Cannabis Legalisierung – Sündenfall oder Notwendigkeit?

Der Teilnehmer an der Diskussion, Wolfgang Goede, ist ein persönlicher Freund. Er ist insofern kompetent, weil er teils in Kolumbien, teils in Deutschland lebt. Ich halte seine Argumente für sehr stichhaltig, er bereichert damit die kontroverse Diskussion um die Legalisierung von Cannabis, Hanf, Haschisch, Gras usw. Eins ist nicht weg zu diskutieren, bei starkem und regelmäßigen Gebrauch macht es sich mit Schäden im Gehirn bemerkbar, ähnlich wie Alkohol. Allerdings dämpft es die Aggression.

Jean Pütz

(TELI) – Die Ampel-Koalition plant die Liberalisierung von Cannabis mit dem legalen Verkauf kleinerer Mengen für den Eigenkonsum. Aber muss wer C sagt auch K sagen, Kokain einbeziehen? Deutschlands neuer Gesundheitsminister, Professor Karl Lauterbach (SPD), hat über Versuchsmodelle zumindest schon mal laut nachgedacht. In der Dezember 2021 Ausgabe diskutierte Radio Lora Wissenschaft Kontrovers die Frage: „Cannabis Legalisierung – Sündenfall oder Notwendigkeit?“

In dieser Debatte vertrat Wolfgang Chr. Goede, Politikwissenschaftler, die letztere Auffassung, insbesondere mit Blick aufs Kokain. Seine Argumente:

  • Die Dekriminalisierung der User mache Polizeikräfte frei für das Fahnden nach den großen Fischen im Rauschgiftgeschäft. Die Verbotspolitik ziehe die Mafia groß, die von Südamerika aus Europa unterwandere und ihre Milliardenprofite ins Immobiliengeschäft investiere, Drogenkriege entfache und Korruption fördere. Die organisierte Kriminalität fürchte nichts so sehr wie die „Legalisierung der Illegalität“ (Friedensforscher Stefan Peters, Universität Gießen/CAPAZ Direktor).
  • Mit den durch eine Legalisierung gewonnenen Steuereinnahmen erschließe der Staat neue wichtige Finanzmittel für die Prävention von Drogenabhängigkeit, Therapie und Aufklärungskampagnen inklusive Alkoholmissbrauch.
  • Prohibition als Steuerungsmittel für den Rauschmittelkonsum hat historisch nie funktioniert, denn sowohl die USA (Alkohol) als auch China (Opium) sind damit gescheitert. Was fehle, ist die gesellschaftliche Diskussion von Werten und deren Verankerung mittels Bildung in den Lebenswelten der Menschen.

    Günter Löffelmann, Biologe, bezog die Gegenposition:

  • Die kontrollierte Freigabe gefährde den Schutz junger Menschen als besonders vulnerable Bevölkerungsgruppe. Bisherigen medizinischen Studien zufolge hätte Cannabiskonsum negativen Einfluss auf die Entwicklung jugendlicher Gehirne mit u.a. abträglichen psychischen Begleiterscheinungen. Wie Erkenntnisse aus Kanada zeigten gehe mit der Freigabe der Konsum nach oben und erhöhe das Gefährdungspotenzial Jugendlicher.
  • Mit Bezug auf das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen bezweifelt Löffelmann die Validität des Steuereinnahmenarguments ebenso wie die Logik der personellen Ressourcenverschiebung.
  • Insgesamt öffne sich ein neues großes Suchtfeld mit erheblichen Gefahren, auch dergestalt, dass besonders junge Menschen ins Zielkreuz von Dealern und Mafia geraten könnten, wie Lora-Kontrovers Moderatorin Lisa Popp, Biologin, anmerkte. Und damit auch weiterhin unreine Substanzen in den Umlauf brächten.

Das Thema bleibt brisant und doppelschneidig. Popps Resümee:

  • Es sei gut, dass Deutschland sich auf dieses Experiment einlasse.
  • Voraussetzung sei allerdings, dass es ordentlich evaluiert werde.
  • Bei diesem langsamen Vorantasten im schwierigen Terrain sei Scheitern eine Option, was weiteres Nachjustieren der Stellschrauben erforderlich machen würde.