Archiv der Kategorie: Erde, Klima, Umweltschutz

Geothermieforschung – hilft Deutschland Klimaziele zu erfüllen

Der Anteil der Wärme am Energiebedarf Deutschlands wurde völlig unterschätzt. Wolkenkuckucksheime gaukelten den Bürgern vor, alles könnte über den elektrischen Strom, sowohl was regenerative Quellen aus Sonne, Wind, Biogas und Wasserkraft angeht, geregelt und verteilt werden. Dass die Primär-Energie nicht nur die elektrische Energie umfasst, sondern auch die Wärme, schien keine Rolle zu spielen. Auf diese Weise wäre die Einhaltung der ambitionierten CO2-Ziele niemals erreichbar gewesen.

Jetzt kommt die Geothermie ins Spiel. Theoretisch könnte diese eine Lösung aus der Kalamität bieten. Das KIT in Karlsruhe, aber auch andere technisch-wissenschaftliche Institute forschen daran. Hoffentlich werden dabei nicht nur die Ziele definiert, sondern auch die technische Realisierung wie die innere Wärme des heißen Kerns unseres Globus angezapft werden können. Manchmal reicht diese Magma, besonders in Gegenden, die in der Vergangenheit durch Vulkane geprägt wurden, relativ nahe an die Erdoberfläche heran. Aber Gebiete, die vorwiegend durch Sedimente entstanden sind, schaffen größere Probleme, denn da müssen schon Erdbohrungen weit über 10.000 Meter installiert werden. Mit welchen technische Mitteln wird dann die Wärme nach oben transportiert? Vermutlich durch Wasser, welches aber auf keinen die Grundwasserschicht beeinflussen darf. Diese Schicht muss also durch Rohre durchdrungen werden, in denen dann kaltes Wasser den Wärmetransport übernimmt. Es erhitzt sich in der geothermalen Schicht und muss dann durch eine zweite Röhre wieder nach oben transportiert werden – und das in einem riesigen Maßstab, denn der Wärmebedarf von ganz Deutschland macht mindestens 50% (frei geschätzt)  der benötigten Primärenergie aus. Der Vorteil, es kann dezentral über ganz Deutschland verteilt werden, sofern die geologischen Voraussetzungen erforscht sind. Trotzdem ist dabei mit Nebenwirkungen und Risiken zu rechnen. Dabei kann man nur hoffen, dass diese von Anfang an in die Lösung mit einbezogen und den Bürger objektiv vermittelt werden.

Der folgende Pressebericht beschreibt allerdings nur die Forschungsziele, weniger die konkrete Lösung – doch die Hoffnung stirbt zuletzt

Jean Pütz

(KIT) – Die Hälfte der kommunalen Wärme soll bis 2030 aus klimaneutralen Quellen kommen. Zu diesem Ziel der Bundesregierung kann die Tiefe Geothermie einen großen Beitrag leisten, weil sie beständig und witterungsunabhängig lokal Energie liefert und wenig Fläche in Siedlungen belegt. Eine gemeinsame Roadmap von Einrichtungen der Helmholtz-Gemeinschaft, darunter das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), und der Fraunhofer-Gesellschaft zeigt, dass Tiefe Geothermie ein Marktpotenzial in Deutschland besitzt, welches Ausbauziele von mehr als einem Viertel des jährlichen deutschen Wärmebedarfes (über 300 TWh) eröffnet. Das Papier gibt Handlungsempfehlungen, um dieses Ziel zu erreichen – so brauche es klare Ausbauziele, großflächige, geologische Erkundung, Investitionen in Schlüsseltechnologien und Fachkräfteaufbau.

„Um das Ausbauziel von mehr als 300 Terawattstunden erreichen zu können, brauchen wir Technologieentwicklung“, sagt Prof. Thomas Kohl vom Institut für Angewandte Geowissenschaften des KIT. Er koordiniert das künftige Untertage-Forschungslabor GeoLaB, eine gemeinsame Initiative des KIT mit dem Helmholtz-Zentrum Potsdam – Deutsches GeoForschungsZentrum (GFZ) und dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ). „Die Anwendung und Entwicklung modernster Monitoring- und Analysewerkzeuge im künftigen Untertage-Forschungslabor GeoLaB werden die Erkenntnisse liefern, die für eine sichere und ökologisch nachhaltige Nutzung der Geothermie und weiterer unterirdischer Ressourcen von großer Bedeutung sind. Ganz wesentlich ist dabei auch die transparente Interaktion mit der Öffentlichkeit und den Entscheidungsträgern“, erläutert Kohl.

„Ohne Geothermie wird eine Dekarbonisierung des Wärmesektors in Deutschland nicht möglich sein. Die natürlichen Wärmepotenziale im Untergrund sind hierfür in den meisten urbanen Räumen vorhanden. Der nachhaltige Ausbau von Geothermie ist eine Investition in die Städte unserer Zukunft“, sagt Professor Ingo Sass, Leiter der Sektion „Geoenergie“ am GFZ. „Die Forschungseinrichtungen der Helmholtz-Gemeinschaft tragen mit ihren strategisch ausgerichteten Arbeitsprogrammen und ihren einzigartigen Forschungsinfrastrukturen wie beispielsweise dem zukünftigen Untertage-Forschungslabor GeoLaB maßgeblich zum Gelingen der Transformation bei“, so Sass weiter.

Untertage-Forschungslabore wie das GeoLaB besitzen Sass zufolge eine zentrale Bedeutung, weil sie das grundlegende physikalisch-chemisch-biologische Verständnis für Standorte mit ähnlichen geologischen Eigenschaften beleuchten. Ingo Sass fügt hinzu: „Wir setzen unsere Forschungsergebnisse in angewandten, industriellen und demonstrativen Vorhaben um und zeigen damit der Gesellschaft die sichere und großmaßstäbliche Anwendbarkeit geothermaler Energiebereitstellung.

In weiten Gebieten Deutschlands gibt es im Untergrund lokale Wärmequellen und Speichermöglichkeiten. „Für den urbanen Raum müssen wir Bedarf und lokales Angebot abstimmen. Die benötigte Speichertechnologie entwickelt das KIT derzeit in seiner Helmholtz- Forschungsinfrastruktur DeepStor“, so Professorin Eva Schill vom Institut für Nukleare Entsorgung des KIT, die DeepStor leitet. „Wesentliches Element ist dabei auch das regionale Wärmekonzept, das wir gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern erarbeiten.“

„Die Beiträge des UFZ konzentrieren sich insbesondere auf den Digitalisierungsprozess und geothermische Systemanalysen”, sagt Professor Olaf Kolditz, der am UFZ das Department Umweltinformatik leitet. „Wir verfolgen unter anderem Konzepte der ‚Digitalen Zwillinge‘ und der Virtualisierung, um die natürlichen und technischen Systeme (Reallabore) so realistisch wie möglich digital nachzubilden. So können geothermische Systeme technisch optimiert, deren effiziente Einbindung in das gesamte Energiesystem simuliert und Umweltwirkungen langfristig abgeschätzt werden.”

Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen des KIT und des UFZ sowie aus der Fraunhofer-Gesellschaft hat das GFZ die Roadmap erarbeitet. Der GFZ-Forscher Professor Ernst Huenges, Mitherausgeber neben Professor Rolf Bracke von der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie (IEG), sagt: „Die Klimaneutralität des Wärmemarktes zu erreichen, ist eine riesige Herausforderung und erfordert ein ganzes Bündel an Maßnahmen. Die Marktakteure wie Energieversorger, Industrieunternehmen, Wohnungswirtschaft, Finanzwirtschaft, Politik, Verwaltung, Ausbilder und Kommunen brauchen neue Instrumente für diese komplexe Umsetzungsaufgabe.“

Das Strategiepapier soll für alle Akteure die notwendigen Informationen zum geothermischen Wärmeangebot, zur Vielseitigkeit des Wärmemarktes und zur technologischen Realisierung der Wärmewende bereitstellen. Ziel ist es, Handlungsempfehlungen zu geben, um das Potenzial der Geothermie im Sinne der klimaneutralen Wärmeversorgung umzusetzen.

Die Roadmap identifiziert fünf Handlungsempfehlungen, um die Geothermie zeitnah für den Wärmemarkt in Deutschland auszubauen:

  1. Klare Ausbauziele: Parlamente und Gemeinderäte sollten klare Ausbauziele formulieren und diese durch entsprechende Gesetzgebung und Satzungen flankieren vom Bundesbergbaugesetz bis hin zur kommunalen Raumordnung.
  2. Risikoausgleich für Unternehmen und Kommunen: Im Wärmemarkt sind kleine und mittlere Unternehmen wie Stadtwerke aktiv, die wirtschaftliche Risiken wie die Exploration von Tiefer Geothermie nur begrenzt tragen können. Daher braucht es Finanzinstrumente zum interkommunalen Risikoausgleich wie staatliche Versicherungen oder revolvierende Fonds, die sich an Projekten finanziell beteiligen. Zudem sollten die Länder ein flächendeckendes geowissenschaftliches Erkundungsprogramm aufsetzen, um das Fündigkeitsrisiko für Kommunen und Unternehmen zu senken.
  3. Investition in Schlüsseltechnologien: Damit aus ein paar Dutzend tiefengeothermischen Anlagen in Deutschland Tausende werden, braucht es Investitionen in die Schlüsseltechnologien, um großindustrielle Maßstäbe zu erreichen. Die Schlüsseltechnologien sind Bohrverfahren, Reservoirmanagement, Bohrlochwasserpumpen, Hochtemperatur-Wärmepumpen, Großwärmespeicher, transkommunale Verbundwärmenetze und sektorübergreifende Systemintegration.
  4. Aus- und Weiterbildung von Fachkräften: Die wachsende Geothermiebranche schafft regionale Arbeitsplätze in Technologieentwicklung, Planung und Produktion sowie bei Errichtung und Betrieb der Anlagen. Man kann von circa fünf bis zehn Vollzeitäquivalentstellen je Megawatt installierter Leistung ausgehen. Um Tausende Fachkräfte fort- und weiterzubilden, braucht es akademische Ausbildung und ergänzende Curricula zu den bestehenden Angeboten der Handwerks-, Industrie und Handelskammern.
  5. Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern: Die Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen benötigt gesellschaftliche Akzeptanz. Die kommunalen Akteure brauchen daher nicht nur betriebswirtschaftliche und anlagentechnische Strategien. Es ist erforderlich, mit Bürgerenergiemodellen, kommunalen Kommunikationsstrategien und transparenten Projekten alle lokalen Interessengruppen mit auf den Weg zur regionalen Wärmewende zu nehmen.

Der Wärmesektor macht 56 Prozent des nationalen Energiebedarfs aus. Lediglich 15 Prozent der Wärme sind regenerativ. Die nun vorgelegte Roadmap diskutiert den Beitrag der Geothermie zur Wärmewende. Der Schwerpunkt liegt auf den hydrothermalen Reservoiren, also thermalwasserführenden Gesteinen in Tiefenlagen zwischen 400 Metern und 5 000 Metern. Geothermale Wässer können bei Temperaturen zwischen 15 und 180 Grad Celsius aus derart tiefen Brunnenbohrungen gefördert werden. Sie sind Jahres- und Tageszeiten-unabhängig verfügbar und lassen sich insbesondere für Nah-, und Fernwärme und sogar für Niedrigtemperaturprozesse in der Industrie nutzen. Die Technologie ist ausgereift und kommt seit Jahrzehnten in vielen europäischen Städten zur Anwendung, etwa in Paris und München.

Die hydrothermale Geothermie – kombiniert mit Großwärmepumpen – als Wärmequelle für Fernwärmenetze könnte nach den Abschätzungen der Roadmap rund ein Viertel des Gesamtwärmebedarfes Deutschlands decken, theoretisch rund 300 Terawattstunden Jahresarbeit bei 70 Gigawatt installierter Leistung. Zum Vergleich: 2020 lieferten bundesweit 42 Anlagen 359 Megawatt installierte Wärmeleistung und 45 Megawatt elektrische Leistung. (kes-jz)

Extrem klimaschädliches Methan aus Deponien intelligent verhindern

(pte) – Ein Ansatz von Forschern des Massachusetts Institute of Technology (MIT) reduziert die Emissionen bei stillgelegten Deponien drastisch. Die Gase treiben die Erderwärmung um bis zu 28 Mal stärker voran als gleiche Mengen an CO2. Auf einer Deponie in den USA haben sich mithilfe des solar versorgten Messsystems „Loci“ die Emissionen um jährlich 180.000 Tonnen CO2-Äquivalent reduziert. „Das wäre, als würde man 40.000 Autos mit Verbrennungsmotor für ein Jahr stilllegen“, sagt Melinda Hale Sims, die den Hersteller des Systems, das MIT-Spin-off Loci Controls , gemeinsam mit Andrew Campanella gegründet hat.

Methan Biogas-Hauptbestandteil

Im Untergrund stillgelegter Deponien entstehen durch Vergären von organischen Abfällen große Mengen an Biogas, Das besteht zu etwa 60 Prozent aus Methan, dem Hauptbestandteil von Erdgas. Der Rest ist großenteils CO2. Die meisten Deponiebetreiber in Industriestaaten haben in den Abfall Sammelbrunnen gebohrt, die das Biogas fördern. Meist wird es zur Stromerzeugung verbrannt, teilweise wird es nach der Abtrennung der Fremdgase als reines Methan ins Erdgasnetz eingespeist.

