarien mit mehreren Schallquellen aus Multi-Mikrofon-Aufnahmen von Hörgerät- oder Cochlea-Implantat-Trägern genutzt.

Anhand von 65 Stunden Audioaufnahmen (über 78.000 Audiodateien) wurde das neuronale Netzwerk zur Verfeinerung eines oft eingesetzten Richtwirkungs-Algorithmus (Beamforming) trainiert. Für ein verbessertes Sprachverstehen errechnete der Deep-Learning-Ansatz zusätzliche virtuelle Mikrofon-Signale aus dem Audiodaten-Gemisch. 20 Probanden testeten das KI-verstärkte Hören in einem subjektiven Hörtest, begleitet von objektiven Messungen. Insbesondere in Cocktail-Party-Settings verbesserten die virtuell abgetasteten Mikrofonsignale die Sprachqualität signifikant, heißt es.

Neue Hörprothesen-Generation
Den Wissenschaftlern zufolge profitieren Hörgeräte- und Cochlea-Implantat-Nutzer besonders in lauten Umgebungen von dem vorgestellten Ansatz. „Künstliche Intelligenz stellt einen wichtigen Beitrag für die nächste Generation von Hörprothesen dar, da sie großes Potenzial für eine Verbesserung des Sprachverstehens, insbesondere in schwierigen Hörsituationen hat“, so Marco Caversaccio, Chefarzt und HNO-Klinikdirektor. Die neuartigen Ansätze kommen im Rahmen von Translationsstudien direkt den Patienten zugute, schließt der Mediziner.

Corona-Kakophonie

Ulrich Trottenberg

Hat Deutschland in der Corona-Pandemie alles richtig, nicht alles, aber im Großen und Ganzen alles richtig, vieles falsch oder sogar fast alles falsch gemacht? Darüber gehen die Meinungen auseinander und für ein abgewogenes Urteil ist es sicher noch zu früh. Die überwiegende Mehrheit der Öffentlichkeit würde sich heute vermutlich auf eine mittlere Bewertung (im Großen und Ganzen richtig, aber Fehler im Einzelnen) einigen können.

Es sind die Politiker:innen, die Expert:innen und die Medien, die für die Bewältigung und den Umgang mit der Pandemie eine wesentliche, vielleicht entscheidende Rolle gespielt haben. Und wie die Rollen zu bewerten sind, auch da gibt es in der Öffentlichkeit sehr unterschiedliche Einschätzungen, die reichen von: Die Politik war beratungsresistent und alle Fehler sind gemacht worden, weil die Politik sich nicht nach den Expert:innen gerichtet hat – bis: Die Politik hat versucht, sich nach den Expert:innen zu richten, aber deren öffentlicher Streit hat kaum Klarheit, sondern ein überwiegend diffuses Bild ergeben. Und was die Medien angeht, gehen die Meinungen von „sie haben ihr bestes“ getan bis zu: Sie haben durch ihre Inkompetenz oder durch Berichterstattung nach dem Motto „Bad news is good news“ die Verunsicherung der Öffentlichkeit noch verstärkt.

Aus wissenschaftlicher Sicht ist vieles nicht gut gelaufen. Natürlich gibt es nicht „die Wissenschaft“, die sich über die Bewertung von Maßnahmen, von Entwicklungen und von Prognosen einig ist. Wissenschaft lebt vom Diskurs, auch bei sorgfältigster, den wissenschaftlichen Standards genügender Arbeit gibt es immer unterschiedliche Bewertungen und Einschätzungen, bisweilen auch Streit in der Wissenschaft, der dann nach festgelegten Regeln ausgetragen werden muss. Hätte sich aber in einer so schwierigen, angstbesetzten Zeit wie der Pandemie „die“ Wissenschaft nicht um eine einigermaßen einheitliche Bewertung der Situation bemühen und sich abstimmen müssen, bevor sie sich in der Öffentlichkeit äußert?

Das ist leider kaum geschehen. Jedenfalls haben wir in den Talkshows – und die sind neben den offiziellen Verlautbarungen eine sehr wichtige Informationsquelle für die Öffentlichkeit – zwar zunächst immer die gleichen „Expert:innen“ erlebt, deren Position und Auftreten man bei regelmäßigem Talkshow-Konsum schon voraussagen konnte, sind aber mit durchaus unterschiedlichen Einschätzungen konfrontiert worden: Da waren die warnenden, kritischen Stimmen und die weniger pessimistischen, die konkreten und die allgemeinen, die sachlichen und die selbstdarstellerischen. Es ist keine Frage, dass in manchen Talkshows durchaus hochkompetente Fachleute zu Wort gekommen sind. Viele der kompetentesten deutschen Fachleute, z.B aus der Statistik und aus dem Bereich der mathematischen Modellierung, sind gar nicht erst eingeladen worden – oder hatten auf den Talkshow-Zirkus keine Lust.

