Reversible Brennstoffzelle mit über 60% Wirkungsgrad – Mit einer Einführung von Jean Pütz

Die Politik wird heute ein sogenanntes ‚Grünes Wasserstoffkonzept‘ vorstellen. Wasserstoff ist tatsächlich eine Möglichkeit, regenerative Energien zu nutzen und zu speichern. Allerdings ist alles noch am Anfang, das vorhandene Erdgasnetz zur Verteilung von Wasserstoff zu nutzen, ist allerdings nicht ohne weiteres möglich, denn Wasserstoff ist extrem flüchtig. Dafür reichen die bisherigen Dichtungsmaßnahmen für Erdgas nicht aus. Wasserstoff zu speichern ist auch ein großes Problem, denn er lässt  sich leider erst bei -253°C  unter hohem Energieaufwand verflüssigen. In gasförmiger Form kann es nur mit hohem Druck zur Verfügung gestellt werden, z. B. bei einem Überdruck von 700 Bar werden vom Gewicht und Energiegehalt her 700 mal mehr gespeichert als bei atmosphärischem Druck. Deshalb entstehen Probleme bei der sinnvollen Nutzung von Wasserstoff in beweglichen Anwendungen, z. B. im Kraftfahrzeugbereich. Sehr sinnvoll ist es allerdings dann, wenn Wasserstoff dazu dient, elektrische Energie für das Hochspannungsnetz zur Verfügung zu stellen. Für diese Umsetzung von Wasserstoff zu Strom gibt es zwei Möglichkeiten:

1. indem es in Verbrennungsmaschinen in Bewegung-Energie und dann in Generatoren in elektrische Energie umgewandelt wird. Das ist sicher sinnvoll, wenn auch die dabei anfallende Wärme benötigt wird, denn der Wirkungsgrad von Verbrennungsmotoren beträgt wegen des 2. Hauptsatzes der Thermodynamik nur maximal 40%. Für Gas-Wärmepumpen ist das allerdings vertretbar.

2. Umwandlung in Strom in der Brennstoffzelle. Bei sogenannten Niederbrennstoffzellen – so etwa bis 200 °C – ist der Wirkungsgrad nicht wesentlich besser, deswegen ist das bestenfalls für mobile Anwendungen akzeptabel, aber derzeit noch viel teurer als über Otto-Motoren nach dem Verbrennungsprinzip.

Anders dagegen bei sogenannten Hochtemperatur-Brennstoffzellen, die allerdings eine Betriebstemperatur von 600 – 800°C benötigen.

Eine solche Zelle hat nun die KFA Jülich entwickelt, bei einem Wirkungsgrad von immerhin 62% – eine große Leistung. Jedoch ist es bisher erst gelungen, eine Leistung von 5 kW zu erreichen. Um allerdings die Stabilität des elektrischen Versorgungsnetzes zu gewährleisten, benötigt man bei rein regenerativer Einspeisung von Solar- und Windstrom tausende von Terrawatt-Stunden. Ob das jemals sinnvoll und ökonomisch möglich ist, fällt in den Bereich von Wunschträumen.

Ihr Jean Pütz

(Internationales Verkehrswesen) – Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich haben ein hochgradig effizientes Brennstoffzellen-System in Betrieb genommen, das einen elektrischen Wirkungsgrad im Wasserstoffbetrieb von über 60% erzielt. Ein so hoher Wert wurde bis jetzt von keinem anderen Forscherteam weltweit berichtet. Und die Anlage weist noch eine weitere Besonderheit auf: Die neu entwickelten reversiblen Hochtemperatur-Brennstoffzellen können nicht nur Strom erzeugen, sondern lassen sich auch für die Herstellung von Wasserstoff durch Elektrolyse nutzen.

Reversible Brennstoffzellen, englische Bezeichnung „reversible Solid Oxide Cell“, kurz rSOC, verbinden praktisch zwei Geräte in einem. Der Zelltyp ist daher in besonderer Weise für den Bau von Anlagen geeignet, die Elektrizität in Form von Wasserstoff zwischenspeichern und diesen zu einem späteren Zeitpunkt wieder rückverstromen können. Eine derartige Speichertechnologie könnte eine wichtige Rolle bei der Energiewende spielen. Sie wird benötigt, um Schwankungen erneuerbarer Energien auszugleichen und dem Auseinanderlaufen von Angebot und Nachfrage entgegenzuwirken. Zusätzlich bietet sich der Einsatz für abgelegene Stationen auf Inseln und Bergen an, um dort eine autarke Energieversorgung sicherzustellen.

