Archiv der Kategorie: Klassische Medizin

Rauchverbot von den meisten Deutschen gefordert

Düsseldorf (pte/19.04.2005/11:30) – Wenn es nach den Wünschen der
Deutschen geht sollen laut jüngsten Umfrageergebnissen des
Marktforschungsinstituts INNOFACT AG http://www.innofact.com bald
strengere Richtlinien für das Rauchen an öffentlichen Plätzen
durchgesetzt werden. 48 Prozent der befragten Verbraucher sprechen sich
für die Umsetzung eines Rauchverbots in deutschen Lokalen, Restaurants,
Cafés und Bars aus. Sogar 60 Prozent der Befragten befürworten ein
generelles Rauchverbot an Schulen.

Die Befragung erfasste die Meinungen von 1.025 deutschen Verbrauchern
zum Thema "Rauchverbot in Lokalen und Schulen". Überraschend konnte
ermittelt werden, dass die Toleranz der Deutschen zwar größer als
vermutet war, denn 46 Prozent der Befragten sprachen sich gegen die
Durchsetzung eines absoluten Rauchverbots in Lokalen aus. Dennoch ist
eine knappe Mehrheit (48 Prozent) durchaus für die Umsetzung von
Rauchverboten. Sehr unterschiedlich wird das mögliche Rauchverbot in
den verschiedenen Altersgruppen aufgenommen, denn die Toleranz
gegenüber Rauchern steigt mit dem zunehmenden Alter der Befragten.
Während 60 Prozent der unter 30-Jährigen die Durchsetzung eines
Rauchverbots stark befürworten, spricht sich die Mehrheit der älteren
Verbraucher zwischen 40 und 60 Jahren rigoros gegen jede Art des
Rauchverbots aus.

Sehr einheitlich ist das Ergebnis bezüglich eines Rauchverbots an
Schulen. 60 Prozent aller Befragten möchten ein generelles Rauchverbot
– sowohl für Schüler als auch für Lehrer – an deutschen Schulen.
Überraschend ist, dass sich auch 43 Prozent der Raucher für eine
strikte Reglementierung aussprechen. Nur 24 Prozent der Befragten sind
der Ansicht, dass Schüler ab 16 Jahren und Lehrer selbst entscheiden
sollen.

Die Raucherproblematik wird somit auch weiterhin ein heiß diskutiertes
Thema bleiben, denn anders als zum Beispiel in den USA oder in den
EU-Ländern Irland, Italien oder Malta, scheint die Einführung eines
strikten Rauchverbots in Deutschland in naher Zukunft nicht
realisierbar. Eine für alle zufrieden stellende und
kompromissorientierte Lösung liegt in der bereits vielerorts
praktizierten Toleranz von beiden Seiten, Rauchern als auch
Nicht-Rauchern.

Olympische Spiele ohne Endokrinologie?

Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

Olympische Spiele ohne Endokrinologie? Wohl nur in vergangener Zeit!

Als Weitspucken, Tauziehen und Sackhüpfen olympische Wettbewerbe waren

Hannover, 1. September 2016:

Was haben Olympische Spiele mit Endokrinologie zu tun?
Wachstumshormon, Erythropoetin, Androgene, Corticosteroide,
Beta-2-Sympathicomimetica, genau genommen alles, was den Stoffwechsel
beeinflusst fällt unter den Begriff „Doping“. Es gab aber auch Zeiten
bei den Olympischen Spielen, da waren Wettbewerbe mit Hormon-Doping noch
unbekannt. Es gab es Wettkämpfe wie Weitspucken, Tauziehen, Sackhüpfen
usw. So unglaublich es heute auch klingen mag – diese Wettkämpfe waren
tatsächlich olympische Disziplinen. Wir stellen einige der verrücktesten
Sportarten und Fakten der olympischen Geschichte der Neuzeit vor:

Reiten verrückt: Die Wettbewerbe mit Vierbeinern
gehören auch heute noch zu den Highlights der Olympischen Sommerspiele.
Im Jahre 1900 allerdings waren  die Pferde bei den Olympischen Spielen
in Paris  besonders gefordert. Beim Pferdeweitspringen nötigte der Belgier Constant van Langhendonck sein Pferd „Extra-Dry“ zu einem Flug über 6,10 Meter. Im Pferdehochsprung waren 1,85 Meter für Gold nötig. Und im Gespannfahren – auch als Postkutschfahren bezeichnet – triumphierte mit dem Belgier Georges Nagelmackers ein
55-Jähriger. Mit Pferden hatte er übrigens in seinem beruflichen Leben
wenig im Sinn: Er gilt als einer der Begründer des Eisenbahnverkehrs,
entwickelte den Orient-Express von Paris nach Konstantinopel mit und
verhalf der Idee von Schlaf- und Speisewagen zum Durchbruch.

Schwimmen verrückt: Auch im Wassersport kannte der olympische Einfallsreichtum keine Grenzen. Bei den Spielen 1904 stand Kopfweitsprung auf dem Programm. Es durften nach dem Eintauchen ins Wasser dabei keine
Schwimmbewegungen gemacht werden. Der US-Amerikaner William Dickey
gewann mit 19,05 Metern. Das Problem dabei: Parallel zu Olympia fand die
Weltausstellung statt und die Landwirtschafts-Unternehmen schütteten
fröhlich ihren Dung und Dünger in den See, in dem die Wettkämpfe
stattfanden. Beim ebenfalls nur einmal bei Olympia ausgetragenen Hindernisschwimmen musste auf einem 200 Meter langen Parcours zum Beispiel über Boote
hinweggeklettert werden. Bei der Olympia-Premiere 1896 gab es übrigens
ein 100-Meter-Freistil-Rennen nur für Matrosen. Die wollten unbedingt
beim Schwimmen mitmachen, waren aber eigentlich zu langsam – also wurde
extra ein olympischer Wettbewerb für sie geschaffen. Es lebe der
olympische Gedanke!

