Archiv der Kategorie: Erde, Klima, Umweltschutz

Wasserstoff aus Erdgas ohne CO2-Emissionen

(KIT) – Durch Methanpyrolyse lässt sich fossiles Erdgas zukünftig klimafreundlich nutzen: Methan wird dabei in gasförmigen Wasserstoff und festen Kohlenstoff gespalten, der einen wertvollen Grundstoff für verschiedene Industriezweige darstellt und darüber hinaus sicher gelagert werden kann. Dies kann ein wichtiger Baustein für eine künftig klimaneutrale Energieversorgung sein. Forscherinnen und Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) haben hierfür ein besonders effizientes Verfahren entwickelt. Gemeinsam mit dem Industriepartner Wintershall Dea wird es nun für den Einsatz im industriellen Maßstab weiterentwickelt.

Wasserstoff gilt in der Energiedebatte zunehmend als Schlüssel für das Gelingen der Energiewende. Experten der International Energy Agency IEA haben errechnet, dass schon eine Beimischung von 20 Prozent Wasserstoff im europäischen Gasnetz die CO2-Emissionen um 60 Millionen Tonnen pro Jahr reduzieren. Das ist so viel, wie Dänemark in einem ganzen Jahr ausstößt. „Die direkte thermische Spaltung von Methan und anderen Kohlenwasserstoffen bietet eine Möglichkeit, um Wasserstoff aus Erdgas herzustellen – und zwar ohne direkte CO2-Emissionen“, erklärt Professor Thomas Wetzel vom Institut für Verfahrenstechnik des KIT. Seine Forschungsgruppe am KIT entwickelte dafür zusammen mit dem Institute for Advanced Sustainability Studies e. V. in Potsdam ein Verfahren, bei dem Methan in einem mit Flüssigmetall befüllten Blasensäulenreaktor kontinuierlich in seine Bestandteile zerlegt wird: in Wasserstoff und festen Kohlenstoff. Der Kohlenstoff kann als Reinstoff in fester Form sicher gelagert und in vielen industriellen Bereichen genutzt werden. Der Wasserstoff wiederum lässt sich als sauberer Energieträger im Strom-, Wärme- und Mobilitätsbereich nutzen oder in industriellen Prozessen einsetzen, beispielsweise bei der Herstellung von Stahl.

Forschungskooperation mit Wintershall Dea
In einem gemeinsamen, zunächst auf drei Jahre angelegten Projekt wollen das KIT und der Industriepartner Wintershall Dea in den nächsten drei Jahren nun die Grundlagen für einen künftigen industriellen Einsatz der Methanpyrolyse schaffen. „Es gibt weltweit große Mengen Erdgas und es gibt die Möglichkeit, dieses Erdgas klimaneutral nutzbar zu machen. Wie wir das technisch effizient umsetzen und später auch für große Gasmengen einsetzen können: Das wollen wir in unserem Forschungsprojekt nun untersuchen“, sagt Wetzel. „Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit und sind überzeugt, dass wir gemeinsam einen wichtigen Beitrag für eine zukunftsfähige Energieversorgung leisten können.“ Hugo Dijkgraaf, Vorstandsmitglied und Chief Technology Officer von Wintershall Dea sagt: „Die Perspektiven, die wir in unserer Kooperation mit dem KIT etablieren, zeigen: Erdgas kann Zukunft. Schon heute ist Erdgas der sauberste konventionelle Energieträger. Aber Erdgas kann künftig noch klimafreundlicher werden: indem wir das CO2 abspalten und aus Erdgas Wasserstoff gewinnen.“

Preisgekrönte Forschung zur Methanpyrolyse
Die Forschung von KIT und dem Institute for Advanced Sustainability Studies e. V. zur Methanpyrolyse wurde 2018 mit dem Innovationspreis der Deutschen Gaswirtschaft ausgezeichnet und gewann außerdem den Publikumspreis bei der Zukunftswerkstatt ERDGAS 2018, den die Brancheninitiative Zukunft ERDGAS ausgerichtet hat. „Bei der Zukunftswerkstatt und beim Innovationspreis der Deutschen Gaswirtschaft bekommen zukunftsweisende Gastechnologien eine Bühne“, sagt Dr. Timm Kehler, Vorstand der Brancheninitiative Zukunft ERDGAS. Dass KIT und Wintershall Dea nun ein gemeinsames Projekt starten, um dekarbonisiertes Erdgas auf den Markt zu bringen begrüße er sehr: „Wir brauchen grünes Gas und solche zukunftsgerichteten Partnerschaften, um die Herausforderungen des Klimawandels zügig zu meistern“, so Kehler. Zukunft ERDGAS ist gemeinsam mit anderen Branchenverbänden ebenfalls Träger des Innovationspreises. Beide Veranstaltungen werden von Wintershall Dea unterstützt.

Über Wintershall Dea
Mit dem Zusammenschluss von Wintershall Holding GmbH und DEA Deutsche Erdoel AG bilden zwei erfolgreiche Firmen mit langer Tradition das führende unabhängige Erdgas- und Erdölunternehmen Europas: Wintershall Dea. Das Unternehmen mit deutschen Wurzeln und Sitz in Kassel und Hamburg sucht und fördert weltweit in 13 Ländern Gas und Öl auf effiziente und verantwortliche Art und Weise. Mit Aktivitäten in Europa, Russland, Lateinamerika und der MENA-Region (Middle East & North Africa) verfügt Wintershall Dea über ein weltweites Upstream-Portfolio und ist mit Beteiligungen im Erdgastransport zudem im Midstream-Geschäft aktiv.

Wintershall Dea steht für mehr als 120 Jahre Erfahrung als Betriebsführer und Projektpartner entlang der gesamten E&P-Wertschöpfungskette. Das Unternehmen beschäftigt weltweit rund 4.000 Mitarbeiter aus über 60 Nationen. Die durchschnittliche Tagesproduktion im Jahr 2018 von rund 590.000 Barrel Öläquivalent will das Unternehmen bis 2023 auf rund 750.000 Barrel steigern.

