Archiv der Kategorie: Klassische Medizin

Fütterung von RNAs an einen molekularen Aktenvernichter

Fütterung von RNAs an einen molekularen Aktenvernichter

Max-Planck-Forscher entschlüsseln Struktur eines RNA-Abbau-Helfers

Ähnlich einem Aktenvernichter zum Zerkleinern von unerwünschten oder potenziell gefährlichen Dokumenten, verwenden Zellen molekulare Maschinen, die unbrauchbare oder defekte Makromoleküle abbauen. Wissenschaftler am Max-Planck-Institut (MPI) für Biochemie in Martinsried bei München haben jetzt die Struktur eines Proteinkomplexes (Ski-Komplex) entschlüsselt, der beim Abbau von Ribonukleinsäuren (RNA) eine essentielle Rolle spielt. RNA-Moleküle liegen in allen Zellen in großer Menge vor und übernehmen dort viele unterschiedliche Aufgaben. Sie ermöglichen es zum Beispiel, die in den Genen gespeicherte Information in Proteine zu übersetzen. „Der von uns untersuchte Ski-Komplex füttert den RNA-Abbaukomplex mit RNA-Molekülen“, beschreibt Felix Halbach, Wissenschaftler am MPI für Biochemie, die Ergebnisse. Die Studie wurde jetzt im Journal Cell veröffentlicht.

Wenn bei der Herstellung von RNA-Molekülen Fehler auftreten oder RNAs sich unkontrolliert anhäufen, kann dies die Zelle schädigen. Deshalb ist die Beseitigung von defekten oder nicht mehr benötigten RNAs ein sehr wichtiger Schritt für den Stoffwechsel einer Zelle. Diese Aufgabe übernimmt der Proteinkomplex Exosom, eines der Forschungsobjekte der Abteilung „Zelluläre Strukturbiologie“ um Elena Conti. Das Exosom zerkleinert RNA in kleinere Stücke und spielt damit eine Schlüsselrolle im Abbau-Prozess. Wie das Exosom auf molekularer Ebene gesteuert wird, ist bisher nur wenig verstanden.

Die Max-Planck-Wissenschaftler haben jetzt die Struktur und Funktionsweise eines Komplexes entschlüsselt, der an der Aktivierung des Exosoms beteiligt ist. Der Ski-Komplex setzt sich aus mehreren Proteinen zusammen und kommt in allen eukaryotischen Lebewesen vor – von der Bäckerhefe bis hin zum Menschen. „Wir konnten zeigen, dass der Ski-Komplex und das Exosom direkt zusammen arbeiten und einen gemeinsamen Kanal für die abzubauende RNA bilden“, sagt Felix Halbach. Ähnlich wie die Erbsubstanz DNA sind auch RNA-Moleküle häufig gefaltet. Damit sie jedoch vom Exosom abgebaut werden können, müssen sie zuerst entfaltet werden; genau diese Aufgabe übernimmt der Ski-Komplex. Die entwundenen RNA-Moleküle können dann über den gemeinsamen Kanal direkt an das Exosom weitergeleitet werden. „Der Ski-Komplex füttert das Exosom sozusagen mit den RNA-Molekülen“, beschreibt der Biochemiker.

Die neuen Ergebnisse zeigen auch weitere Parallelen zwischen dem Exosom und dem Proteasom auf. Das Proteosom ist in der Zelle für den Abbau von Proteinen verantwortlich. „Es wird deutlich, dass die beiden Proteinkomplexe nicht nur strukturell und funktionell ähnlich sind“, so Elena Conti, „sondern dass auch ihre regulatorischen Untereinheiten auf vergleichbare Art funktionieren.“ Sie entwinden RNA- beziehungsweise Protein-Moleküle und leiten diese weiter in die aktiven Zentren der jeweiligen Abbaumaschine.

 

Hormone beschleunigen Gelenkverschleiß

Regenstauf – Übergewichtige schaden ihren Hüft- und Kniegelenken nicht nur durch die überflüssigen Pfunde, die darauf lasten. Nach neueren Untersuchungen tragen auch vom Fettgewebe abgesonderten Hormone zur Zerstörung des Gelenkknorpels bei. Gelingt es, diese Zusammenhänge weiter zu erforschen, könnten optimierte Therapien den häufig vorkommenden Gelenkverschleiß reduzieren, so die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE).

Viele Menschen, die eine neue Hüfte oder ein künstliches Kniegelenk benötigen, sind übergewichtig. „Nach einer britischen Untersuchung sind ein Viertel aller Gelenkersatzoperationen an der Hüfte und zwei Drittel der Operationen am Kniegelenk auf Übergewicht und Fettleibigkeit in der Bevölkerung zurückzuführen“, berichtet DGE-Pressesprecher Professor Dr. med. Helmut Schatz, Bochum: Es läge nahe, dies auf die Überbeanspruchung der Gelenke durch das hohe Gewicht zurückzuführen. Neuere Untersuchungen zeigen jedoch, dass Hormone dabei ebenfalls eine Rolle spielen.

Fettzellen im menschlichen Körper bilden das Hormon Leptin. Seine wichtigste Aufgabe ist die Regulierung des Körpergewichts. Bei Übergewichtigen ist die Menge dieses Hormons besonders hoch. Noch höher als im Blut ist die Leptin-Konzentration in der Gelenkflüssigkeit. Das Hormon beeinflusst außerdem das Immunsystem. Experten vermuten, dass es im Gelenk eine schleichende Entzündungsreaktion verursachen und die Zellen angreifen kann, die den Gelenkknorpel bilden und erhalten.

