12 | 2018 – Neue Anlage mit E-VITA-Elektronenbehandlung von Saatgut eingeweiht
Am 3. Juli 2018 wurde das nächste
Kapitel der Erfolgsgeschichte E-VITA in Güstrow geschrieben. Mit der
Einweihung der zweiten Anlage zur Behandlung von Saatgut mit
niederenergetischen Elektronen kommt es zu einer deutlichen
Kapazitätserweiterung. Erstmals kann damit der gesamte Bedarf nach
elektronenbehandeltem Saatgut gedeckt werden.
„Die E-VITA-Technologie ist ein erfolgreiches und
überzeugendes Beispiel für den Einsatz physikalischer Verfahren in der
Landwirtschaft. Damit bekommt die Landwirtschaft ein Instrument in die
Hand, das Anwender und Umwelt schützt – und zwar ohne Verlust von
Wirksamkeit.“ Davon ist Andreas Prelwitz fest überzeugt. Allein die
Tatsache, dass auf etwa jedem fünften Hektar der Getreidefläche in
Mecklenburg-Vorpommern zur diesjährigen Ernte elektronenbehandeltes
Saatgut zur Aussaat kam, beweist die hohe Akzeptanz des Verfahrens.
Seit Jahren nutzt die Ceravis AG die umwelt- und anwenderfreundliche
Elektronenbehandlung von Saatgut unter der Bezeichnung E-VITA. Die
großflächige Nutzung des E-VITA-Verfahrens durch die Landwirtschaft ist
eine Erfolgsgeschichte, die weit über die Grenzen Deutschlands hinaus
Beachtung und Anerkennung findet.
„Die hohe Nachfrage nach
elektronenbehandeltem Saatgut hat uns bewogen, eine weitere
E-VITA-Anlage in Güstrow zur Herbstaussaat 2018 zu errichten. Diese neue
Anlage ist auch eine Investition für die Landwirtschaft, die zunehmend
unter dem Verlust von Wirkstoffen bei Pflanzenschutzmitteln leidet. Für
die Saatgutbehandlung ist dank E-VITA daher zukünftig keine negative
Auswirkung für die Landwirtschaft zu erwarten, wenn noch mehr chemische
Beizmittel ihre Zulassung verlieren“, schätzt Andreas Prelwitz,
verantwortlich für die Produktentwicklung Saatgut bei der Ceravis AG,
ein.
Die E-VITA-Technologie wird bisher in der
Saatgutbehandlung von Getreide und Körnerleguminosen eingesetzt. Erste
praktische Erfahrungen gibt es bereits bei Mais und Raps. Gegenwärtig
läuft ein Forschungsprojekt, um die Einsatzmöglichkeiten bei
Futtersaaten (Gräser, kleinkörnige Leguminosen) zu untersuchen.
„Die Elektronenbehandlung von Saatgut ist das erste physikalische
Verfahren, das sich großflächig in der Landwirtschaft etabliert hat. Sie
ist das Ergebnis einer mehr als 20 jährigen Entwicklung, gemeinsam mit
Universitäten, unabhängigen Prüfeinrichtungen, Saatgutproduzenten und
Landwirten.“, erklärt André Weidauer, stellvertretender Abteilungsleiter
Elektronenstrahlprozesse am Fraunhofer FEP.
Es gibt zahlreiche
Vorteile bei der Nutzung der Elektronenbehandlung. Als wichtigster
Vorteil hat sich durch die Eliminierung der Beizstäube die sehr hohe
Anwender- und Umweltfreundlichkeit herausgestellt. Darüber hinaus bietet
das Verfahren aber zahlreiche weitere Vorteile:
- Keine gesundheitlichen Gefahren für den Anwender!
- Rein physikalisches Verfahren!
- Biologische Wirksamkeit gegen samenbürtige Erreger und Ertragssicherheit!
- Keine Gefahrstoffauflagen! (Sicherheitsauflagen, Umwelt- und Anwenderschutz)
- Keine Schädigung von Nützlingen!
- Keine chemischen Rückstände im Boden!
- Keine Resistenzbildung bei den Pathogenen!
- Schnellerer Feldaufgang!
- Zulassung für den ökologischen Landbau!