Nebenwirkungen und Folgen des Bundesgesetzes zur Reduzierung von CO2

(CO2 Abgabe e.V.) – Zum heutigen Beschluss der Bundesregierung für ein Gesetz zum CO2-Preis erklärt Dr. Jörg Lange, geschäftsführender Vorstand des CO2 Abgabe e.V.:

„Der von der CDU/CSU und SPD geführten Bundesregierung verabschiedete Gesetzesentwurf muss vom Deutschen Bundestag in zentralen Punkten deutlich geschärft werden. Nur ein höherer Einstiegspreis von 40 Euro, ein nationaler CO2-Mindestpreis im Emissionshandel und eine stärkere Entlastung vor allem einkommensschwacher Haushalte sorgen für die notwendigen ökonomischen Anreize, einen sozialen Ausgleich und wirksamen Klimaschutz. Zudem sind erheblich Zweifel angebracht, ob der Mechanismus eines nationalen Festpreis-Emissionshandels überhaupt zeitnah verfassungskonform umgesetzt werden kann. Mit über 4.000 Verpflichteten droht mit dem Festpreis-Emissionshandel ein unvollziehbares, klageanfälliges bürokratisches Monster.“

Hintergrund: Laut den Plänen der Bundesregierung soll ab 2021 der CO2-Preis bei 10 Euro pro Tonne liegen, er soll dann bis 2025 auf 35 Euro steigen. Ab 2026 soll ein Mindest- und Höchstpreiskorridor von 30 bis 60 Euro gelten, bevor sich der Preis am Markt bilden soll. Die Lenkungswirkung des Preiseinstiegs und des Preisanstiegspfads sind völlig offen.Die Einnahmen aus den geringen CO2-Preisen werden nur zum Teil zur Senkung von Steuern und Umlagen fließen. So soll die EEG-Umlage bis 2023 um 0,625 Cent pro Kilowattstunde sinken. Eine ausreichende Entlastung einkommensschwacher Haushalte wird bezweifelt. Verschiedene rechtliche Einschätzungen bezweifeln, dass ein Festpreis-Emissionshandel bis 2021 verfassungskonform eingeführt werden kann. Mit der hohen Anzahl der Verpflichteten droht eine Klagewelle und ein großer, bürokratischer Aufwand.

Der CO2 Abgabe e.V. ist eine Gruppe von bislang mehr als 1.000 Unternehmen, Verbänden, Kommunen und Einzelpersonen, die für eine wirksame Lenkungsabgabe auf Treibhausgase (CO2 u.a.) eintritt, um die zahlreichen Umlagen und Steuern auf Energie in Deutschland am Klimaschutz neu auszurichten. Zu den Gründungsmitgliedern gehören u.a. Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker, Thomas Jorberg (Vorstandssprecher der GLS Bank und Rudolf Kastner (Vorstand im Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft).

Mehr Wald – weniger Fleisch

(KIT) – Wald schützt das Klima. So kann Aufforstung wesentlich dazu beitragen, die Erderwärmung gemäß dem Abkommen von Paris zu begrenzen. Welche Bedingungen dazu in Europa erfüllt sein müssen, haben Forscherinnen und Forscher am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) anhand von Simulationen untersucht. Wie die nun in der Zeitschrift Environmental Research Letters publizierte Studie zeigt, erfordert die ausreichende Vergrößerung der Waldflächen eine Umstellung der Lebensmittelsystems, besonders die Verminderung des Fleischkonsums.

Den globalen Temperaturanstieg auf deutlich unter zwei Grad Celsius und möglichst auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, sieht das Abkommen von Paris vor. Landbasierte Klimaschutzmaßnahmen, vor allem Aufforstung, Wiederaufforstung und das Vermeiden von Entwaldung, können wesentlich dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen. Denn Bäume entziehen der Atmosphäre durch den Aufbau von Biomasse das Treibhausgas CO2 und bekämpfen dadurch die Erderwärmung. Die Vergrößerung der Wälder konkurriert allerdings mit der Landwirtschaft um Fläche, und zwar nicht nur regional, sondern auch international, zumal das globale Bevölkerungswachstum und die Veränderung der Ernährungsgewohnheiten die weltweite Nachfrage nach Lebensmitteln und besonders nach Fleisch steigen lassen.

Unter welchen Bedingungen die Wälder in Europa genug Kohlenstoff binden können, um das Pariser Klimaziel zu erreichen, haben Forscherinnen und Forscher am Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische Umweltforschung (IMK-IFU), dem Campus Alpin des KIT in Garmisch-Partenkirchen, und an der University of Edinburgh, der Cranfield University/UK sowie von der TIAMASG Foundation in Bukarest anhand von Computersimulationen untersucht. Für ihre nun in der Zeitschrift Environmental Research Letters publizierte Studie nutzten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein integriertes Modell, das im EU-Projekt IMPRESSIONS (Impacts and risks from high-end scenarios: strategies for innovative solutions) entwickelt wurde. Dieses interaktive internetbasierte Tool ermöglicht, Auswirkungen des Klimawandels, Schadenspotenziale und Anpassungsstrategien zu untersuchen. Dazu enhält die sogenannte Integrated Assessment Platform (IAP) miteinander verbundene Metamodelle zu Stadtentwicklung, Wasserressourcen, Hochwasser, Wald und Landwirtschaft sowie Biodiversität und macht die Zusammenhänge zwischen klimatischen und sozioökonomischen Faktoren sichtbar.