„Nach heutigem Kenntnisstand müssen wir davon ausgehen, dass Leptin den durch Übergewicht ausgelösten Gelenkschaden beschleunigt“, erläutert Professor Schatz. Möglicherweise ist noch ein zweites Hormon beteiligt: Resistin wird – wie Leptin – in den Fettzellen gebildet, ist bei Gelenkverschleiß in den Gelenken vermehrt nachweisbar und mobilisiert Entzündungszellen.

Die Beteiligung der beiden Hormone am Gelenkverschleiß könnte für die Therapie neue Perspektiven eröffnen. Ein zukünftiger Ansatz wäre beispielsweise, die entzündungsfördernde Wirkung von Leptin und Resistin medikamentös zu hemmen und damit die Gelenke vor verstärktem Verschleiß zu schützen.

Osteoporose und Zöliakie stehen im Zusammenhang

Osteoporose erhöht das Zöliakierisiko um das 17-Fache


St. Louis (pte, 01. Mär 2005 13:15) – Osteoporosepatienten sollten zusätzlich auf Zöliakie untersucht werden. Wissenschafter der Washington University School of Medicine http://medicine.wustl.edu haben nachgewiesen, dass eine Osteoporose das Risiko auch an Zöliakie zu erkranken um das 17-Fache erhöht. Diese Glutenunverträglichkeit tritt laut BBC bei rund einem Prozent der Bevölkerung auf. An der Studie nahmen 840 Personen teil. In den Archives of Internal Medicine http://archinte.ama-assn.org sprechen sich die Wissenschafter für einen entsprechenden Behandlungsansatz und die Untersuchung aller Osteoporosepatienten aus.


Obwohl Zöliakiepatienten generell über eine geringe Knochendichte verfügen, war der Vorteil einer Untersuchung aller Osteoporosepatienten bis heute nicht bekannt. Das Team testete 266 Patienten mit Osteoporose und 574 gesunde Teilnehmer. Personen mit einem positiven Zöliakietest erhielten in der Folge eine glutenfreie Ernährung. Der leitende Wissenschafter William Stenson erklärte, dass das Zöliakierisiko eine entsprechende Empfehlung rechtfertige. Zuerst sollte bei Osteoporosepatienten ein einfacher Bluttest auf das Vorhandensein von Antikörpern gemacht werden. Ist dieser Test positiv, sollte in einem weiteren Schritt eine genauere Darmbiopsie vorgenommen werden. Eine glutenfreie Ernährung könnte dann bei der Behandlung der Osteoporose Vorteile bringen. Laut Stenson führte das Einhalten einer glutenfreien Diät bei Patienten mit beiden Krankheiten nach einem Jahr zu einer Verbesserung der Knochendichte.

Therapie mit Phagen!!! Mit einer persönlichen Bemerkung von Jean Pütz

Meine
persönliche Bemerkung:

Eines der Möglichkeiten, den resistenten Keimen einigermaßen beizukommen
besteht darin, die Phagen als Feinde dieser Bakterien zu nutzen. Auch
österreichische Wissenschaftler forschen in dieser Hinsicht. Ein
Start-up-Unternehmen hat offenbar erfolgreiche Ergebnisse, deshalb nenne ich es
hier einmal exemplarisch

Ihr Jean Pütz

AUSZEICHNUNG
FÜR DIE PHAGENTHERAPIE: PHAGOMED GEWINNT DEN ÖSTERREICHISCHEN GRÜNDERPREIS
PHÖNIX 2018

Wien, 4. Dezember 2018: Das Wiener Biotech-Unternehmen PhagoMed Biopharma GmbH
wurde gestern mit dem Österreichischen Gründerpreis Phönix 2018 in der
Kategorie „Start-Up International“ ausgezeichnet. Die Verleihung würdigt die
Entwicklung von Antibiotika-Alternativen auf Basis von natürlichen Viren,
sogenannten Phagen, am Standort Vienna Biocenter. PhagoMed wurde von einer
hochkarätigen Jury als Preisträger ausgewählt und bekam die Auszeichnung von
Bundesministerin Dr. Margarete Schramböck und Bundesminister Univ.-Prof. Dr.
Heinz Faßmann im Rahmen einer Gala überreicht.

Die PhagoMed Biopharma GmbH (PhagoMed) arbeitet an der Lösung der
Antibiotika-Krise, der weltweiten Zunahme von Resistenzen gegen diese einst so
wirksamen Therapeutika. Das Unternehmen entwickelt dazu Arzneimittel auf Basis
von natürlichen Viren, sogenannten Phagen, die ausschließlich Bakterien
befallen und zerstören. Phagen sind daher ein vielversprechender Ansatz, um bei
multiresistenten Infektionen neue Heilungsmöglichkeiten zu schaffen.
Tatsächlich gelang es den Mitgründern von PhagoMed bereits, sie im Rahmen von
experimentellen Heilversuchen in Deutschland erfolgreich anzuwenden.

