Archiv der Kategorie: Klassische Medizin

Neuroradiologen informieren über Kathetertherapie beim Schlaganfall

Neue Behandlung rettete Deutschrocker Wolfgang Niedecken: BAP-Sänger und Neuroradiologen informieren über Kathetertherapie beim Schlaganfall

Köln – Am 2. November 2011 verändert ein Schlaganfall das Leben von Wolfgang Niedecken. Am Universitätsklinikum Köln behandeln Neuroradiologen den BAP-Musiker erfolgreich mit einer neuen Methode: Sie ziehen den Blutpfropfen mit einem Katheter aus der Arterie im Gehirn. Über seine Therapie und sein Leben nach dem Schlaganfall berichtet Niedecken auf der Pressekonferenz anlässlich von neuroRAD, der 48. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Neuroradiologie. Se in Arzt, Professor Dr. med. Thomas Liebig, wird erläutern, wie die sogenannte Thrombektomie funktioniert und wann sie der medikamentösen Therapie überlegen ist.

Jedes Jahr erleiden in Deutschland rund 270 000 Menschen einen Schlaganfall. Er ist hierzulande die dritthäufigste Todesursache. In etwa 80 Prozent der Fälle ist der Auslöser eine Minderdurchblutung des Gehirns. Ursache ist häufig ein Blutgerinnsel, das ein Gefäß im Gehirn verstopft. Etwa 15 bis 20 Prozent dieser sogenannten ischämischen Schlaganfälle beruhen auf einem Verschluss großer Hirngefäße. „Ein großer Thrombus lässt sich oft nicht allein durch eine standardmäßige Gabe von Medikamenten auflösen“, sagt Professor Dr. med. Thomas Liebig, Leiter der Neuroradiologie am Universitätsklinikum Köln. „W eil die schnelle Öffnung des Gefäßes aber essentiell ist, um Hirnschäden zu vermeiden, kommt in diesen Fällen die Thrombektomie zum Einsatz.“

Bei dieser Methode schieben Neuroradiologen unter Röntgenkontrolle über die Leistenarterie einen Katheterdraht bis in das Gehirn vor. Im betroffenen Gefäß im Gehirn entfalten sie einen Stent-Retriever, ein feines Gitterröhrchen, in dem sich der Blutpfropfen verfängt. Indem sie den Katheter zurückziehen, entfernen sie den Thrombus. In acht von zehn Fällen ist die Wiederöffnung des Gefäßes möglich: „Eine erfolgreich durchgeführte Thrombektomie führt bei vielen Patienten zu dramatischen Verbesserungen und oft raschen Genesungsfortschritten, die alleine durch die medikamentöse Standardtherapie bei großen Verschlüssen kaum zu erreichen ist“, so Liebig, in dessen Klinik die Methode regelmäßig angewandt wird. Dort wurde auch Wolfgang Niedecken behandelt.

Der wissenschaftliche Beweis, dass das neue Verfahren bei großen Verschlüssen bessere Ergebnisse erzielt als die Lysetherapie allein, steht jedoch noch aus. „Viele bereits veröffentlichte Studien sind begrenzt aussagekräftig, weil sie veraltete Techniken und Geräte verwenden, die den modernen, heute verwendeten Systemen deutlich unterlegen sind“, so Liebig. Zuletzt konnten 2012 mehrere Studien zeigen, dass die Rekanalisation des Gefäßes mit modernen Stent-Retrievern nahezu doppelt so häufig möglich ist. „Zudem gibt es Hinweise darauf, dass beide Therapieformen, Lyse und Thrombektomie, synergistisch wirken können. In vielen Zentren hat sich etabliert, direkt nach d er Aufnahme des Patienten eine Lyse durchzuführen, um die Zeit bis zur Thrombektomie zu überbrücken. Weitere, groß angelegte Studien, die derzeit auch schon anlaufen, sind notwendig, um sauber zu definieren, wie das vielversprechende Verfahren zum größtmöglichen Nutzen des Patienten angewandt werden sollte“, so Liebig.

Auf der Pressekonferenz anlässlich von neuroRAD 2013 werden Wolfgang Niedecken und Professor Liebig aus Patienten- und Expertensicht von der Behandlung des Schlaganfalls mittels Katheter berichten.

 

