Wer hören will, soll hören – Gehörlose lernen hören durch Innenohrimplantat

Hörrehabilitation durch Innenohrprothese:

Weißbuch der DGHNO-KHC setzt Behandlungs- und Qualitätsstandards für die Versorgung mit Cochlea-Implantaten

Bonn
– Jährlich erhalten etwa 4.000 hochgradig schwerhörige, ertaubte
Menschen und gehörlos geborene Kinder ihr Hörvermögen zurück – dank des
Einsatzes einer elektronischen Innenohrprothese, dem sogenannten
Cochlea-Implantat. Die Behandlung ist ein komplexer, interdisziplinärer
Prozess. Um dessen Qualität langfristig zu sichern und so für Betroffene
optimale Behandlungserfolge zu erzielen, hat die Deutsche Gesellschaft
für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie (DGHNO-KHC) das
Weißbuch „Cochlea-Implantat(CI)-Versorgung in Deutschland“ erstellt,
ebenso wie die erste Fassung eines nationalen
Cochlea-Implantat-Registers.

Seit
mehreren Jahrzehnten gelingt es, hochgradig schwerhörigen Menschen und
Ertaubten mithilfe von Cochlea-Implantaten das Hören zu ermöglichen. Das
CI ist eine elektronische Innenohrprothese, die Schall
in
elektrische Impulse umwandelt, durch die der Hörnerv in der Hörschnecke
stimuliert wird. So können Sprache und Töne (wieder) wahrgenommen
werden.
„Durch
diese bahnbrechende Methode gelingt in der Regel nicht nur die
(Wieder‑)Herstellung des Hörvermögens, sondern auch die Rehabilitation
in die ‘hörende Welt‘, denn Hörbeeinträchtigungen bedeuten immer auch
soziale Isolation“, erklärt Professor Dr. med. Stefan Dazert, Präsident
der DGHNO-KHC, der am Weißbuch federführend mitgewirkt hat.

Der
Erfolg der Versorgung mit einem CI beruht neben der operativen
Implantation der elektronischen Innenohrprothese vor allem auch auf
einer Hör-Sprach-Therapie, der audiologisch-technischen Betreuung sowie
einer lebenslangen medizinischen Nachsorge. „Das komplexe
interdisziplinäre Zusammenspiel verschiedener hochspezialisierter
Disziplinen ist von großer Bedeutung für eine erfolgreiche Versorgung
mit einem CI. Es wird von der Klink für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, die
den Patienten versorgt, koordiniert“, betont Professor Dazert. „Hierfür
brauchen wir einheitliche Standards, um etwaigen Risiken
entgegenzuwirken. Wenn betroffene Kinder beispielsweise keine umfassende
Hör-Sprach-Therapie erhalten, kann ihre Sprachentwicklung gefährdet
sein.“

Die
DGHNO-KHC hat daher die Initiative ergriffen, um den hochkomplexen
Versorgungs- und Behandlungsprozess zu analysieren, zu strukturieren und
gleichzeitig einheitliche Empfehlungen auszusprechen. Diese wurden in
dem Weißbuch „Cochlea-Implantat(CI)-Versorgung in Deutschland“ im April
2018 veröffentlicht. Das Weißbuch stellt damit die Grundlage einer
zukünftig geplanten Zertifizierung des Behandlungsprozesses unter
Leitung der HNO-Fachgesellschaft dar. „Unser Ziel ist die Etablierung
und Qualitätssicherung eines national einheitlichen Behandlungsstandards
für alle Patienten“, so Professor Dazert.

Parallel
zur Erarbeitung des Weißbuchs hat die DGHNO-KHC auch die inhaltliche
Struktur eines nationalen wissenschaftlichen Cochlea-Implantat-Registers
entwickelt und veröffentlicht. Dieses wird zukünftig durch die
HNO-Fachgesellschaft wissenschaftlich begleitet. „Ziel des Registers ist
die anonyme Erhebung von qualitätsrelevanten Informationen, um erstmals
eine deutschlandweite, umfassende Datenlage zur Versorgungsstruktur und
-qualität zu schaffen“, erläutert Professor Dazert. „Damit legen wir
das wissenschaftliche Fundament für die zukünftige Entwicklung der
Versorgung von Menschen mit implantierbaren Hörsystemen in Deutschland.“

Sowohl
die Entwicklung des CI-Weißbuchs als auch des CI-Registers stellen aus
Sicht der DGHNO-KHC herausragende Meilensteine in der langfristig
wissenschaftlich geführten Qualitätssicherung hochkomplexer,
interdisziplinärer medizinischer Maßnahmen dar. Diese einzigartige
Initiative belege das hohe wissenschaftliche und klinische
Innovationspotential des Fachs Hals-Nasen-Ohrenheilkunde und sei damit
nicht zuletzt auch wegweisend für andere Fachdisziplinen der Medizin.