Tauziehen: Tauziehen ist ein echter
Olympia-Klassiker und eine der ältesten Sportarten der Welt. Schon 2500
v.Chr. sind auf Wandzeichnungen Vorläufer der Sportart zu sehen.
Zwischen 1900 und 1920 stand die Disziplin im Programm der Olympischen
Spiele. Zum skandalösen Höhepunkt kam es bei den Spielen 1908 in London.
Im einzigen Viertelfinal-Duell unterlag die USA einem Betriebsteam der
Polizei von Liverpool. Die US-Amerikaner protestierten danach, weil die
britischen Cops (Einsatzstiefel) Nägel an ihren Schuhen hatten und man
sich damit einen Wettbewerbsvorteil verschafft hatte. Die rein britische
Jury lehnte den Einspruch jedoch mit der fadenscheinigen Begründung ab,
dass die Nagelschuhe Teil der Dienstkleidung und deshalb zugelassen
seien. Olympiasieger wurden die Spikes-Benutzer aus Liverpool trotzdem
nicht – im Finale unterlagen sie dem Polizeiteam aus London.

Standspringen: Was heute eher wie eine Übung eines
überehrgeizigen Sportlehrers anmutet, war tatsächlich einmal olympische
Disziplin. Ohne Anlauf in die Höhe hüpfen oder eben auch mal in die
Weite. Der Amerikaner Ray C. Ewry hält bis heute den Weltrekord in
dieser Paradedisziplin. Im Jahr 1904 sprang er 3,476 Meter weit und
1,498 Meter hoch.

Sackhüpfen, Tonnenspringen und Weitspucken: Die
Olympischen Spiele von St. Louis 1904 gingen als die „Westernspiele“ in
die Geschichte ein. Unglaubliche 102 Sportarten waren olympisch. Sie
wurden parallel zur Weltausstellung ausgetragen und die Grenzen zwischen
olympischen Disziplinen und Jahrmarkt-Attraktionen war durchaus
fließend. Beim Tonnenspringen mussten die Teilnehmer alle 50 Meter kopfüber durch an Seilen aufgehängte Fässer springen. Champions wurden auch im Sackhüpfen und TabakWeitspucken gekrönt. Ergebnislisten existieren leider nicht mehr.

Überliefert ist dagegen die Geschichte des Marathonläufers Fred Lorz,
die eine Idee vom Chaos der Spiele gibt. Beim Marathon ließ er sich elf
Meilen (17,7 Kilometer) im Auto seines Managers kutschieren, bis das
Gefährt den Geist aufgab. Anschließend lief er zu Fuß über die Ziellinie
und ließ sich als Sieger feiern. Nachdem Zuschauer den Betrug verraten
hatten, bezeichnete Lorz seine Aktion als Witz. Er wurde lebenslang
gesperrt und gewann trotzdem 1905 den Boston-Marathon. Ob mit oder ohne
Auto ist nicht bekannt.

Schießen auf lebende Tauben: Die Olympischen Spiele
1900 in Paris waren eine blutige Angelegenheit. Über 300 Tauben mussten
ihr Leben lassen, weil beim Schießen einmalig auf lebende Objekte
geschossen wurde. Der Belgier Leon de Lunden holte 21 vom Himmel,
verfehlte nur zwei – und wurde damit Olympiasieger. Glücklicherweise
wird im Sportschießen heute nur noch auf Tontauben (Tonscheiben)
geschossen. Und die Tauben flattern lebend als Friedensbotschafter bei
der Eröffnungsfeier aus dem Olympiastadion.

Gold für Kunst und Kultur: Die vielleicht
ungewöhnlichsten Medaillengewinner in der Geschichte der Olympischen
Spiele sind Künstler. Zwischen 1912 und 1948 wurden bei den olympischen
Kunstwettbewerben Olympiasieger in den Bereichen Architektur, Literatur,
Musik, Malerei sowie Bildhauerei gekrönt. Die Verflechtung von Sport
und Kultur bei Olympia ging auf eine Idee von Pierre de Coubertin
zurück, dem Begründer der modernen Olympischen Spiele. Coubertin reichte
übrigens 1912 unter dem Pseudonym „Georges Hohrod und Martin Eschbach“
seine „Ode an den Sport“ ein und wurde damit als einziger Teilnehmer
Olympiasieger in der Literatur-Kategorie. Nicht nur bei den Spielen 1924
waren die Jury-Mitglieder – zum Beispiel Schriftstellerin Selma
Lagerlöf und Komponist Igor Strawinski – berühmter als die Teilnehmer.
Zwei Personen brachten das Kunststück fertig, sowohl in einem
künstlerischen als auch im sportlichen Wettbewerb eine Olympia-Medaille
zu gewinnen. Der US-Amerikaner Walter Winans gewann 1908 und 1912 Gold
und Silber als Sportschütze in der Disziplin „Laufender Hirsch
(Doppelschuss)  und später im Jahre 1912 eine Goldmedaille für seine
Skulptur „An American Trotter“. Alfréd Hajós aus Ungarn gewann 1896
Doppelgold im Schwimmen und wurde 28 Jahre später mit einer
Silbermedaille für seinen Entwurf des Schwimmstadions in Budapest
ausgezeichnet.

Seit wann genau auch die Endokrinologie – in Form von Doping – als
„olympische Disziplin“ mit dabei ist konnte ich nicht ausfindig machen.
Ich kann mich aber noch an meine Jugendzeit erinnern, als in den 1960er
Jahren die beiden sowjetischen Press-Schwestern, Tamara und Irina
Press, im Kugelstoßen und im Diskuswerfen alle Olympischen Medaillen
sowie Welt- und Europameistertitel abräumten, die es zu gewinnen gab.
Den beiden Schwestern wurde nachgesagt, ihr Geschlecht könne nicht
festgelegt werden. Sie galten manchen schon bald zumindest als
Hermaphroditen; nach anderer Ansicht waren sie mit männlichen Hormonen
gedopt. Womit wir wieder bei der Endokrinologie angelangt sind. Spötter
nannten die beiden „Press Brothers“. Nachdem die Bestimmung des
Geschlechts für alle international auftretenden Sportlerinnen 1966 zur
Pflicht wurde (diese Tests wurden 2000 in Sydney wieder abgeschafft),
verschwanden beide Sportlerinnen von der Sportlerbühne. Die westliche
Presse verstand diesen Rückzug als Eingeständnis. Die russischen
Zeitungen dementieren dies bis heute.