„Wir verglichen verschiedene Szenarien, in denen die Nachfrage nach Fleisch, der Anbau von Energiepflanzen, die Bewässerungseffizienz sowie die Ernteertragssteigerung variieren“, berichtet Dr. Heera Lee vom IMK-IFU des KIT, die Erstautorin der Studie. Von insgesamt 972 Simulationen für die 2050er-Jahre erreichen 351 die Mindestwerte sowohl bei der Waldfläche wie bei der Lebensmittelversorgung. Das bedeutet eine Vergrößerung der Waldfläche um mindestens 23 Prozent gegenüber 2010, um das Pariser Klimaziel zu erreichen, sowie eine Energiezufuhr von mindestens 2800 Kilokalorien pro Person und Tag. Unter diesen erfolgreichen Simulationen erfordern 42 keinerlei Änderung der Ernährungsgewohnheiten, verlangen jedoch eine Ernteertragssteigerung von mindestens 30 Prozent innerhalb von Europa. Sechs Simulationen erfordern, Fleisch von Wiederkäuern durch anderes Fleisch zu ersetzen, 215 verlangen eine Reduktion des Fleischkonsums um 25 bis 75 Prozent, 88 einen völligen Verzicht auf Fleisch, bei jeweils mindestens 15 Prozent Ernteertragssteigerung. „Unsere Studie zeigt, dass die für den Klimaschutz ausreichende Vergrößerung der Waldflächen bei gleichzeitiger Sicherung der Lebensmittelversorgung eine Umstellung des Lebensmittelsystems auf der Angebots- wie auf der Nachfrageseite erfordert, wobei der teilweise oder völlige Verzicht auf Fleisch in der Praxis eine Herausforderung darstellen dürfte“, erklärt Dr. Heera Lee. „Wichtig ist dabei, Lebensmittelimporte nach Europa nicht zu steigern, um die Verlagerung von Lebensmittelerzeugung und Entwaldung in andere Regionen der Erde zu vermeiden.“

Prophetische Voraussagen in Sachen Umwelt ! Mit einem Vorwort von Jean Pütz

Ein Video vom allzu früh verstorbenen Hoimar von Ditfurth, der bereits in den 70er und 80er Jahren Wissenschaft im Fernsehen hoffähig gemacht hat.
Er war mein großes Vorbild.
In einer Retrospektive des ZDF beweist er, wie prophetisch er alles vorausgesagt hat, was heute in der Umweltproblematik eine Rolle spielt, allerdings wirkt auch er ratlos. Ich empfehle Ihnen, sich diese Sendung anzuschauen, es lohnt sich

Ihr Jean Pütz

Hier geht’s zum Video

Klimawandel wirkt sich dramatisch auf Meere und Eisgebiete aus

(bmbf) – Der neue Sonderbericht des Weltklimarats (IPCC) zeigt, dass der Klimawandel schon heute erhebliche Folgen für Ozeane und Eisgebiete hat. Er ist ein Appell an die Weltgemeinschaft, effektivere Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen, bevor gravierende Klimafolgen oder gar „Kipp-Punkte“ eintreten, die den Klimawandel zusätzlich beschleunigen. Die Risiken für Mensch und Natur werden mit zunehmender Erwärmung deutlich ansteigen. Der in Monaco einstimmig von den IPCC-Mitgliedsstaaten angenommene Bericht wurde am heutigen Mittwoch von Bundesforschungsministerin Anja Karliczek und Bundesumweltministerin Svenja Schulze in Berlin vorgestellt.

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek: „Der neue Sonderbericht des IPCC führt uns deutlich vor Augen, wie sehr unsere Meere und Eisgebiete durch den Klimawandel unter Druck geraten. Klar ist, dass wir nur mit technologischen und sozialen Innovationen unsere ambitionierten Klimaziele erreichen werden. Je stärker wir hier auf Erkenntnisse aus der Forschung setzen können, desto mehr bleiben unserer Gesellschaft und auch der Wirtschaft Handlungsspielräume erhalten. Das BMBF trägt daher nicht nur zum Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung wichtige Ansätze in der CO2-Einsparung bei. Es wird auch seine Forschung zur Veränderung der Meere und Eisgebiete weiter ausbauen. Die in der letzten Woche gestartete Arktis-Expedition der Polarstern zeigt, wie wir dies angehen: wissenschaftsbasiert in enger internationaler Zusammenarbeit.“

Bundesumweltministerin Svenja Schulze: „Der Weltklimarat belegt, dass die Folgen des Klimawandels bereits heute für Mensch und Natur nachweisbar und spürbar sind: Hochwasser und Sturmfluten nehmen zu, tropische Stürme werden zerstörerischer. Der neue IPCC-Bericht zeigt ebenso eindringlich, was passieren würde, wenn die Staatengemeinschaft das Pariser Klimaschutzabkommen nicht umsetzt. Es wäre eine Welt, die wir nicht mehr wiedererkennen würden. Der Meeresspiegel könnten meterhoch steigen, die Gletscher schmelzen und die Permafrostböden auftauen und große Mengen CO2 zusätzlich freisetzen. Einige Inselstaaten und Küstenregionen, die heute Heimat für einen großen Teil der Weltbevölkerung sind, würden von Überschwemmungen bedroht oder unbewohnbar werden. Die Weltgemeinschaft muss deutlich beim Klimaschutz nachlegen, sonst werden zukünftige Generationen extremen und zum Teil unumkehrbaren Klimafolgen ausgesetzt.“

Der Sonderbericht liefert Belege für dramatische Veränderungen in allen Weltmeeren: Erwärmung und Versauerung nehmen zu, der Sauerstoffgehalt in den Ozeanen geht zurück. Global zeigt sich ein erheblicher Rückgang der Eismassen: Gletscher und polare Eisschilde verlieren an Masse, Schneebedeckung und Permafrost gehen zurück. Bei weiterer Erwärmung würden bislang noch seltene Extremereignisse wie Sturmfluten und starke tropische Wirbelstürme intensiver und häufiger.

Laut IPCC steigt der Meeresspiegel seit Jahrzehnten immer schneller. Ohne effektiven Klimaschutz steigt der Meeresspiegel im globalen Mittel bis Ende dieses Jahrhunderts – im Vergleich zum Jahr 2000 – um 61-110 cm. Diese Werte sind größer als beim vorigen IPCC-Sachstandsbericht von 2013, weil neue Erkenntnisse auf einen größeren Beitrag von Schmelzwasser aus dem Antarktischen Eisschild hinweisen. Der Meeresspiegel wird noch über Jahrhunderte weiter ansteigen, bei einem Szenario ohne effektiven Klimaschutz möglicherweise um mehrere Meter.