Corona-Modellrechnungen und ihre Grenzen

Ulrich Trottenberg

In den Medien ist seit Beginn der Corona-Pandemie fast täglich von „Modellen“ die Rede, mit denen die Ausbreitung und die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Corona-Virus beschrieben und möglichst auch prognostiziert werden sollen. Solche Modelle haben bei den politischen Entscheidungen über Corona-bezogene Maßnahmen eine wesentliche Rolle gespielt. Seit einigen Wochen werden die Modelle – auch in der seriösen Presse – z.T. heftig kritisiert, weil ihre Prognosen in vielen Fällen nicht eingetroffen sind.

Unter den uns bekannten Modellen sind einige mathematisch anspruchsvoll, sorgfältig konzipiert und vorsichtig in den Prognosen. Neben diesen ausgereiften Modellen werden in den Medien aber auch simple, bisweilen grob vereinfachende und irreführende Modelle kommuniziert. Wir gehen im Folgenden auf die Möglichkeiten und auf die Grenzen mathematischer Modellierung detaillierter ein.

Für die politischen Maßnahmen zur Corona-Eindämmung spielen seit Beginn der Pandemie die Empfehlungen insbesondere der virologischen und epidemiologischen Experten eine wesentliche Rolle. Dabei werden zur Beschreibung und zur Prognose der Ausbreitung der Pandemie oft auch mathematische Modelle benutzt. Die Ergebnisse solcher Modelle werden von (mehr oder weniger kompetenten) Experten gern auch in den bekannten TV-Talkshows präsentiert. Die mit den Modellen errechneten Prognosen haben sich nun aber in vielen Fällen als nicht realistisch erwiesen. Was ist da los? Warum werden die Öffentlichkeit, die Politik und gerade auch die Experten von den tatsächlichen Entwicklungen immer wieder überrascht? Warum gelingt es nicht, zum Beispiel die Inzidenzen einigermaßen präzise vorauszusagen und damit auch die Maßnahmen vorausschauend zu planen? Nun gibt es einerseits mathematisch ausgereifte, höchst anspruchsvolle, andererseits aber auch weniger durchdachte Modelle bis hin zu grob vereinfachenden „Modellen“ und Simulationen. Dass die (bei den Moderatoren der Talkshows besonders beliebten) vereinfachenden Modelle die realen Verhältnisse nicht adäquat beschreiben, ist ja vielleicht nicht weiter verwunderlich. Aber auch die anspruchsvollen, mathematisch durchdachten Modelle kommen oft an Grenzen. Warum sind realistische Prognosen offensichtlich so schwierig?

Mathematische Modelle, das sind Formelsysteme, die mit intelligenten Algorithmen auf schnellen Rechnern ausgewertet werden. Die gesamte Physik wird von mathematischen Theorien und Modellen beherrscht, und das gilt ähnlich auch für alle anderen Natur- und Ingenieurwissenschaften zunehmend werden auch wirtschaftliche und gesellschaftliche, medizinische und psychologische Prozesse mathematisch beschrieben und optimiert.

Warum ist die Mathematik in den naturwissenschaftlich- technischen Bereichen so überaus erfolgreich, bei Corona aber so wenig überzeugend? Die öffentlich diskutierten mathematischen Corona-Modelle und Simulationen können Entwicklungen beschreiben und erklären, aber bei den Prognosen versagen sie in vielen Fällen. Um das verständlich zu machen, gehen wir auf drei repräsentative Beispiele mathematischer Modellierung etwas genauer ein.