Nicht nur Menschen, sondern Pferde werden heute ebenfalls gedopt,
auch in Deutschland. Bei den Olympischen Spielen in China 2008 war das
Pferd „Coester“ des deutschen Springreiters Christian Ahlmann positiv
auf die verbotene Substanz Capsaicin getestet worden, ein Mittel, das
heute zur Behandlung der schmerzhaften diabetischen Neuropathie
eingesetzt wird. Damit sind wir – nach dem Ausflug in verrückte
olympische Wettkämpfe – wieder in den „Niederungen der olympischen
Endokrinologie“ angekommen.

Klaus-Dieter Döhler, Hannover

Antibiotika gezielt verwenden, Resistenzen eindämmen

Antibiotika gezielt verwenden, Resistenzen eindämmen: Die Infektionsmedizin muss gestärkt werden

Köln,
Dezember 2016 – Der Deutsche Bundestag hat am 1. Dezember 2016
beschlossen, die Antibiotika-Minimierung in der Human- und Tiermedizin
und die Bekämpfung von Antibiotika-Resistenzen konsequent
weiterzuverfolgen. Einen entsprechenden Antrag hatten die Fraktionen von
CDU/CSU und SPD gestellt. Die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie
(DGI) begrüßt die Entscheidung. Die Fachgesellschaft weist in diesem
Zusammenhang darauf hin, dass der Infektionsmedizin beim rationalen
Einsatz von Antibiotika und der Eindämmung von Infektionen mit
multiresistenten Erregern eine Schlüsselrolle zukommt.
Noch
immer sind in vielen deutschen Krankenhäusern keine Infektiologen
beschäftigt, obwohl durch ihre Expertise deutlich mehr Patienten schwere
Infektionen überleben und sehr viel häufiger eine gezieltere und meist
auch kürzere Behandlung sichergestellt werden kann. Die
Infektionsmedizin müsse strukturell gestärkt und die Finanzierung
infektiologischer Leistungen verbessert werden, fordert die DGI.

„Wir
begrüßen sehr, dass der Gesetzgeber die Problematik der
Antibiotika-Resistenzen weiter im Fokus hat und dabei auch die
Ausbildung von Fachkräften verstärkt berücksichtigt“,
sagt
Professor Dr. med. Gerd Fätkenheuer, Vorsitzender der DGI und Leiter
der Infektiologie an der Klinik I für Innere Medizin am
Universitätsklinikum Köln. So enthält der aktuelle Antrag unter anderem
die Forderung, die Antibiotic-Stewardship-Programme intensiver zu fördern.

Unter der Schirmherrschaft der DGI werden Fortbildungskurse in Antibiotic Stewardship (ABS) für Klinik-Mitarbeiter durchgeführt. In diesen wird Wissen über eine
rationale Antibiotikaverordnung vermittelt. „Erstmals wird es 2017 auch
ABS-Kurse für niedergelassene Ärzte geben“, sagt Professor Dr. med.
Winfried Kern aus Freiburg, einer der Verantwortlichen der
ABS-Initiative. „Denn der Großteil der Antibiotika wird im ambulanten
Bereich verordnet.“ 600 bis 700 Tonnen Antibiotika werden in Deutschland jährlich in der Humanmedizin verbraucht; 85 Prozent davon im ambulanten Bereich.

„Die
ABS-Initiative ist ohne Zweifel ein wichtiger Baustein, um das Wissen
um die richtige Verordnung von Antibiotika auf eine breite Basis zu
stellen und in möglichst viele Kliniken und Praxen zu bringen“, sagt
Fätkenheuer. „Der G7-Gipfel hat unsere Initiative als Modellprojekt und
Best-Practice-Beispiel beschrieben. Dies allein ist aber nur eine
Zwischenlösung. Langfristig kann, wie in anderen Disziplinen in der
modernen Medizin, nur der Facharztstandard eine angemessene Versorgung
gewährleisten. Gerade Patienten mit schweren Infektionserkrankungen,
etwa den oft schwer zu behandelnden Infektionen mit multiresistenten
Erregern, benötigen die Behandlung oder Mitbetreuung durch einen
klinisch erfahrenen Spezialisten, der originär für die Behandlung dieser
Erkrankungen ausgebildet ist – also einen Infektiologen.“

Welche entscheidende
Rolle ausgebildete Infektiologen bei der Behandlung schwerer
Infektionen spielen, ist durch zahlreiche Untersuchungen belegt. Zuletzt
hatte Anfang 2016 eine Auswertung mehrerer internationaler Studien ergeben, dass beispielsweise bei der durch Staphylococcus aureus ausgelösten
Sepsis die Behandlung durch einen Infektiologen die Sterblichkeit der
Patienten um rund die Hälfte senken kann. Das Bakterium Staphylococcus aureus gehört
zu den häufigsten Erregern von Krankenhausinfektionen. Die Auswertung
zeigte auch, dass Infektiologen Antibiotika gezielter einsetzen.

„Wir
haben in Deutschland zu wenige Ärzte mit einer Weiterbildung in
Infektiologie. Und mehr noch: in vielen Kliniken sind Stellen für
Infektiologen gar nicht regelhaft vorgesehen, und infektiologische
Konsiliardienste sind nicht etabliert“, sagt Fätkenheuer. In Frankreich
habe man kürzlich einen Bedarf von ein bis zwei Infektiologen pro 500
Betten ermittelt. „Das Experten-Defizit in deutschen Kliniken hat auch
damit zu tun, dass infektiologische Leistungen im
Krankenhausentgeltsystem nicht in ausreichender Weise abgebildet sind.“

Wenn
die Bemühungen um die Eindämmung von Resistenzen und die erfolgreiche
Behandlung von Krankenhausinfektionen gelingen soll, müsse die
Infektionsmedizin im Gesundheitssystem deutlich gestärkt werden, fordert
die DGI. Die jüngst im Krankenhausentgeltgesetz beschlossene Förderung
der ärztlichen Zusatz-Weiterbildung Infektiologie in den Jahren 2016 bis
2019 sei dabei ein wichtiger Schritt. „Mittel- und langfristig
benötigen wir aber weitere Strategien auf allen Ebenen – von der
Schaffung eines Schwerpunktfachs Infektiologie in der Inneren Medizin
(Facharzt) bis hin zur Schaffung entsprechender Stellen“, so
Fätkenheuer.