Der Ozean und die Eisgebiete spielen eine Schlüsselrolle im globalen Klimasystem: Der Ozean puffert die Erwärmung der Atmosphäre ab, indem er etwa 30 Prozent der anthropogenen CO2-Emissionen und etwa 90 Prozent der zusätzlichen Energie durch den Treibhauseffekt aufnimmt. Die Reflexion einfallender Sonnenstrahlung an Eis- und Schneeflächen mindert die globale Erwärmung. Globale Meeresströmungen transportieren wie riesige Umwälzpumpen Wärme und Süßwasser und beeinflussen so die regionalen Klimabedingungen.

Das Eintreten von sogenannten Kipp-Punkten, wie zum Beispiel Instabilitäten von Eisschilden der Antarktis, der Zusammenbruch der atlantischen Zirkulation (der Golfstrom ist Teil davon) oder massive Freisetzung von Treibhausgasen aus tauendem Permafrost, würde zu dramatischen und meist irreversiblen Folgen führen. Es besteht nach wie vor eine hohe Unsicherheit im Hinblick auf die Wahrscheinlichkeit und die Temperaturschwellen dieser Prozesse; es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass einzelne Kipp-Punkte bereits bei
1,5° – 2°C Temperaturanstieg gegenüber dem vorindustriellen Niveau noch in diesem Jahrhundert erreicht werden könnten.

Durch die globale Erwärmung verschieben sich Klimazonen zu Land und in den Ozeanen weiter und nicht immer können Arten und Ökosysteme mitwandern. Der Klimawandel wird zunehmend auch die Fischerei beeinträchtigen, insbesondere in den Tropen. Wegen der schwindenden Gebirgsgletscher ist regional mit einem Mangel an Frischwasser zu rechnen. Die Folgen für Infrastruktur, Ernährungssicherheit, Küstenschutz und Tourismus werden vermutlich gravierend sein. Schon ab Mitte des Jahrhunderts könnten die mit ungebremsten Treibhausgas-Emissionen verbundenen Veränderungen der Meere und Eisgebiete die Anpassungsfähigkeit von Ökosystemen und Gesellschaften teilweise überschreiten.

Eine deutliche Verringerung dieser Risiken im Rahmen einer klimaresilienten und nachhaltigen Entwicklung ist nur möglich bei einer sofortigen und koordinierten Umsetzung von konsequenten Klimaschutzmaßnahmen, die in Verbindung mit Initiativen zur Anpassung an voraussichtlich nicht mehr zu vermeidende Folgen des Klimawandels stehen müssen.

Forscher frieren sich im Eis der Arktis ein – Auf der Suche nach den Folgen des Klimawandels

(AWI) – Nach einem Jahrzehnt der Vorbereitungen ist es soweit: Heute Abend um 20:30 Uhr verlässt der deutsche Eisbrecher Polarstern den Hafen im norwegischen Tromsø. Begleitet vom russischen Eisbrecher Akademik Fedorov nimmt er Kurs auf die zentrale Arktis. An Bord erforschen Wissenschaftler eine im Winter nahezu unerreichbare Region, die entscheidend für das globale Klima ist. Sie sammeln dringend benötigte Daten zur Wechselwirkung zwischen Atmosphäre, Ozean und Meereis sowie zum polaren Ökosystem. Dank der Zusammenarbeit internationaler Experten hebt die einjährige Eisdrift vorbei am Nordpol die Klimaforschung auf ein neues Niveau.

Kaum eine Region hat sich in den vergangenen Jahrzehnten so stark erwärmt wie die Arktis. Gleichzeitig fehlen ganzjährige Beobachtungen aus dem eisbedeckten Nordpolarmeer. Die MOSAiC-Expedition bringt nun zum ersten Mal einen modernen Forschungseisbrecher für ein ganzes Jahr in die Eisdrift und ermöglicht Wissenschaftlern dadurch auch im arktischen Winter Forschung in der Nähe des Nordpols. Die Klimaprozesse dort sind ein Puzzleteil, das ihnen fehlt, um bessere Prognosen zum globalen Klimawandel zu erstellen. Denn es wird vermutet, dass die starke Erwärmung in der Arktis enorme Auswirkungen auf die gemäßigten Breiten hat.

Die MOSAiC-Expedition unter Leitung des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) ist verbunden mit noch nie dagewesenen Herausforderungen. Eine internationale Flotte von 4 Eisbrechern, Helikoptern und Flugzeugen versorgt das Team auf dieser extremen Route. Insgesamt 600 internationale Teilnehmer, davon die Hälfte Wissenschaftler, werden die Mission begleiten. Eine Delegation aus Wissenschaft und Politik, darunter die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Anja Karliczek, verabschiedet heute um 20:30 Uhr Ortszeit das FS Polarstern im Hafen von Tromsø, gefolgt von der Akademik Fedorov, die um 21:00 Uhr ausläuft.

Anja Karliczek, Bundesministerin für Bildung und Forschung:
„Der Klimawandel ist die größte Herausforderung für die Menschheit. Die MOSAiC-Mission zeigt, dass trotz aller Rückschläge im weltweiten Klimaschutzprozess auf internationaler Ebene der Wille vorhanden ist, diese Herausforderung anzunehmen. Es ist ein ermutigendes Signal für den Klimaschutz, dass Wissenschaftler aus 17 Nationen gemeinsam im arktischen Nordmeer das Epizentrum des Klimawandels erforschen werden. Dass Forscher des Alfred-Wegener-Instituts an Bord der Polarstern die Mission leiten werden und Deutschland die Hälfte der Kosten trägt, ist Ausdruck des Einsatzes Deutschlands für die Bewahrung des Weltklimas. Ich wünsche den Teilnehmern der Expedition alles Gute. Mit großem persönlichen Einsatz werden die Wissenschaftler einen herausragenden Beitrag leisten, dass die Menschheit die Herausforderung des Klimawandels besteht und unsere Welt, wie wir sie kennen, den nächsten Generationen erhalten bleibt. Alle Teilnehmer der Expedition, aber auch diejenigen, die in der Heimat bleiben und sie von dort aus unterstützen, sind Helden unserer Zeit.“