  1. Nehmen wir die klassische Physik (und die darauf beruhende Technik). Die meisten Vorgänge der klassischen Physik lassen sich mit mathematischen Gleichungen, in der Regel mit Differentialgleichungen, vollständig erfassen. Ein schönes Beispiel sind die Zustände und Vorgänge der Elektrizität und des Magnetismus. Sie lassen sich mit wenigen mathematischen Gleichungen(in diesem Fall „partiellen“ Differentialgleichungen) sehr hoher Abstraktion beschreiben. Diese „Maxwell-Gleichungen“ bilden das zugehörige mathematische Modell. Die Auswertung dieser Gleichungen mit Hilfe geeigneter Algorithmen erlaubt die Beschreibung, Prognose und Optimierung der elektrischen und magnetischen Phänomene und Prozesse mit hoher Präzision. Die Maxwell-Gleichungen bilden damit auch die theoretische Grundlage der gesamten Elektrotechnik. Hier leistet die Mathematik das Maximum dessen, was man von ihr erwarten kann. Ähnliches gilt für alle Kernbereiche der klassischen und der modernen Physik und für alle ihre technischen Anwendungen. Der Siegeszug der Technik in den letzten 250 Jahren und die industrielle Revolution sind ganz wesentlich ein Siegeszug der mathematischen Modellbildung.
  2. Die Prognosemöglichkeiten kommen aber an Grenzen, wenn es sich bei den Phänomenen, die mit den mathematischen Modellen beschrieben werden, um chaotische Phänomene handelt. Als chaotisch wird ein (physikalisches) System oder Phänomen insbesondere dann bezeichnet, wenn es auf kleine (minimale) Änderungen der Bedingungen in der Ausgangssituation (in den Eingabedaten) mit großen (drastischen) Veränderungen im Verhalten, insbesondere im längerfristigen Verhalten, reagiert. Dafür gibt es eine Fülle von Beispielen, neben sehr einfachen physikalischen Systemen wie dem Doppelpendel auch hochkomplexe Systeme. Das fundamentale Beispiel eines chaotischen Systems, mit dem wir täglich zu tun haben, ist das Wetter. Auch wenn die ausgeklügelten mathematischen Wettermodelle, die feinkörnige weltweite Wetterdatenmessung und -erfassung, die höchst effizienten Algorithmen und die atemberaubende Rechengeschwindigkeit der Supercomputer heute eine erstaunlich genaue Wetterprognose für die jeweils nächsten Tage ermöglichen – deutlich über 10 Tage hinaus ist eine sichere Wettervorhersage (außer bei ungewöhnlich stabilen Wetterlagen) praktisch nicht möglich.

Dabei entziehen sich das Wetter und viele andere chaotischen Systeme und Phänomene wie das genannte Doppelpendel, Crashphänomene, turbulente Strömungen, Erdbeben, Vulkanausbrüche usw. nicht grundsätzlich einer mathematischen Modellierung. Denn es handelt sich bei solchen Erscheinungen nicht um vollständig zufällige, sondern durchaus um deterministische Ereignisse, bei denen aber eine sichere und längerfristige Vorhersage – insbesondere wegen der hochsensiblen Abhängigkeit von den Ausgangsdaten – nicht möglich ist.

Auch ohne die Corona-Phänomene vollständig verstanden zu haben, kann man nach Einschätzung des Autors heute davon ausgehen, dass chaotische Elemente bei der Übertragung der Viren, der Wirkung auf den menschlichen Körper und der globalen Ausbreitung der Pandemie durchaus eine Rolle spielen.

  1. Die Vorhersagemöglichkeiten sind noch weiter eingeschränkt, wenn man es mit individuellem menschlichem Verhalten und mit menschlichen Entscheidungen in kritischen Situationen zu tun hat, wie bei der Corona-Pandemie.   Da sind dann oft nur statistische Erfassungen, Beschreibungen und Aussagen möglich. Aber auch solche Phänomene kann man mit mathematischen Modellen zu beschreiben versuchen. Uns sind in den Medien, insbesondere in den TV-Talkshows (Illner, Maischberger, Will; Lanz usw.) die Ergebnisse solcher Modelle immer wieder präsentiert worden, von meist den gleichen, mittlerweile bundesweit bekannten Modellierern. Detailliertere Informationen über den mathematischen Charakter der Modelle hat man in den Medien dabei nicht erhalten – das verhindern schon die (meist ganz und gar nicht Mathematik-affinen) Moderatorinnen und Moderatoren. Eine Bewertung der Modelle ist allerdings auch bei genauer Kenntnis der Modell-Mathematik nicht einfach; letztlich werden die Modelle erst durch die Realität bestätigt (oder widerlegt).

Der Autor hat sich nur mit einem Modellierungsansatz („On COVID-19 Modelling“ von Robert Schaback) genauer auseinandergesetzt. Das Modell beschreibt die COVID-19-Epidemie mit einem (gemäß Robert Schaback vergleichsweise einfachen) System gewöhnlicher Differentialgleichungen. Aus Sicht des Autors ist das Modell sehr sinnvoll und überzeugend, es orientiert sich eng an den jeweils aktuellen, verfügbaren Daten. Demgegenüber erfasst z.B. das ebenfalls überzeugende Modell des Fraunhofer-Instituts für Techno- und Wirtschaftsmathematik ITWM (Anita Schöbel et al.) auch die zeitlichen Verzögerungen bei der Corona-Übertragung. Die ernst zu nehmenden Modelliererinnen und Modellierer betonen, dass die Qualität der modellbasierten Vorhersagen sensibel von den jeweils verfügbaren Daten abhängt; deren Verfügbarkeit wird allerdings als häufig sehr unzureichend bezeichnet.