Literatur:

Deutscher Bundestag, Abschließende Beratungen ohne Aussprache,

Wenn Radiojod nicht mehr wirkt, helfen neue Medikamente

Schilddrüsenkrebs: Wenn Radiojod nicht mehr wirkt, helfen neue Medikamente

Lübeck
– Ein differenzierter Schilddrüsenkrebs, bei dem die Tumorzellen dem
normalen Schilddrüsengewebe noch ähneln, lässt sich meist durch
Operation und Radiojod heilen. Manche Schilddrüsenkrebszellen nehmen das
Radiojod jedoch nicht auf. Wenn der Krebs sich dann ausbreitet, können
neue Wirkstoffe wie der Multikinase-Hemmer Lenvatinib die Erkrankung
erneut kontrollieren. Wie diese neuen Medikamente die Aktivität von
Signalmolekülen und dadurch das Wachstum von Tumorzellen bremsen, wann
die Therapie indiziert ist und welche Nebenwirkungen auftreten können,
erläutern Experten auf der Pressekonferenz anlässlich des 58. Symposiums
der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) am 18. März 2015 in
Lübeck.

In
Deutschland diagnostizieren Ärzte pro Jahr bei etwa 7 200 Menschen
Schilddrüsenkrebs. „Bei den meisten Patienten werden die Tumoren
rechtzeitig bemerkt, sodass die Heilungschancen exzellent sind“,
berichtet Professor Dr. Dr. med. Dagmar Führer, Direktorin der Klinik
für Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen am Universitätsklinikum
Essen. Todesfälle sind insgesamt selten. Im Jahr 2010 starben etwa 700
Menschen an Schilddrüsenkrebs.

„Bei
Patienten mit einem progressiven, also fortschreitenden
Schilddrüsenkarzinom, das mit Radiojod nicht behandelt werden kann,
waren die Behandlungsoptionen der Patienten bislang sehr begrenzt“, sagt
Professor Führer. Klassische, traditionelle Chemotherapien, die bei
anderen Krebsformen gute Ergebnisse erzielen, seien bei
Schilddrüsenkrebs nahezu wirkungslos.

Mit
der Entwicklung von sogenannten Multikinase-Inhibitoren, die sowohl im
Tumor als auch in der Tumorumgebung Wachstumssignale ausschalten, habe
sich die Situation wesentlich geändert. Der Arzneistoff Sorafenib, 2006
zur Behandlung von Nierenkrebs eingeführt, hat kürzlich in einer
klinischen Studie bei Patienten mit Schilddrüsenkrebs das sogenannte
progressionsfreie Überleben, das heißt der Zeitraum, in dem eine
definierte Tumorläsion nicht wächst, auf durchschnittlich 10,8 Monate
verlängert, gegenüber 5,8 Monaten unter Placebo und ist seit Sommer 2014
auch zur Behandlung von Patienten mit radiojodrefraktärem
Schilddrüsenkrebs zugelassen. Unter Lenvatinib, ebenfalls ein
Multikinase-Inhibitor, nahm das sogenannte progressionsfreie Überleben
sogar von 3,6 auf durchschnittlich 18,3 Monate zu. Zudem zeigten 65
Prozent der Patienten ein Ansprechen auf die Lenvatinib Therapie, in
zwei Prozent der Fälle kam es zu einer vollständigen Rückbildung aller
Tumorabsiedlungen. „Dies ist in der Krebstherapie ein beachtliches
Ergebnis“, sagt DGE-Mediensprecher Professor Dr. med. Dr. h. c. Helmut
Schatz aus Bochum. Der Experte rechnet noch in diesem Sommer mit der
Einführung von Lenvatinib in Europa. In den USA wurde das Mittel bereits
im Februar zugelassen.

Der
breite Angriffspunkt der Multikinase-Inhibitoren hat eine Kehrseite:
Die Behandlung geht mit einer Reihe von Nebenwirkungen einher:
Bluthochdruck, Durchfälle, Erschöpfung, Appetitlosigkeit, Übelkeit und
Gewichtsabnahme sind häufig, und wie bei anderen Kinase-Inhibitoren kann
es zu schmerzhaften Schwellungen und Rötungen der Hände und Füße
kommen. Diese Nebenwirkungen lassen sich jedoch beherrschen „Wichtig
ist, dass die Indikation richtig gestellt ist und die Therapie gut
kontrolliert wird. Deshalb sollten die Patienten von einem Spezialisten,
am besten von einem Endokrinologen mit onkologischem Schwerpunkt,
behandelt werden“, empfiehlt Professor Schatz. Bei richtiger
Indikationsstellung sehen die Experten die neuen Multikinase-Inhibitoren
als wichtigen Fortschritt für die Behandlung des radiojodrefraktären
Schilddrüsenkarzinoms, zumal weitere Substanzen in der Entwicklung sind.