Gesundheit per Bluttest messbar machen

Gesundheit per Bluttest messbar machen
Mehr als eine Million Euro für neues EU-Projekt unter Kieler Leitung
Zukünftig möchte die Medizin in immer stärkerem Maß präventiv tätig
werden. Daher werden Messmethoden, die eine Veränderung von „gesund“ zu
„krank“ anzeigen, immer wichtiger für die Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler. Diese Forschungsansätze sind auch ein Schwerpunkt im
Exzellenzcluster „Entzündungsforschung“. Die Europäische Union (EU)
fördert jetzt ein Projekt unter Leitung des Kieler Mediziners Professor
Matthias Laudes, in dem Biomarker erforscht werden sollen die den Status
„gesund“ messbar machen. Mit ersten Ergebnissen rechnen die Forschenden
in etwa drei Jahren. Solange wird das Projekt mit mehr als einer
Million Euro gefördert.
In der Medizin gibt es heute viele so genannte Biomarker. Dabei
handelt es sich um bestimmte Messwerte im Blut, die eine Erkrankung
anzeigen können. Diese Biomarker sind sehr wichtig für die behandelnden
Ärztinnen und Ärzte um den Erfolg einer Therapie zu bewerten. Ein
Beispiel hierfür ist der HbA1c Wert, der anzeigt wie gut ein Diabetiker
eingestellt ist. Leider liegen solche Biomarker bisher nur für
Erkrankungen vor, nicht aber für Gesundheit. Gerade für
Vorsorgeuntersuchungen oder Programme zur Lebensstiländerung würden sich
präventiv tätige Medizinerinnen und Mediziner aber solche
Messinstrumente wünschen. Dieser Frage geht nun ein internationales
Forscherbündnis nach, das von der Europäischen Union mit über einer
Million Euro gefördert wird.
Professor Matthias Laudes, Vorstandsmitglied im Exzellenzcluster
„Entzündungsforschung“, Medizinische Fakultät an der
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und Leiter der Klinischen
Ernährungs- und Stoffwechselmedizin an der Klinik für Innere Medizin 1
am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, koordiniert das Projekt: „In
den vergangenen zehn Jahren haben wir gelernt, dass Gesundheit ein
Zustand ist, in dem alle unsere Körperzellen mit allen Bakterien die in
uns und auf uns leben im Einklang stehen.“ Sei diese Symbiose gestört,
könnten sich Krankheiten wie Diabetes und Darmentzündungen entwickeln.
Deshalb suchen die Forschenden jetzt Faktoren, die das gesunde
Zusammenleben von uns Menschen mit all unseren Darmbakterien anzeigen,
damit diese später als Indikatoren einer gesunden Lebensweise in
Präventionsprogrammen genutzt werden können. Ebenfalls am Projekt
beteiligt ist Clustermitglied Professorin Karin Schwarz vom Institut für
Humanernährung und Lebensmittelkunde an der Kieler Universität. Neben
europäischen Arbeitsgruppen ist an dem Projekt auch eine
Wissenschaftlerin aus Kanada beteiligt. Auf diese Weise wollen die
Beteiligten untersuchen, ob die neuen Biomarker für Gesundheit
geographischen Besonderheiten unterliegen. Erste Ergebnisse erhoffen
sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in ungefähr drei
Jahren.
Kontakt:
Prof. Dr. Matthias Laudes

Kalium – der vergessene Lebensretter

Kalium – der vergessene Lebensretter
Internationale Empfehlungen doppelt so hoch wie hierzulande

Heidesheim am Rhein (pts022/07.05.2014/11:00) – Jeder Zweite stirbt mittlerweile an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Bluthochdruck und Rauchen sind dabei die wichtigsten Risikofaktoren, wobei Bluthochdruck das Rauchen als Hauptrisikofaktor für einen vorzeitigen Tod inzwischen überholt hat (GBD, 2010). Das ist umso erschütternder, da wir Menschen nicht nur das einzige Säugetier sind, das raucht und sich so selbst schädigt, sondern auch das einzige, das unter Bluthochdruck leidet – allerdings nur dann, wenn wir uns artfremd ernähren. Vor der Entwicklung der Landwirtschaft haben die Menschen täglich über zehn Mal mehr Kalium als Natrium verzehrt.

Ähnlich wirkungsvoll wie eine Natriumreduktion (Salzreduktion) ist eine erhöhte Kaliumzufuhr zur Senkung des Blutdrucks. Dabei setzt eine ausreichend hohe Kaliumzufuhr im Gegensatz zu einer medikamentösen Behandlung an der Ursache des komplexen Krankheitsbildes der Hypertonie an. Darüber hinaus kann Kalium aus der Nahrung oder aus Supplementen bei Hypertonikern das Schlaganfallrisiko mehr als halbieren.

Daher empfehlen die American Heart Association und das Food and Nutrition Board (höchstes wissenschaftliches Gremium der USA) Erwachsenen die Aufnahme von mindestens 4,7 Gramm Kalium täglich (FNB, 2004). Über 80 Prozent der Deutschen erreichen diese US-Empfehlung nicht (MRI, 2008). Obwohl Frauen mehr Gemüse und Obst verzehren als Männer, haben sie im Vergleich zur offiziellen US-Empfehlung dennoch ein Kaliumdefizit von 1560 Milligramm. Gemüse, Kräuter, Obst und Nüsse sind gute Kaliumlieferanten und enthalten gleichzeitig wenig Natrium. Durch eine Umstellung auf eine gemüse- und obstreiche sowie fettarme Ernährungsweise kann der Blutdruck erfolgreich gesenkt werden (Sacks et al., 2001). Doch lediglich 10 Prozent der Deutschen erreichen die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlenen fünf Portionen Gemüse und Obst am Tag.

In der EU liegt die empfohlene Tagesdosis für Kalium bei nur 2 Gramm . Aufgrund der Bedeutung, die Kalium für die Aufrechterhaltung eines normalen Blutdrucks und unsere Gesundheit hat, ist diese Empfehlung jedoch viel zu niedrig.

WHO ändert Empfehlungen für die Kalium- und Natriumzufuhr

Aufgrund der klaren Studienlage hat auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ihre Richtlinien zur Zufuhr von Natrium und Kalium geändert, die nun lauten: mindestens 3,5 Gramm Kalium (WHO, 2012) und maximal 2 Gramm Natrium täglich (WHO, 2013). Je mehr Natrium aufgenommen wird, desto höher sollte auch die Kaliumzufuhr sein. Damit werde laut WHO nicht nur der Blutdruck, sondern auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall und Koronare Herzkrankheit gesenkt. Die Empfehlung zur Erhöhung der Kaliumzufuhr ist der WHO so wichtig, dass sie nachdrücklich ausgesprochen wird (strong recommendation).

Grund für diese Entscheidung war eine große Meta-Analyse im Auftrag der WHO (Aburto et al., 2013). Das Ergebnis: Der systolische Blutdruck wird bei einer Kaliumaufnahme von circa 3,5 bis 4,7 Gramm/Tag im Schnitt um 7,16 mmHg reduziert. Gleichzeitig betonen die Autoren, dass eine erhöhte Kaliumaufnahme über die Nahrung oder in Form von Supplementen bei Erwachsenen keine negativen Auswirkungen auf Nierenfunktion, Blutfette oder Catecholamin-Konzentrationen hatte. Für Personen, deren Nierenfunktion nicht durch Krankheit oder Medikamente beeinträchtigt wird, ist eine Erhöhung der Kaliumzufuhr über die Nahrung ungefährlich.