Differentialgleichungen modellieren das epidemische Geschehen eher makroskopisch, also gewissermaßen durch globale Betrachtung der Pandemieausbreitung, ähnlich einer Strömung oder einer Flut. Vom den einzelnen Individuen wird dabei abstrahiert. Daneben werden aber auch fundamental andere Modellierungsansätze verfolgt. Bei sogenannten „agentenbasierten“ Ansätzen wird z.B. versucht, das Verhalten und die Entscheidungen der einzelnen Individuen und die Auswirkungen dieser Entscheidungen auf das Gesamtsystem mathematisch zu erfassen. Ob diese Ansätze erfolgversprechender sind als die makroskopischen Ansätze, kann der Autor nicht fundiert beurteilen; er ist eher skeptisch.

Von Modellierern und Kommentatoren wird gelegentlich argumentiert, dass die politisch veranlassten Lockdown-Maßnahmen und Einschränkungen effektiver gewesen wären, wenn die Politik die Modellprognosen ernster genommen hätte. Das mag im Einzelfall zutreffen. Aber selbst bei intimer Kenntnis der zugrundeliegenden Mathematik ist eine objektive Bewertung der unterschiedlichen Modellansätze und Modellprognosen nicht einfach. Die Experten und Modellierer haben sich in vielen Fällen auch nicht einheitlich geäußert. Besonders deutlich sind die unterschiedlichen Positionen und fragwürdigen Empfehlungen der Experten bei den Impfstrategien geworden – mit der Folge einer fatalen Verunsicherung der Öffentlichkeit.

Schließlich: Dass mathematische Modellierungsmöglichkeiten in Extremsituationen und Katastrophen an prinzipielle Grenzen kommen, dafür ist der überaus tragische Verlauf der Loveparade in Duisburg im Jahre 2010 ein erschütterndes Beispiel.

Gentherapie lässt Blinden wieder sehen

Update: Ein 58-jähriger Mann, der durch eine degenerative Erbkrankheit erblindet war, konnte dank einer innovativen Technik, die Gentherapie und Lichtstimulation kombiniert, sein Sehvermögen teilweise wiedererlangen.

(Sorbonne) – Mit Hilfe einer optogenetischen Therapie haben Forscher das Sehvermögen eines erblindeten Mannes teilweise wieder hergestellt. Der 58-Jährige hatte aufgrund der erblichen Erkrankung Retinitis pigmentosa vor 40 Jahren nach und nach sein Augenlicht verloren. Für die experimentelle Therapie machten die Forscher bestimmte Zellen in seinem Auge mithilfe eingeschleuster Gene lichtempfindlich. Zusätzlich entwickelten sie eine spezielle Brille, die Licht in der richtigen Wellenlänge auf die Netzhaut wirft. Damit gelang es dem Mann nach mehrmonatigem Training, Formen zu erkennen und Gegenstände zu identifizieren. Die Fallstudie zeigt das Potenzial der Optogenetik und gibt Hoffnung auf zukünftige Therapien.

Wer unter der genetischen Krankheit Retinitis pigmentosa leidet, verliert nach und nach das Augenlicht. Ursache sind verschiedene Mutationen, die dafür sorgen, dass die lichtempfindlichen Zellen der Netzhaut zerstört werden. Rund 40.000 Menschen in Deutschland sind von der neurodegenerativen Krankheit betroffen. Zur Behandlung gibt es verschiedene Forschungsansätze – darunter Stammzelltherapien und implantierbare Netzhaut-Chips. Zugelassen ist bislang eine Gentherapie, die im Frühstadium der Erkrankung Patienten mit einer bestimmten Mutation helfen kann. Da die Krankheit jedoch durch verschiedene Mutationen verursacht werden kann, fehlt bislang eine Therapie für den Großteil der Patienten.

Gentherapie macht Zellen lichtempfindlich

Ein Team um José-Alain Sahel von der Sorbonne Université in Paris hat nun einen Behandlungsansatz erprobt, der unabhängig von der Art der zugrunde liegenden Mutation Besserung verspricht. Dazu setzten die Forscher auf Methoden der Optogenetik. Dabei wird mit Hilfe eines viralen Vektors Erbgut in Zellen eingeschleust, das diese lichtempfindlich macht. Das Virus dient dabei als Genfähre, um das neue Erbmaterial an den gewünschten Ort zu bringen. In der Forschung wird die Technik bereits seit rund 20 Jahren eingesetzt, um mit Lichtimpulsen Reaktionen in Zellen auszulösen. Sahel und seine Kollegen haben nun das therapeutische Potenzial der Optogenetik ausgelotet.