M. Schlumberger et al.: Lenvatinib versus placebo in radioiodine-refractory thyroid cancer. New Engl. J. Med. 2015. 372:621-630. Artikel

Hormontherapie in der Ära nach der Hormontherapie

fzm – Die Empfehlungen der Ärzte zur Hormontherapie in den
Wechseljahren haben sich radikal verändert. Aus dem dauerhaften
Östrogen-"Ersatz" mit "Wellness-Faktor", der jahrelang propagiert
wurde, ist eine kurzfristige und gezielte Therapie von
Wechseljahresbeschwerden geworden. Nur wenn Hitzewallungen,
Nachtschweiß oder vaginale Trockenheit das Leben zur Qual machen,
dürfen die Hormone eingenommen werden. Dann jedoch sind sie nach wie
vor die "wirksamste derzeit verfügbare Therapie", wie der Hormonexperte
Prof. Hendrik Lehnert von der Universität Magdeburg in der DMW Deutsche
Medizinische Wochenschrift (Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 2005)
betont.

In einer Übersicht fasst Prof. Lehnert die stürmischen
Studienergebnisse der letzten Jahre zusammen, die zum Ende einer "Ära"
führten: In den 1990er-Jahren waren den Östrogenen immer mehr günstige
Wirkungen nachgesagt worden. Die Hormone sollten nicht nur die
Wechseljahre erträglicher machen. Auch Herzkreislauferkrankungen würden
verhindert und der Knochenabbau im Alter (Osteoporose) gestoppt,
versprachen die Ärzte ihren Patientinnen, wenn sie die Hormone über
viele Jahre einnahmen. Doch dann zeigte die Women´s Health Initiative
(WHI), dass die Risiken größer waren als die Schutzwirkung.

Schon vor der WHI habe es Hinweise auf das Gefahrenpotenzial der
Östrogene gegeben, erinnert sich Prof. Lehnert. Dazu gehöre das erhöhte
Brustkrebsrisiko und die Gefahr von Thrombosen und Lungenembolien.
Einzig die erhöhte Zahl von Schlaganfällen und – bei der Kombination
mit Gestagenen – von Herzkreislauferkrankungen sei auch für Experten
überraschend gewesen.

Heute müssen vor der Therapie die Vorteile und Risiken sehr sorgfältig
abgewogen werden. Lehnert empfiehlt eine halbjährige Nutzen- und
Risikoabwägung bei allen Frauen, die wegen starker
Wechseljahresbeschwerden eine Behandlung wünschen. Die Therapie sollte
mit einer geringen Dosis "einschleichend" begonnen werden und so kurz
wie möglich dauern. Frauen mit Herzkreislauferkrankungen oder früheren
Thrombosen dürfen Östrogene nicht anwenden.

Trotz der Risiken ist Prof. Lehnert überzeugt: Wenn die Bedingungen
genau beachtet werden, haben die Frauen einen Nutzen von der
Behandlung, der sich auch in einer Steigerung der "qualitätsangepassten
Lebenserwartung" äußert. Mit diesem Begriff umschreiben Mediziner die
Tatsache, dass Jahre in einem guten Gesundheitszustand die Risiken
einer Therapie unter Umständen aufwiegen.

D. Heutling, H. Lehnert:

Hormontherapie und Menopause

Deutsche Medizinische Wochenschrift 2005; 130 (13): 829-834

Kälte begünstigt Erkältungen

Kälte begünstigt Erkältungen

Nach jeder Antibiotika-Therapie gehört eine Kur mit Laktobazillen zum Pflichtprogramm

Gynophilus® protect
Gynophilus® protect
[ Fotos ]

Wien (pts005/16.11.2016/08:00) – Herbst und Winter
haben viele schöne Seiten – die allgemein steigende Erkältungsgefahr bei
sinkenden Temperaturen gehört aber sicherlich nicht dazu. Je kälter es
wird, desto höher das Risiko, krank zu werden. "Warm anziehen", raten
schon die Großeltern – und sie haben Recht: Wissenschaftler der Yale
University School of Medicine in New Haven konnten herausfinden, dass
die sogenannten Rhinoviren, die Erkältungen verursachen, leichtes Spiel
haben, wenn wir frieren (1). Denn: Kälte schwächt das Immunsystem des
Menschen, dadurch haben Viren bessere Chancen, sich auszubreiten. Die
Krankheitserreger profitieren demnach nicht direkt von den kühlen
Bedingungen an sich, sondern indirekt durch die eingeschränkten
Bekämpfungsmaßnahmen des Organismus.

Folgeinfektionen bei grippalen Infekten?

Patienten mit grippalen Infekten verlassen oft die
Ordination ihres Hausarztes mit einem Antibiotika-Rezept. "Zur
Verhinderung möglicher Folgeinfektionen", ist häufig der Grund für diese
Verschreibung. Da das Antibiotikum bekanntlich nicht nur die
krankmachenden, sondern auch die nützlichen Bakterien abtötet, tritt als
häufigste Folgeinfektion einer Antibiotika-Therapie bei Frauen eine
Scheideninfektion auf.

Unterstützung für Darm- und Scheidenflora

"Nach der Einnahme von Antibiotika klagen viele Frauen
über Scheideninfektionen", so Dr. Eva Lehner-Rothe, Fachärztin für
Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Wien und Baden. Der Grund: "Im
optimalen Zustand herrscht in der Scheide ein saures Milieu mit einem
pH-Wert zwischen 3,8 und 4,5. Eine Antibiotika-Therapie führt zu einer
Veränderung des normalen Scheidenmilieus. Der pH-Wert steigt deutlich
an, Pilze oder krankmachende Bakterien können sich gut vermehren und der
natürliche Schutz von Laktobazillen auf der Vaginalschleimhaut
versagt", warnt die Expertin.

Milchsäurebakterien schützen

Daher empfiehlt Dr. Eva Lehner-Rothe prinzipiell nach
der Antibiotikaeinnahme, oder besser noch parallel dazu, den Aufbau der
Scheiden- und Darmflora mit speziellen Laktobazillen. "Diese nützlichen
Bakterien – zum Beispiel aus dem Stamm Casei Rhamnosus – versorgen
sowohl die Darm-, als auch die Vaginalflora mit ausreichend Milchsäure.
Zudem haften sie an den Schleimhäuten an, vermehren sich dort und bilden
einen schützenden Biofilm. Somit haben krankmachende Keime und Pilze
keine Chance sich festzusetzen und Patientinnen sind – selbst nach einer
Antibiotika-Therapie – vor Infektionen geschützt." Besonders wirksam um
Scheideninfektionen vorzubeugen sind Gynophilus Classic®
Scheidenkapseln und Gynophilus protect® Vaginaltabletten. Beide Produkte
enthalten Laktobazillen des Stammes Casei Rhamnosus.