Das große Potenzial dieser Technologie und ihre hohe gesundheitspolitische
Relevanz überzeugten auch die hochkarätig besetzte Jury des Österreichischen
Gründerpreises Phönix, der dieses Jahr zum 5. Mal ausgeschrieben wurde.
Vergeben wird er gemeinsam von den Bundesministerien für Digitalisierung und
Wirtschaftsstandort sowie für Bildung, Wissenschaft und Forschung. Geehrt
werden damit junge und erfolgreiche Unternehmen, die Vorzeigemodelle für
exzellente Forschung und Vorbilder für gelungene (Aus-)Gründungen sind. So
setzte PhagoMed sich in dem heiß umkämpften Wettbewerb durch und bekam gestern
den Gründerpreis Phönix 2018 in der Kategorie „Start-Up International“ überreicht.
In dieser wird das beste Unternehmen prämiert, dessen Geschäftsidee im Ausland
entstand und durch Unternehmensgründung in Österreich umgesetzt wurde.

„Wir freuen uns sehr. Der Preis ist eine großartige Bestätigung für unsere
Vision, die in anderen Ländern bereits etablierte Phagentherapie in der
westlichen Medizin einzuführen“, sagt Dr. Lorenzo Corsini, Mitgründer &
Ko-Geschäftsführer von PhagoMed. „Die Kategorie „Start-Up International“
spiegelt die Internationalität unseres Unternehmens wider. Mitglieder unseres
Gründungsteams sind weiterhin in Deutschland klinisch tätig und unsere Produkte
werden zusammen mit renommierten Forschungsinstitutionen in Deutschland und
Belgien entwickelt.“

Einen besonderen Fokus legt PhagoMed dabei auf die Behandlung von Infektionen
künstlicher Gelenke wie z.B. Hüftprothesen. Solche Infektionen sind derzeit
schwer zu behandeln, da diese häufig von multiresistenten Bakterien verursacht
werden. Diese bilden zudem oftmals einen als Biofilm bezeichneten Belag, der die
Wirkung von Antibiotika zusätzlich reduzieren kann. Gerade bei solchen
Infektionen stellen Phagen daher eine vielversprechende Alternative dar, da
Phagen in der Lage sind, bakterielle Biofilme abzubauen und dabei die
multiresistenten Bakterien zu töten. Die Entwicklungsprogramme von PhagoMed
werden seit diesem Jahr unter anderen auch von der
Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) und der Austria Wirtschaftsservice (aws)
unterstützt. Dort erkannte man ebenfalls die Notwendigkeit, an Lösungen für die
Antibiotika-Krise zu arbeiten – und das Potenzial der Phagentherapie als
Alternative zu Antibiotika.

TED Talk zu Phagen veröffentlicht

Auch in den USA wird die Phagentherapie zunehmend als Chance erkannt. So wurde
PhagoMeds zweiter Ko-Geschäftsführer Alexander Belcredi vor Kurzem von der
amerikanischen Plattform TED ausgewählt, einen Vortrag über Phagen und
Phagentherapie zu halten. Der TED Talk wurde Anfang Oktober in Toronto, Kanada
aufgenommen und Mitte November auf TED.com veröffentlicht (go.ted.com/alexanderbelcredi).
In dem Vortrag erzählt Alexander Belcredi von seiner persönlichen
Entdeckungsreise in die Welt der Phagen sowie von dem Potenzial der
Phagentherapie als Lösungsansatz für die Antibiotika-Krise. Knapp zwei Wochen
nach Veröffentlichung hatten bereits mehr als 600.000 Menschen den TED Talk
gesehen.

Über PhagoMed Biopharma GmbH

PhagoMed Biopharma GmbH ist ein auf die Entwicklung von zugelassenen
humantherapeutischen Anwendungen der Phagentherapie spezialisiertes
Biotech-Unternehmen. Ihre Entwicklungsprogramme basieren sowohl auf den
Behandlungserfahrungen der klinischen Mitgründer mit Phagen im Rahmen von
experimentellen Heilversuchen als auch auf Forschungskollaborationen mit
hochrenommierten Wissenschaftlern und Forschungseinrichtungen in Deutschland
(Leibniz-Institut DSMZ-Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen
GmbH, Braunschweig sowie Justus-Liebig-Universität Gießen) und Belgien
(Universität Ghent). Seit Gründung im November 2017 hat die Firma mehr als €4
Millionen an öffentlichen Förderungen und privaten Investments eingeworben.
PhagoMed wird unter anderem von der Österreichischen
Forschungsförderungsgesellschaft mbH (FFG) sowie der Austria Wirtschaftsservice
Gesellschaft mbH (aws) unterstützt. Derzeit arbeiten 10 hochqualifizierte
Wissenschaftlicher an den Entwicklungsprogrammen, darunter sechs
hochqualifizierte Mitarbeiter am Campus Vienna Biocenter in Wien.

Über Phagen

Phagen sind Viren, die ausschließlich Bakterien befallen. Phagen vermehren
sich, indem sie Bakterien mit ihrer DNA infizieren und dann die Bakterienzelle
zur Herstellung neuer Phagen umprogrammieren. Sobald ausreichend neue Phagen
produziert wurden, zerstören die Phagen mittels eigens produzierter Enzyme die
Bakterienzellwände und führen so zum Zelltod. Individuelle Phagen wirken nur
gegen ein sehr eingeschränktes Spektrum an Bakterien (typischerweise nur
innerhalb einer Spezies). Diese Kombination aus hoher Selektivität und
gleichzeitig hoher Effektivität in der Tötung von Bakterien macht Phagen zu
einer hochinteressanten

Alternative zu Antibiotika bei der Behandlung bakterieller Infektionen.