Sims und Campanella haben eine Schwachstelle der Biogasförderung ausgemerzt. Sie installieren an den Brunnen Messgeräte, die mit lokal erzeugtem Solarstrom versorgt werden. Diese messen die Zusammensetzung des ausströmenden Biogases und berücksichtigen Wetterdaten. Darauf aufbauend wird die Gasmenge, die dem jeweiligen Bohrloch entweicht, reguliert. Das geschieht aus einer zentralen Warte, in der Daten der Bohrlöcher von mehreren Deponien eingehen. Bisher werden die Fördermengen von Hand angepasst. Dafür ist Erfahrung und vor allem Bauchgefühl nötig. Beides ist nicht sonderlich effektiv, zumal derartige Anpassungen oft nur einmal im Monat stattfinden.

Loci könnte auch in Europa helfen

In den USA sind Loci-Systeme bereits auf 15 Deponien installiert. Das Potenzial ist riesig, denn es gibt dort rund 1.000 große Anlagen, in denen Biogas entsteht und manchmal noch unkontrolliert in die Atmosphäre entweicht. Auch in Deutschland, das zu den ersten Ländern gehörte, die Biogas aus Deponien nutzten, wird längst nicht alles Methan eingefangen. Hier liegt der Erfassungsgrad laut einer Studie, die auf Satellitendaten basiert, bei 57 Prozent, in Spanien dagegen bei lediglich 18 Prozent. „Wir gehen davon aus, dass wir die Methanemissionen in den nächsten fünf Jahren stärker als jedes andere Unternehmen der Welt reduzieren werden“, sagt Peter Quigley, CEO von Loci Controls. Vielleicht auch außerhalb der USA.

Die Preisexplosion von Kobalt, Lithium, Nickel und Kupfer erschwert die Klimawende

(pte) – Steigende Preise benötigter Metalle wie Kupfer, Lithium, Nickel und Kobalt könnten die Transformation des Energiesektors und den damit verbundenen Ausbau bremsen. Zu dem Ergebnis kommt eine Szenarioanalyse am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) http://diw.de . In einem Szenario der Internationalen Energieagentur (IEA) haben die Experten berechnet, wie sich die Preise dieser Metalle entwickeln könnten. Das Szenario basiert auf einem hohen Einsatz erneuerbarer Energien und Emissionsneutralität bis 2050.

Preishöchststand 2030

„Wenn wir davon ausgehen, dass die Nachfrage weiter stark zunimmt, dürften die Preise für Kupfer, Lithium, Nickel und Kobalt um das Jahr 2030 herum auf einen Höchststand steigen und dort auch über Jahre verharren. Damit würden sie ein Hindernis für die Energiewende darstellen“, so DIW-Berlin-Ökonom Lukas Boer. Annahmen der IEA zufolge dürfte sich der jährliche Kupferverbrauch in den kommenden 20 Jahren verdoppeln, der von Nickel mehr als verdreifachen und der von Kobalt versechsfachen. Bei Lithium ist die Steigerungsrate am höchsten: 2040 wird die Nachfrage voraussichtlich mehr als 20 Mal so hoch sein wie heute. Damit dürfte die Nachfrage bedeutend schneller wachsen als die anderer für die Energiewende notwendiger Metalle.

Das Angebot reagiert aber kurzfristig nur begrenzt auf Preisanreize, wie Boers Berechnungen auf Basis historischer Erfahrungen zeigen. Der Grund für das zunächst sehr unelastische, aber dann immer stärker steigende Angebot dürfte in der Art der Gewinnung der Ressourcen liegen: Kupfer, Nickel und Kobalt werden in Minen abgebaut – es kann bis zu zwei Jahrzehnte dauern, bis neue Bergwerke erschlossen werden. Bei Lithium können die Kapazitäten je nach Art der Förderung etwas schneller gesteigert werden, aber auch hier muss für eine gewisse Vorlaufzeit eingeplant werden. Die Preise steigen: Kupferpreise könnten dem Szenario zufolge 2030 im Vergleich zu 2020 um fast 70 Prozent zulegen, Lithiumpreise um knapp 180 Prozent.

Ausbau könnte teuer werden

„Wenn diese Entwicklung tatsächlich eintritt, würden die untersuchten Metalle künftig maßgeblich Inflation, Handel und die globale Wirtschaftsleistung beeinflussen. In dem Szenario könnte die Energiewende im Zeitraum von 2021 bis 2040 zu einem vierfachen Anstieg des Produktionswertes der vier Metalle führen und damit den Ausbau der erneuerbaren Energien verteuern“, sagt Boer, sieht in seiner Berechnung aber auch Unsicherheiten: Unvorhergesehene technologische Fortschritte könnten potenzielle Preisanstiege dämpfen und die Kosten der Energiewende verringern. Dasselbe gelte, wenn sich alternative Materialien zu den betrachteten Rohstoffen als tauglich erweisen würden, erneuerbare Energie zu erzeugen und zu speichern.

Politik stoppt energetische Sanierung der Gebäude – Klimaschutz ade ?

(Wirtschaftswoche) – Die KfW fördert vorübergehend keine energetische Sanierungen von Häusern mehr. Es fehlen Haushaltsmittel. Betroffene sollten vor allem auf sechs Punkte achten.

Die Ampelkoalition stoppt die KfW-Förderkredite für energieeffiziente Gebäude. Betroffen sind auch Mittel für die Sanierung von Altbauten. Beides gehört zum Programm Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Der Klimaschutz für Immobilien ist ein Vorzeigeprojekt von Klimaminister Robert Habeck (Grüne). Habecks Wirtschafts- und Klimaministerium (BMWK) weist die Schuld für den Förderstopp von sich. Die enorme Antragsflut im Januar habe die bereit gestellten KfW-Mittel deutlich überstiegen. Das Förderprogramm werde wieder aufgenommen, wenn es entsprechende zusätzliche Haushaltsmittel gebe.

Für den Run auf die Fördermittel der KfW seien vor allem Mitnahmeeffekte bei Neubauprojekten verantwortlich, heißt es aus dem BMWK. Es geht dabei um die Förderung von Gebäuden, die den Energiestandard „Effizienzhaus 55“ erfüllen. Dieser Standard macht Vorgaben für den Energiebedarf und den Wärmeverlust von Immobilien. Das Programm „Effizienzhaus 55“ wäre Ende Januar plangemäß ausgelaufen. Die Ankündigung des Auslaufens hatte zu einer Antragsflut geführt.

Der Standard „Effizienzhaus 55“ sei bei Neubauten ohnehin schon üblich, so das BMWK. Eine Förderung sei daher überflüssig. Die Förderpolitik der alten Bundesregierung bezeichnet das Ministerium als „massive klimapolitische und fiskalische Fehlsteuerung“. So sei die jährliche CO2-Einsparung je Fördereuro beim „Effizienzhaus 55“ im Vergleich zu energetischen Sanierungen bis zu zehnfach niedriger. Notwendige Anpassungen der Förderprogramme seien versäumt worden. Die Erklärung der Ampel für das Förderchaos erinnert an deren Ausführungen zur Coronapolitik. Schuld sei die Vorgängerregierung, so die Botschaft in beiden Fällen.