Die außergewöhnliche Eigenschaft der Reversibilität weisen nur Hochtemperatur-Brennstoffzellen, kurz SOFC, englisch „Solid Oxide Fuel Cell“, auf, die bei etwa 800 Grad Celsius betrieben werden. Aufgrund der hohen Temperatur können für diesen Brennstoffzellentyp unedlere und kostengünstigere Materialien als für Niedrigtemperatur-Brennstoffzellen verwendet werden. Gleichzeitig arbeiten Hochtemperatur-Brennstoffzellen höchst effizient. Anders als Niedertemperatursysteme, deren Wirkungsgrad im Betrieb mit Wasserstoff auf etwa 50% begrenzt ist, können Hochtemperatur-Brennstoffzellen auch einen deutlich höheren Wirkungsgrad erzielen.

Wissenschaftlern des Forschungszentrums Jülich ist es nun gelungen, den Wirkungsgrad noch weiter zu steigern und erstmals einen Wert von über 60% zu realisieren. Für ihre Anlage ermittelten die Forscher im Testbetrieb einen elektrischen Wirkungsgrad von 62%. „Möglich wurde dies durch ein verbessertes Stackdesign in Verbindung mit einer optimierten und hochintegrierten Anlagentechnik, die mehr als 97% des zugeführten Wasserstoffs elektrochemisch umsetzt“, erklärt Prof. Ludger Blum vom Jülicher Institut für Energie- und Klimaforschung (IEK-3).

Eine dieser Verbesserungen liegt in der Dimensionierung der Wandlereinheit (engl. „Stack“). „Unser Stack kommt auf eine Leistung von 5 kW, womit in etwa der Stromverbrauch zweier Haushalte gedeckt werden könnte. Bislang musste man immer mehrere Einheiten im Kilowatt-Maßstab kombinieren, um eine vergleichbare Leistung zu erreichen“, erläutert Ludger Blum. Der Forscher hofft, dass sich so auch die Herstellungskosten senken lassen, da insgesamt weniger Einheiten für den Bau leistungsstarker Anlagen benötigt werden.

Im Elektrolysemodus, wenn das System Wasserstoff produziert, lässt sich die Jülicher Anlage sogar noch mit einer deutlich höheren Leistung fahren. Bei einer Stromaufnahme des Stacks von 14,9 kW erzeugt sie dann pro Stunde 4,75 m³ (Nm3/h) Wasserstoff, was einem Systemwirkungsgrad von 70% entspricht. Damit arbeitet die Versuchsanlage bereits jetzt effizienter als alkalische und Polymerelektrolyt-Elektrolyseure, die auf 60 bis 65% kommen und heute Standard sind.

„Die Elektrolyse funktioniert für den Anfang schon recht gut, hier sehen wir aber auf jeden Fall noch ein Verbesserungspotenzial“, sagt Blum. Hochtemperatur-Systeme anderer Entwickler, die speziell für die Elektrolyse optimiert wurden, erreichen heute Wirkungsgrade von über 80%. Im Brennstoffzellenmodus arbeiten diese dann allerdings nicht so effizient, wie das neue Jülicher System.

Die Jülicher Forscher haben bereits weitere Optimierungen angedacht, mit denen sie den sogenannten „Round-trip“-Wirkungsgrad weiter steigern wollen. Die Kennzahl beschreibt, welcher Wirkungsgrad bei der Wiederverstromung, also nach Herstellung von Wasserstoff und Rückverstromung, übrig bleibt. Die Wissenschaftler wollen den Wert von aktuell 43% auf über 50% verbessern.

Für einen Wasserstoffspeicher wäre dieser Wert sensationell, auch wenn die Technologie in dieser Hinsicht nicht mit Batteriespeichern mithalten kann, die teilweise auf über 90% kommen. Dafür bieten Brennstoffzellen-Systeme andere Vorteile. Da der Energiewandler, die Brennstoffzelle, und der Energieträger Wasserstoff klar voneinander getrennt sind, kann immer wieder neu Wasserstoff zugeführt oder auch abgeleitet werden. Der Größe der speicherbaren Energiemenge sind so kaum Grenzen gesetzt.