Für ihre Machbarkeitsstudie injizierten sie einem 58-jährigen Mann, bei dem vor 40 Jahren Retinitis pigmentosa diagnostiziert wurde, virale Vektoren ins Auge, die das Genmaterial für ein lichtempfindliches Protein namens ChrimsonR mitbrachten. Dieses sogenannte Kanalrhodopsin bildet Ionenkanäle in der Zellmembran. Wird es durch Licht angeregt, öffnen sich die Kanäle und sorgen dafür, dass Signale an die nachgeschalteten Zellen im Gehirn weitergeleitet werden. Auf diese Weise machte Sahels Team die Gliazellen im Auge des Erblindeten lichtempfindlich – Zellen, die sonst keine optischen Signale aufnehmen.

Sehen mit Spezialbrille

Nach viereinhalb Monaten, als sich die ChrimsonR-Produktion in den Zellen stabilisiert hatte, begannen die Forscher mit dem Probanden das Sehtraining. Da ChrimsonR nur auf gelb-oranges Licht reagiert und dieses eine höhere Intensität haben muss, als es bei normalen Helligkeitsverhältnissen vorkommt, entwickelten die Forscher eine spezielle Brille, bei der eine Kamera die Umgebung aufnimmt, das Bild in Echtzeit in gelb-oranges Licht der richtigen Stärke umwandelt und auf die Netzhaut wirft. Und tatsächlich: Nach sieben Monaten des Trainings gelang es dem Probanden mit Hilfe der Brille, im Labor und im Alltag Gegenstände zu identifizieren, zu zählen und gezielt zu berühren.

Im EEG zeigte sich wie erhofft, dass das Sehzentrum im Gehirn aktiviert wurde, während der Proband mit seiner Spezialbrille dabei zusah, wie die Forscher einen Becher auf einen Tisch stellten und wieder entfernten. Nebenwirkungen traten während der Studie nicht auf. „Die Studienergebnisse beweisen das Wirkkonzept, dass eine optogenetische Gentherapie zur partiellen Wiederherstellung von Sehfähigkeit machbar ist“, sagt Co-Autor Botond Roska von der Universität Basel. Mehr als grobe Formen kann der Proband allerdings nicht erkennen und auch dafür musste er zunächst lernen, seine Umgebung mit Kopfbewegungen visuell abzutasten. Denn da nur ein kleiner Teil der Zellen in seinem Auge durch die Therapie lichtempfindlich wurde, ist sein Sichtfeld sehr begrenzt.

Noch nicht anwendungsreif

„Eine Expression von Photorezeptoren in Sekundärzellen der Retina wird nie die volle Sehfähigkeit zurückbringen können. Allerdings ist die Tatsache, dass ein optogenetisch behandelter Patient sich in seiner Umgebung visuell orientieren und die Zebrastreifen auf der Straße zählen kann, sicherlich ein toller Erfolg und ein Gewinn an Lebensqualität“, kommentiert der Neurowissenschaftler Peter Hegemann von der Humboldt-Universität zu Berlin, der nicht an der Studie beteiligt war. Ein klinischer Einsatz sei dennoch bislang nicht absehbar. Zunächst müsse die Technologie in weiteren Studien geprüft und verbessert werden. Wünschenswert sei zum Beispiel, dass die lichtempfindlichen Proteine gleichmäßiger über die Netzhaut verteilt sind und dass sie besser auf natürliches Licht reagieren. Im aktuellen Experiment war der Patient auf die Spezialbrille angewiesen.

Auch die Autoren der Studie betonen, dass noch viel Forschungsarbeit notwendig ist, bevor die Therapie Patienten angeboten werden kann. In einem nächsten Schritt wollen sie das Verfahren mit weiteren Probanden testen und weiterentwickeln.

Wie gefährlich ist Covid-19 für Schwangere ?

Diese Meldung der Universität zu Kiel möchte ich Ihnen deswegen nicht vorenthalten, weil sie ein Beispiel für moderne seriöse Forschung, bei der statistische Erhebungen eine wichtige Rolle spielen. Man kann die Ergebnisse zwar nicht unmittelbar auf den einzelnen eins zu eins übertragen. Das haben statistische Werte so an sich, aber sie zeigen die wichtige Tendenz, die der Politik Handlungsempfehlungen geben, darauf zu reagieren, mit Gesetzen oder durch gezielte Förderung. Offenbar ist das in diesem Fall nicht bei der Regierung angekommen

Ihr Jean Pütz

(Uni Kiel) – Vor einem Jahr etablierten Mitarbeitende des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein und Dresden unter der Schirmherrschaft der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin (DGPM) das CRONOS-Register, um Auswirkungen von Covid-19 auf Schwangere und deren Neugeborene zu erfassen. Mittlerweile wurden von mehr als 2.000 Schwangeren in Deutschland Daten erhoben. Die gewonnenen Erkenntnisse ermöglichen wissenschaftliche Empfehlungen für die Betreuung der Schwangeren, die auf das deutsche Gesundheitssystem abgestimmt sind.

