12.06.20 Wie gefährlich ist das Corona-Virus? Statistische Angaben oft irreführend – Mit einer Einführung von Jean Pütz

Professor Sigismund Kobe, einer der profiliertesten Wissenschaftler, was die Auswertung und Bewertung von Statistiken anbelangt, hat mir diesen Artikel zugesendet und ihn mir zur Veröffentlichung empfohlen. Für mich ist verwunderlich, dass dieser Wissenschaftler sehr selten in Pressemitteilungen erwähnt wird, obwohl er für mich die glaubwürdigsten Analysen erstellt hat. Der folgende Artikel von ihm wurde am Wochenende in der ‚Dresdner Neuesten Nachrichten‘ veröffentlich. Ich möchte ihn Ihnen nicht vorenthalten.
Ihr Jean Pütz

(Dresdner Neueste Nachrichten) – Vehement wird gerade überall darüber gestritten, ob Corona tatsächlich so gefährlichist wie dies überall dargestellt wird. Eigentlich möchte man doch ganz konkret wissen, wie hoch das Risiko einer Erkrankung an COVID-19 ist. Anders als in anderen Gegenden der Welt unterschieden sich Verlauf der Pandemie und auch die Anzahl der Toten in Deutschland bisher kaum von der Situation bei einer ganz
normalen Grippe, wie sie immer mal wieder vorkommt. War dies nun das Ergebnis einer klugen Strategie der Regierung und eines beispielhaften Verhaltens aller Menschen in unserem Landes in einer kritischen Situation oder wurden wir alle von eben dieser Regierung mit einem plumpen Trick hereingelegt? Stimmen werden laut und finden Gehör mit der Behauptung, eine harmlose Erkältungskrankheit werde dazu benutzt, um ein weltweit agierendes totalitäres Unterdrückungssystem zu installieren.

Zahlen und Grafiken werden ins Feld geführt, die die Richtigkeit des einen oder den anderen Standpunktes beweisen sollen. Prof. Wolfgang Schmid, Vorsitzender der Deutschen Statistischen Gesellschaft, warnt: „Die deutsche Öffentlichkeit tastet sich derzeit durch einen Nebel widersprüchlicher und zum Teil irreführender Daten hindurch“, und fordert mehr Transparenz bei der Veröffentlichung und Interpretation von Corona-Statistiken. Auch in den Thesen einer interdisziplinären Forschergruppe unter der Leitung des Medizin-Professors Matthias Schrappe, Universität Köln, wird kritisiert, dass z.B. die Zahl der „Genesenen“ nicht auf die Zahl der symptomatisch Erkrankten bezogen wird.

Irreführende statistischer Angaben stammen auch aus dem Robert-Koch-Institut (RKI) selbst. Da Zahlen aus den täglichen Lageberichten des RKI als seriös gelten, werden sie ungeprüft von den Medien übernommen. Auch in den offiziellen Webseiten der sächsischen Landesregierung findet man ohne weiteren Kommentar z.B.den folgenden Satz: „Der Anteil der Verstorbenen an der Gesamtzahl der laborbestätigten Infektionsfälle beträgt 3,8 %.“ Am 20. März war dieser Anteil nur 0,2 %, am 30. März schon 0,6 %, dann wurden am 10. April 1,7 % erreicht, nur 10 Tage darauf 2,6 %. Aber was sagt uns das? Ist das Virus von Tag zu Tag gefährlicher geworden? Tatsächlich sind diese Prozentangaben wertlos und sogar gefährlich, weil sie die tatsächliche Sterberate unterschätzen. Sie beruhen auf einer Fehlinterpretation von statistischen Erhebungen. Das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt wurde wiederholt auf diesen Fehler hingewiesen. Ignoriert wurde die Empfehlung, entweder die betreffenden „Prozentzahlen“ des RKI wegzulassen oder einem international anerkannten Verfahren der statistischen Auswertung zu folgen: Die Statistik der abgeschlossenen Fälle muss streng getrennt werden von der Statistik der Fallzahlen des aktiven Geschehens. In Übereinstimmung mit aktuellen Ergebnissen der medizinischer
Forschung folgt aus einer solchen sorgfältig erarbeiteten Statistik die Aussage:

Die Sterberate, bezogen auf diejenigen COVID-19-Patienten, die Krankheitssymptome
zeigen und deshalb positiv auf das Corona-Virus getestet werden, beträgt etwa 5 Prozent (Quelle: https://www.worldometers.info/coronavirus/country/germany/). Nur wenn Fakten statt Mythen und Wissenschaft statt Glaubensbekenntnisse wieder Raum gewinnen, werden die schwierigen Aufgaben zu bewältigen sein, vor der unsere Gesellschaft jetzt steht.
(Prof. em. Sigismund Kobe, TU Dresden)