- Bessere Fließfähigkeit in der Drillmaschine!
- Problemlose Verwertung von Saatgutresten als Futtermittel!
- Positives Gesellschaftsbild der Landwirtschaft!
Die neue Anlage erreicht die gleiche Leistung wie die erste Anlage:
25 Tonnen pro Stunde bei Getreide. Dabei ist das neue Anlagenkonzept,
das auf einem Standard-Container basiert, nicht nur platzsparender als
vorangegangene Anlagenkonzepte. Es ist auch ohne Sonderzulassung mobil
einsetzbar. Darüber hinaus konnte die Anlagenverfügbarkeit durch neue
Komponenten weiter erhöht werden.
Bisher ist heute weltweit nur
das Fraunhofer FEP in der Lage, die entsprechende leistungsfähige
Technologie für die Erzeugung der benötigten Elektronen zur Verfügung zu
stellen. Ceravis ist das erste Unternehmen weltweit, das diese
Technologie zur Dekontamination (Desinfektion) von Saatgut großtechnisch
nutzt. Das gleiche Verfahrensprinzip wird wegen der hohen Wirksamkeit
weltweit auch zur Desinfektion von medizinischen Produkten und
Getränkeverpackungen genutzt.
Die Elektronenbehandlung erzeugt
keine optische Veränderung des behandelten Saatguts. Damit ist für den
Landwirt eine Behandlung nicht sichtbar. Durch einen umfangreichen
Probeanbau in zahlreichen Landwirtschaftsbetrieben konnten aber
gemeinsam mit den Landwirten positive Erfahrungen gesammelt werden, die
letztendlich zum Vertrauen in dieses Verfahren beitrugen. Das
Hauptargument der chemischen Industrie (die fehlende Wirkung gegen
bodenbürtige Erreger) konnte durch zahlreiche Exaktversuche bei
offiziellen Prüfstellen (Biologische Bundesanstalt für Land- und
Forstwirtschaft BBA, Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft
Mecklenburg-Vorpommern, Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein,
Humboldt-Universität Berlin, Landesamt für Landwirtschaft Brandenburg)
und den langjährigen Erfahrungen der Landwirtschaft widerlegt werden.
Der große Durchbruch gelang im Herbst 2011, als aufgrund der
schwierigen Saatgutqualität und der ungünstigen Bestellbedingungen
elektronenbehandeltes Saatgut einen besseren Feldaufgang zeigte als
chemisch behandeltes Saatgut. Seitdem nimmt die Nachfrage nach
elektronenbehandeltem Saatgut kontinuierlich zu. Dieser große Erfolg
führte zu einem weltweiten Interesse an dieser Technologie. Zahlreiche
Besuchergruppen (von Brasilien bis Südkorea) haben sich bisher vor Ort
in Güstrow von der Leistungsfähigkeit der Anlage und der Technologie
überzeugt.
Einer größeren Verbreitung des Verfahrens standen
bisher die hohen Investitionskosten im Wege. Mit der geplanten
Einführung einer neuen Elektronenquelle, bei der keine Glühemitter für
die Elektronenemission mehr benötigt werden, sinken die Anlagenkosten
deutlich. Damit erhalten zukünftig auch kleinere Saatgutunternehmen die
Möglichkeit, das Verfahren zu nutzen. Darüber hinaus wird die Nutzung
des Verfahrens bei anderen Fruchtarten (Futtersaaten, Gemüsesaatgut)
intensiv geprüft.
Von großem Vorteil ist dabei, dass die
Elektronenbehandlung auch gegen Viren und Bakterien, die am Saatgut
haften, mit sehr hoher Wirksamkeit einsetzbar ist. Um die Sicherheit der
Elektronenbehandlung noch weiter zu erhöhen, wird gegenwärtig an einem
zusätzlichen biologischen Schutz gearbeitet. Mit der gezielten
Aufbringung von Bakterien, die natürlich im Boden vorkommen und dort
bereits in Symbiose mit verschiedenen Nutzpflanzen leben, können viele
Vorteile auf das Saatgut und damit auf die Keimpflanze übertragen
werden. Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend.
Kontakt
Fraunhofer FEP
André Weidauer