Die Lobby der Wohnungswirtschaft kritisiert hingegen die fehlende Verlässlichkeit der aktuellen Bundesregierung. Sie reagiert alarmiert auf den Förderstopp. „Das bedeutet eine Vollbremsung beim Klimaschutz im Gebäudebereich“, sagt Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW. Nicht nur künftige, sondern auch bereits beantragte Bauvorhaben für Neubau und Bestandsmaßnahmen würden damit von heute auf morgen beendet. Insgesamt sei der Bau von rund 300.000 Wohnungen gefährdet, so der GdW. Was Bauherren vor allem bräuchten sei Planungssicherheit, sagt Verbandspräsident Gedaschko.

Jetzt, da die Fördertöpfe der KfW leer sind, wird auch das Förderprogramm für die Sanierung bestehender Wohnhäuser gestoppt. Anders als bei Neubauprojekten soll die Förderbank ihre Programme für die Sanierung von Altbauten aber wieder aufnehmen. Bis dahin ist jedoch offen, wie es weitergeht. Die WirtschaftsWoche hat daher die Antworten auf die wichtigsten Fragen zusammengestellt:

1. Warum kommt jetzt das Aus für KfW-Förderung?

Im November 2021 kündigte die Bundesregierung an, die Förderung des Neubaus nach dem Standard „Effizienzhaus 55“ Ende Januar 2022 einzustellen. Im vergangenen Jahr gingen mit sechs Milliarden Euro ein Drittel der Fördermittel an diese Neubauprojekte. Allein im Januar flossen weitere fünf Milliarden Euro an KfW-Fördermitteln ab. Damit waren die Haushaltsmittel bereits erschöpft. Die Ampelkoalition will aber vornehmlich die Sanierung von Altbauten fördern, weil sich so pro investiertem Euro mehr vom Klimakiller CO2 vermeiden lässt.

2. Was genau ist der Standard Effizienzhaus 55?

Die KfW förderte bisher Maßnahmenpakete, bei denen die Wohnhäuser nach der Sanierung bestimmte Vorgaben an Energiebedarf und Wärmeverlust erfüllen mussten. Beim diesem Standard darf das sanierte Haus maximal 55 Prozent des Energiebedarfs und 70 Prozent des Wärmeverlusts des fiktiven Gebäudetyps „Effizienzhaus 100“ erreichen. Die meisten Neubauten erfüllen auch ohne Förderung diese Vorgaben.

3. Welche Förderprogramme sind vom Stopp betroffen?

Auch die KfW-Programme für das „Effizienzhaus 40“ im Neubau sowie alle Fördertöpfe für die Sanierung bestehender Immobilien sind betroffen. Bei Sanierungen schließt das sowohl die Kredite und Tilgungszuschüsse für Paketlösungen als auch für Einzelmaßnahmen ein. Für bereits eingereichte aber noch nicht entschiedene Anträge bei der KfW sollen die Mittel ebenfalls nicht reichen.

4. Um wie viel Fördergeld geht es?

Von November 2021 bis Januar 2022 sind Förderanträge mit einem Volumen von 20 Milliarden Euro eingegangen. Davon entfielen 14 Milliarden Euro auf das Programm „Effizienzhaus 55“, vier Milliarden Euro auf „Effizienzhaus 40“ und nur rund zwei Milliarden Euro auf die energetische Sanierung. Das ist nicht im Sinne der Ampelkoalition. Sie will primär eine verbesserte Energieeffizienz im Gebäudebestand fördern.

5. Wie geht es bei baureifen Projekten weiter?

Das Wirtschaftsministerium kündigt an, dass Bauherren bei baureifen Projekten Darlehen aus einem anderen Fördertopf der KfW erhalten sollen. So will das Wirtschaftsministerium Liquiditätsengpässe bei Fällen vermeiden, bei denen die KfW die Anträge abgelehnt hat. Zugang sollen auch Bauherren erhalten, bei denen nach Ende der Förderung ein finanzieller Härtefall eingetreten ist.

6. Was gilt bei der Bafa-Förderung?

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) fördert einzelne Maßnahmen einer energetischen Sanierung mit Zuschüssen. Dazu gehören beispielsweise der Austausch der Heizung oder das Dämmen der Fassade. Anders als bei den KfW-Krediten soll das Bafa-Programm wie bisher weiterlaufen. Bauherren können dort also weiter Anträge auf Förderung einreichen.

Habeck: Angeblich 80% regenerative Energie zur Versorgung möglich – ein Plan aus dem Wolkenkuckucksheim

(Morning Briefing) – In der kommenden Woche hat der neue Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck seinen ersten großen Auftritt vor den Hauptstadtjournalisten. Im Gepäck: Sein Sofortprogramm zum grünen Umbau des Landes.

Fest steht: Habeck will die Öko-Energien bis 2030 zur Hauptenergiequelle des Landes machen, 80 Prozent des Strombedarfs sollen dann aus Wind, Solar & Co. gespeist werden. Dazu muss er rund 16.000 neue Windräder im Land aufstellen und acht Millionen neue Photovoltaik-Anlagen bauen.

In einem 20-seitigen Maßnahmenplan haben die Beamten des Ministeriums dem Minister aufgeschrieben, wie es gehen könnte. Unser Hauptstadt-Team kennt exklusiv Details aus dem Programm:

  • Eine Solarpflicht für die Dächer von neuen Gewerbebauten ist demnach geplant.
  • Im Planungs- und Genehmigungsrecht soll künftig der Vorrang für Anlagen der Erneuerbaren Energien gelten.
  • Auch die Reduzierung der Artenschutz-Klagemöglichkeiten wird empfohlen. Das wäre neu: Kröten und Wandervögel müssen zurückstehen vor dem Ausbau-Interesse der Grünen.
  • Geplant sind Steuererleichterungen für ökologische Dachsanierungen, zahlbar an den Eigentümer.
  • Großzügige Genehmigung und Förderung von Solardächern auf Parkplätzen und Supermarktdächern.
  • Die Reduzierung der Abstandsregeln zwischen Windkraftanlagen und Wohnbebauung, die bisher vor allem von grünen Bürgerinitiativen abgelehnt wird.

Das Maßnahmenpaket von Robert Habeck lesen Sie im Newsletter Hauptstadt Das Briefing, der werktäglich ab sechs Uhr verschickt wird, und den Sie hier bestellen können.

Es klingt wie Reklame und ist doch mittlerweile die Realität: Mit dem, was die Pioneer-Redaktion täglich zusammenträgt, sind Sie schneller, tiefer und präziser informiert als mit jeder Tageszeitung.