Mehr als 2.000 während der Schwangerschaft positiv auf SARS-CoV-2 getestete Frauen wurden in dem CRONOS-Register der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin (DGPM) erfasst. Bereits sehr frühzeitig haben die Mediziner erkannt, dass für wissenschaftlich fundierte Behandlungsempfehlungen zum Umgang mit einer SARS-CoV-2-Infektion Daten aus Deutschland eine wichtige Voraussetzung sind. Das wenige Monate vorher von Prof. Dr. Ulrich Pecks und Prof. Dr. Mario Rüdiger etablierte Forschungsnetzwerk der DGPM bildete die optimale Voraussetzung. Innerhalb kürzester Zeit wurden ehrenamtlich die Voraussetzungen für das Register geschaffen, in dem mittlerweile mehr als 150 Kliniken in Deutschland registriert sind. In diesen Kliniken kamen 2020 insgesamt mehr als 180.000 Kinder und damit über 25 Prozent aller Neugeborenen in Deutschland zur Welt.

„Wichtig war uns, dass wir als interdisziplinäre Fachgesellschaft nicht nur Daten der Schwangeren erfassen, sondern auch Aussagen zu den Auswirkungen auf das Neugeborene machen können“, so Prof. Dr. Pecks, Leiter der Geburtshilfe am Universitätsklinikum Schlesiwg-Holstein (UKSH), Campus Kiel. Mittlerweile sind 1619 Neugeborene SARS-CoV-2-infizierter Schwangerer geboren. „Wir können die Frauen, die während der Schwangerschaft positiv auf SARS-CoV-2 getestet wurden, etwas beruhigen: Weniger als fünf von 100 Neugeborenen wurden nach der Geburt positiv auf SARS-CoV-2 getestet und nur sehr wenige sind ernsthaft erkrankt“, so Prof. Dr. Rüdiger, Neugeborenenmediziner und Gründungsdirektor des Zentrums für feto-neonatale Gesundheit am Dresdner Universitätsklinikum.

Allerdings zeigen die Daten auch, dass eine Infektion in der Schwangerschaft mit schweren Verläufen von Covid-19 für die Betroffene einhergehen und somit eine Gefahr für die Schwangere darstellen kann. „Aktuelle Presse-Berichte aus dem Universitätsklinikum in Hamburg zu sehr schweren Verläufen haben uns veranlasst, das CRONOS-Register erneut zu bewerten. Wir finden in ganz Deutschland zurzeit einen Anstieg sehr schwerer Verläufe, bei der die schwangeren Frauen beatmet werden müssen“, erklärt Prof. Pecks. In absoluten Zahlen gesprochen sind dies zwar zum Glück wenige betroffene Patientinnen, jedoch im März und April 2021 mit elf Fällen etwa doppelt so viele, wie in den Monaten davor. „Eine schlüssige Erklärung haben wir hierzu noch nicht, aber wir gehen der Sache nach“, so der Geburtshelfer weiter. Zudem wird eine erhöhte Rate an Frühgeburten beobachtet, die dann eine intensivere Beobachtung und ggf. Behandlung des Neugeborenen nach sich zieht.

Daten internationaler Studien weisen nun darauf hin, dass die Impfung gegen Covid-19 während der Schwangerschaft sicher ist und die bei einer SARS-CoV-2-Infektion vermehrt auftretenden Risiken für Mutter und Kind verhindern kann. Daher hat die DGPM, gemeinsam mit anderen Fachgesellschaften, eine Empfehlung für eine Impfung während der Schwangerschaft ausgesprochen. „Diese schützt nicht nur die Schwangere. Auch bei dem Neugeborenen sind nach einer Impfung der Schwangeren die schützenden Antikörper nachweisbar“, erklärt Prof. Rüdiger.