PR&D
– Public Relations für Forschung & Bildung

Sauer macht HIV lustig!

Die Säure der Makrophagen scheint dem Human-Immunschwäche-Virus das Leben nicht so schwer zu
machen, wie bisher angenommen. Anstatt sauer zu reagieren oder ein saueres Gesicht zu ziehen, gelingt
es diesem Virus mit sauerem Schweiß saure pH-Werte verschiedener Zellsegmente der
Immunsystemzelle zu verändern. Diese Strategie des Virus, sich in Ruhe in Makrophagen anzusiedeln
und zu vermehren, wurde von den Forschern des CNRS, des Curie Instituts und des Pasteur Instituts
untersucht.
Das HIV-Virus zielt auf zwei Zelltypen des Immunsystems ab: auf die CD4 T Lymphozyten und die
Makrophagen. Die Vermehrung des Virus in den CD4 Lymphozyten fuhrt zu ihrer Zerstörung, wodurch
die Makrophagen widerstandfähiger werden und somit die schnelle Ausbreitung der Erkrankung
ermöglichen. Auf diese Weise bilden diese Zellen einen idealen Virusspeicher, infolgedessen die
antivirale Behandlung ein saueres Stuck Arbeit bedeutet.
Da eine der wichtigsten Aufgaben der Makrophagen darin besteht, die Mikroorganismen durch
Phagozytose aufzunehmen und mittels Enzymen zu "verdauen", hat das Forschungsteam sich mit der
Frage beschäftigt, wie das HIV den Vernichtungsmechanismus dieser "Fresszellen" Überleben konnte.
Eine Akkumulierung (Aufhäufung) von Viruspartikeln in gewissen Segmenten der Makrophagen hat das
besondere Interesse der Forscher erregt. Normalerweise sind die pH-Werte dieser Zellsegmente sauer, um
den Abbauenzymen zu ermöglichen, operationsfähig zu bleiben. Jedoch haben pH-Messungen ergeben,
dass diese sauren Bedingungen vom Virus zu seinen Gunsten modifiziert werden können, um sich in
Ruhe zu vermehren, ohne von Enzymen "belästigt" zu werden. Diese Veränderungen betreffen nur die
Segmente, die Viruspartikel enthalten, und scheinen die anderen Segmente der infizierten Makrophagen,
die keine Viruspartikel oder -proteine aufweisen, nicht zu berühren.
Somit tragen diese Forschungsarbeiten zur Identifizierung neuer potentieller Therapieansatze bei, um mit
deren Hilfe Zugriff auf den Virusstock innerhalb des Makrophagen zu erhalten. Dann wird das HIV in
den saueren Apfel beissen müssen.
Kontakt: Dr. Philippe Benaroch, Leiter der "Immunitat und Krebs" Einheit (Inserm U653-Curie
Institut)
_ 26 rue d’Ulm 75248 Paris Cedex 05
@ philippe.benaroch@curie.fr

Diabetes in Deutschland

Hohe Dunkelziffer und schwere Folgeerkrankungen

In Deutschland sind etwa sechs Millionen Menschen an Diabetes erkrankt. Doch die Dunkelziffer ist vermutlich höher, erklärt die Deutsche Diabetes-Hilfe im „Deutschen Gesundheitsbericht Diabetes 2013“. Laut Schätzungen sind über zwei Millionen Diabetesfälle nicht diagnostiziert. Weitere drei bis vier Millionen Menschen haben wahrscheinlich unerkannt ein erhöhtes Risiko für die Stoffwechselerkrankung. Daher wird in den folgenden Jahren mit einer deutlichen Zunahme der Diabetesfälle gerechnet.
Unter dem Begriff Diabetes mellitus werden verschiedene Störungen des Kohlenhydratstoffwechsels zusammengefasst, die durch einen erhöhten Blutzuckerspiegel gekennzeichnet sind. Rund neunzig Prozent der Patienten haben einen Typ-2-Diabetes, bei dem der Körper nicht mehr ausreichend auf das Hormon Insulin anspricht. Dieser Typ tritt vorwiegend ab dem 40. Lebensjahr auf. Übergewicht, Bewegungsmangel und fettreiches Essen erhöhen das Erkrankungsrisiko.

Menschen mit Diabetes leiden und sterben meist nicht am erhöhten Blutzucker, sondern an den Folgeerkrankungen. Sie verkürzen das Leben eines jüngeren Typ-2-Diabetikers um durchschnittlich acht Jahre. So ist das Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung bei Zuckerkranken um das Zwei- bis Vierfache erhöht, bei Frauen sogar bis um das Sechsfache. Drei Viertel aller Diabetiker sterben an akuten Gefäßverschlüssen, meist an einem Herzinfarkt oder Schlaganfall. Der Patient ist besonders gefährdet, wenn mehrere Risikofaktoren gleichzeitig im Rahmen des Metabolischen Syndroms auftreten. Das Metabolische Syndrom bezeichnet zusammengefasst Stoffwechselstörungen, also Adipositas, Fettstoffwechselstörung, Diabetes und Bluthochdruck. Je mehr Faktoren zusammen kommen, desto schlechter ist die Prognose.