 

Aus klimaschädlichem CO2 werden nützliche Chemikalien

(Fraunhofer) – Aus Kohlenstoffdioxid wichtige Ausgangsmaterialien für Feinchemikalien machen – das funktioniert tatsächlich: Einem Forscherteam des Fraunhofer IGB ist es im Max-Planck-Kooperationsprojekt eBioCO2n erstmals gelungen, CO2 in einer auf dem Transfer von Elektronen basierenden Enzymkaskade zu fixieren und in einen festen Ausgangsstoff für die chemische Industrie umzuwandeln. Das Verfahren zur elektrobiokatalytischen CO2-Fixierung wurde bereits publiziert und gilt als »Hot Paper«.

Durch die Verbrennung von fossilen Rohstoffen entsteht klimaschädliches Kohlenstoffdioxid, das als Treibhausgas eine große Rolle bei der Erderwärmung spielt. Dennoch ist Erdöl aktuell immer noch einer der wichtigsten Rohstoffe – nicht nur als Energieträger, sondern auch als Ausgangsmaterial für die chemische Industrie und damit für zahlreiche Dinge unseres Alltags, wie Medikamente, Verpackungen, Textilien, Reinigungsmittel und mehr. An verschiedenen Alternativen für fossile Quellen wird daher intensiv geforscht.

Nachwachsende Rohstoffe sind eine zukunftsträchtige Möglichkeit, aber nicht die einzige alternative Rohstoffbasis, um die Verfügbarkeit von grünen Syntheseprodukten in den nächsten Jahren abdecken zu können. Eine nachhaltige Ergänzung hierzu im Sinne einer kreislauforientierten Kohlenstoffwirtschaft ist die Möglichkeit, CO2 gezielt und unter milden.

Abscheidung aus der Luft für weniger CO2-Emissionen

Einem Forscherteam am Straubinger Institutsteil des Fraunhofer-Instituts für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB ist es nun gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen des Max-Planck-Instituts für terrestrische Mikrobiologie in Marburg und der TU München erstmals gelungen, CO2 elektrobiokatalytisch in wertvolle Substanzen für die chemische Industrie umzuwandeln. Durch Kombination verschiedener Ansätze aus Bioelektrochemie, Enzymbiologie und synthetischer Biologie wurden hierfür spezielle Bioelektroden entwickelt, um mit Strom aus erneuerbarer Energie Enzyme anzutreiben, die in einer gekoppelten Reaktion ähnlich der Photosynthese feste organische Moleküle aus dem Treibhausgas herstellen.

Ziel ist es, damit CO2 direkt aus der Luft abzuscheiden: »Das Verfahren könnte dann nicht nur dazu beitragen, dass die Industrie auf fossile Rohstoffe verzichten kann, sondern durch die CO2-Reduktion die Klimawende außerdem aktiv vorantreiben«, erklärt Dr. Michael Richter, Leiter des Innovationsfelds Bioinspirierte Chemie am Fraunhofer IGB. »Zunächst ging es uns jedoch darum zu zeigen, dass unsere Idee überhaupt funktioniert, eine solch komplexe biokatalytische Multienzym-Reaktion auf diese Art mit Strom anzutreiben.«

Hydrogel transportiert Elektronen für CO2-fixierende Enzyme

Mit Erfolg: Die Forschenden haben sich vom Stoffwechsel der Mikroorganismen inspirieren lassen und ein strombasiertes Verfahren für die CO2-Fixierung entwickelt. Hauptakteure sind CO2 fixierende Enzyme, die von den Kollegen Dr. David Adam und Prof. Tobias Erb, Direktor am MPI in Marburg, entwickelt wurden. Eine Herausforderung bestand nun darin, die CO2-fixierenden Enzyme kontinuierlich mit den für die Reduktion von CO2 benötigten Elektronen zu versorgen, die regenerativer Strom liefern kann. Dies gelang durch Einbettung der Enzyme in ein redoxaktives Hydrogel, wodurch sie elektrochemisch so angetrieben werden können, dass sie Kohlenstoffdioxid an ein Substrat binden und damit in einen wertvollen Zwischenstoff umwandeln. »Das Verfahren ist ein sehr effizienter Reaktionsweg, eine reduktive Carboxylierung, die sehr ökonomisch und sauber abläuft, weil man keine weiteren Substanzen im System braucht – lediglich Kohlenstoffdioxid, Substrat und Elektronen, bevorzugt aus erneuerbaren Quellen«, erläutert Dr. Leonardo Castañeda-Losada, der in seiner Doktorarbeit auf dem Gebiet der Elektrobiokatalyse forschte und nun am Fraunhofer IGB gemeinsam mit Dr. Melanie Iwanow und Dr. Steffen Roth im Projekt arbeitet.

Die an der TU München am Lehrstuhl von Prof. Nicolas Plumeré eigens entwickelten Hydrogele, in denen die Enzyme ihre Arbeit verrichten, sind so modifiziert, dass sie Elektronen gut leiten und den Biomolekülen gleichzeitig optimale Arbeitsbedingungen bieten. »So können wir nicht nur Monolagen an Enzymen einsetzen, sondern dies auch dreidimensional um ein Vielfaches erweitern, da die Elektronen im Gel an jeden Ort geleitet werden. Das sind gute Voraussetzungen für eine zukünftige Skalierung des Verfahrens für die chemische Industrie«, verdeutlicht Prof. Volker Sieber, der am Straubinger Institutsteil des Fraunhofer IGB schon lange Strategien zur CO2-Speicherung verfolgt.

Cofaktoren werden gleichzeitig permanent regeneriert

Der völlig neue Ansatz der Forschenden beruht aber nicht nur auf der Tatsache, dass eine enzymatische Reaktionssequenz erfolgreich mit Strom angetrieben werden kann, sondern beinhaltet auch ein weiteres äußerst innovatives Modul: Damit die Reaktionen wie gewünscht ablaufen und am Ende eine möglichst hohe Produktausbeute steht, braucht es in dem Fall eine kontinuierliche Zufuhr an »Doping« fürs Enzym: die passenden und funktionalen Cofaktoren. Diese kleinen, organischen Moleküle werden im Lauf jeder einzelnen Reaktion verbraucht und müssen regeneriert werden, um wieder einsatzfähig zu sein. Sie in großen Mengen neu bereitzustellen, ist sehr teuer und damit für die Industrie unwirtschaftlich. Deshalb haben die eBioCO2n-Experten eine Möglichkeit gefunden, um sie mithilfe von Strom innerhalb des gleichen Reaktionssystems in den Hydrogelen wieder erneuern zu können – theoretisch unendlich lange. »Eigentlich müsste man nur ein einziges Mal Cofaktor ins System geben, und dieser würde dann immer wieder automatisch regeneriert. Aber in der Praxis funktioniert das nur annähernd so gut, weil der Cofaktor nicht unendlich lange stabil bleibt – aber durchaus schon sehr lange«, sagt Richter.

