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Graz, 8. Februar 2014:
Fast 50% aller amerikanischen Ärzte, welche aus beruflichen Gründen ins Internet gehen, verwenden WIKIPEDIA als Informationsquelle, insbesondere bei spezielleren Fragestellungen. Dies ergab eine Untersuchung des IMS Institute for Health Care Informatics, veröffentlicht im Bericht „Engaging Patients Through Social Media“ von Januar 2014 (1).
Es wurde festgestellt, dass die Wikipedia-Artikel häufig und gründlich aktualisiert werden. Untersucht wurden neben Wikipedia unter den sozialen Netzwerken auch Twitter, Facebook und YouTube. Die Autoren schreiben: „Wikipedia is a prominent source of online health information compared to the other health information provided“.
Kommentar
Wohl jedem Arzt sind in der Sprechstunde Patienten begegnet, welche sich im Internet über ihr Beschwerdebild und ihre selbst vermutete oder gestellte Diagnose schon mehr oder weniger gut informiert hatten. Ich selbst habe aber auch schon hin und wieder im Internet nachgesehen und die IMS-Untersuchung ergab, dass etwa die Hälfte der amerikanischen Ärzte dies ebenfalls tut. Eine Auswertung der Zugriffe auf >5000 englischsprachige Wikipeda-Seiten in den letzten 2 Jahren zeigte, dass seltenere Erkrankungen an der Spitze stehen und häufiger angeklickt wurden, aber Informationen wurden auch über große Volkskrankheiten wie etwa Diabetes gesucht. In den letzten 12 Monaten ergab sich folgende Reihenfolge der Besuche:
1.) Tuberkulose (4.2 Millionen),
2.) Morbus Crohn (4.1 Millionen),
3.) Pneumonie (3.9 Millionen),
4.) Multiple Sklerose (3.8 Millionen) und
5.) Diabetes (3.4 Millionen).
Diese Zahlen beziehen sich auf alle Bevölkerungsschichten, also nicht nur Ärzte oder Angehörige von Gesundheitsberufen. Der Gebrauch sozialer Netzwerke durch US-Erwachsene, die online sind, wuchs von 8% in 2005 über 67% in 2012 bis auf 72% im Mai 2013.
Das American College of Physicians hat in einem Positionspapier von April 2013 Empfehlungen zum richtigen Gebrauch des Internets für medizinische Informationen herausgegeben. Ärzte sollen das Internet nicht als primäre Informationsquelle benützen, sondern zur Abrundung des Wissens. Und bevor Informationen aus dem Internet an Patienten weitergegeben werden, solle man sicher sein, dass die Quelle vertrauenswürdig und vor allem evidenzbasiert ist. Dr. David A. Fleming, der President-elect des American College of Physicians sagte dazu: “I think phycicians have always had a responsibility to society to ensure accuracy and cogeny of information that goes out to the public. That includes Wikipedia, but that´s just one part. We need to be participatory”.
Die Diskussion mit unseren Patienten ist durch das Internet mit seinen sozialen Media komplexer und herausfordernder geworden, da so viele Informationen falsch und verwirrend sind, oder aus dem Zusammenhang gerissen. Wir Ärzte müssen dies dann korrigieren. Auf der anderen Seite führt es zu interessanten und auch ermutigenden Diskussionen mit den Patienten und ihren Angehörigen.
Helmut Schatz