So schädigen Energiepflanzen den Klimawandel

pte20181211017 Umwelt/Energie, Forschung/Technologie

Energiepflanzen so schädlich wie Klimawandel

Lebensräume von Wirbeltieren werden durch massenhaften Anbau stark in Mitleidenschaft gezogen

Massenanbau von Energiepflanzen schadet Artenvielfalt (Foto: Chr. Hof, tum.de)
Massenanbau von Energiepflanzen schadet Artenvielfalt (Foto: Chr. Hof, tum.de)

München
(pte017/11.12.2018/11:30) – Die massive Ausweitung der Anbauflächen für
Energiepflanzen beeinflusst die Lebensräume von Wirbeltieren ähnlich
negativ wie der Klimawandel. Zu dem Ergebnis kommt eine Studie von
Forschern des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums http://bik-f.de zusammen mit Kollegen der Technischen Universität München (TUM) http://tum.de und der Durham University.

"Verluste nicht wettzumachen"

Den Experten nach muss das Konzept, mehr Energie aus nachwachsenden
Rohstoffen wie Mais, Raps, Ölpalme und Co statt aus fossilen Rohstoffen
zu gewinnen, um die Globaltemperatur bis 2100 um nicht mehr als 1,5 Grad
gegenüber dem vorindustriellen Zeitraum steigen zu lassen, angesichts
der neuen Erkenntnisse überdacht werden.

"Um den Klimawandel damit wirksam zu begrenzen, müssen wir bis 2100 auf
circa 4,3 Prozent der globalen Landflächen Bioenergie-Pflanzen anbauen –
das entspricht fast der 1,5-fachen Fläche aller EU-Länder zusammen.
Damit schaden wir der biologischen Vielfalt, die in diesen Gebieten
bisher zuhause ist, gravierend. Die negativen Auswirkungen des
Klimawandels, die mit maximaler Bioenergie-Nutzung verhindert werden
könnten, werden diese Verluste nicht wettmachen", sagt Christian Hof,
der die Studie am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum
Frankfurt durchgeführt hat und jetzt an der TUM forscht.

Szenarien miteinander verglichen

Hof und sein Team haben erstmals global untersucht, wie Amphibien, Vögel
und Säugetiere den Klima- und den Landnutzungswandel bis 2100 zu spüren
bekommen. Dabei haben sie zwei Szenarien miteinander verglichen: ein
Szenario mit maximaler Bioenergie-Nutzung, welches einer Begrenzung der
Erwärmung um circa 1,5 Grad entspricht, und ein Szenario mit minimaler
Bioenergie-Nutzung und einem Temperaturanstieg um etwa drei Grad Celsius
gegenüber dem vorindustriellen Zeitraum bis 2100.

"Ob sich die Temperatur bis 2100 um 1,5 oder drei Grad erhöht: Rund 36
Prozent der Lebensräume von Wirbeltieren sind entweder durch den
Klimawandel oder die neue Landnutzung infolge des Anbaus von
Bioenergie-Pflanzen massiv gefährdet. Die Auswirkungen auf die
biologische Vielfalt sind also vergleichbar. Unterschiedlich ist nur,
auf wessen Konto sie gehen", erklärt Alke Voskamp vom Senckenberg
Biodiversität und Klima Forschungszentrum.

Darüber hinaus gebe es Gebiete, in denen Wirbeltieren von
Energiepflanzen-Plantagen der Platz streitig gemacht wird und ihnen
gleichzeitig die höhere Temperatur zu schaffen machen werde. "Bei einem
geringeren Temperaturanstieg bis 1,5 Grad, den wir durch die maximale
Nutzung von Bioenergie erkaufen, könnten sogar größere Flächen unter
dieser Doppelbelastung leiden. Unter diesem 1,5-Grad-Szenario wird
insgesamt ein größerer Anteil der Verbreitungsräume von Wirbeltieren
durch Klimawandel, Landnutzung oder beides beeinträchtigt", so Voskamp.