Antje Boetius, Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts:
„Seit 2011 arbeiten unsere Wissenschaftler an der Idee, eine große Mission in die Nordpol-Region zu ermöglichen. Die Polarstern wird dazu ins Eis eingefroren, um sie als sichere Unterkunft zu nutzen, wenn draußen auf dem Meereis unter extremen Bedingungen geforscht wird. Wir haben die weltweit besten Arktisforscher aus vielen Disziplinen vernetzt, um diese Mission auf die Beine zu stellen. Noch in 2011 hätten wir uns nicht vorstellen können, wie dünn das Meereis und wie warm die Winter geworden sind. Es ist also höchste Zeit für die Expedition aufzubrechen und Daten und Bilder einer Region zu ermitteln, die sich schneller verändert als wir sie erforschen können.“

Markus Rex, Expeditionsleiter MOSAiC, Alfred-Wegener-Institut:
„Diese Expedition ist bahnbrechend. Niemals zuvor gab es eine derart komplexe Arktisexpedition. Erstmals werden wir die Klimaprozesse der Zentralarktis im Winter vermessen können. Erstmals wird es uns gelingen, diese Region zu verstehen und in Klimamodellen korrekt abzubilden. Die Arktis ist das Epizentrum der globalen Erwärmung mit dramatischen Veränderungen schon heute. Und sie ist die Wetterküche für unser Wetter in Europa. Extremwetterlagen wie winterliche Ausbrüche arktischer Kaltluft bis zu uns oder extrem heiße Phasen im Sommer hängen mit den Veränderungen der Arktis zusammen. Gleichzeitig sind die Unsicherheiten unserer Klimamodelle nirgends so groß wie in der Arktis. Es gibt keine verlässlichen Prognosen, wie sich das Klima der Arktis in der Zukunft weiter entwickeln wird und was das für das Wetter bei uns bedeutet. Es ist unsere Mission, das zu ändern.“

Stefan Schwarze, Kapitän FS Polarstern, Reederei F. Laeisz:
“Die Polarstern wird nun bald 40 Jahre alt – und ist nicht nur ein hervorragender Eisbrecher, sondern besitzt zugleich ein exzellentes Seegangsverhalten. Oftmals sind gute Eisbrecher schlechte Seeschiffe. Doch dies gilt nicht für die Polarstern, und das macht sie einzigartig. Die Polarstern ist das Zentrum der MOSAiC-Expedition: worum sich alles dreht, und wohin auch alle zurückkehren, sollte irgendetwas schief gehen. Die Polarstern ist sozusagen unser Fels in der Brandung. Selbst wenn alles schief gehen sollte, ist Polarstern noch da – und dafür zu sorgen ist meine Aufgabe als Kapitän.“

Die beiden Eisbrecher werden in Sichtkontakt über die Barents- und Karasee Kurs auf die Zentralarktis nehmen. Nach etwa zwei Wochen erreichen sie voraussichtlich die Zielregion bei 130 Grad Ost und 85 Grad Nord. Das erste von insgesamt sechs Teams wird dort eine geeignete Eisscholle suchen, um darauf ein komplexes Forschungscamp zu errichten. Dabei befinden sich die Wissenschaftler in einem Wettlauf mit der Zeit, denn schon wenige Tage nach ihrer Ankunft steigt die Sonne nicht mehr über den Horizont. Eine weitere Herausforderung wird die kritische Meereissituation in der Zielregion. Die Ausdehnung des Meereises ist in diesem Jahr dort weit zurückgegangen. Auch zeigen Satellitenbilder bisher kaum mehrjähriges Eis mehr, sondern hauptsächlich dünneres einjähriges Eis.

Das Forschungscamp verbinden die Expeditionsteilnehmer mit einem Netz von Messstationen, welche ein Teil der Wissenschaftler mit dem Begleiteisbrecher Akademik Fedorov im Umkreis von 50 Kilometern einrichten. 20 Nachwuchspolarforscher, Studierende und Doktoranden, haben mit der MOSAiC School auf der Akademik Fedorov die einmalige Gelegenheit, an der Startphase der Expedition teilzunehmen und die Durchführung von Polarexpeditionen aus erster Hand zu lernen. Sobald das sogenannte Distributed Network fertiggestellt ist, treffen sich die beiden Eisbrecher für einen letzten Austausch von Crew und Material, bevor Akademik Fedorov nach Tromsø zurückkehrt, wo sie voraussichtlich am 30. Oktober eintreffen wird. Die Wissenschaftler auf Polarstern bleiben bis Mitte Dezember an Bord und werden dann durch das zweite Team abgelöst. Weitere Versorgungen und Teamwechsel folgen im nächsten Jahr. Für das Frühjahr 2020 ist zudem eine begleitende Flugkampagne geplant, für die eine Landebahn auf dem Meereis errichtet werden soll. Die Polarstern wird sich im Spätsommer 2020 zwischen Grönland und Spitzbergen aus dem Meereis befreien und nimmt anschließend Kurs auf ihren Heimathafen in Bremerhaven, Deutschland, wo sie Mitte Oktober 2020 erwartet wird.

Das Budget der Expedition beträgt rund 140 Millionen Euro. Im Laufe des Jahres werden ca. 300 Wissenschaftler aus 17 Ländern an Bord sein. Sie kommen aus Belgien, China, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Japan, Kanada, den Niederlanden, Norwegen, Polen, Russland, Schweden, Schweiz, Spanien und den USA. Dabei werden sie landseitig auch von Wissenschaftlern aus Österreich und Südkorea unterstützt. Die Fragen, denen die Forscher während der Expedition nachgehen wollen, sind eng miteinander verknüpft. Zusammen wollen sie zum ersten Mal das gesamte Klimasystem in der Zentralarktis erforschen. Sie erheben Daten in den fünf Teilbereichen Atmosphäre, Meereis, Ozean, Ökosystem und Biogeochemie, um die Wechselwirkungen zu verstehen, die das arktische Klima und das Leben im Nordpolarmeer prägen.

Neuigkeiten direkt aus der Arktis gibt es über die MOSAiC-Kanäle auf Twitter (@MOSAiCArctic) und Instagram (@mosaic_expedition) über die Hashtags #MOSAiCexpedition, #Arctic und #icedrift.