Unsere Ernährung hat sich rasant verändert, unsere Gene nicht

Vor der Entwicklung der Landwirtschaft haben die Menschen täglich nur etwa ein Gramm Natrium, aber 10 Gramm Kalium zu sich genommen (Eaton et al., 1997). Heute dagegen nehmen Deutsche laut der Nationalen Verzehrsstudie II (NVS II) im Schnitt nur 3,4 Gramm Kalium auf, dafür aber 3,1 Gramm Natrium (MRI, 2008 und 2013). Laut einer umfassenden Untersuchung des Forschungsinstituts für Kinderernährung in Dortmund (2006) liegt die tatsächliche Natriumaufnahme im Schnitt sogar 40 bis 70 Prozent höher als die wenig genauen Fragebogenwerte der NVS II.

Im Vergleich zur steinzeitlichen Ernährung hat sich das Verhältnis von Kalium zu Natrium um den Faktor 12 bis 50 hin zu Natrium verschoben. 3 Gramm Natrium sind beispielsweise bereits in einem Abendbrot aus zwei Scheiben Käsebrot, zwei Bockwürstchen, ein paar Oliven sowie einer halben Tüte Kartoffelchips enthalten.

Das Erbgut des modernen Menschen jedoch unterscheidet sich nicht wesentlich von dem seiner Vorfahren von vor wenigen tausend Jahren, weshalb der Stoffwechsel des Jetztmenschen auf die Ernährung von damals geeicht ist. Dieser kann mit den seit etwa zwei Generationen vorherrschenden industriell gefertigten Lebensmitteln nur schwer umgehen. Die ursprüngliche Ernährung des Menschen war reich an pflanzlicher Kost mit vielen basenbildenden Mineralstoffverbindungen, wie Kalium, Calcium und Magnesium, sowie arm an Natriumchlorid. Doch mit der Industrialisierung haben sich die Mineralstoffgehalte in unserer Nahrung stark verändert. Durch Verarbeitung und Konservierung haben der Gehalt an Natrium stark zu- und der Gehalt an Kalium abgenommen. Beim Garen von Gemüse und Kartoffeln können die Verluste an Kalium und Magnesium erheblich sein und bis zu 75 Prozent erreichen (Bognár, 1988). Über Kochwasser gehen besonders große Mengen an Kalium verloren.

Im Schnitt enthalten Gemüse und Kräuter mehr Kalium als Früchte. Frei wachsendes Gemüse und Obst enthält meist auch mehr Kalium als mit Nährlösungen im Treibhaus gezüchtete Lebensmittel.

Während Natriumchlorid aus Nahrungsmitteln fast komplett vom Körper aufgenommen wird, kommt die Kaliummenge, welche in Lebensmitteltabellen angegeben wird, nur teilweise im Körper an. Denn das meiste Kalium in Lebensmitteln ist intrazellulär gespeichert, so dass die Zellen erst zerstört werden müssen, bevor das Kalium freigesetzt wird und vom Körper aufgenommen werden kann.

Neben der Verschiebung des Natrium-Kalium-Verhältnisses gibt es ein weiteres evolutionsbiologisches Problem: Unser Organismus übersäuert schleichend (Sebastian et al., 2002). Die moderne westliche Ernährungsweise enthält einen hohen Anteil an tierischem Protein, das in Fleisch, Wurst, Fisch, Milch, Käse sowie Eiern enthalten ist und den Körper mit Säuren überlastet, sowie außerdem viel säurebildendes Phosphat, Sulfat und Natriumchlorid. Dagegen liefert uns diese Ernährungsweise vergleichsweise wenig basenbildendes Kalium, Magnesium und Calcium, die in pflanzlicher Nahrung enthalten sind.

Kaliummangel tritt erst intrazellulär auf und bleibt lange unentdeckt

Da in unserem Körper nur geringe Kaliumspeicher vorhanden sind, kommt es bei einer zu niedrigen Zufuhr von Kalium, wie dies heutzutage überwiegend der Fall ist, schnell zu einem intrazellulären Kaliummangel (Young, 2001). Um einem schweren Kaliummangel vorzubeugen, bedient sich unser Körper zweier Mechanismen: Einerseits wird die Ausscheidung über die Nieren vermindert, andererseits wird Kalium aus somatischen Muskelzellen freigesetzt (McDonough et al., 2002) – so lange, bis die Kaliumvorräte in den Zellen erschöpft sind. Da die Plasmakonzentrationen der Elektrolyte sehr eng reguliert werden und so auch der Plasmaspiegel an Kalium aufrechterhalten wird, bleibt der Serum-Kaliumwert auch bei einer stark variierenden Aufnahme relativ konstant. Folglich ist dieser kein zuverlässiger Indikator für eine angemessene Kaliumzufuhr (Lemann et al., 1991; Morris et al., 2006). Nur ein massiver intrazellulärer Kaliummangel spiegelt sich in veränderten Serum-Kaliumwerten wider. Doch schon vorher manifestieren sich die Elektrolytverschiebungen auf Dauer in der Zelle und beeinflussen das elektrochemische Potential – mit schwerwiegenden Folgen: von Bluthochdruck und Insulinresistenz über Nierenschäden, Nierensteine und Osteoporose bis hin zu Herzrhythmusstörungen, Schlaganfall und Herzinfarkt.

Entscheidend ist das richtige Natrium-Kalium-Verhältnis

Eine Ernährungsintervention sollte eine Erhöhung der Kaliumzufuhr mit einer Reduktion der Natriumzufuhr kombinieren. Denn tatsächlich kommt es auf das Verhältnis von Natrium zu Kalium an, wie der amerikanische Third National Health and Nutrition Examination Survey (Yang et al., 2011) bestätigte: Ein ungünstiges Natrium-Kalium-Verhältnis erhöhte das Gesamtmortalitätsrisiko und das Mortalitätsrisiko durch kardiovaskuläre Erkrankungen jeweils um 46 Prozent und das Mortalitätsrisiko durch ischämische Herzerkrankungen um 115 Prozent.

