Müssen Divertikel operiert werden?

Müssen Divertikel operiert werden?

Ausstülpungen im Dickdarm erfordern nicht immer eine Operation

Prof. Dr. med. Hans U. Baer (Foto: © Baermed.)
Prof. Dr. med. Hans U. Baer (Foto: © Baermed.)
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Zürich (pts005/22.07.2014/06:45) – In der westlichen
Welt bilden sich bei fast jedem zweiten Erwachsenen Divertikel an der
Darmwand. Solange die Ausstülpungen der Schleimhaut keine Beschwerden
verursachen, können sie untherapiert bleiben. Kommt es jedoch zu
wiederkehrenden Entzündungen, einer Darmverengung oder Blutungen, ist
eine minimalinvasive Operation angezeigt.

Inzwischen ist von einer regelrechten Volkskrankheit
die Rede: In westlichen Ländern sind Sigma-Divertikel bei über
50-Jährigen der häufigste Befund im Zusammenhang mit dem Darm. Experten
gehen davon aus, dass neben der genetischen Veranlagung auch eine
ballaststoffarme Ernährung mit hohem Fett- und Fleischanteil die
Ausbildung von Divertikeln begünstigt. Dabei tritt die Schleimhaut des
Dickdarms zwischen kleinen Muskelecken hindurch und bildet so
Ausstülpungen an der Darmwand. Am häufigsten geschieht das im s-förmigen
Dickdarmabschnitt, dem so genannten Sigma.

In 70 Prozent der Fälle entstehen keine Beschwerden.
Entdeckt werden die Divertikel – wenn überhaupt – als Zufallsbefund, zum
Beispiel während einer Darmspiegelung zur Krebsvorsorge. Eine
Behandlung ist dann nicht nötig. Anders sieht es aus, wenn beim
Transport des bereits eingedickten Stuhls Darminhalt in die Divertikel
gerät und eine Entzündung auslöst. Dann können Schmerzen im linken
Unterbauch auftreten, die durch Nahrungsaufnahme oft verstärkt werden.
Eine Linderung tritt hingegen häufig nach dem Stuhlgang ein. Ist die
Entzündung bereits stark ausgeprägt, können zusätzlich Fieber,
Schüttelfrost, Übelkeit und starkes Druckgefühl auftreten.

Entzündung vermeiden

Auch eine Entzündung erfordert nicht in jedem Fall eine
Operation. Die Divertikulitis genannte Erkrankung kann in leichten
Fällen mit Antibiotika behandelt werden. Begleitend sollte der Patient
Nahrung nur in flüssiger Form aufnehmen oder ganz darauf verzichten.
Geht die Entzündung zurück, sollte eine Ernährungsumstellung auf
faserreiche Kost erfolgen. Zwar bilden sich die Ausstülpungen so nicht
zurück, aber das Risiko, weitere Entzündungensschübe zu erleiden, kann
minimiert werden.

Jeder Entzündungsschub kann zu Komplikationen der
Erkrankung führen: Die Darmwand verdickt sich so weit, dass das Engnis
den Stuhltransport erschwert, die Entzündung wandert durch die dünne
Wand der Divertikel hindurch, wodurch Stuhl in den Bauchraum austreten
kann, oder es kommt zu Blutungen und Abszessen. In all diesen Fällen ist
es unumgänglich, den betroffenen Abschnitt des Dickdarms operativ zu
entfernen. Stellt man in einem Computertomogramm fest, dass Darminhalt
in die freie Bauchhöhle gelangt ist, muss die Operation sofort erfolgen,
da sonst eine gefährliche Entzündung des Bauchfells oder ein Abszess im
Bauchraum entstehen kann.

Herausfordernde Routine

In allen anderen Fällen wartet man nach Möglichkeit ab,
bis die Entzündung vorübergehend abgeklungen ist. Dann ist es nämlich
fast immer möglich, das Sigma mit minimalinvasiven Methoden zu
entfernen. In der Regel reichen dabei ein schlüssellochkleiner Schnitt
am Nabel, um das Endoskop in den Bauchraum einzuführen, sowie zwei bis
drei kleine Schnitte von 5 bis 10 Milimeter Länge für die
Arbeitsinstrumente. Entfernt wird der abgetrennte Teil des Sigmas durch
eine drei Zentimeter kleine Öffnung an der Schamhaargrenze. Die
Schlüsselloch-Methode zur Entfernung des Sigmas ist heute eine Standard-
und Routineoperation. Dennoch sollte sie nur von spezialisierten
Chirurgen durchgeführt werden.

Nur mit der nötigen Erfahrung und Sorgfalt können die
Gefahr einer undichten Darmnaht minimiert und somit weitere Entzündungen
und in schlimmster Konsequenz sogar die Notwendigkeit eines künstlichen
Darmausgangs verhindert werden. Um auch seltene Komplikationen wie eine
Schädigung der Milzkapsel oder des Harnleiters zu vermeiden, ist es
wichtig, die Operation nur als eingespieltes Team von erfahrenen
Chirurgen, Anästhesisten und Operationsschwestern durchzuführen.

Bei Baermed, dem Zentrum für Bauchchirurgie, sind diese
Voraussetzungen gegeben. Somit können die Patienten in der Regel selbst
nach schwerem Krankheitsverlauf schon am ersten Tag wieder schluckweise
trinken. Der Nahrungsaufbau kann anschliessend rasch erfolgen. Bei
komplikationslosem Verlauf können sie das Spital bereits nach sechs
Tagen oder sogar schon früher verlassen.

Baermed ist ein eigenständiges Kompetenzzentrum für Bauchchirurgie an der
Klinik Hirslanden. Die erfahrenen Spezialisten geniessen einen
hervorragenden nationalen und internationalen Ruf. Sie sind kompetent in
der hochspezialisierten, komplexen Bauchchirurgie, in der
Tumorchirurgie im Bauchraum, in der Chirurgie des Übergewichtes und der
endokrinen Chirurgie. Das hohe akademische Niveau wird durch eigene und
unabhängige klinische und Grundlagen-Forschung im Bereich der
Zell-Matrix-Implantation sowie durch klinische Kooperationen mit
namhaften Universitäten in Indonesien und in der Schweiz
aufrechterhalten und erweitert. Baermed ist Mitglied der Gruppe
Hochspezialisierte Viszeralchirurgie.

Prof. Dr. med. Hans U. Baer ist ein renommierter Bauchchirurg mit Spezialgebiet Leber, Gallenblase
und Pankreas. Er ist Gastprofessor mit Lehrauftrag für Wissenstransfer
und Ausbildungsoperationen an zwei indonesischen Universitäten.

"Die
chirurgische Kunst ist die Synthese wissenschaftlicher Erkenntnis,
technischer Fähigkeiten, richtiger Wahl der Indikation und Verständnis
für Rat suchende und kranke Menschen. Der Arzt sitzt dem Patienten nicht
nur gegenüber, er steht ihm auch zur Seite."

Zitat Prof. Dr. med. Hans U. Baer