Weitere Informationen zur Expedition auf: www.mosaic-expedition.org

Forschungsschwerpunkte
Atmosphäre
Komplexe Wolkenprozesse und Schneefall, Sonnen- und Wärmestrahlung, Zirkulation und kleinste Verwirbelungen, Lufttemperaturen von bis zu minus 40 Grad Celsius und darunter der vergleichsweise warme Ozean, nur durch eine dünne, rissige Eisschicht von der Atmosphäre getrennt. MOSAiC erforscht, wie dies und vieles Weitere zusammengenommen die Wärmebilanz und das Klima der Arktis bestimmt.

Meereis
Das arktische Meereis verändert sich. MOSAiC vermisst ein ganzes Jahr lang den Lebenszyklus des Eises – wie es sich bildet, sich verformt, driftet und reißt, wie es taut und wie es dabei die Energieflüsse zwischen Luft und Wasser bestimmt.

Ozean
Der Arktische Ozean ist kein isolierter Wasserkörper. MOSAiC erforscht, welche Strömungen und Verwirbelungen im Ozean Wärme in die Arktis und dort an die Oberfläche tragen, wie Ozean, Atmosphäre und Eis dort in Beziehung stehen und wie sie sich im Laufe eines ganzen Jahres gegenseitig beeinflussen.

Ökosystem
Wie überstehen die arktischen Lebewesen extreme Kälte, eine geschlossene Eisdecke und die monatelange Dunkelheit der Polarnacht, welchen Stoffwechsel haben sie dann noch? Diesem Rätsel von Leben, das unter scheinbar feindlichsten Bedingungen fortbesteht, geht MOSAiC während des vollen Jahreszyklus nach.

Biogeochemie
Was sich im Arktischen Ozean befindet, bleibt nicht im Arktischen Ozean: Ständig tauscht das Meer mit Eis und Atmosphäre Gase aus, wo sie unter anderem Wolkeneigenschaften verändern. MOSAiC misst während des vollen Jahreszyklus kontinuierlich diese Gase und andere wichtige chemische Verbindungen im Wasser, im Eis und in der Luft.

Alpenflora reagiert zu spät auf Klimawandel

(pte) – Die Natur reagiert mit „Verspätung“ auf den Klimawandel und die einhergehenden höheren Temperaturen. Das trifft sowohl auf das Aussterben von Populationen an inzwischen zu warmen Standorten als auch auf das Besiedeln ehemals zu kalter Plätze zu. Verzögertes Aussterben ist vor allem bei Arten der höchsten Lagen verbreitet, wie Forscher der Universität Wien herausgefunden haben.

Großteil noch am „falschen“ Ort
„60 Prozent der Arten sind noch auf Flächen zu finden, die ihnen klimatisch nicht mehr zusagen, 38 Prozent haben nicht alle Flächen besiedelt, die inzwischen ein geeignetes Klima bieten würden, und nur für sieben Prozent haben wir keine Indizien für Verzögerungen in die eine oder in die andere Richtung beobachtet“, resümiert Sabine Rumpf vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien.

Die Wiener Forscher haben zusammen mit Kollegen der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft auf über 1.500 Untersuchungsflächen in den Alpen die Florenveränderungen zwischen den Jahren vor 1970 und den Jahren 2014/15 verglichen und die beobachteten Änderungen mit jenen verglichen, die aufgrund des Klimawandels zu erwarten gewesen wären. Die Resultate zeigen, dass fast keine der im Detail untersuchten 135 Pflanzenarten dem Klimawandel ohne Verzögerung gefolgt ist.

Mensch unterschätzt Klimawandel
„Verzögerte Anpassung bedeutet, dass wir auf der Basis heutiger Beobachtungen dazu tendieren, das volle Ausmaß der Konsequenzen des Klimawandels zu unterschätzen. Problematisch ist das besonders dort, wo Populationen aufgrund der bereits heutigen klimatischen Bedingungen erst in der Zukunft, vielleicht erst in Jahrzehnten aussterben werden“, fasst der Wiener Forscher Stefan Dullinger die Studienergebnisse zusammen.

Diese „Aussterbeschuld“ verteile sich nicht zufällig über Arten und Landschaften, sondern sei unter den Arten der höchsten Lagen besonders verbreitet. Genau diese Arten gelten den Experten nach auch als diejenigen, die am meisten unter dem Klimawandel leiden (werden), weil sie kaum mehr Ausweichmöglichkeiten in höhere Regionen haben. Je größer das Risiko für eine Art, desto langsamer scheint sich diese Bedrohung daher zu realisieren.

Mit dem Flugzeug dem Klimawandel auf der Spur

(KIT) – Spurengase wie Ozon und Wasserdampf sind effektive Treibhausgase und spielen eine wichtige Rolle im Klimawandel. Stoffe wie Flurchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), welche die Ozonschicht stark ausdünnen, sind zwar bereits seit Ende der 1980er Jahre verboten, es wird allerdings noch viele Jahrzehnte dauern, bis sich die Ozonschicht wieder erholt hat. Vor allem über der Antarktis hat sich ein großes Ozonloch gebildet. Welche Bedeutung dies für den Klimawandel auf der Südhemisphäre hat, untersucht die Kampagne „SouthTRAC“, an der auch das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) beteiligt ist.

Die Kampagne teilt sich in zwei Phasen: Im September 2019 stehen zunächst Schwerewellen an der Südspitze Amerikas sowie über der Antarktis im wissenschaftlichen Fokus. Diese Luftschwingungen werden beispielsweise durch Luftströmungen über Berge angeregt. Mit dem einfachen Auge kann man sie als Streifenmuster in Wolkenfeldern erkennen. In der zweiten Kampagnenphase im November untersuchen die Forscherinnen und Forscher den Luftmassenaustausch zwischen der ersten Schicht der Atmosphäre, der Troposphäre, und der Stratosphäre, die ab 18 Kilometern Höhe beginnt.