Kalium hat auch Auswirkungen auf die Salz-Sensitivität des Blutdrucks: Ist mehr Kalium verfügbar, reagiert der Körper mit einer geringeren Blutdruckerhöhung auf eine Natriumüberladung. Ein Übermaß an Natrium in unserer Ernährung bewirkt hingegen, dass Kalium vermehrt über die Nieren ausgeschieden wird und die Kaliumspiegel absinken (Luft et al., 1979). Eine hohe Natriumzufuhr erfordert also eine erhöhte Kaliumzufuhr, um den Blutdruck in einem gesunden Rahmen zu halten.

Kalium senkt drastisch das Risiko für Schlaganfall

Die US-amerikanische Studie von Ascherio et al. (1998) mit 43.738 Teilnehmern über einen Zeitraum von acht Jahren zeigte: Kaliumsupplemente senkten bei Hypertonikern das Schlaganfallrisiko um 58 Prozent (4,3 Gramm Kalium/Tag vs. 2,4 Gramm Kalium/Tag), auch wenn die Kaliumaufnahme zu gering war, um den Blutdruck zu senken. Bei Personen, die zeitgleich kaliumausscheidende Diuretika einnahmen, konnte durch eine Kaliumsupplementierung das Schlaganfallrisiko sogar um 64 Prozentgesenkt werden. Die Autoren der Studie schlussfolgerten, dass die stark protektiven Effekte von Kalium zu einem großen Teil unabhängig von dessen blutdrucksenkender Wirkung sind.

Niedrige Kaliumspiegel können sich besonders bei einer Einnahme von Diuretika negativ auswirken. Im Zusammenhang mit Vorhofflimmern und Serumkaliumwerten im niedrignormalen Bereich (< 4,1 mmol/l) konnte für Patienten ein um das 10-Fache erhöhtes Schlaganfall-Risiko festgestellt werden (Green et al., 2002).

Eine hohe Kaliumzufuhr in Form von basenbildenden Kaliumverbindungen wie Kaliumcitrat (enthalten in Gemüse und Obst) ist auch essentiell für die Regulation des Säure-Basen-Haushalts und den Nierenschutz, da sie die Freisetzung von toxischem Ammoniak in den Nieren senkt. Kalium ist das gesunde Diuretikum der Natur. Indem eine natriumarme und kaliumreiche Ernährung eingelagertes Salz und damit Wasser ausschwemmt, trägt sie auch zur Reduktion des Körpergewichts bei. Besonders bei Sport, Diabetes, Dauerstress, Diäten, Fastenkuren sowie bei Schwangeren und Stillenden sollte auf eine ausreichende Zufuhr an Mineralstoffen wie Kalium, Magnesium und Calcium geachtet werden.

Personen, die eine eingeschränkte Nierenfunktion haben oder Medikamente einnehmen, die die Kaliumspiegel erhöhen, müssen eine erhöhte Kaliumzufuhr mit ihrem Arzt abstimmen. Jedoch führen die meisten Diuretika (z. B. Thiazide, Schleifendiuretika) zu einem Kaliumverlust und niedrigen Kaliumspiegeln. Daher wundert es auch nicht, dass in der Notaufnahme etwa dreimal so häufig Patienten mit Kaliummangel als mit erhöhten Kaliumwerten zu finden sind (Arampatzis et al., 2013).

Mehr Infos zu "Dr. Jacobs Weg des genussvollen Verzichts"

Die Möglichkeiten einer gesunden Ernährung zur Prävention von Krankheiten und zur Verzögerung des Alterungsprozesses gewinnen angesichts des demographischen Wandels immer mehr an Bedeutung. Der Ernährungsplan nach Dr. Jacob vereint die klinisch und epidemiologisch erfolgreichsten Ernährungskonzepte der Welt unter Berücksichtigung der Insulin-, pH- und Redox-Balance: pflanzenbasiert und vitalstoffreich, fett- und salzreduziert. Die 2. Auflage des Fachbuches "Dr. Jacobs Weg des genussvollen Verzichts – die effektivsten Maßnahmen zur Prävention und Therapie von Zivilisationskrankheiten" von Dr. med. L. M. Jacob mit Geleitworten von Prof. Dr. Claus Leitzmann und Prof. Dr. med. Ingrid Gerhard beruht mit über insgesamt 1400 zitierten Studien auf einer breiten wissenschaftlichen Basis sowie auf persönlichen Anwendungs- und Erfahrungswerten. Die Zusammenhänge des Säure-Basen-Haushalts mit dem Mineralstoff-Haushalt werden ausführlich erläutert und mit über 400 wissenschaftlichen Studien belegt.

Ziel des Buches ist es, Klarheit in die vielen Widersprüche der oft gegensätzlichen ernährungstherapeutischen Ansätze zu bringen, indem nicht nur hunderte von epidemiologischen und klinischen Studien angeführt, sondern auch die physiologischen Hintergründe und Zusammenhänge wissenschaftlich erklärt werden. Aus den häufig eindimensionalen Studien und Ansätzen ergibt sich so ein mehrdimensionales Gesamtbild. http://www.drjacobsweg.eu

"Dr. Jacobs Weg des genussvollen Verzichts – die effektivsten Maßnahmen zur Prävention und Therapie von Zivilisationskrankheiten" (ISBN 978-3-9816122-3-3)

Über das Dr. Jacobs Institut für komplementärmedizinische Forschung
Das Dr. Jacobs Institut für komplementärmedizinische Forschung (http://www.drjacobsinstitut.de ) hat sich zum Ziel gesetzt, ganzheitliche Zusammenhänge in der Ernährungs- und Naturheilkunde wissenschaftlich aufzuklären. Zu den aktuellen Forschungsgebieten gehören die Pathogenese von Zivilisationserkrankungen, das metabolische Syndrom, Ernährungsfaktoren bei Prostatakrebs, Granatapfel-Polyphenole, Mineralstoff-, Säure-Basen- und Energie-Haushalt im Zusammenhang mit Leberstoffwechsel und Darmmikrobiom sowie Omega-3-Fettsäuren.

