Kapitalmarkt: Blick in unsere Seele

Verehrte Besucher meiner Homepage. Die folgenden Gedanken eines klugen Journalisten möchte ich Ihnen nicht vorenthalten. Er spricht die Bürger an, aber er vergisst, dass leider die Politiker meistens ähnlich gepolt sind. Das Problem in unserer Demokratie besteht darin, dass es offenbar ohne extremen Populismus nicht mehr geht. Viele Politiker sind unfähig Wahrheit, Realität und Wunschdenken zu trennen.

Jean Pütz

(Pioneer) – das liebste Hobby vieler Menschen besteht darin, die Wirklichkeit in die Eindimensionalität ihrer eigenen Überzeugungen zu pressen. Man sieht, was man sehen will.

Dabei wissen wir seit Hegel, dass die wahre Wirklichkeit sich darin gefällt, widersprüchlich zu sein. These und Antithese bringen mit naturgesetzlicher Gewalt die Synthese hervor. Oder um es etwas handfester mit Martin Walser zu formulieren:

Nichts ist ohne sein Gegenteil wahr.

Deshalb ist es lohnend, nicht auf die Fortschrittsmärchen der Regierungspolitiker und die Niedergangsgeschichten der Opposition zu vertrauen, sondern die Gesellschaft eigenständig in den Blick zu nehmen. Der perfekte Ort dafür ist der Kapitalmarkt.

Hier treffen sich die Zukunftserwartungen der Investoren mit den Notwendigkeiten und Wünschen echter Menschen. Das Auf und Ab von Industriezweigen, Firmen und Ländern liefert nicht nur das EKG der Gegenwartsgesellschaft, sondern berichtet auch über das Kommende. An der Börse, das hat uns André Kostolany gelehrt, wird die Zukunft gehandelt.

1 Der Krieg wird vorbereitet

Die Auftragslage der Rüstungskonzerne erzählt uns von der wieder gestiegenen Neigung, Auseinandersetzungen militärisch zu führen. Es gibt keinen Krieg ohne vorherige Aufrüstung. Es gibt keine Aufrüstung, die nicht früher oder später zum Krieg führt. Die Logik des Kalten Krieges – wenn du den Krieg vermeiden willst, bereite ihn vor – hat sich seither oft schon als wertlos erwiesen.

2 Splendid Isolation: Amerika strebt nach Autarkie

Der Wirtschaftskrieg zwischen China und den USA wird heftiger. Die Chinesen bauen ihre Dollarreserven ab, so wie die USA ihre Importsucht nach chinesischen Waren zu dämpfen versuchen.+

Die Bilanzzahlen und Aktienkurse eines Chipherstellers wie Nvidia erzählen von dem amerikanischen Streben nach technologischer Autarkie. Gerade im Bereich der hochleistungsfähigen Speicherchips, die man für Künstliche Intelligenz braucht, will Amerika nicht abhängig sein: Autarkie sichert Angriffs- und Abwehrfähigkeit.

3 Vertrauen funktioniert – auch als Geschäftsmodell

Inmitten des Neuen erweist sich das Alte als langlebig. Das gilt umso mehr im Finanzgewerbe, wo Vertrauen seit jeher die Schlüsselrolle spielt. Der deutsche Mittelstand wird deshalb trotz aller Lockangebote amerikanischer Investmentbanken nicht auf das heimische Geldgewerbe verzichten wollen.

Die Aktienkurse von Commerzbank und der Deutschen Bank haben zwar durch den Aufstieg der amerikanischen Geldindustrie und die Überregulierung nach der Finanzkrise gelitten, aber die Notwendigkeit nationaler Geldkreisläufe ist geblieben. Die Börse honoriert die Kraftanstrengungen der dortigen Vorstände. Totgesagte leben länger.

4 China ist gekommen, um zu bleiben

Was als verlängerter Arm der westlichen Großkonzerne begann, setzt sich in der Selbstständigkeit fort. China will nicht Diener, sondern Herr sein. Der kommunistischen Führung geht es jetzt darum, ökonomische Energie in politische Macht zu verwandeln.

Dollar weg, Gold her, ist die neue Devise im Reich der Mitte. In Peking möchte man seine lang ersehnte Souveränität nicht an die USA und den Dollar binden.

5 Nasdaq vs. Dax: Innovation schlägt Tradition

Der relative Abstieg der Bundesrepublik ist auch an der Entwicklung von Dax und Nasdaq abzulesen. Die Technologiebörse der USA vereint mit Apple, Microsoft, Nvidia und Tesla mehrere Unternehmen, die jedes für sich es mit den 40 wertvollsten deutschen Unternehmen aufnehmen können.

In Deutschland werden in aller Regel die Erfindungen der Väter weiterentwickelt. In Amerika wird neu gedacht – die Raumfahrt, das Automobil, die Kommunikation und auch das Finanzgewerbe, wo der Banker sich als Risk-Taker und nicht als Mitarbeiter einer Kreditanstalt versteht.

6 GameStop: Der Mensch ist kein Homo Oeconomicus

Unser Selbstbild vom rational handelnden Wesen wird vom Kapitalmarkt nicht bestätigt. Wider besseren Wissens setzten erneut Millionen Menschen in den vergangenen Tagen auf die Aktie einer nahezu wertlosen Firma namens GameStop. Ein Einpeitscher namens Roaring Kitty (im echten Leben der 38-jährige Keith Gill aus Massachusetts) hat sie im Internet dazu verführt.

Wobei die meisten sich gerne verführen lassen. Die Spekulanten wissen um die Wertlosigkeit der Firma. Aber der Wert ihres Investments liegt ja gerade im Spiel selbst begründet. Der Reiz des Gewinns wird stimuliert durch die Aussicht auf Totalverlust.

Fazit: An der Börse erfahren wir mehr über unsere Gegenwart als im Deutschen Bundestag. In der Anonymität der Geldströme und der Klarheit der pekuniären Motive wird die Wirklichkeit nicht fiktionalisiert und banalisiert, sondern gespiegelt. Wer genau hinschaut, erkennt in dieser Spiegelung die kollektiven Sehnsüchte und Ängste einer Gesellschaft – und immer auch sich selbst.