Östrogen spielt entscheidende Rolle
Siena/Sydney (pte/26.08.2005/11:10) – Dass Frauen mehr Schmerzen
ertragen müssen, war den Forschern seit langem bekannt. Nun hat eine
italienische Wissenschaftlerin der Universität von Siena gezeigt, dass
Hormone dabei eine wesentliche Rolle spielen. Männer, die sich zu
Frauen "umoperieren" ließen, klagten nämlich plötzlich über chronische
Schmerzen, berichtet die Forscherin in der jüngsten Ausgabe des
Wissenschaftsmagazins Nature http://www.nature.com.
Die Physiologin Anna Maria Aloisi hat im Test 54 Männer, die Östrogen
und Anti-Androgene zum "weiblich werden" verabreicht bekamen, genau
untersucht. Demnach traten bei 30 Prozent der Behandelten Schmerzen, in
erster Linie chronische Kopfschmerzen, auf. "Tatsächlich konnten wir
nachweisen, dass Östrogen in hohen Dosen verabreicht, zu den Schmerzen
führten", so die Forscherin beim 11. Welt-Schmerzkongress
http://www.iasp-pain.org , der derzeit in Sydney stattfindet. Eine
andere Studie mit Frauen, die sich einer Geschlechtsumwandlung
unterzogen und das männliche Hormon Testosteron verabreicht bekamen,
berichteten die Frauen über ein Nachlassen der Schmerzen. "Sie schienen
sich generell wesentlich besser zu fühlen", so Aloisi.
Die Studie unterstreicht einmal mehr die Geschlechtsunterschiede bei
Schmerzen. Obwohl niemand erklären kann, wie Hormone tatsächlich das
Schmerzempfinden beeinflussen, bestätigte die Untersuchung
vorhergehende Ergebnisse. Forscher nehmen an, dass Testosteron das
Schmerzempfinden abstumpft, indem es exzitatorische Schmerzpfade im
Nervensystem dämpft. Umgekehrt wirkt Östrogen deshalb
schmerzverstärkend, weil es Hemmmechanismen, die das Schmerzempfinden
senken, blockiert. Obwohl diese Theorien scheinbar zustimmen, ist die
Wirkweise von Östrogen scheinbar wesentlich komplexer als vermutet.
Frauen leiden nämlich während der Menstruation dann am meisten, wenn
der Östrogenwert am niedrigsten ist. Umgekehrt treten in der Pubertät
bei Mädchen dann Schmerzen auf, wenn die Östrogenwerte ansteigen.
Nach Ansicht der Forscher sind rasche Veränderung der Hormonwerte dafür
verantwortlich, dass Schmerzen auftreten. "Es sind nicht die Werte per
se", meint die Epidemiologin Linda LaResche von der University of
Washington in Seattle. LaResche untersucht Frauen die die Pille so
nehmen, dass sie keine Menstruation mehr bekommen. Dadurch will sie
erforschen, ob die Östrogenwerte tatsächlich das Problem sind oder ob
es tatsächlich der rasche Unterschied in den Werten ist, der zu
Schmerzen führt.