Gehirn schützt Körper vor Überanstrengung

Forscher können nachweisen, wie Muskelermüdung im Kopf entsteht
 
Versuch im Labor: Fahrrad-Ergometer zur Messung der Hirnaktivität (Foto: uzh.ch)

Zürich (pte004/08.12.2011/06:15) – Bei Muskelermüdung spielt das Gehirn eine wichtige Rolle. Forscher der Universität Zürich http://uzh.ch haben einen Mechanismus aufgedeckt, der bei ermüdenden Aufgaben eine Reduktion der Muskelleistung bewirkt. "So wird dafür gesorgt, dass die eigenen physiologischen Grenzen nicht überschritten werden. Der Körper wird vor Überlastung geschützt, damit bei Todesgefahren Reservekapazitäten übrig bleiben", sagt Studienleiter Kai Lutz im pressetext-Gespräch.

Empirischer Beweis erbracht

Die Wissenschaftler waren bereits theoretisch davon ausgegangen, dass Muskelermüdung und Änderungen der Interaktion zwischen neuronalen Strukturen zusammenhängen. Mit ihrer Studie konnten sie diesen Mechanismus nun erstmals empirisch nachweisen. Die Forschenden konnten zeigen, dass im Verlauf einer ermüdenden Aufgabe Nervenimpulse aus dem Muskel – ganz ähnlich wie Schmerzinformationen – das primäre motorische Areal hemmen.

Nachweisen konnten sie dieses Phänomen anhand von Messungen, bei denen Probanden ermüdende Oberschenkelkontraktionen wiederholt haben. Ermüdungsbedingte Hemmprozesse fielen signifikant schwächer aus. Im zweiten Schritt wurden mit Hilfe einer funktionellen Magnetresonanztomographie jene Hirnregionen lokalisiert, welche kurz vor dem Abbruch einer kraftfordernden Aufgabe einen Aktivitätsanstieg verzeichnen.

Kommunikation wird intensiver

Es sind der Thalamus und der insuläre Kortex. Das sind Hirnareale, die auch Informationen analysieren, welche dem Organismus eine Bedrohung vermitteln, wie beispielsweise Schmerz oder Hunger. Im letzten Schritt konnten die Forscher nachweisen, dass die hemmenden Einflüsse auf die motorische Aktivität tatsächlich via insulären Kortex vermittelt werden. Bei Tests mit dem Fahrradergometer konnten sie beweisen, dass die Kommunikation zwischen dem insulären Kortex und dem primären motorischen Areal mit fortschreitender Ermüdung intensiver wurde.

"Dies kann als Beleg dafür gelten, dass das gefundene neuronale System nicht nur das Gehirn informiert, sondern auch tatsächlich regulierend auf die motorische Aktivität einwirkt", so Doktorandlin Lea Hilty. Neuropsychologe Lutz verweist auf das neue Forschungsfeld, das sich mit diesen Ergebnissen nun eröffnet: "Die Erkenntnisse sind ein wichtiger Schritt bei der Aufdeckung der Rolle, die das Gehirn bei der Muskelermüdung spielt. Auf Basis dieser Arbeiten wird es nicht nur möglich, Strategien zur Optimierung muskulärer Leistung zu entwickeln, sondern auch gezielt nach Gründen für reduzierte muskuläre Leistungsfähigkeit bei verschiedenen Krankheiten zu forschen."

Glatze wird wieder haarig – Mikro-LEDs machen es eventuell möglich

LED-Chip lässt Haare wieder wachsen

Glatzen könnten laut aktuellen Forschungsergebnissen bald der Vergangenheit angehören

Tests mit Mäusen: Behandlung per LED-Chip erfolgreich (Grafik: acs.org)
Tests mit Mäusen: Behandlung per LED-Chip erfolgreich (Grafik: acs.org)

Washington/Seoul
(pte013/14.09.2018/12:30) – Per Laser stimulierte Haarwurzeln werden
wieder aktiv. Der Aufwand ist allerdings gigantisch, nichts für den
täglichen Gebrauch, wie unter anderem Forscher des Korea Advanced
Institute of Science and Technology http://kaist.edu sagen, die den Vorläufer eines Geräts entwickelt haben, das auf die
Kopfhaut gelegt wird. Es handelt sich um einen Chip, der nicht größer
ist als eine Briefmarke und nur 20 Tausendstel Millimeter dick ist.
Darin befinden sich 900 Mikro-Leuchtdioden, die rotes Licht abstrahlen.

Haut wird nicht geschädigt

Der Chip verbraucht laut den Entwicklern 1.000 Mal weniger Energie als
ein phototherapeutischer Laser, der heute eingesetzt wird, um Haare
wieder wachsen zu lassen. Trotz der hohen LED-Dichte wird die Oberfläche
nicht so warm, dass die Haut geschädigt werden könnte. Der Chip ist,
obwohl so filigran, robust und flexibel, sodass er sich der Kopfhaut
anpasst. In Tests ist er 10.000 Mal gebogen und wieder geglättet worden,
ohne dass er seine Funktion verlor.

Dass es tatsächlich funktioniert, zeigen Tests an Mäusen, die per
Rasierer eine Tonsur verpasst bekamen. Sie wurden mit dem Chip
behandelt. Bei einer Kontrollgruppe, ebenfalls rasiert, griffen die
Forscher nicht ein. Eine zweite Kontrollgruppe bekam Minoxidil, ein
Medikament, das das Haarwachstum beschleunigen soll. Es zeigte sich,
dass das Fell der 20 Tage lang täglich 15 Minuten lang mit rotem Licht
behandelten Mäuse deutlich schneller wuchs als das der übrigen
Versuchstiere. Außerdem waren die Haare länger.