Jeder vierte Diabetiker leidet im Laufe seines Lebens am Diabetischen Fuß-Syndrom. Dieser Begriff umfasst Verletzungen am Fuß bei Patienten mit Diabetes mellitus, die zu Geschwüren führen können und unter Umständen eine Amputation notwendig machen. Auch Nieren- und Nervenerkrankungen werden durch die Stoffwechselstörung begünstigt. Zudem leiden Diabetiker öfter an schweren Augenkrankheiten, da der hohe Blutzucker und begleitende Faktoren wie Bluthochdruck die Nervenzellen der Netzhaut schädigen können.

Die diabetologischen Versorgungsstrukturen in Deutschland sind im internationalen Vergleich gut. Sie werden aber nicht von allen Betroffenen und Ärzten ausreichend genutzt, gibt die Deutsche Diabetes-Hilfe zu bedenken. In der Therapie wird heutzutage nicht nur der Blutzuckerspiegel eingestellt, sondern der ganze Mensch und sein Lebensstil mit einbezogen. Das Hauptziel ist dabei, die Folgeerkrankungen zu vermeiden. Die Patienten müssen sich überwiegend selbst behandeln: auf ihre Ernährung und ausreichend Bewegung achten, die Tabletten regelmäßig nehmen und Blutzuckerwerte messen. In Schulungen lernen die Betroffenen, sich zu motivieren und diese Maßnahmen in ihren Alltag zu integrieren. Raucherentwöhnung, Blutdruckbehandlung und die Senkung des Cholesterinspiegels können das Risiko für Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall deutlich senken.
Heike Kreutz, (aid)

Müssen Divertikel operiert werden?

Müssen Divertikel operiert werden?

Ausstülpungen im Dickdarm erfordern nicht immer eine Operation

Prof. Dr. med. Hans U. Baer (Foto: © Baermed.)
Prof. Dr. med. Hans U. Baer (Foto: © Baermed.)
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Zürich (pts005/22.07.2014/06:45) – In der westlichen
Welt bilden sich bei fast jedem zweiten Erwachsenen Divertikel an der
Darmwand. Solange die Ausstülpungen der Schleimhaut keine Beschwerden
verursachen, können sie untherapiert bleiben. Kommt es jedoch zu
wiederkehrenden Entzündungen, einer Darmverengung oder Blutungen, ist
eine minimalinvasive Operation angezeigt.

Inzwischen ist von einer regelrechten Volkskrankheit
die Rede: In westlichen Ländern sind Sigma-Divertikel bei über
50-Jährigen der häufigste Befund im Zusammenhang mit dem Darm. Experten
gehen davon aus, dass neben der genetischen Veranlagung auch eine
ballaststoffarme Ernährung mit hohem Fett- und Fleischanteil die
Ausbildung von Divertikeln begünstigt. Dabei tritt die Schleimhaut des
Dickdarms zwischen kleinen Muskelecken hindurch und bildet so
Ausstülpungen an der Darmwand. Am häufigsten geschieht das im s-förmigen
Dickdarmabschnitt, dem so genannten Sigma.

In 70 Prozent der Fälle entstehen keine Beschwerden.
Entdeckt werden die Divertikel – wenn überhaupt – als Zufallsbefund, zum
Beispiel während einer Darmspiegelung zur Krebsvorsorge. Eine
Behandlung ist dann nicht nötig. Anders sieht es aus, wenn beim
Transport des bereits eingedickten Stuhls Darminhalt in die Divertikel
gerät und eine Entzündung auslöst. Dann können Schmerzen im linken
Unterbauch auftreten, die durch Nahrungsaufnahme oft verstärkt werden.
Eine Linderung tritt hingegen häufig nach dem Stuhlgang ein. Ist die
Entzündung bereits stark ausgeprägt, können zusätzlich Fieber,
Schüttelfrost, Übelkeit und starkes Druckgefühl auftreten.

Entzündung vermeiden

Auch eine Entzündung erfordert nicht in jedem Fall eine
Operation. Die Divertikulitis genannte Erkrankung kann in leichten
Fällen mit Antibiotika behandelt werden. Begleitend sollte der Patient
Nahrung nur in flüssiger Form aufnehmen oder ganz darauf verzichten.
Geht die Entzündung zurück, sollte eine Ernährungsumstellung auf
faserreiche Kost erfolgen. Zwar bilden sich die Ausstülpungen so nicht
zurück, aber das Risiko, weitere Entzündungensschübe zu erleiden, kann
minimiert werden.

Jeder Entzündungsschub kann zu Komplikationen der
Erkrankung führen: Die Darmwand verdickt sich so weit, dass das Engnis
den Stuhltransport erschwert, die Entzündung wandert durch die dünne
Wand der Divertikel hindurch, wodurch Stuhl in den Bauchraum austreten
kann, oder es kommt zu Blutungen und Abszessen. In all diesen Fällen ist
es unumgänglich, den betroffenen Abschnitt des Dickdarms operativ zu
entfernen. Stellt man in einem Computertomogramm fest, dass Darminhalt
in die freie Bauchhöhle gelangt ist, muss die Operation sofort erfolgen,
da sonst eine gefährliche Entzündung des Bauchfells oder ein Abszess im
Bauchraum entstehen kann.

