Verbot von Pharmageschenken fördert kritische Einstellung der Ärzte

fzm – Durch ein Verbot, Geschenke anzunehmen, können Kliniken eine kritische Einstellung der Ärzte gegenüber dem Marketing der Pharmaindustrie fördern. Zu diesem Ergebnis gelangte jetzt eine in der Fachzeitschrift "DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2010) veröffentlichte Umfrage.

Die Pharmaindustrie gibt viel Geld für Werbematerial aus. Die Ausgaben für das Marketing sind doppelt so hoch wie für Forschung und Entwicklung, berichtet Privatdozent Dr. Michael Hartmann vom Universitätsklinikum Jena. In den USA sollen die Firmen im Durchschnitt zwischen 8000 und 15 000 US-Dollar pro Arzt im Jahr für das Marketing ausgeben, und auch in Deutschland werden Ärzte durch kostenlose Fortbildungen, Werbebroschüren und allerhand andere nützliche Gegenstände beschenkt.

In einer Umfrage bat Dr. Hartmann und sein Team alle Intensivmediziner einer Klinik ihre Kitteltaschen zu leeren und die Gegenstände zu zählen, die das Logo eines Pharmaunternehmens trugen. Jeder zweite Arzt hatte wenigstens ein Werbegeschenk in der Tasche. Dies ist deshalb bemerkenswert, weil die Klinikleitung in einer Richtlinie allen Mitarbeitern untersagt, solche Geschenke anzunehmen.

Dennoch blieb das Verbot nicht ohne Wirkung. Dies zeigt sich nach Ansicht von Dr. Hartmann nicht nur daran, dass die Intensivmediziner in einer benachbarten Klinik ohne eine derartige Richtlinie doppelt so viele Werbegeschenke bei sich hatten. Die Umfrage ergab auch, dass Ärzte an Kliniken mit Verbot eine kritischere Einstellung gegenüber der Einflussnahme der Pharmafirmen hatten: Nur 53 Prozent hielten diese Praxis für unbedenklich. In der Vergleichsklinik ohne Richtlinie waren es dagegen 81 Prozent. Allerdings sind viele Mediziner der Ansicht, dass sie selbst weniger manipulierbar seien als ihre ärztlichen Kollegen. Auch an der Klinik mit Richtlinie waren 69 Prozent der Meinung, dass Geschenke der Industrie sie selbst nicht beeinflussen würden. In den Kliniken ohne Richtlinie dagegen hielten sich sogar 92 Prozent für unbestechlich. Aber 51 Prozent der Ärzte aus Kliniken mit Regeln meinten, dass ihre Kollegen sich durch die Werbegeschenke manipulieren ließen. In den Kliniken ohne Richtlinien verdächtigten nur 38 Prozent der Ärzte ihre Kollegen.

In einem anderen Bereich waren sich die Ärzte in beiden Kliniken einig: Der Einfluss der Pharmaindustrie sollte beschränkt werden. Neun von zehn Ärzten fanden, dass Studien, die nicht von der Industrie gesponsert sind, einen Beitrag zur Wahrung der Unabhängigkeit der Ärzte bei der Verordnung leisten könnten. Außerdem war an beiden Kliniken nur jeder zweite Mediziner der Ansicht, dass die Beratung durch Pharmareferenten hilfreich für seine Tätigkeit sei.

Für Dr. Hartmann zeigt die Umfrage, dass Verbote von Werbegeschenken sinnvoll sind. Laut den Ergebnissen würden die meisten Mediziner eine Richtlinie akzeptieren: Auch an der Klinik, wo es derzeit kein Verbot gab, hätten 70 Prozent der Ärzte keine Einwände gegen Einschränkungen bei Werbegeschenken.

C. Gundermann, A. Meier-Hellmann, M. Bauer, M. Hartmann:
Der Einfluss einer krankenhausinternen Richtlinie auf die Einstellung von Ärzten zur pharmazeutischen Industrie.
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2010; 135 (3): S.67-70