Die Transferflüge zwischen Europa und Südamerika nutzen die Forscherinnen und Forscher, um unter anderem den Einfluss des Verbrennens von Biomasse – wie aktuell im Amazonas-Regenwald – auf das Klima zu untersuchen. „In den Messflügen wollen wir vor allem die chemischen und dynamischen Prozesse untersuchen, die Spurengase wie Ozon und Wasserdampf in der Tropopausenregion beeinflussen“, sagt Dr. Björn-Martin Sinnhuber vom Institut Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische Spurengase und Fernerkundung des KIT (IMK), der gemeinsam mit Kollegen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), des Forschungszentrums Jülich (FZJ) sowie der Universitäten Mainz und Frankfurt die Kampagne koordiniert. Weitere Partner sind die Bergische Universität Wuppertal und die Universität Heidelberg.

Die wichtigsten atmosphärischen Voraussetzungen für die Bildung des Ozonlochs über der Antarktis sind tiefe Temperaturen und ein verminderter Austausch von Luftmassen mit mittleren Breiten. Letzteres wird durch einen stabilen Luftwirbel, den antarktischen polaren Vortex, gewährleistet, der allerdings durch starke Wellenaktivität abgebremst werden kann. „Wir untersuchen in dieser Region erstmalig, die Anregung und Ausbreitung von Schwerewellen bis in die mittlere Atmosphäre in 85 Kilometern Höhe, die unter anderem durch die Überströmung der Anden und der antarktischen Halbinsel ausgelöst werden und den polaren Vortex abbremsen“, sagt Professor Markus Rapp vom DLR, der die Teilaspekte des Projektes zur Dynamik koordiniert. Dieser Effekt wird von Klima- und Wettermodellen bisher nur sehr unzureichend berücksichtigt.

Bei den Messflügen werden innovative Fernerkundungsmethoden mit hochgenauen lokalen Messungen am Flugzeug kombiniert und mit Satellitendaten verglichen. „Um die Flüge optimal an die meteorologische Situation anzupassen, sind auch Atmosphärenmodellierer vor Ort und nutzen Vorhersagen des Jülicher Atmosphärenmodells CLaMS“, so Professor Martin Riese, Direktor des Jülicher Instituts für Stratosphärenforschung und einer der Koordinatoren von SouthTRAC. Die HALO-Messungen werden von Messungen am Boden (z. B. Lidar, Radar, Radiosonden) und von Messungen an Bord eines von der Stadt El Calafate aus operierenden Segelflugzeugs begleitet. Meteorologische und chemische Vorhersagemodelle liefern Informationen über das lokale Wetter sowie die atmosphärische Zirkulation und Spurengasverteilung, die für eine präzise Flugplanung erforderlich sind.

Die Karlsruher Klimaforscherinnen und -forscher befassen sich vor allem mit chemischen Prozessen: Sie untersuchen, wie sich das antarktische Ozonloch und die Verbrennung von Biomasse, wie aktuell in den Waldbränden im Amazonasgebiet, auf die Zusammensetzung der oberen Troposphäre und unteren Stratosphäre auswirken. Hierfür betreiben sie drei der insgesamt 13 Instrumente auf dem Forschungsflugzeug HALO (steht für High Altitude and Long Range Research Aircraft). Ein zentrales Instrument ist das Infrarotspektrometer GLORIA, das Wissenschaftler und Ingenieure von KIT und FZJ gemeinsam entwickelt und gebaut haben. Das Instrument erlaubt erstmals eine dreidimensionale tomographische Vermessung von Temperatur, Wolkenparametern und einer Vielzahl von Spurengasen in der Atmosphäre. Es stellt quasi die Kombination einer räumlich hochauflösenden Kamera mit einem Infrarotspektrometer dar, das die Wärmestrahlung der Atmosphäre analysiert und verschiedene Spurengase anhand ihres spektralen „Fingerabdrucks“ identifiziert. Neben GLORIA und dem hochgenauen Ozoninstrument FAIRO wird erstmals auch die neu entwickelte KITsonde im Einsatz sein: Einzelne Sensoren werden aus bis zu 13 Kilometer Flughöhe abgeworfen und erfassen dabei Temperatur und Feuchtigkeit der Atmosphäre.

Über HALO
Das Forschungsflugzeug HALO ist eine Gemeinschaftsinitiative deutscher Umwelt- und Klimaforschungseinrichtungen. Gefördert wird HALO durch Zuwendungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Helmholtz-Gemeinschaft, der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), der Leibniz-Gemeinschaft, des Freistaates Bayern, des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), des Forschungszentrums Jülich (FZJ) und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Geringe Meereisbedeckung in der Arktis

Zweitniedrigstes Septemberminimum seit Beginn der Beobachtungen

(AWI) – Die Meereisausdehnung in der Arktis nähert sich dem jährlichen Minimum zum Ende der Schmelzperiode im September. Nur noch etwa 3,9 Millionen Quadratkilometer des Arktischen Ozeans sind von Meereis bedeckt, wie Wissenschaftler vom Alfred-Wegener-Institut und der Universität Bremen berichten. Damit liegt das jährliche Minimum erst zum zweiten Mal seit Beginn der Satellitenmessungen im Jahr 1979 unter vier Millionen Quadratkilometern.

Bis Mitte August sah es so aus, als würde ein denkwürdiger Minimalrekord erreicht: Die eisbedeckte Fläche des Arktischen Ozeans (definiert als Fläche mit einer Meereiskonzentration von mehr als 15 Prozent) war von Ende März bis Anfang August kleiner als jemals von Satelliten seit 1979 beobachtet. „Unsere Satellitendaten zeigten zwischen März und April 2019 eine ungewöhnlich starke Abnahme der Eisausdehnung, von der sich das arktische Meereis bis zum Sommer nicht wieder erholt hat“, erklären Prof. Christian Haas, Geophysiker und Leiter der Meereissektion am Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) und Dr. Gunnar Spreen vom Institut für Umweltphysik der Universität Bremen. Seit der zweiten Augusthälfte verlangsamte sich die saisonale Abnahme jedoch, überlagert von kurzfristigen Schwankungen. Der bisherige Minimalwert von 3,82 Millionen Quadratkilometern für das Jahr 2019 wurde am 3. September beobachtet. Damit könnte es sein, dass in diesem Jahr auch der September-Mittelwert erst zum zweiten Mal unter 4 Millionen Quadratkilometern liegen wird.