Herausfordernde Routine

In allen anderen Fällen wartet man nach Möglichkeit ab,
bis die Entzündung vorübergehend abgeklungen ist. Dann ist es nämlich
fast immer möglich, das Sigma mit minimalinvasiven Methoden zu
entfernen. In der Regel reichen dabei ein schlüssellochkleiner Schnitt
am Nabel, um das Endoskop in den Bauchraum einzuführen, sowie zwei bis
drei kleine Schnitte von 5 bis 10 Milimeter Länge für die
Arbeitsinstrumente. Entfernt wird der abgetrennte Teil des Sigmas durch
eine drei Zentimeter kleine Öffnung an der Schamhaargrenze. Die
Schlüsselloch-Methode zur Entfernung des Sigmas ist heute eine Standard-
und Routineoperation. Dennoch sollte sie nur von spezialisierten
Chirurgen durchgeführt werden.

Nur mit der nötigen Erfahrung und Sorgfalt können die
Gefahr einer undichten Darmnaht minimiert und somit weitere Entzündungen
und in schlimmster Konsequenz sogar die Notwendigkeit eines künstlichen
Darmausgangs verhindert werden. Um auch seltene Komplikationen wie eine
Schädigung der Milzkapsel oder des Harnleiters zu vermeiden, ist es
wichtig, die Operation nur als eingespieltes Team von erfahrenen
Chirurgen, Anästhesisten und Operationsschwestern durchzuführen.

Bei Baermed, dem Zentrum für Bauchchirurgie, sind diese
Voraussetzungen gegeben. Somit können die Patienten in der Regel selbst
nach schwerem Krankheitsverlauf schon am ersten Tag wieder schluckweise
trinken. Der Nahrungsaufbau kann anschliessend rasch erfolgen. Bei
komplikationslosem Verlauf können sie das Spital bereits nach sechs
Tagen oder sogar schon früher verlassen.

Baermed ist ein eigenständiges Kompetenzzentrum für Bauchchirurgie an der
Klinik Hirslanden. Die erfahrenen Spezialisten geniessen einen
hervorragenden nationalen und internationalen Ruf. Sie sind kompetent in
der hochspezialisierten, komplexen Bauchchirurgie, in der
Tumorchirurgie im Bauchraum, in der Chirurgie des Übergewichtes und der
endokrinen Chirurgie. Das hohe akademische Niveau wird durch eigene und
unabhängige klinische und Grundlagen-Forschung im Bereich der
Zell-Matrix-Implantation sowie durch klinische Kooperationen mit
namhaften Universitäten in Indonesien und in der Schweiz
aufrechterhalten und erweitert. Baermed ist Mitglied der Gruppe
Hochspezialisierte Viszeralchirurgie.

Prof. Dr. med. Hans U. Baer ist ein renommierter Bauchchirurg mit Spezialgebiet Leber, Gallenblase
und Pankreas. Er ist Gastprofessor mit Lehrauftrag für Wissenstransfer
und Ausbildungsoperationen an zwei indonesischen Universitäten.

"Die
chirurgische Kunst ist die Synthese wissenschaftlicher Erkenntnis,
technischer Fähigkeiten, richtiger Wahl der Indikation und Verständnis
für Rat suchende und kranke Menschen. Der Arzt sitzt dem Patienten nicht
nur gegenüber, er steht ihm auch zur Seite."

Zitat Prof. Dr. med. Hans U. Baer

Segen und Risiken der Forschung

Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

Gemeinsame Pressemitteilung, 04. Oktober 2018

Immer mehr wissenschaftliche Einrichtungen in Deutschland beraten zu sicherheitsrelevanter Forschung

Gemeinsamer Ausschuss von DFG und Leopoldina legt Tätigkeitsbericht vor

Eine Methode zur Erzeugung
synthetischer Pockenviren soll neue Wege der Impfstoff-Entwicklung
ebnen, könnte aber auch für die Herstellung von Biowaffen benutzt
werden; das automatisierte Aufspüren von Schwachstellen in
Computersoftware kann helfen, Sicherheitslücken zu schließen, aber auch
zum Werkzeug von kriminellen Hackern werden: Das sind zwei aktuelle
Beispiele aus der Wissenschaft, die zeigen, dass nützliche
Forschungsmethoden und -ergebnisse auch zu schädlichen Zwecken verwendet
werden können. Die Schlagworte zu diesem Themenkomplex sind
sicherheitsrelevante Forschung oder auch Dual-Use-Forschung. Um der
Dual-Use-Problematik zu begegnen, sind an deutschen Forschungsinstituten
und Hochschulen inzwischen 71 Kommissionen für Ethik
sicherheitsrelevanter Forschung (KEFs) eingerichtet worden. Zu diesem
Ergebnis kommt der Gemeinsame Ausschuss zum Umgang mit
sicherheitsrelevanter Forschung der Deutschen Forschungsgemeinschaft
(DFG) und der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina in
seinem heute vorgelegten zweiten Tätigkeitsbericht.

In dem Bericht präsentiert der Ausschuss unter
anderem die Ergebnisse einer Umfrage zur bisherigen Arbeit der KEFs und
gibt einen Überblick über den Stand der öffentlichen Debatte zum Umgang
mit sicherheitsrelevanter Forschung. Der 2015 eingesetzte Gemeinsame
Ausschuss unterstützt die Einrichtung und Arbeit von Kommissionen für
Ethik sicherheitsrelevanter Forschung und hat sich als bundesweite
Kontaktstelle für Fragen zum eigenverantwortlichen Umgang mit dem Thema
etabliert. Der Ausschuss fungiert darüber hinaus als Plattform für den
Erfahrungsaustausch von Forschungsinstituten und Hochschulen
untereinander. Für neue KEFs hat er im Jahr 2016 eine Mustersatzung
vorgelegt, um den Einstieg in die Arbeit zu erleichtern.