Für den bioelektrokatalytischen Recyclingprozess der Cofaktoren steht den Forschenden sogar ein ganzer Werkzeugkasten an unterschiedlichen Enzymen zur Verfügung, die sie aus verschiedenen Organismen aufgespürt haben. So ist das Spektrum dieser Biomoleküle für weitere Arbeiten je nach Anwendung modulartig erweiterbar und als Plattformsystem verwendbar. »Man kann aus bioinformatischen Datenbanken praktisch beliebig Enzyme auswählen, diese biotechnologisch herstellen und in die Hydrogele einbauen«, sagt Richter. »So wäre die Herstellung verschiedener biobasierter Feinchemikalien denkbar, die man bei entsprechendem Ausbau über weitere Enzymkaskaden praktisch nach Bedarf diversifizieren könnte.“« Hier bringt inbesondere das Marburger MPI seine Expertise ein. Gelingt dies in einer entsprechenden Skalierung, könnte die Plattformtechnologie ein zukunftsträchtiges Geschäftsmodell für die chemische Industrie werden.

Plattformsystem soll beliebig erweiter- und skalierbar werden

Mithilfe der bioinspirierten CO2-Fixierung aus dem Labor konnte man am Fraunhofer IGB ein Coenzym-A-Derivat carboxylieren, ein für viele Stoffwechselvorgänge in Lebewesen wichtiges Biomolekül. »Hierbei handelt es sich um das bislang anspruchsvollste Molekül, an das auf biokatalytischem Weg CO2 fixiert werden konnte«, so Richter. »Das ist bei weitem nicht selbstverständlich, eine so große und strukturell anspruchsvolle Substanz mit dieser Technologie zu modifizieren.« Nun steht für die Forschenden die letzte Herausforderung an: zu beweisen, dass ihre Idee zuverlässig und skalierbar funktioniert sowie modular erweitert werden kann. Am IGB ist man jedoch optimistisch, vor allem auch vor dem Hintergrund eines gut funktionierenden interdisziplinären Teams, wie der Wissenschaftler betont. In Folgeprojekten sollen dann auch möglichst schnell Industriepartner mit einbezogen werden.

Gefahren für die Klimawende: Falsche einflussreiche Berater bestimmen politische Entscheidungen vorwiegend durch Wunschdenken

Dazu eine ausführliche Studie inkl. eines persönlichen Briefes an den Physiker Prof. Sigismund Kobe, der sie mir zugesendet hat

Lieber Sigismund,
diese Antistudie zu AGORA ist eine Sensation. Prof. Holger Watter hat alles zusammengetragen, was ich seit Jahren fordere. Doch es wurde sogar vom Öffentlich-Rechtlichen WDR, als ich die Redakteure auf diese notwendige physikalische und soziologische Einbindung dieses Wunschdenkens aufmerksam machte, völlig verworfen, denn die meisten Journalisten berufen sich auf die AGORA-Studien. Die AGORA-Vereinigung ist eine Katastrophe für Deutschland. Aus Political Correctness Gründen hat diese im wahren Sinne Wolkenkuckucksheime betätigt, die von der Grünen-Ideologie und vielen NGOs als unzulässige Einmischung stets gebrandmarkt wird. Damit räumt diese Anti-AGORA-Studie von Prof. Watter radikal auf. Ich bin glücklich, dass er sich diese Mühe gemacht, denn auch viele durch öffentliche Gelder finanzierte Forschungsinstitute haben populistisch diesen AGORA-Schwachsinn unterstützt, z. B. das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE in Kassel. Meine kurze Anfrage, wo eigentlich die Speicher für Elektrizität sind, die die Phasen überbrücken, in denen Sonne, Wind und Wasserkraft nicht mitspielen. In der Öffentlichkeit wird immer  auf grünen Wasserstoff verwiesen, aber wie das umgesetzt werden soll, wird niemals präzisiert.

Leider habe ich keine Antwort bekommen. Als ich per Telefon nachharkte, war die einzige Ausrede, die sie finden konnten, das europäische Hochspannungsverbundnetz unter der Maßgabe, dass in Moldawien die Sonne etwa sechst Sunden früher aufgeht, als in Portugal unter. Einfach lächerlich. Alles das wird in der Watter-Studie ausgeräumt. In der Regel wird auch kaum unterschieden zwischen Primär-Energie für den Wärmebedarf von Gebäude und Industrie, soll das alles demnächst durch regenerative elektrische Energie gespeist werden?

Dann ist noch die wesentliche Gefahr des in der Studie angesprochenen elektrischen Blackouts, die Deutschland zu einem industriellen Entwicklungsland degradiert.

Dein Jean Pütz

 

Wer haftet für fehlerhafte oder unvollständige Energiewendestudien?

Klimawandel und Energiewende sind die bestimmenden Größen in der gesellschaftlichen Diskussion und stellen anerkanntermaßen eine nationale und internationale Herausforderung dar. Energiewendestudien geben für Medien, Wirtschaft und Politik wichtige Beratungs- und Unterstützungshilfestellungen. Die Coronakrise hat gezeigt, wie wichtig ein belastbares Erwartungsmanagement und der Umgang mit Zielkonflikten für gesellschaftliche Veränderungsprozesse und das Konfliktmanagement sind.

Die sog. „AGORA-Studie für ein Klimaneutrales Deutschland 2045“ wurde daher vom Arbeitskreis Energie und Naturschutz, der Bildungsinitiative Nachhaltigkeit sowie Professoren der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg und der Hochschule Flensburg einem Evaluationsprozess nach wissenschaftlichen Standards unterzogen. Nachfolgend die Kommentierungen und Empfehlungen als Kurzfassung sowie der vollständige OFFENE BRIEF mit ausführlichen Begründungen zu diesem sog. „Peer-Review“. Im Nachgang sollten auch Haftungsfragen im Hinblick auf den politischen Beratungsprozess und den daraus resultierenden Schlussfolgerungen und Wirkungen geprüft werden.

1. Einladung zum wissenschaftlichen Diskurs

Die AGORA war bekanntermaßen im antiken Griechenland der zentrale Fest-, Versammlungs- und Marktplatz einer Stadt. Im Sinne eines “wissenschaftlichen Marktplatzes” soll auf die anliegenden Fragen und Unklarheiten hingewiesen und in einen wissenschaftlichen Dialog auf diesem „Marktplatz“ eingetreten werden.

„Wissenschaft“ ist die Suche nach der Wahrheit, der intellektuelle Exkurs in der Sache, das Abwägen und Hinterfragen von Argumenten von Pro und Contra, die Bewertung von Risiken und Nebenwirkungen … DIE WELT schreibt dazu am 10. August 2021: „Die Weisheit der Vielen funktioniert nur dann, wenn das Urteil der Einzelnen unabhängig voneinander getroffen wird. Diese Voraussetzung ist allerdings verletzt, wenn die Einzelnen einen Anreiz haben, bestimmte Urteile nicht zu äußern bzw. bestimmte Ergebnisse nicht zu publizieren.“….

