Magnete sind aus dem Physikunterricht
gut bekannt, im Fach Chemie werden sie dagegen nicht behandelt. Und
doch ist es ein chemisches Verfahren, mit dem es Forschern am Karlsruher
Institut für Technologie (KIT) gelungen ist, die magnetischen
Eigenschaften von Ferromagneten zu steuern. Während physikalische
Verfahren zwar die Ausrichtung des Magnetfeldes beeinflussen können,
steuert hier das chemische Verfahren den Magnetismus des Materials
selbst. Das genutzte Prinzip ist dabei dem Konzept des
Lithium-Ionen-Akkus ähnlich. (DOI: 10.002/adma-201305932)
Über physikalische Effekte gibt es durchaus
Möglichkeiten, Magnete zu beeinflussen. Standard-Methoden nutzen etwa
eine elektromagnetische Spule, die durch Strom ein Magnetfeld erzeugt,
jedoch verbraucht sie durchgehend Energie. Eine andere Möglichkeit ist,
einen Ferromagneten zu polarisieren, also die magnetischen Strukturen in
dem Material parallel auszurichten, so dass ein Gesamt-Magnetfeld
entsteht. Dies benötigt zwar zum Halten des Magnetfeldes keine Energie,
es ist jedoch permanent und lässt sich nur mit Aufwand aufheben. Eine
andere Option ist die magnetoelektrische Kopplung, bei der ein
elektrisches Feld Magnetismus induziert. Allerdings greift diese Methode
häufig nur an der obersten Atomschicht des Kristallgitters, die
Änderung des Magnetfeldes ist also minimal.
Das nun am KIT entwickelte chemische Verfahren zur
Kontrolle des Magnetismus bietet einen neuen Ansatz, der über die zuvor
beschriebenen Konzepte hinausgeht: Der Vorgang beeinflusst das gesamte
Material, nicht nur die Oberfläche, und ist dabei reversibel, kann also
rückgängig gemacht werden. Zusätzlich – und das ist die wichtigste
Innovation dieses Verfahrens – ist der jeweilige magnetische Zustand des
Materials (magnetisch / nicht magnetisch) nicht volatil. Das heißt, der
Zustand bleibt, im Gegensatz zu einer elektromagnetischen Spule, auch
ohne Stromzufuhr und damit ohne kontinuierlichen Energieverbrauch
aufrechterhalten.
„Tausendfache Lade- und Entladezyklen von
Lithium-Ionen Akkus, wie sie etwa in Handys genutzt werden, zeigen, dass
elektrochemische Vorgänge durchaus reversibel sein können. Dies brachte
uns auf die Idee, ähnliche Strukturen wie Lithium-Ionen-Akkus zu
erforschen“, sagt Subho Dasgupta vom Institut für Nanotechnologie des
KIT. Beim Laden und Entladen eines Lithium-Ionen Akkus wandern die Ionen
jeweils vom einen zum anderen Akku-Pol und lagern sich dabei in die
Elektroden ein.
Die Wissenschaftler um Dasgupta haben nun einen
Lithium-Ionen-Akku erstellt, bei dem eine Elektrode aus Maghemit, einem
ferromagnetischen Eisenoxid (γ-Fe2O3), besteht und die andere aus reinem
Lithium. Experimente zeigten, dass die Lithium-Ionen-Einlagerung in
Maghemit dessen Magnetstärke reduziert, auch bei Raumtemperatur. Durch
die gezielte Steuerung der Lithium-Ionen, also durch Laden und Entladen
des Akkus, lässt sich somit die Magnetfeldstärke des Maghemits
kontrollieren. Dieser Effekt ist, genau wie bei normalen
Lithium-Ionen-Akkus, wiederholbar.
Bei den vorgestellten Versuchen erreichten die
Forscher eine Änderung der Magnetstärke um bis zu 30 Prozent. Das
langfristige Ziel ist jedoch, den Magneten komplett an- und ausschalten
zu können. Damit hoffen die Wissenschaftler ein Verfahren zu finden, mit
dem sich ein Magnetschalter realisieren lässt, der vom Prinzip her wie
ein elektrischer Transistor funktioniert: Während ein elektrischer
Transistor mit einem Steuerstrom einen kontrollierten Stromkreislauf an-
oder ausschaltet, schaltet der Magnetschalter mit dem Steuerstrom einen
Ferromagneten an oder aus.
Das Verfahren kann prinzipiell alle Anwendungen
ersetzen, in denen niederfrequente Elektromagneten zum Einsatz kommen
und ist dabei deutlich energieeffizienter. Die Wissenschaftler des KIT
haben mit ihrer Forschung vor allem winzige magnetische Schalter im
Blick, die etwa bei (Mikro-) Robotern oder in der Mikrofluidik Anwendung
finden.
Veröffentlichung und vollständiges Grafik-Copyright:
Dasgupta, S.; Das, B.; Knapp, M., Brand, Richard. A.; Ehrenberg, H.; Kruk, R. and Hahn, H. (2014), Intercalation-Driven
Reversible Control of Magnetism in Bulk Ferromagnets. Adv. Mater., 26:
4639–4644. doi:10.1002/adma.201305932
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