Der Tätigkeitsbericht beinhaltet auch die
Ergebnisse einer Umfrage zur bisherigen Arbeit der Ethik-Kommissionen
und ihren Erfahrungen. Die KEFs haben demnach Beratung zu insgesamt 26
sicherheitsrelevanten Forschungsvorhaben angeboten sowie
Informationsveranstaltungen und Diskussionsrunden zum Thema
veranstaltet. Dazu gehörten der vom Gemeinsamen Ausschuss organisierte
Workshop "Freiheit und Verantwortung in den IT-Wissenschaften" und das
"KEF-Forum". Der Bericht gibt zudem einen Überblick über den Stand der
deutschen und internationalen Debatte zum Umgang mit
sicherheitsrelevanter Forschung an öffentlichen Forschungseinrichtungen
sowie über entsprechende Verhaltenskodizes in der Industrie. Im Fokus
stehen derzeit vor allem die Forschungsbereiche Genomchirurgie,
Synthetische Biologie, Robotik und Künstliche Intelligenz. Der Bericht
thematisiert des Weiteren die Voraussetzungen der Förderung
sicherheitsrelevanter Forschung durch die DFG und im EU-Rahmenprogramm
für Forschung und Innovation "Horizon 2020".

Mit dem Erscheinen des Tätigkeitsberichts ist
der neue Internetauftritt des Gemeinsamen Ausschusses freigeschaltet
worden, der weitergehende Informationen zum Thema, zu Veranstaltungen
und zu Good-Practice-Beispielen verfügbar macht. Hier finden Nutzerinnen
und Nutzer auch eine Liste der etablierten Kommissionen für Ethik
sicherheitsrelevanter Forschung sowie Ansprechpartnerinnen und
Ansprechpartner an den einzelnen Forschungseinrichtungen.

Weiterführende Informationen

Tätigkeitsbericht des Gemeinsamen Ausschusses: www.leopoldina.org/ga-taetigkeitsbericht

Weitere Informationen zum Thema unter: www.leopoldina.org/de/gemeinsamer-ausschuss

Östrogene fördern Schmerzempfinden

Östrogen spielt entscheidende Rolle

Siena/Sydney (pte/26.08.2005/11:10) – Dass Frauen mehr Schmerzen
ertragen müssen, war den Forschern seit langem bekannt. Nun hat eine
italienische Wissenschaftlerin der Universität von Siena gezeigt, dass
Hormone dabei eine wesentliche Rolle spielen. Männer, die sich zu
Frauen "umoperieren" ließen, klagten nämlich plötzlich über chronische
Schmerzen, berichtet die Forscherin in der jüngsten Ausgabe des
Wissenschaftsmagazins Nature http://www.nature.com.

Die Physiologin Anna Maria Aloisi hat im Test 54 Männer, die Östrogen
und Anti-Androgene zum "weiblich werden" verabreicht bekamen, genau
untersucht. Demnach traten bei 30 Prozent der Behandelten Schmerzen, in
erster Linie chronische Kopfschmerzen, auf. "Tatsächlich konnten wir
nachweisen, dass Östrogen in hohen Dosen verabreicht, zu den Schmerzen
führten", so die Forscherin beim 11. Welt-Schmerzkongress
http://www.iasp-pain.org , der derzeit in Sydney stattfindet. Eine
andere Studie mit Frauen, die sich einer Geschlechtsumwandlung
unterzogen und das männliche Hormon Testosteron verabreicht bekamen,
berichteten die Frauen über ein Nachlassen der Schmerzen. "Sie schienen
sich generell wesentlich besser zu fühlen", so Aloisi.

Die Studie unterstreicht einmal mehr die Geschlechtsunterschiede bei
Schmerzen. Obwohl niemand erklären kann, wie Hormone tatsächlich das
Schmerzempfinden beeinflussen, bestätigte die Untersuchung
vorhergehende Ergebnisse. Forscher nehmen an, dass Testosteron das
Schmerzempfinden abstumpft, indem es exzitatorische Schmerzpfade im
Nervensystem dämpft. Umgekehrt wirkt Östrogen deshalb
schmerzverstärkend, weil es Hemmmechanismen, die das Schmerzempfinden
senken, blockiert. Obwohl diese Theorien scheinbar zustimmen, ist die
Wirkweise von Östrogen scheinbar wesentlich komplexer als vermutet.
Frauen leiden nämlich während der Menstruation dann am meisten, wenn
der Östrogenwert am niedrigsten ist. Umgekehrt treten in der Pubertät
bei Mädchen dann Schmerzen auf, wenn die Östrogenwerte ansteigen.

Nach Ansicht der Forscher sind rasche Veränderung der Hormonwerte dafür
verantwortlich, dass Schmerzen auftreten. "Es sind nicht die Werte per
se", meint die Epidemiologin Linda LaResche von der University of
Washington in Seattle. LaResche untersucht Frauen die die Pille so
nehmen, dass sie keine Menstruation mehr bekommen. Dadurch will sie
erforschen, ob die Östrogenwerte tatsächlich das Problem sind oder ob
es tatsächlich der rasche Unterschied in den Werten ist, der zu
Schmerzen führt.

