05.08.2019 Volkskrankheit Makuladegeneration im Alter

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Ich gebe zu, mich hat diese Krankheit in meinem 79. Jahr erwischt. Das Tragische, als Wissenschaftsjournalist hätte ich die Vorboten erkennen können. Aber leider war mir diese Gefahr nicht bewusst, weil ich mich auch nicht erinnern kann, dass ich genetisch vorbelastet bin. Keiner meiner Vorfahren hat unter dieser Krankheit gelitten. Als ich gerade Kanten nur noch verzerrt sehen konnte, wunderte ich mich und ging deswegen zum Augenarzt. Leider etwas zu spät, weil ich tatsächlich nicht informiert war. Ich frage mich sowieso, warum das noch vor einigen Jahren überhaupt nicht bekannt gemacht wurde, erst jetzt wird dieser Krankheit große Aufmerksamkeit in der Wissenschaft geschenkt. Darum mache ich mir Vorwürfe, dass ich es als Wissenschaftsjournalist erst merkte, als es schon zu spät war.

Am rechten Auge bin ich mit der trockenen AMD konfrontiert und am linken mit der feuchten. Dort bekomme ich regelmäßig Injektionen in das Auge, und zwar mit Antikörper, die verhindern, dass die weiße Projektionsfläche hinter der Netzhaut durch sich neubildende Adern-Gefäße verzerrt wird. Das ist das Wesentliche der AMD, denn die Netzhaut empfängt die Bildgebung, also das, was wir sehen, nicht direkt: Das Licht wird durch die Netzhaut geführt. Erst die Rückprojektion dieses weißen Augenhintergrunds wird von den Zellen der Netzhaut analysiert und zum Gehirn geleitet. Die Verzerrung kommt dadurch zustande, dass – wie bei einer Filmprojektion auf eine Leinwand, die nicht völlig eben ist – das Bild komplett verfälscht wird.

Inzwischen habe ich mich an die Injektionen direkt ins Auge gewöhnt, und meine Makula-Degeneration schreitet am linken Auge nicht weiter fort. Bei der trockenen AMD im rechten Auge allerdings wurde auch die Netzhaut schon beschädigt.

Trotzdem habe ich mich mit dieser Krankheit arrangiert. Mein hervorragender Arzt, Professor Scheider, erklärt mir, dass ich niemals ganz blind werden würde. Tatsächlich habe ich immer noch einen Gesamtüberblick auf das, was ich sehe. Nur kann ich nicht mehr lesen. Da gibt es Hoffnung für alle Menschen, die darunter leiden, denn immerhin sollen es in Deutschland über 5 bis 6 Millionen sein.

Ich habe mir den technischen Fortschritt zu Hilfe genommen. Es gibt Lupen, die die Buchstaben vergrößern. Allerdings mit dem Nachteil, dass man nicht mehr das Gesamtwort, sondern nur den einzelnen Buchstaben erkennt. Es ist sehr mühsam, daraus den Wortinhalt zu erkennen. Aber es gibt ja Smartphone, Tablet und Computer. Dort findet man eine Menge Apps bzw. Computerprogramme, die mir helfen, wie früher am täglichen Leben, an der Politik und an der Wissenschaft teilzunehmen.

Wenn ich z. B. eine Mail erhalte, gibt es dafür eine App mit Namen ‚Text zur Sprache‘. Umgekehrt eine die heißt ‚Voice to Text‘. Vergleichbares gibt es auch auf dem Computer. Damit kann ich ohne Schwierigkeiten meine tägliche Korrespondenz erledigen und vor allen Dingen aktiv nicht nur die Mails, sondern mich auch aktiv an den neuen Medien beteiligen.

Etwas mühsam ist es mit der Text-Korrektur, die ich nicht unmittelbar optisch erfasse, aber ich hoffe, dass mir gelegentliche Fehler, die beim Diktieren von Sprache zum Text entstehen, nicht übel genommen werden.

Was die Bildbetrachtungen anbelangt, so gibt es ja sowohl beim Smartphone als auch am Computer die Möglichkeit der Vergrößerung.

Wie gesagt, ich kann mir die Texte bequem vorlesen lassen, so dass mir auch E-Books zugänglich sind, als auch die eigene Texte in der Diktierfunktion beliebig zu formulieren.

Erkundigen Sie sich bei Ihrem Augenarzt oder Optiker, welche weiteren Möglichkeiten es noch gibt. Zur Resignation gibt es keinen Anlass.

Auf eins habe ich aber freiwillig verzichtet: Ich lenke nicht mehr mein eigenes Auto und genieße die öffentlichen Verkehrsmittel. Was die Aussage der Signaltafeln anbelangt, so zögern Sie nicht, andere Menschen zu fragen. Die lesen Ihnen gerne vor. Tickets für die Bahn kann ich mir über meinen Computer jederzeit im Voraus lösen, so dass ich nicht auf die Automaten angewiesen bin. Aber da können Sie die Mitmenschen ansprechen, die gerne helfen, wie ich aus Erfahrung weiß.

Also Kopf hoch, das Leben bleibt auch im Alter spannend und lebenswert.

Ihr Jean Pütz