fzm – Normalerweise ist ein Herzinfarkt ein lebensgefährliches Ereignis, das die Pumpfunktion des Herzens gefährdet und eine sofortige medizinische Behandlung erfordert. Bei einer seltenen Herzerkrankung verursachen die Ärzte jedoch in voller Absicht einen Herzinfarkt, um die Herzleistung der Patienten zu verbessern. Eine jetzt in der Fachzeitschrift "DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2008) veröffentlichte Studie zeigt, dass diese Therapie langfristig erfolgreich ist.
Die Patienten, die seit 1996 am Herz- und Diabeteszentrum in Bad Oeynhausen mit einem "kontrollierten Herzinfarkt" behandelt werden, leiden an einer hypertrophen obstruktiven Kardiomyopathie. Es handelt sich um die angeborene Variante einer Herzmuskelerkrankung die Kardiomyopathie, bei der es zu einer krankhaften Vergrößerung der Wand (Septum) zwischen den beiden Herzkammern kommt. Dies hat im fortgeschrittenen Stadium eine Einengung im Ausführungsgang zur Hauptschlagader zur Folge. Sie behindert zunehmend die Herzleistung. Die Patienten leiden, zunächst nur unter Belastung, später auch in Ruhe, unter Luftnot. Außerdem leben sie in der Angst, dass Herzrhythmusstörungen jederzeit den plötzlichen Tod herbeiführen können.
Anfangs kann den Patienten noch mit Medikamenten geholfen werden, später wurde bisher eine Operation notwendig. Dabei entfernt der Herzchirurg mit dem Skalpell den Teil des Herzmuskels, der den Ausführungsgang einengt. Diese Myektomie ist eine riskante Operation, die auch heute noch ein bis zwei Prozent der Patienten nicht überleben. Früher starben bis zu 20 Prozent.
Unter der Katheterbehandlung hat es in Bad Oeynhausen seit 2000 keine Todesfälle mehr gegeben, berichten der Kardiologe Privatdozent Lothar Faber und Kollegen. Dabei ist die perkutane transluminale septale Myokard-Ablation (PTSMA), wie die Behandlung heißt, nicht ohne Risiken. Die Ärzte führen durch die Haut einen Katheter in die Schlagader ein, den sie innerhalb des Gefäßes bis in jene Arterie vorschieben, welche das Septum mit Blut versorgt. Durch Injektion weniger Milliliter reinen Alkohols wird das Gefäß verödet. Wie beim Herzinfarkt stirbt danach ein Teil des Herzmuskels ab – in diesem Fall aber mit der günstigen Folge, dass das Septum sich verdünnt, das Hindernis beseitigt und die Herzleistung verbessert wird.
Die Therapie war anfangs umstritten, doch die Langzeitergebnisse zeigen, dass der "therapeutische Herzinfarkt" effektiv und sicher ist. Bis 2005 wurden in Bad Oeynhausen 347 Patienten behandelt. Vor der Operation waren die Patienten stark in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt. Heute sind neun von zehn Patienten in Ruhe beschwerdefrei, schreiben die Autoren. Das Septum hat sich verdünnt, bei drei von vier Patienten ist die Verengung des Ausführungsgangs verschwunden und die Herzleistung hat sich spürbar verbessert.
Die Experten freut, dass die befürchteten Komplikationen nicht eingetreten sind. Der "therapeutische Infarkt" ist nicht zum Ausgangspunkt von tödlichen Herzrhythmusstörungen geworden. Zwar sind seit dem Eingriff 26 Patienten gestorben, davon allerdings nur zehn Patienten an einem plötzlichen Herztod. Dr. Faber gibt zu bedenken, dass die PTSMA die Kardiomyopathie nicht heilt. Die Grunderkrankung bestehe fort und die Patienten müssen weiter in kardiologischer Betreuung bleiben.