1.2 Kurzfassung: AGORA – wir haben ein Problem ….

„Um sich ein umfassendes Bild über die Erfolgswahrscheinlichkeit der Energie-, Verkehrs- und Klimawende zu machen, müssen vier Bilanzen beachtet werden. Wieviel Energie, Kohlendioxid, Rohstoffe und Geld muss investiert werden, um das Ziel zu erreichen (vgl. Abschn. II.2)? Die Studie sagt hierzu nichts.  

Das ist wie bei einer Marsmission, in der eine Studie über den Treibstoffbedarf befriedigend gelöst ist, jedoch Aussagen zum Sauerstoffbedarf und zum Nahrungsbedarf fehlen – es droht das Scheitern der Mission.

Dies ist deswegen problematisch, weil sich die Politik darauf verlässt, dass ihre Zielvorgaben tatsächlich erreichbar sind. Fehlen Studien, die die Erreichbarkeit von Klimazielen auf methodisch belastbare Weise untersuchen, gerät die Politik in einen Blindflug. Im Ergebnis drohen volkswirtschaftlich extrem teure Fehlentscheidungen, die private und öffentliche Haushalte nachhaltig belasten, ohne dass Treibhausgasemissionen so stark absinken wie vom Gesetzgeber angestrebt. Ferner entstehen hohe Risiken für die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit, der kritischen Infrastruktur, mit unabsehbaren Folgen bei einem langandauernden und großflächigen Stromausfall mit einer Gefährdung von Gesundheit und Leben der Bevölkerung.

Um die Orientierung darüber, welchen Mindestanspruch wissenschaftliche Institute anstreben sollten, zu erleichtern, haben wir in Abschnitt II einen Katalog von sieben Forderungen an Energiesystemstudien formuliert. Danach formulieren wir ausführliche Fragen, ….. Exemplarisch benennen wir hier einige offene Fragen, die Ihre Studie aufwerfen.

Es fehlen weitere, unabdingbare Gesichtspunkte zur ganzheitlichen Bewertung, ohne die eine derartige Studie zur Klimaneutralität leider nur ein Mosaikstein darstellt, anhand dessen das Gesamtbild bestenfalls erraten werden kann. Exemplarisch seien genannt: 

1. Die zugrunde gelegten Bedarfsprognosen an elektrischer Energie und Wasserstoff liegen deutlich unter den Prognosen anderer Institute und den Angaben der Chemie- und Stahl-Hersteller (vgl. Ziffern II.1 und III.1). Sie lässt keinen Raum für das Aufkommen neuer Technologien und deren potenziellen Energiebedarf. Von einer zu niedrigen Prognose gehen erhebliche Risiken für die Versorgungssicherheit und die Wirtschaft aus. Sensitivitäten werden nicht diskutiert.

2. Der technologische Lösungsraum wird viel zu eng definiert. Bestimmte, international anerkannte Methoden zur Erreichung von Klimaneutralität werden nicht im Ansatz diskutiert. Betrachtungen zur Wirtschaftlichkeit, zu den sozialen Auswirkungen, zur Versorgungssicherheit und zum Risikomanagement werden daher nicht am Stand der Technik diskutiert oder fehlen völlig. Es fehlt eine Gesamtkostenanalyse der verschiedenen Szenarien. Damit bleibt Politik und Bürgern unklar, ob das vorgestellte Szenario überhaupt finanzierbar ist, oder ob es mit dem weitgehenden Verlust der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft einherginge.

3. Die Autoren ignorieren vollständig, dass auch die Nutzung der Umgebungsenergien mit schädlichen Auswirkungen auf die Biosphäre und den Menschen verbunden sind. Die Gefahren für den Erhalt der Artenvielfalt und für die Gesundheit der Bevölkerung beispielsweise durch Infraschall aus Windkraftanlagen werden außer Acht gelassen und unzureichend erforscht (vgl. Abschn. II.4). Auch die ethische Dimension, dass eine Versorgung mit Solar- und Windenergie wesentlich von der Größe der verfügbaren Flächen abhängt, und Energieverbrauchswachstum dann künftig nicht mehr befriedigt werden kann, wird ignoriert. Der Staat übersieht eine Vorsorgepflicht und seine Berater müssen ihn darauf hinweisen!

4. Die Begriffe der Versorgungssicherheit und Netzstabilität, u.a. im Hinblick auf erhöhte Leistungsanforderungen, fallen nicht ein einziges Mal in der Studie. Nirgendwo wird erläutert, dass die Autoren sich umfassend mit den raum-zeitlichen Eigenschaften der witterungsbedingt stark schwankenden Solar- und Windeinspeisung beschäftigen. Dabei kommt es gerade bei Energiesystemen, die sich vorwiegend auf wetterabhängige Umgebungsenergien wie Solar- und Windenergie stützen, zum Erhalt der Versorgungssicherheit darauf empfindlich an, die Ränder der Häufigkeitsverteilung genauer zu kennen (vgl. Abschn. II.5).

5. Es fehlen auch grob fahrlässig eine ganzheitliche Risikobewertung und die Abschätzung von nicht beabsichtigten Nebeneffekten, beispielsweise durch globale Ausweichbewegungen (Produktionsverlagerungen, Firmenabwanderungen), Versorgungsengpässe, Black-Out-Ereignisse u.a., nach den DIN-Regeln 69901 zu einem probaten Projektmanagement oder nach DIN 31000 zum Risikomanagement. Belastbare physikalische Optionen und Perspektiven sind nicht erkennbar (vgl. Abschn. II.6). 

6. Die Studie setzt umfangreiche Verhaltensänderungen der Bevölkerung in Bezug auf Fleischkonsum und Mobilitätsverhalten voraus. Die Verknüpfung von Verhaltensänderungen in großem Umfang mit Bedarfsprognosen und Emissionen ist riskant, weil damit künftige Generationen in ihrem Verhalten eingeschränkt werden (vgl. Abschn. II.3).

7. Die aktuelle Corona-Krise zeigt die Bedeutung eines belastbaren Erwartungsmanagements und die Missachtung von europäischen Verträgen. Was bei Corona die geschlossenen Grenzen trotz Schengen-Abkommens war, könnte in der Energiewirtschaft das Aussetzen von grenzüberschreitenden Stromlieferungen in europäisch gleichzeitig stattfindenden Mangellagen sein. Auch in dieser Hinsicht fehlen probate Planungsgrundlagen und eine Risikoabschätzung, so dass Fehleinschätzungen und Enttäuschungen vorprogrammiert und angelegt erscheinen. 

8. Für das Gelingen der Transformation notwendige Fragestellungen, die über eine oberflächliche ingenieurmäßige Betrachtung hinausgehen, fehlen. Das sind beispielsweise: Wie muss der Ordnungsrahmen, wie muss das Marktdesign im Sinne des neuen Systems entwickelt werden? Wie lassen sich die Ziele unter den Bedingungen der deutschen Planungs- und Genehmigungspraxis zeitlich erreichen? Ist die Transformation im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung umsetzbar oder sind dafür Grundrechtseingriffe nötig bzw. ein Sozialpunktesystem nach chinesischem Vorbild?