Die Gynophilus Classic® Scheidenkapseln erhalten durch
eine kurmäßige Anwendung von 14 Scheidenkapseln das Gleichgewicht in der
Scheidenflora.

Gynophilus Protect® Vaginalkapseln müssen nach
erfolgreich behandelter Scheideninfektion durch die höhere Dosis nicht
täglich eingeführt werden, sondern nur alle vier Tage. Empfohlen wird
die Kur für 8 Tage mit 2 Tabletten – die Tablette wird alle vier Tage am
besten direkt vor dem Schlafengehen eingeführt.

Florea® regenerans Kapseln enthalten die wertvollen
Laktobazillen zum Einnehmen und regenerieren wieder rasch die durch
Antibiotikaeinnahme geschädigte Darmflora.

Die Präparate sind rezeptfrei in der Apotheke erhältlich.

Geburtsschmerz positiv erleben

fzm – In unserem Kulturkreis ist Schmerz negativ besetzt. Wir versuchen körperliche Schmerzen in der Regel mit Hilfe von Medikamenten zu vermeiden. Auch bei der Geburt spielen Betäubung und Kaiserschnitt eine immer größere Rolle. „Es ist heute für Frauen schwierig geworden den Schmerz der Geburt zu akzeptieren, da er in unserer Gesellschaft nicht wertgeschätzt wird“, erläutert die freiberufliche Hebamme Monika Schmid aus Stuttgart. Im Gespräch mit ihrer in Italien praktizierenden Kollegin Verena Schmid diskutiert sie in der aktuellen Ausgabe „Die Hebamme“ (Hippokrates Verlag, Stuttgart, 2005) über die Bedeutung des Geburtsschmerzes.


Die Wahl zwischen einer schmerzhaften und einer vermeintlich schmerzfreien Geburt, vor die sich viele Frauen gestellt sehen, sehen die Expertinnen kritisch. Denn auch wenn sich die werdenden Mütter für eine Betäubung entscheiden, müssen sie eine Zeit lang die Wehenschmerzen ertragen. Indem sie den Schmerz innerlich ablehnen und ein Gegenmittel erwarten, können sie nicht auf die Wehen reagieren und empfinden diese als noch schmerzhafter. Auch ein Kaiserschnitt verläuft keineswegs ohne Schmerzen, sie treten lediglich später auf. „Durch die fehlende Hormonausschüttung der physiologischen Geburt bleibt der Schmerz bei einem Kaiserschnitt viel stärker im Gedächtnis haften“, erklärt Verena Schmid, die eine Weiterbildungsschule für Hebammen in Florenz leitet und auch in Deutschland Fortbildungen anbietet. Dass viele Frauen danach keine weiteren Kinder mehr wollen, ist demnach kein Zufall. Die wenigsten Mütter sind jedoch darüber informiert. Eine vermehrte Auseinandersetzung mit dem Geburtsschmerz in der Hebammenarbeit ist daher dringend erforderlich. Fördert er doch die Produktion verschiedener Hormone. Diese begünstigen unter anderem die Bindung zwischen Mutter und Kind und stellen den Stoffwechsel des Neugeborenen auf ein Leben außerhalb des Mutterleibs ein. Frauen, die ohne Betäubung entbinden, empfinden oft ein Gefühl der Stärke und Überwältigung, nicht unbedingt Schmerz.


Interview mit Verena Schmid:
Die Bedeutung des Geburtsschmerzes für Mutter und Kind – ein Interview mit Verena Schmid
Die Hebamme 1/2005: 11-12

Dem Strahl auf der Spur

Dem Strahl auf der Spur

Einfache Messmethode aus Dresden verbessert Genauigkeit der Protonentherapie

Protonenstrahlen sind eine neue, sehr präzise Waffe
im Kampf gegen Krebs. Unsicherheiten über die Reichweite der Strahlen
verhindern bislang jedoch, dass das Potential dieser Methode voll
ausgeschöpft werden kann. Weltweit suchen Forscher deshalb nach
Verfahren, um die Reichweite noch während einer Behandlung exakt zu
messen. Eine überraschend einfache Lösung konnten Wissenschaftler des
Nationalen Zentrums für Strahlenforschung in der Onkologie – OncoRay und
des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR) entwickeln. Erste
präklinische Tests verliefen bereits erfolgreich.

Ähnlich einer Gewehrkugel hat ein Protonenstrahl
eine gewisse Reichweite. Kurz bevor die geladenen Teilchen zum
Stillstand kommen, entfalten sie ihr größtes Zerstörungspotential. „Die
Wirkung könnte auf einen bestimmten Punkt in einem Körper – in unserem
Fall auf einen Tumor – konzentriert werden“, erklärt Dr. Guntram Pausch
vom OncoRay-Zentrum. „Die erkrankten Zellen lassen sich so stark
schädigen, während das umliegende gesunde Gewebe geschont wird.“ Die
Eindringtiefe hängt von der Anfangsgeschwindigkeit der Strahlen und der
Zusammensetzung des Gewebes ab. Und hier liegt die Herausforderung, wie
der Strahlenexperte erläutert. „Schon eine verstopfte Nase bei den
Voruntersuchungen kann verzerrte Daten für den Bestrahlungsplan liefern,
was dazu führt, dass der Strahl später nicht genau an der geplanten
Stelle gestoppt wird. Deshalb müssen wir bei der Behandlung
Sicherheitsabstände um den Tumor einplanen.“