Aktuell wird das Register um zusätzliche Komponenten erweitert, damit sowohl die psychischen Auswirkungen von Covid-19 beurteilt werden können, aber auch Daten zur Auswirkung der Impfung während der Schwangerschaft und zu den langfristigen Konsequenzen einer Covid-19 Infektion verfügbar sind. Wenngleich das CRONOS-Register flächendeckende Daten für Deutschland liefert, die von großer Bedeutung für die Betreuung von Schwangeren und deren Neugeborenen sind, fand sich bisher keine Möglichkeit einer hinreichenden Finanzierung dieser wichtigen Infrastruktur. „Der enorme Erkenntnisgewinn, von dem die Versorgung Schwangerer in Deutschland enorm profitiert, ist einzig dem ehrenamtlichen Engagement der Beteiligten zu verdanken. Eigentlich ist es eine Blamage, dass unsere Förderanträge immer wieder abgelehnt wurden und wir auf den ehrenamtlichen Einsatz der vielen Beteiligten angewiesen sind“, sagen Prof. Pecks und Prof. Rüdiger.

Prof. Dr. Nicolai Maass, Direktor der Frauenklinik am UKSH, Campus Kiel, ergänzt: „Hier ist jetzt auch mal die Politik gefordert, Wege zu einer dringend notwendigen Finanzierung dieser so wichtigen Studie zu ebnen. Schließlich sind die Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett eine ganz besonders schützenswerte Zeit im Leben einer jungen Familie.“ Zusammen mit Prof. Pecks und dem Kreißsaal-Team des UKSH weiß er, wovon er spricht: Auch das UKSH hat bereits Frauen mit Corona unter Geburt betreut. „Bei uns ging es zum Glück glimpflich für alle Beteiligten aus“, weiß Maass zu berichten.

Neue Erkenntnisse über die Evolution des Immunsystems

(Uni Kiel) – Forschungsteam des Kiel Evolution Center an der CAU untersucht am Beispiel von Fadenwürmern die Rolle bestimmter verwandter Gene für die Immunfunktion

Der menschliche Körper verfügt, wie alle anderen Lebewesen auch, über ein sogenanntes angeborenes Immunsystem. Die Struktur der daran beteiligten Proteine ist bereits in den Erbinformationen festgelegt und daher nicht veränderlich. Anders als zum Beispiel wirbellose Tiere verfügen höher entwickelte Lebewesen, auch der Mensch, zusätzlich über eine sogenannte erworbene Immunantwort. Darunter versteht man das in der Kindheit und auch im Laufe des Lebens hinzu gewonnene Repertoire an Abwehrproteinen des Immunsystems. Bereits das angeborene Immunsystem ist allerdings mehr als nur eine primitive Schutzreaktion und meist schon allein wirksam genug, um einen Großteil an Infektionen abzuwehren. Einen Teil dieses genetisch festgelegten Systems bilden Proteine mit sogenannten C-Typ Lektin-Domänen (CTLD), die bei Wirbeltieren wichtige Funktionen zum Beispiel als Rezeptoren für die Erkennung von Krankheitserregern oder als antimikrobielle Moleküle in der Immunabwehr übernehmen. Die für die CTLD-Proteine verantwortlichen Gene finden sich in den Erbinformationen aller höheren Lebewesen, oft in großen Genfamilien. Bei vielen Wirbeltieren und auch beim Menschen sind diese teilweise gut erforscht. Bei den wirbellosen Tieren, die ausschließlich über ein angeborenes Immunsystem verfügen, sind die Funktionen vieler CTLD-Gene dagegen noch weitgehend unbekannt.

Ein Forschungsteam des Kiel Evolution Center (KEC) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) hat nun am Beispiel des Fadenwurms Caenorhabditis elegans eine Funktionsanalyse verschiedener Vertreter der CTLD-Genfamilie vorgenommen. Die Forschenden um Dr. Katja Dierking aus der Arbeitsgruppe Evolutionsökologie und Genetik konnten zeigen, dass diese verwandten Gene sehr unterschiedliche Rollen für die Immunabwehr des Wurms spielen. Einige der Gene kodieren antimikrobielle Immuneffektor-Proteine, die für die Abwehr von Infektionen wichtig sind und vermutlich das Wachstum bestimmter schädlicher Bakterien hemmen. Ein anderes Gen weist jedoch eine bislang unbekannte Funktion auf: Es spielt keine direkte Rolle im Immunsystem, sondern reguliert stattdessen über das Fressverhalten von C. elegans indirekt die Vermeidung von Krankheitserregern. Die neuen Ergebnisse veröffentlichte das Kieler Forschungsteam kürzlich in der Fachzeitschrift PLOS Pathogens.