Depression als häufigster Krankenstandsgrund

London (pte/08.04.2005/10:35) – Depressionen und Angstzustände sind ein
wesentlicher Auslöser für die Arbeitsunfähigkeit von Angestellten, denn
diese Krankheitsbilder greifen auch auf die körperliche Verfassung der
Betroffenen über und verursachen Rücken-, Kopf- und Gliederschmerzen,
berichtet das British Medical Journal http://www.bmj.com. Laut einer
Studie des King`s College Hospital http://www.kingsch.nhs.uk wird
dadurch von den Arbeitnehmern viel Krankenstand in Anspruch genommen.
Und durch die Inanspruchnahme von Langzeit-Krankenstandsgeldern
entstehen immense Kosten. Jährlich belaufen sich diese Kosten in
Großbritannien auf satte 13 Mrd. Pfund (18,9 Mrd. Euro).

Die Forscher stellen weiters fest, dass dadurch jährlich rund 176 Mio.
Arbeitstage verloren gehen und die Tendenz weiter steigend ist. 35
Prozent der Arbeitnehmer nehmen Gelder für ihre Arbeitsunfähigkeit
aufgrund mentaler oder verhaltensbedingter Störungen in Anspruch.
Weitere 22 Prozent machen Ansprüche auf Grund körperlicher
Beeinträchtigungen geltend. Trotz dieser Problematik gibt es seitens
der Regierung nur ein geringes Bewusstsein für die wirtschaftliche
Brisanz dieses Problems.

Eine einfache Lösung wäre eine bessere Vorsorge. Die Forscher verweisen
insbesondere auf ein erfolgreiches Projekt in Holland, welches eine
psychologische Betreuung am Arbeitsplatz integriert. Dadurch können
schon früh die Anzeichen von Stress und Depressionen am Arbeitsplatz
erkannt und behoben werden. "Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer
bedürfen einer schnelleren Lösung dieses Problems um die ökonomischen
Kosten und die sozialen Konsequenzen abzuschwächen", erklärte
Studienleiter Max Henderson.

Wochenend-Sex: 23 Minuten erfrischen Beziehung

Wochenend-Sex: 23 Minuten erfrischen Beziehung
Dienstag hingegen reizlosester Tag für Liebesspiel
 
Chilli: Sex am Samstag am beliebtesten (Foto: pixelio.de, Ich-und-Du)

Bath/Middlesbrough/Klagenfurt (pte001/16.03.2013/06:00) – Dienstag ist der Tag der Woche, an dem am wenigsten Sex praktiziert wird, am Wochenende hingegen nicht. Zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie von Lovehoney http://lovehoney.co.uk , dem größten britischen Sex-Toy-Unternehmen. Nur vier Prozent der befragten Paare haben dienstags Sex – der Donnerstag folgt mit sechs Prozent. Samstags hingegen sind es fast 40 Prozent. Zudem lieben sich Pärchen vorzugsweise ein Mal die Woche vor 23 Uhr, wie eine Studie der UK Medics http://medicsuk.net belegt, wobei die ideale Dauer 23 Minuten beträgt und das Licht an bleibt, um das Gesicht und den Körper des Partners zu bewundern.

Ein Drittel der Frauen präferiert den Liebesakt jedoch im Dunkeln, da sie entweder unzufrieden mit dem eigenen Körper sind oder den Akt so als intimer wahrnehmen. Der häufigste Grund, um Sex zu verweigern, ist mit 62 Prozent bei Männern und 59 Prozent bei Frauen Müdigkeit. Der altbekannte Migräne-Anfall stirbt jedoch aus – nur ein Prozent gibt dies als Verweigerungsgrund an.

Mehr Lust am Wochenende

"Mit dem Versteifen auf den unbeliebtesten oder besten Sex-Tag sollte man vorsichtig sein, denn viele Paare entwickeln während ihrer langjährigen Partnerschaft eine gewisse Routine, wobei der Sex bei jedem an einem unterschiedlichen festgelegten Tag ist. Statistisch wäre es unprofessionell, sich auf dieses Ergebnis festzulegen", stellt Sexualtherapeutin Gabriele Maurer-Waitschacher vom Institut für Sexualtherapie http://sexualtherapie-kaernten.at gegenüber pressetext klar.

Zusätzlich würde nur ein Bruchteil der Gesamtbevölkerung befragt. Das Ergebnis sei kaum repräsentativ. Was die Therapeutin jedoch sehr wohl unterschreibt, ist die vermehrte Lust am Wochenende. "Am Ende der Woche können Paare wieder entspannen, da der berufliche Stress abgelegt wird. Unter der Woche haben nur die wenigsten den Bedarf, sich beruflich und zusätzlich sexuell zu betätigen", erklärt sie.

"Männer sind bessere Schauer"

Wie es mit den geschlechtstypischen Vorlieben aussieht, belegen mehrere Studien. "Männer sind bessere Schauer, das heißt, sie reagieren besser auf optische Reize – ob sie es wollen oder nicht", so Maurer-Waitschacher. Zusätzlich möchten sie schneller zur Sache kommen.

Frauen hingegen benötigen ausreichende Kommunikation und sind vielmehr für den taktilen Reiz empfänglich. "Sie haben viele erogene Zonen, die erkundet werden wollen", führt die Expertin aus.