Dieser Unsicherheitsfaktor kann bisher nur mit
Hilfe der Computertomographie vor der Behandlung oder indirekt durch
Überprüfung der Strahlenwirkung nach der Anwendung verringert werden.
Die Dresdner Forscher suchen deswegen nach einer Methode, um die
Reichweite des Teilchenstrahls in Echtzeit zu erfassen. Als hilfreicher
Ansatz gilt dafür Gammastrahlung. Diese Art der Strahlung entsteht bei
Kernreaktionen, die die Protonen auf ihrer Reise durch das Gewebe
auslösen. „Die bisherigen Konzepte versuchen, dies mit komplexen und
teuren Detektorsystemen zu messen, um so den Weg der Protonen
nachzuverfolgen“, beschreibt Pausch den Stand der Forschung. „Bis dies
in den Kliniken eingesetzt werden kann, werden noch ein paar Jahre
vergehen.“ Mit dem Team um Dr. Fine Fiedler vom Helmholtz-Zentrum
Dresden-Rossendorf hat er deswegen eine alternative Methode entworfen:
das „Prompt Gamma Timing“. Dieses neue Verfahren beruht auf einer
Zeitmessung, für die nur ein Detektor benötigt wird.

Abweichungen schnell feststellbar

Die Forscher setzen dabei auf einen grundlegenden
physikalischen Effekt: Die Protonenstrahlen brauchen eine bestimmte
Zeit, bis sie ihr größtes Zerstörungspotential erreichen. Bei der neuen
Methode messen die Wissenschaftler deshalb die Zeitspanne zwischen dem
Eintritt der Strahlen in den Körper und dem Aufleuchten der
Gammastrahlung am Detektor. „Weichen die gemessenen von den zuvor
berechneten Zeitspektren ab, trifft der Strahl sein Ziel nicht genau
genug“, fasst Pausch zusammen. „In diesem Fall würden wir das sofort
bemerken und könnten die Bestrahlung an die neuen Bedingungen anpassen.“
Um ihre Annahmen zu bestätigen, testeten die Forscher die Methode
gemeinsam mit dem Weltmarktführer für Protonenstrahl-Therapieanlagen Ion
Beam Applications (IBA).

Am Westdeutschen Protonentherapiezentrum Essen
bestrahlten sie dafür Testobjekte mit Protonenstrahlen, die bei der
Behandlung üblich sind. Bei diesen Untersuchungen konnten die
Wissenschaftler mit ihrem Verfahren Strahlabweichungen von nur wenigen
Millimetern feststellen. Auf dieser Grundlage könnten die
Sicherheitsabstände um den Tumor verringert, die Wirksamkeit der
Behandlung erhöht und gesundes Gewebe noch stärker geschont werden. Die
Forscher untersuchten aber auch Faktoren, die die Genauigkeit des
Verfahrens einschränken können, wie Guntram Pausch erläutert.
Nichtsdestotrotz sieht er ein großes Potential für den Ansatz: „Wie die
Experimente gezeigt haben, könnte unsere Methode angewendet werden, um
während der Therapie merkliche Abweichungen vom Behandlungsplan
auszuschließen.“

Guntram Pausch, dessen OncoRay-Gruppe "In vivo
Dosimetrie für neue Strahlenarten" durch das Bundesministerium für
Bildung und Forschung gefördert wird, erkennt in der neuen Technik eine
Möglichkeit, um für die klinische Anwendung schnell ein Messverfahren
bereitzustellen: „Unser Ansatz könnte die Zeit überbrücken, bis
aufwändigere Detektorsysteme entwickelt und getestet sind.“ Noch in
diesem Jahr will das Team um Pausch Untersuchungen an Phantomen – also
Nachbildungen des menschlichen Körpergewebes und der Organstruktur –
durchführen. Sollte sich die Methode auch bei diesen Versuchen als
verlässlich erweisen, könnte sie bald den Sprung in den klinischen
Alltag nehmen.

Hintergrund: Als erster Standort
in Ostdeutschland setzt das Dresdner Universitätsklinikum Carl Gustav
Carus im Kampf gegen Krebs auf die Strahlentherapie mit Protonen. Mitte
Dezember 2014 begannen die ersten Behandlungen von Tumorpatienten. Die
Kapazitäten sollen nun kontinuierlich auf 400 bis 500 Patienten pro Jahr
ausgebaut werden. Neben Dresden gibt es in Deutschland zwei weitere
Universitätskliniken, die die Protonentherapie anbieten: das
Heidelberger Ionenstrahl-Therapiezentrum und das Westdeutsche
Protonentherapiezentrum Essen. Da die Dresdner Anlage sowohl für
Krankenversorgung als auch für Forschung eingesetzt wird, hat sich das
Uniklinikum Carl Gustav Carus mit dem OncoRay-Zentrum und dem HZDR zur
Universitäts Protonen Therapie Dresden (UPTD) zusammengeschlossen.

Keine Chance bei Bauchspeicheldrüsenkrebs??


 Nach
der Diagnose leben Patienten im Schnitt noch 4,6 Monate: Im Gegensatz
zu vielen anderen Krebsarten sterben immer mehr Menschen in der
Europäischen Union an 
Bauchspeicheldrüsenkrebs. Zu diesem Ergebnis kommt ein Bericht des Europäischen Gastroenterologen-Verbands. Die Zahl der Toten in der EU sei zwischen 1990 und 2016 um 62 Prozent gestiegen, von 56.072 auf 90.591.

EU-weit
leben nur drei Prozent der Patienten, bei denen ein sogenanntes
Pankreaskarzinom festgestellt wurde, noch länger als fünf Jahre nach der
Diagnose und gelten damit als geheilt. Damit hätten sich die
Überlebenschancen für diese Krebsart in den vergangenen 40 Jahren kein
Stück verbessert, so die Autoren des Berichts.

Tumor wird oft erst spät entdeckt

Am
Pankreaskarzinom sterben immer noch mehr als 90 Prozent der Patienten
in Deutschland", sagt auch Alexander Stein vom Krebszentrum des
Hamburger Universitätsklinikums Eppendorf (UKE). "Es ist der Tumor,
bei dem sich alle neuen Therapien schlechter anwenden lassen als bei
anderen Krebsarten." Zwar steige auch bei Darmkrebs und Brustkrebs die
Zahl der Neuerkrankungen, gleichzeitig würden diese Krebsarten aber
immer früher entdeckt und seien zunehmend besser behandelbar.