Nobelpreis für „Physiologie oder Medizin“

Der Nobelpreis für „Physiologie oder Medizin“ geht 2017 an Grundlagenwissenschaftler

Graz, 5. Oktober 2017:

Die Chronobiologie, das
Thema der diesjährigen Nobelarbeit, ist ein fundamentaler Grundzug der
gesamten belebten Natur. Sie war ursprünglich eine Domäne der Botanik.
Schon Androsthenes, Feldherr Alexander des Großen, berichtete über
tagesrhythmische Blattbewegungen der Tamarinde, der indischen Dattel.
Diese Rhythmen sind nicht durch Tageslicht ausgelöst, wie der Astronom
de Marain 1729 an Mimosen beobachtete, die ihre Blätter unabhängig vom
Sonnenlicht öffnen und schliessen. Besonders schön ist dies an den
„Blumenuhren“ zu erkennen, wo man am Öffnen und Schliessen der Blüten
der unterschiedlichen Pflanzen die Tageszeit erkennen kann, wie erstmals
der schwedische Botaniken Carl von Linné erkannt hat. Für die
Erforschung des für den Menschen wohl wichtigsten Aspekts der
Chronobiologie, des circadianen Tag-Nacht-Rhythmus, erhielten am 2.
Oktober 2017 die drei US-Amerikaner Jeffrey C. Hall, Michael Rosbash und
Michael W. Youngin den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin (1). An
Fruchtfliegen hatten sie das Gen isoliert, welches den normalen
Tagesrhythmus kontrolliert. Sie zeigten, dass dieses Gen Proteine
kodiert (PER 1,2,3 sowie TEF), welche während der Nacht in der Zelle
akkumulieren und während des Tages abgebaut werden. Die
PER-Eiweissspiegel oszilllieren während eines 24-Stunden-Zyklus synchron
mit dem zirkadianen Rhythmus. Diese biologischen Uhren arbeiten auch in
anderen mehrzelligen Organismen einschliesslich des Menschen. Durch
innere Uhren können sich physiologische Vorgänge an die „dramatische
verschiedenen Phasen des Tages“ anpassen und regulieren kritische
Funktionen wie Hormonspiegel, Verhalten, Schlaf, Körpertemperatur oder
Stoffwechsel, indem sie als Transskriptionsfaktoren die Genexpression
steuern. Neben Licht (retinohypothalamischer Trakt) regulieren die
Nahrung (2) und der Energiehaushalt die circadianen Rhythmen und Gene.
Die Gruppe unseres DGE-Mitgliedes A.F.H.Pfeiffer, Nuthetal und Charité
Berlin zeigte, dass sogar die Zusammensetzung der Nahrung ein spezieller
Zeitgeber sein kann, welcher die endogenen Schrittmacher im Gehirn, die
„Master Clock“, im peripheren Gewebe („Slave Clocks“) sowie
Stoffwechselgene beeinflusst (3-5).

Biologische Rhythmen gibt es
zuhauf. Je nach Periodenlänge unterscheidet man circannuale,
semilunare, circalunare, circatidale, circadiane und ultradiane Rhythmen
(Beispiele für circannuale Rhythmen: Vogelzug, Winterschlaf, für
ultradiane: 90 minütige Zyklen der pulsatilen Gonadotropinfreisetzung,
des menschlichen Schlafes oder des Fressverhaltens der Vögel).

Kommentar

Alfred Nobel legte am 27.
November 1895 in seinem Testament fest, wer den jeweiligen Preis
erhalten solle. Auf unser Fach bezogen schrieb er, den Preis solle
erhalten, „…den som har gjort den viktigaste upptäckt inom fysiologiens eller medicinens domän“ („…der die wichtigste Entdeckung auf dem Gebiete der Physiologie oder Medizin gemacht hat“. So wird der Preis auch stets korrekt vom Nobelkomitee bezeichnet. Die werbewirksame Verkürzung auf „Medizin-Nobelpreis“ durch fast alle Medien (Pressebüros von Institutionen, große
Tageszeitungen, Fernsehen u.a.) stellt, wie es ein Kommentator zu einem
Bericht des Referenten zum Nobelpreis 2013 etwas krass nannte,
„Etikettenschwindel“ dar (siehe einen der Kommentare zum Blogbeitrag in
Lit. 6). Es wurde angeregt, den Nobelpreis entweder zu teilen oder in
festzulegendem Wechsel für eher rein physiologische oder vorwiegend
klinisch-medizinisch relevante Arbeiten zu vergeben. Freilich wird der
klinische Nutzen grundlagenwissenschaftlicher Arbeiten oft erst viel
später erkennbar. In den letzten Jahrzehnten haben den Preis fast
ausschließlich Grundlagenwissenschaftler, hingegen nur etwa eine
Handvoll von Klinikern bzw. Ärzten erhalten. Mögliche Gründe dafür hat
der Referent, der selbst ein Jahr lang in Stockholm am preisvergebenden
Karolinska Institutet gearbeitet hat, in seinem DGE-Blogbeitrag vom 9.
Oktober 2013 angeführt (6). Schon heute erkennbaren klinischen Bezug
haben die Arbeiten der beiden Nicht-Klinikerinnen Emmanuelle Charpentier
und Jennifer Doudna über die CRISP CAS9-Technologie. Diese beiden
Forscherinnen würden einen (gerne verkürzt bezeichneten) „Nobelpreis für
Medizin“ meines Erachtens hoch verdienen.

Helmut Schatz