Altersstereotype beeinflussen Leistung negativ

Altersstereotype beeinflussen Leistung negativ

Gutes Hören und Gedächtnis von individueller Einstellung abhängig

Pensionisten: Optimismus erhöht Hörvermögen (Foto: pixelio.de/Rainer Sturm)
Pensionisten: Optimismus erhöht Hörvermögen (Foto: pixelio.de/Rainer Sturm)

Toronto (pte004/10.12.2015/06:15) –

Schlechtes Hören und Erinnern im Alter stellen oft eine selbsterfüllende
Prophezeiung dar. Das haben Forscher der University of Toronto http://utoronto.ca festgestellt. "Das schlechte Gefühl, älter zu werden, beeinträchtigt
die sensorischen und kognitiven Fähigkeiten", erklärt Studienleiterin
Aliston Chasteen.

Selbsteinschätzung wichtig

Der aktuellen Studie nach sind schlechte Gefühle des
Älterwerdens oft das Ergebnis von Stereotypen, die in Kommentaren der
Umwelt über nachlassendes Gedächtnis oder Hörfähigkeit münden. In der
Folge münden diese bei den Betroffenen in eine negative
Selbsteinschätzung. In der aktuellen Analyse untersuchten die Forscher
drei Variablen auf ihre gegenseitigen Abhängigkeiten: die Einstellung
zum Altern, die Selbsteinschätzung der Hör- und Erinnerungsfähigkeiten
sowie die wahren Fähigkeiten dieser beiden Funktionen.

Die 301 getesteten und befragten Personen waren
zwischen 56 und 96 Jahre alt. Das Ergebnis war eindeutig: Diejenigen,
die eine negative Einstellung zum Altern mitbrachten, schnitten auch
beim Gehör- sowie Gedächtnistest schlechter ab. "Das heißt nicht, dass
eine negative Einstellung schlechte Leistung verursacht. Es gibt nur
eine starke Korrelation von Einstellung und Leistung, wenn eine negative
Einstellung zum Altern das eigene Vertrauen in seine Fähigkeiten
untergräbt", so Chasteen.

Enormer Einfluss auf Pflege

Den Wissenschaftlern nach werden sich die Schwerpunkte
in der Therapie von altersbedingten Problemen angesichts der neuen
Erkenntnisse verschieben. Die Forscherin empfiehlt, ältere Menschen
dabei zu unterstützen, Wege zu finden, wie diese ihre Alterserfahrungen
positiv beeinflussen können. Zudem sollte in der Pflege zusätzlich auch
Trainingsmaterial bereitgestellt werden, um die kognitiven und
sensorischen Fähigkeiten aktiv zu fördern.

Wirkstoff lindert neuropathischen Schmerz

Neuer Wirkstoff lindert neuropathischen Schmerz

Bei Menschen,
die an Nervenverletzungen oder Erkrankungen wie der
diabetischen Neuropathie leiden, kann die leichteste Berührung heftigen
Schmerz auslösen. Ein Forschungsteam am Max-Delbrück-Centrum für
Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) hat nun einen Weg
gefunden, wie sich bei Mäusen durch Auftragen eines neu gefundenen
chemischen Wirkstoffs auf die Haut der Schmerz unterdrücken lässt. Die
Substanz hemmt einen Ionenkanal im Nervensystem, der verantwortlich ist
für die Wahrnehmung leichten mechanischen Drucks. Eine Aktivierung
dieses Kanals führt auch zu Schmerzen nach Verletzungen – die
neue Substanz lässt diese Art von Schmerz verschwinden. Die Methode
könnte auch beim Menschen funktionieren.

Die Injektion eines Anästhetikums, wie beim Zahnarzt, betäubt
das umliegende Gewebe. Oft ist dies der einzige Behandlungsansatz für
Menschen, die an einer schmerzhaften Überempfindlichkeit leiden, wie sie
häufig bei Nervenschädigungen auftritt. Anästhetika, die alle
Funktionen mechanorezeptiver Nervenendigungen blockieren, unterdrücken
zwar die Schmerzen – sie verhindern aber auch, dass andere, wichtige
Signale weitergeleitet werden.

Nur den Schmerz durch mechanische Reize unterdrücken

Ein Forscherteam unter der Leitung von Prof.
Gary Lewin und Cécile-Vogt-Stipendiatin Dr. Kate Poole vom
Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der
Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) und der Screening-Plattform EU OPENSCREEN,
die vom MDC und dem Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP)
gemeinsam betrieben wird, hat soeben eine Substanz ausfindig gemacht,
die Schmerz durch mechanische Reize unterdrückt, ohne andere, wichtige
Sinneswahrnehmungen zu stören.

Sehr leichte
Berührungen werden von molekularer Sensoren in der Haut wahrgenommen,
einem Ionenkanal namens „Piezo2“. Diese Kanäle verhalten sich wie
winzige Ventile in der Membran von Nervenzellen, die sich bei
Beanspruchung durch Bewegungen der Haut öffnen. Im geöffneten Zustand
passieren elektrisch geladene Teilchen das Ventil und es entsteht ein
elektrisches Signal, das dann durch die Zelle verstärkt und an das
Rückenmark weitergeleitet wird. Das Protein Stoml3 moduliert die
mechanische Empfindlichkeit des Ionenkanals Piezo2.

Neue Substanz wirkt auf Stoml3 und unterdrückt so mechanische Reizwahrnehmung

Die Forscher unterzogen Stoml3 einem
Wirkstoff-Screening, bei dem 35.000 verschiedene chemische Stoffe in
groß angelegten In-Vitro-Experimenten getestet wurden. Sie fanden eine
Substanz namens OB-1. OB-1 verhindert, dass sich mehrere Stoml3-Proteine
zusammenlagern und hemmt damit die Funktion des Proteins. Folgende
elektrochemische Messungen an Zellen bestätigten: wenn das geschieht,
bleibt der Ionenkanal Piezo2 geschlossen.

Bei
Mäusen hemmte die Chemikalie hemmte wirksam diese Art der mechanischen
Wahrnehmung, andere Empfindungen blieben unbeeinträchtigt. Unter dem
Einfluss von OB-1 ließ die Empfindlichkeit der Tiere auf leichten
Druck deutlich nach. Nach Abklingen der Wirkung des Wirkstoffs kehrte
die normale Empfindlichkeit wieder zurück.