Krebs
in der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) war im Jahr 2015 die
vierthäufigste krebsbedingte Todesursache in Deutschland. Laut
Statistischem Bundesamt starben daran rund 17.000 Menschen – mehr als
sieben Prozent aller Krebstoten. Auf Platz eins lagen demnach Lungen-
und Bronchialkrebs mit zusammen mehr als 45.000, Darmkrebs mit 24.000
und Brustkrebs mit mehr als 18.000 Toten

Am
Pankreaskarzinom sterben immer noch mehr als 90 Prozent der Patienten
in Deutschland", sagt auch Alexander Stein vom Krebszentrum des
Hamburger Universitätsklinikums Eppendorf (UKE). "Es ist der Tumor,
bei dem sich alle neuen Therapien schlechter anwenden lassen als bei
anderen Krebsarten." Zwar steige auch bei Darmkrebs und Brustkrebs die
Zahl der Neuerkrankungen, gleichzeitig würden diese Krebsarten aber
immer früher entdeckt und seien zunehmend besser behandelbar.

Krebs
in der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) war im Jahr 2015 die
vierthäufigste krebsbedingte Todesursache in Deutschland. Laut
Statistischem Bundesamt starben daran rund 17.000 Menschen – mehr als
sieben Prozent aller Krebstoten. Auf Platz eins lagen demnach Lungen-
und Bronchialkrebs mit zusammen mehr als 45.000, Darmkrebs mit 24.000
und Brustkrebs mit mehr als 18.000 Toten

Technik ermöglicht Kontakt zu Wachkoma-Patienten

Neue Technik ermöglicht Kontakt zu Wachkoma-Patienten:

Fast jeder Fünfte besitzt ein „verborgenes“ Bewusstsein

Berlin – Es ist der Stoff, aus dem Psychothriller geschrieben sind: Patienten im Wachkoma sind scheinbar ohne Bewusstsein. Sie können mit ihrer Umwelt nicht in Kontakt treten. Vieles deutet aber darauf hin, dass einige Patienten mehr wahrnehmen als bisher vermutet. Anders als beim künstlichen Koma, in das Michael Schumacher nach seinem Skiunfall versetzt wurde, wird ein Wachkoma nicht durch Medikamente herbeigeführt, sondern ist Folge einer Hirnverletzung. Neurophysiologische Studien zeigen, dass ein Teil der Betroffenen Aufgaben wahrnimmt, versteht und versucht, diese zu erfüllen. Inwieweit Wachkoma-Patienten sogar kommunizieren können, ist Thema einer Pressekonferenz am 20. März 2013 anlässlich des 30. International Congress of Clinical Neurophysiology (ICCN) und der parallel stattfindenden 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und funktionelle Bildgebung (DGKN). Diese finden vom 19. bis 23. März 2014 in Berlin statt.

Schätzungsweise 5000 Menschen in Deutschland werden als Wachkoma-Patienten behandelt. Bei rund einem Viertel war ein Schädel-Hirn-Trauma, wie es Schumacher erlitten hat, der Auslöser. Tatsächlich liegt bei etwa 40 Prozent jedoch eine Fehldiagnose vor, erläutert Privatdozent Dr. med. Andreas Bender, Chefarzt am Therapiezentrum Burgau: „Diese Patienten haben entweder bereits unbemerkt wieder ein Minimalbewusstsein oder gar ein volles Bewusstsein erlangt, sind jedoch vollständig gelähmt. Der zweite Fall kommt nur sehr selten vor, wir sprechen vom Locked-In-Syndrom.“

Mithilfe neuer elektrophysiologischer Verfahren können Experten inzwischen leichter als früher feststellen, ob das Nervensystem eines komatösen Patienten Reize verarbeiten kann oder nicht. Dazu gehören sogenannte ereigniskorrelierte Potentiale (ERP), also Schwankungen im Elektroenzephalogramm (EEG), die parallel zu kognitiven Prozessen oder Sinneswahrnehmungen stattfinden. Ebenso hilfreich erwies sich die Methode „Motor Imagery“, bei der Betroffene aufgefordert werden, sich Bewegungen vorzustellen ohne diese durchzuführen. „Bei zehn bis zwanzig Prozent der Wachkoma-Patienten finden wir deutliche Hinweise auf ein ‚verborgenes‘ Bewusstsein“, berichtet der DGKN-Experte Dr. Bender im Vorfeld des ICCN.

Eine ERP-Analyse hilft Ärzten auch dabei, Patienten zu identifizieren, mit denen später eine Kommunikation möglich sein könnte. Eine aktuelle Studie konnte nachweisen, dass diese Menschen mit starken Schwankungen ihrer Gehirnströme auf Nonsens-Sätze reagieren. Darüber hinaus gibt es neue Ansätze, über sogenannte Brain-Computer-Interfaces (BCI) einen Kontakt zu Betroffenen herzustellen. Neurophysiologen gelang es, einen Patienten im Zustand des Minimalbewusstseins Ja-Nein-Fragen beantworten zu lassen. „Leider kann derzeit nur ein kleiner Teil der Patienten in Spezialzentren entsprechend untersucht werden“, erklärt Dr. Bender. „Engere Kooperationen zwischen Universitäts- und Rehabilitationskliniken wären wünschenswert“.

„Fortschritte in der Neurophysiologie ermöglichen künftig ganz neue Therapieansätze“, sagen die Tagungspräsidenten Professor Dr. med. Otto Witte aus Jena und Professor Dr. med. Reinhard Dengler aus Hannover. „Gerade in den vergangenen Jahren hat sich bei der Erforschung des Bewusstseins viel bewegt.“ Darüber berichten Experten aus der ganzen Welt auf dem internationalen Kongress: Unter anderem Professor Rizzolatti, einer der bedeutendsten Hirnforscher unsere Zeit. Weitere Informationen finden Sie im Internet unter http://www.iccn2014.de