Einer für alle, alle für einen
Die genaue Funktion der meisten CTLD-Proteine bei wirbellosen Tieren ist bisher nicht bekannt. Funktionelle Studien von Genen aus großen Genfamilien können eine große Herausforderung sein, da verwandte Gene innerhalb der Genfamilie oft auch ähnliche Funktionen übernehmen. „Das heißt, dass zum Beispiel das experimentelle Ausschalten einzelner Gene aus der Familie keine sichtbaren Auswirkungen auf den Organismus hat. Ein anderes, verwandtes Gen übernimmt dann stattdessen seine Funktion“, erklärt Dr. Barbara Pees, ehemalige wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zoologischen Institut der CAU und Erstautorin der neuen Forschungsarbeit. „Für zwei der CTLD-Gene haben wir daher einen anderen Weg eingeschlagen und stattdessen die entsprechenden, künstlich hergestellten Proteine auf ihre antimikrobielle Wirkung untersucht. Beim dritten CTLD-Gen hatten wir dagegen Glück und fanden nach dem Ausschalten tatsächlich eine konkrete und für dieses Gen unerwartete Auswirkung auf den Wurm“, erklärt Pees.

Im Falle des Fadenwurms besteht die Familie der CTLD-Gene aus 283 unterschiedlichen Mitgliedern, deren Proteine potenziell zur Immunfunktion der Tiere beitragen. Allerdings fehlen bei C. elegans und vielen andere Wirbellosen experimentelle Funktionsnachweise. Das Forschungsteam hat daher untersucht, wie sich die starke Diversifizierung der CTLD-Genfamilie auf die jeweiligen Funktionen auswirkt. Dazu haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beispielhaft drei strukturell verwandte Gene aus der CTLD-Familie untersucht. Die von ihnen kodierten Proteine werden im Falle einer Infektion vermehrt produziert, stehen also vermutlich eng mit der Immunantwort in Verbindung. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass diese Gene verschiedene Rollen in der Immunität von C. elegans spielen“, betont Pees, die aktuell an der University of California in Berkeley forscht. „Zwei Gene kodieren antimikrobielle Immuneffektor-Proteine, nehmen also eine konkrete Immunfunktion in der Abwehr von Infektionen wahr. Interessant ist aber, dass eines der Gene, das sogenannte clec-4-Gen, offenbar das Fressverhalten des Wurms reguliert – also eine deutlich andere Funktion besitzt, als allgemein angenommen wurde“, so Pees weiter.

Verhalten als Teil des Immunsystems?
Die Analyse der Kieler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler liefert damit ein neues und differenzierteres Bild über die Funktionen der CTLD-Genfamilie bei wirbellosen Tieren. Dies bedeutet aber nicht, dass die scheinbar abweichende Genfunktion nicht auch hier grundsätzlich an der Abwehr von Krankheitserregern beteiligt ist. „Die Beobachtung, dass das clec-4-Gen das Fressverhalten von C. elegans bestimmt, weist auf einen erweiterten Umfang der Immunfunktionen hin“, fasst Dierking, KEC-Mitglied und Leiterin des Forschungsprojektes, zusammen. „Der Fadenwurm ernährt sich von Bakterien. Die genetische Steuerung seines Ernährungsverhaltens kann also auch der Vermeidung von Bakterieninfektionen dienen – indem der Wurm es umgeht, schädliche Bakterien mit der Nahrung aufzunehmen“, so Dierking weiter. Obwohl es sich dabei nur um eine indirekte Wirkung handelt, scheint also im angeborenen Immunsystem der Wirbellosen ein Verhalten zur Vermeidung von Krankheitserregern angelegt zu sein, das von CTLD-Genen reguliert wird. „Unsere Erkenntnisse könnten neue Hinweise auf die Funktion von bisher nicht charakterisierten CTLD-Proteinen auch beim Menschen erbringen und insgesamt zu unserem Verständnis der Evolution des angeborenen Immunsystems und des Pathogenvermeidungsverhalten beitragen“, fasst Dierking zusammen.

Corona aus der Sicht einer italienischen Forscherin

Gut ein Jahr nach dem Ausbruch der Pandemie und kurz nach dem europaweiten Start der Impfkampagne beginnt nun eine Übergangsphase zwischen Ungewissheit und Neuanfang.

Eine Gelegenheit zu Rückblick und Austausch liefern uns die Betrachtungen einer weiteren Expertin aus Italien: Giorgia Girotto, Genforscherin am Labor für Humangenetik des Krankenhauses Burlo Garofolo in Triest und Forscherin an der Medizinischen Fakultät der Universität Triest, spricht aus einer italienischen Perspektive über die Rolle der Experten und darüber, wie einerseits Politik und Wissenschaft, zum anderen aber auch der Einzelne und die Gesellschaft auf die Pandemie reagieren. Dann schildert sie die (veränderte) Rolle der Genetik in der Forschungstätigkeit dieses letzten Jahres, bevor schließlich ein kurzer Blick in die Geschichte das Themenspektrum abrundet: Was lehren uns die Pandemien der Vergangenheit?

Ein Jahr Pandemie: Zwischenbilanz im Dialog mit der Wissenschaft