„Wir haben eine Reihe von Verhaltensexperimenten entwickelt, bei denen
die Mäuse mit uns „sprechen“ konnten“, erklärt Prof. Lewin. „Es
wurde jeweils eine kleine Menge der Substanz auf die Pfote aufgetragen.
Dann wurde die Pfote sanft angetippt. Die Mäuse hatten zuvor gelernt,
nach einer Belohnung zu greifen, wenn sie etwas spürten.“

OB-1 hatte einen dramatischen Effekt auf Tiere
mit berührungsempfindlichen Schmerzen, die durch Nervenschädigung oder
Diabetes verursacht wurden. Wurde die Haut mit der Substanz behandelt,
eliminierte das diese Art von Schmerz vollständig. Dies ist ein Hinweis
darauf, dass Stoml3 in der Tat den Piezo2-Kanal moduliert. Die Funktion
von Piezo2 so zu dämpfen wäre als eine Möglichkeit, die
Krankheitssymptome zu behandeln.

Ein großer Schritt zur Behandlung neuropathischer Schmerzen?

„Die Ergebnisse sind aus vielen
Gründen ermutigend“, meint er weiter. „Wir haben damit eine neue
Strategie geschaffen, und zwar aus dem Verständnis der Mechanismen, die
Berührungsempfindungen in Schmerzen umwandeln. Soweit wir bisher sagen
können, beeinflusst die Substanz nur eine ganz spezielle Art von
Mechanorezeptoren, die sowohl mit Stoml3-Proteinen als auch mit
Piezo2-Kanälen ausgestattet sind. Sie dämpft die Wahrnehmung von
Schmerzreizen so, dass andere, für das Tier wichtige Signale nicht
beeinträchtigt werden. Und die Wirkung ist reversibel.”

Die Weiterentwicklung des Wirkstoffs zur medizinischen Behandlung wird
lange dauern, sagt Lewin, aber irgendwann wird er bereit sein für
Studien an menschlichen Probanden. Wenn diese ebenso positiv reagieren,
wäre das ein großer Schritt zur Behandlung einer
Nervenerkrankung, welche die Lebensqualität vieler Menschen derzeit sehr
stark einschränkt.

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Christiane Wetzel et al. (2016): „Small-molecule inhibition of STOML3 oligomerization reverses pathological mechanical hypersensitivity.“ Nature Neuroscience. doi:10.1038/nn.4454

Geheimnis um schlaffe Haut

MIT-Forscher lüften Geheimnis um schlaffe Haut

Struktur des dafür zuständigen Biomoleküls erstmals entschlüsselt

Tropoelastin-Riesenmolekül: Entschlüsselung gelungen (Foto: web.mit.edu)
Tropoelastin-Riesenmolekül: Entschlüsselung gelungen (Foto: web.mit.edu)

Cambridge (pte002/27.06.2018/06:05) –

Tropoelastin sorgt dafür, dass Haut, Herzklappen, Blutgefäße und andere
Körpergewebe elastisch bleiben, was gleichbedeutend mit funktionsfähig
ist. Jetzt haben US-Forscher des Massachusetts Institute of Technology
(MIT) http://web.mit.edu die Struktur des Moleküls entschlüsselt, was gar nicht so einfach war.
Es besteht aus 698 Aminosäuren. Zudem weisen die Moleküle eine gewisse
Unordnung auf.

Mutationen aufklären

Der Durchbruch gelang, weil die Forscher parallel
arbeiteten. Zum einen tüftelten sie in praktischen Tests an der
Strukturanalyse, zum anderen ließen sie einen Supercomputer für sich
werkeln. "Das erlaubte es uns, die atomare Struktur vollständig zu
entschlüsseln", so Anna Tarakanova, Mitglied im Team von Markus Buehler
vom MIT und Professorin der Ingenieurswissenschaften.

Tropoelastin ist das Ausgangsmolekül für Elastin, das
gemeinsam mit Mikrofibrillen die Elastizität von Bindegewebe
sicherstellt. Mutationen können die Bildung von Elastin verhindern. Die
offensichtlichste Folge ist schlaffe Haut, eine angeborene, manchmal
auch erworbene Krankheit, die die Haut in Falten legt, die
herunterhängen. Mutiertes Tropoelastin kann auch zum Versagen von
Herzklappen oder Venenerkrankungen führen. Mit dem Wissen um die
Struktur des Riesenmoleküls lassen sich Medikamente vielleicht
entwickeln, die das kurieren oder mildern. Heute ist die Krankheit noch
immer unheilbar.

Vorbild für Biopolymere

"Dass wir jetzt die Struktur von Tropoelastin kennen,
ist nicht nur wichtig im Zusammenhang mit Krankheiten. Möglicherweise
können wir dieses Wissen nutzen, um synthetische Polymere herzustellen,
die Eigenschaften haben, die gerade benötigt werden", verdeutlicht
Buehler. Es könnte die Tür öffnen für die Entwicklung von Werkstoffen
mit genau definierten Eigenschaften. Mit der Kombitechnik, mit der die
Forscher die Struktur des Tropoelastin entschlüsselt haben, könnten auch
andere große Biomoleküle erforscht werden.

"Schätzungsweise die Hälfte der Proteine im
menschlichen Körper sind sehr groß und weisen eine gewisse Unordnung in
der Struktur auf", so Tarakanova. Deren Analyse wäre wichtig, weiß auch
Peter Fratzl, der das Max-Planck-Institut für Kolloid- und
Grenzflächenforschung http://www.mpikg.mpg.de in Potsdam leitet. "Proteine mit einer intrinsischen Unordnung spielen
eine wichtige Rolle bei biologischen Prozessen", führt der
Wissenschaftler aus, der an der Strukturanlayse nicht beteiligt war,
aber auf dem gleichen Gebiet forscht.