1.3 Zusammenfassend wird empfohlen …

  • eine besondere Vorsicht bei der Verwendung der dort genannten qualitativen und quantitativen Prognosen und Aussagen walten zu lassen.
  • Die Inhalte der Studie sind u.E. nicht für ein probates und belastbares Erwartungsmanagement sowie zur Unterscheidung zwischen Wunsch und Wirklichkeit geeignet.
  • Es fehlt eine ganzheitliche Risikobewertung im Sinne der Qualitätsstandards zum Projekt- und Energiemanagement nach gängigen Standards und Regeln der Technik.
  • Insofern ergeben sich für Gesellschaft, Wirtschaft und Politik besondere Risiken durch potentielle und strukturelle Fehlentscheidungen.

Wissenschaftler, Medien und Politiker müssen besser zu unterscheiden lernen zwischen allgemeinen Veröffentlichungen und begutachteter Fachliteratur.  Gerade Medienvertreter müssen lernen, dass nur letztere durch einen Prozess gegangen ist, in dem die obigen Qualitätsmerkmale guter Energiewendestudien überprüft wurden.  Demgegenüber werden Veröffentlichung in hauseigenen Medien gerne von den PR-Abteilungen der Studien publizierenden Wissenschaftsinstitutionen beworben.  Leider ist auch festzustellen, dass eine von Wissenschaftlern verfasste Studie nicht notwendigerweise Wissenschaft bzw. wissenschaftlichen Kriterien genügt – sie kann auch Meinungen über wissenschaftliche Themen transportieren, ohne wissenschaftlichen Ansprüchen zu genügen.  Dies zu unterscheiden ist Aufgabe sowohl von Wissenschaftlern als auch von Journalisten und Politikern.

Prof. Dr.-Ing. Holger Watter

Morning Briefing und Atom

(Morning Briefing) – Die schicksalhaften Ereignisse im Leben einer politischen Partei sind immer die mit vollem Risiko vollzogenen Richtungsänderungen. Das gilt auch für die Grünen:

  • Die hessischen Grünen brachen zuerst mit dem von Petra Kelly stammenden Selbstverständnis von den Grünen als „Anti-Parteien-Partei“. Mit dem ersten rot-grünen Regierungsbündnis und der Minister-Werdung von Joschka Fischer endete Mitte der Neunzigerjahre die Phase als Systemopposition.
  • Mit dem Bekenntnis zur NATO und der Befürwortung des Kriegseinsatzes im Kosovo 1998 in der von Gerhard Schröder geführten rot-grünen Regierung wurde ebenfalls ein neues Kapitel aufgeschlagen. Der Pazifismus war nicht länger der die Partei strukturierende und damit auch limitierende Faktor.
  • Die Lösung aus der Umklammerung der SPD brachte den nächsten Modernisierungsschub. Schwarz-grün erweiterte die Machtoptionen der Grünen. Im Stammland der Konservativen, in Baden-Württemberg, stellen die Ökologen seit mehr als zehn Jahren den Ministerpräsidenten.
  • Eine ähnlich bedeutsame Zäsur wäre in diesen Tagen erneut geboten. Die Grünen, die ihre Wurzeln der Anti-Atomkraft-Bewegung verdanken, haben sich mit ihrer rigorosen Absage an die friedliche Nutzung der Kernenergie international isoliert. Sechs Gründe sprechen für eine Richtungsänderung, auch wenn bei den tonangebenden Grünen sich derzeit niemand diesen Tabubruch zutraut:

    1. Entgegen der grünen Ursprungserwartung ist die Welt ihrem Anti-AKW-Kurs nicht gefolgt. Die Öko-Partei war nicht vor, sondern hinter der Welle. Nahezu überall (siehe unten den Twitter-Post von Ian Bremmer) setzen Regierungen und Wirtschaft auf die Nutzung der Kernenergie, die den Vorteil hat, dass sie nahezu CO2-frei Strom produzieren kann und von Wind und Sonne unabhängig funktioniert. Frankreich führt mit 56 Reaktoren die europäische Liste an und übertrifft damit die Chinesen.

  • 2. Die Horrorszenarien vom Atomtod sind bisher nicht eingetreten. Enorme Sicherheitsauflagen der Staaten und Milliardeninvestitionen der Industrie in die Sicherheitstechnologie haben zu verhindern gewusst, dass nach Harrisburg, Tschernobyl und Fukushima weitere Unfälle passierten. Allerdings: An den direkten Früh-und Spätfolgen des Reaktorunglücks von Tschernobyl starben nach Schätzungen der WHO rund 4000 Menschen, viele an Leukämie oder Schilddrüsenkrebs.

    3. Ausgerechnet unser wichtigster europäischer Verbündeter, Frankreich, unter Führung des ehemaligen Sozialisten Emmanuel Macron, setzt auf neue Miniatur-Reaktoren, sogenannte „Small Modular Reactors“. In Ermangelung von grundlastfähigen Energiearten – Sonne und Wind sind unsichere Kantonisten – muss Deutschland den französischen Atomstrom nicht permanent, aber immer wieder importieren.

  • 4. Die EU-Kommission hat eine Neubewertung der Kernkraft vorgenommen. Aufgrund ihrer erwiesenen Klimafreundlichkeit sollen Investitionen in die Atomenergie mit einem grünen Label geadelt werden. Das hilft beim Verkauf von Aktien und Anleihen an die wachsende Zahl der Nachhaltigkeitsfonds.

    5. Die deutsche Klimapolitik, die den Atomstrom zum Ende 2022 endgültig abschaltet, trägt so zur Verschlechterung der hiesigen CO2-Bilanz bei. Und: Da alle CO2-haltigen Energiearten mit der neuen, weiter steigenden CO2-Steuer belegt wurden, führt der Verzicht auf die Kernenergie zur Inflation. Der Haupttreiber: Die Verteuerung der Energiepreise.

    6. Last but not least: Die große Mehrheit in Deutschland, die einst den Atomausstieg befürwortet hatte, ist dahin. Laut einer Umfrage des Allensbach-Instituts aus dem Sommer 2021 geht der Anteil der Ausstiegs-Befürworter seit Jahren zurück. Stimmten im Jahr 2012 noch 73 Prozent für den Atomausstieg wurde zuletzt nur noch eine Zustimmungsrate von 56 Prozent gemessen.

    Fazit: Wir müssen die Atomenergie nicht bejubeln, aber wir sollten sie zumindest neu denken. Der Bruch mit dem dogmatischen Anti-AKW-Glaubensbekenntnis der 80er und 90er Jahre setzt eine kritische Selbstbefragung voraus, die freilich nicht ohne Risiko für die Grünen sein kann.