Das Eis kann aber in den nächsten Wochen noch etwas weiter zurückgehen: Auch wenn die Lufttemperatur in der Arktis saisonbedingt mittlerweile wieder unter dem Gefrierpunkt liegt, kann die Wärme im Wasser darunter das Meereis von der Unterseite noch ein paar Wochen lang weiter schmelzen lassen. Wenn es in der Arktis in den nächsten Tagen sehr kalt wird, kann die Eisbedeckung aber auch schon wieder zunehmen. Die Wissenschaftler werden im Oktober die Daten für den Gesamtmonat September analysieren und ziehen dann die endgültige Bilanz des Meereisminimums im Jahr 2019. Es erscheint unwahrscheinlich, dass dieses Jahr ein neuer absoluter Negativrekord eintreten wird, der 2012 mit einer Meereisausdehnung von 3,4 Millionen Quadratkilometern beobachtet wurde. „Rekord oder nicht, dieses Jahr bestätigt den weiteren langfristigen klimabedingten Rückgang des Eises in der Arktis, womit es immer wahrscheinlicher wird, dass es in ein paar Jahrzehnten eisfreie Sommer in der Arktis geben wird. Dies bedeutet einschneidende Veränderungen für die Arktis, mit Konsequenzen für das Klima- und Ökosystem und uns Menschen, einschließlich in Europa“, erklärt Christian Haas.

Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Instituts und des Instituts für Umweltphysik der Universität Bremen analysieren gemeinsam Satellitendaten der Eiskonzentration, -ausdehnung, -dicke sowie Atmosphärenmessungen. Auf meereisportal.de veröffentlichen sie beispielsweise täglich aktualisierte Eiskarten und ordnen die Meereisentwicklung tiefergehend ein. Auswertealgorithmen anderer Institute (z.B. NSIDC oder OSI-SAF), können leicht andere Ergebnisse liefern. Zurzeit zeigen sie für 2019 noch die drittniedrigste Eisausdehnung an. „Diese geringen Unterschiede ergeben sich aus der höheren Auflösung unserer Daten und den leicht unterschiedlichen Methoden, die zur Berechnung der Eiskonzentration benutzt werden. Sie zeigen die Unsicherheiten, die selbst moderne Satellitenbeobachtungen des Meereises haben können. Daten der MOSAiC-Expedition  sollen helfen solche Unsicherheiten zu verringern“, erklärt Dr. Gunnar Spreen vom Institut für Umweltphysik der Universität Bremen.

Besonders neugierig blicken die Wissenschaftler derzeit in die nördliche Laptewsee: Am 20. September wird der Forschungseisbrecher Polarstern vom norwegischen Tromsø aus zur MOSAiC-Expedition starten. In der nördlichen Laptewsee suchen die Expeditionsteilnehmenden dann eine geeignete Eisscholle, an der die Polarstern festmachen wird, um eingefroren im winterlich anwachsenden Meereis ein Jahr lang durch die Zentralarktis zu driften. „Wir beobachten die Eissituation sehr aufmerksam und haben eine Reihe neuer Datenprodukte  entwickelt, die uns bestmögliche, detaillierte Einblicke in die aktuellen Bedingungen geben“, berichtet Christian Haas. „In der Laptewsee ist die Eissituation ähnlich wie in Vorjahren mit arktisweiter geringer Eisausdehnung. Das heißt zwar, dass wir relativ einfach in unser Forschungsgebiet bei 85 Grad Nord kommen werden. Die Nähe zur Eiskante bedeutet allerdings auch, dass es schwierig wird, geeignete Eisschollen zu finden, die groß und dick genug sind, um das Eiscamp aufzubauen. Unsere Modellrechnungen zeigen, dass das Eis südlich von 88 Grad Nord weniger als 80 Zentimeter dick ist, weniger als die 1,2 Meter, die wir für einen sicheren Aufbau unserer Messstationen gerne hätten. Eventuell müssen wir weiter nach Norden fahren als geplant, um die richtigen Verhältnisse anzutreffen“, so Christian Haas, der selber ab Mitte Dezember den zweiten Fahrtabschnitt der MOSAiC-Expedition leiten wird.

Das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) forscht in der Arktis, Antarktis und den Ozeanen der gemäßigten sowie hohen Breiten. Es koordiniert die Polarforschung in Deutschland und stellt wichtige Infrastruktur wie den Forschungseisbrecher Polarstern und Stationen in der Arktis und Antarktis für die internationale Wissenschaft zur Verfügung. Das Alfred-Wegener-Institut ist eines der 19 Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands.

Mittelständler rufen zum Klimastreik auf

(Handelsblatt) – Prominente Unternehmer solidarisieren sich mit den Schülern von „Fridays for Future“. Am 20. September werden einige sogar ihre Niederlassungen schließen

Immer mehr Unternehmer suchen den Schulterschluss mit den Schülern, die für eine radikale Klimapolitik demonstrieren und die Politik zum Handeln auffordern. „Die Bundesregierung müsste viel mehr tun, um das Klima zu schützen“, sagt Niklas Östberg, Gründer des Digitalkonzerns Delivery Hero, dem Handelsblatt. „Die wenigen Maßnahmen, die ergriffen wurden, waren noch nicht sehr effektiv“, kritisiert der Chef der Bestellplattform für Essenslieferdienste. Es hätte viel mehr erreicht werden können.

Östberg ist Teil einer Bewegung von mehr als 2600 deutschen Unternehmern mit zusammen über 200.000 Mitarbeitern, die von der Politik drastische Maßnahmen gegen die Klimaerwärmung fordern. Dazu zählt ein rascher Komplettumstieg auf erneuerbare Energien.

„Wir sollten nicht nur immer über die Kosten des Klimaschutzes diskutieren, sondern ihn als große Chance begreifen“, mahnt Östberg. „Wir könnten Deutschland als führend im Klimaschutz positionieren, das wäre für uns ein großer Vorteil.“

Im Grunde hat FDP-Chef Christian Lindner die Unternehmer dazu provoziert, an die Öffentlichkeit zu gehen. „Das ist eine Sache für Profis“, hatte der Politiker den demonstrierenden Schülern bei „Fridays for Future“ im Frühjahr etwas oberlehrerhaft entgegnet.