Schon 1970 – also vor über 50 Jahren – habe ich in meiner Sendereihe ‚Energie, die treibende Kraft‘, sie umfasste 13 Folgen, der Fusionsenergie eine ganze Folge gewidmet. Meine Recherchen führten mich vor allen Dingen nach Deutschland, nach Garching bei München zum Max-Plank-Institut. Dort – aber natürlich auch in vielen anderen Ländern, insbesondere in Frankreich und Großbritannien wurde ebenso geforscht, ja, es entstand sogar ein europäischer Forschungsverbund. Überall versicherte man mir, dass spätestens in vierzig Jahren die Welt auf diese grenzenlose Fusionsenergie zugreifen könnte. Schon damals war ich skeptisch, denn man benötigt, um die Energiequelle der Sonne auf die Erde zu holen, mehr als 100 Mio. Grad Celsius. Das gelang aber nur auf zerstörerischer Weise in der Wasserstoffbombe, in deren Innerem eine Atombombe durch Kernspaltung diese Temperatur erzeugte. Das führte zu einer unkontrollierbaren Fusions-Explosion, wie wir aus extremen Experimenten z. B. auf bedauerlichen Atolls im Pazifik beobachten konnten. Der Radioaktive Abfall, genannt Fallout, der dabei entstand, war so furchtbar, dass diese Inseln heute noch nicht bewohnbar sind.
Das Problem ist, dass es keine Materialien gibt, die hunderte Millionen von Grad Celsius aushalten. Deshalb hat man von Anfang an auf den Magnetismus gesetzt, bei diesen Temperaturen wird alle Materie elektrisch leitend, sie werden zum Plasma, und die lassen sich durch Magnetfelder beeinflussen, z. B. komprimieren.
Wie Sie in der Pressemeldung der europäischen Fusionsforschungs-Institute lesen können, ist es nun gelungen, dieses magnetisch eingefangene Plasma in einem weit von der Wand des Reaktors entfernten Innen-Bereichs zu erzeugen, und diese Fusion einige Sekunden aufrecht zu erhalten. Die Materialien Deuterium und Tritium – das sind Wasserstoffkerne, die zum Proton des normalen Wasserstoffs im Kern auch noch ein zusätzliches Neutron (Deuterium) oder zwei Neutronen (Tritium) besitzen. Man kann auch von schwerem Wasserstoff reden. Diese Wasserstoff-Isotope findet man ausreichend im normalen Wasser der Weltmeere, so dass der Traum von der unbegrenzten Energiequelle Realität bekommen könnte. Allerdings besteht bisher das Problem darin, dass mehr Energie in die Auslösung des Prozesses gesteckt werden muss, als dabei heraus kommt. Es besteht aber jetzt Hoffnung, dass ein Energieüberschuss entsteht, so dass die Fusion sich selbst aufrecht erhält.
Damals waren es 40 Jahre, die mir prognostiziert wurden, diese Zeitspanne hat sich offenbar bis heute nicht geändert. „Könnte es sein, dass die Zeit-Dilatation, die in Albert Einsteins Relativitätstheorie eine wichtige Rolle spielt, hier ihren Einfluss geltend macht??“ Aber Spaß beiseite, jedenfalls in den nächsten 30 bis 40 Jahren ist mit einem Erfolg nicht zu rechnen, so dass diese CO2-neutrale Energieerzeugung nicht dazu beitragen kann, die konkreten Klimaprobleme zu lösen. Bleibt halt nur der Ausweg, auf regenerative Energien aus dem Fusions-Reaktor unserer Sonne zu setzen, so schwer es auch fällt.
Jean Pütz
(pte) – Ein europäisches Forscher-Team unter Beteiligung des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (IPP) http://ipp.mpg.de und des Forschungszentrums Jülich http://fz-juelich.de haben in Sachen Fusionsenergie einen neuen Weltrekord aufgestellt. Ort des Geschehens war der weltweit größte Experimental-Fusionsreaktor JET im britischen Culham nahe Oxford. Fünf Sekunden lang verschmolzen in dem von mächtigen Magnetkräften eingeschlossenen Plasma Deuterium und Tritium, Isotope des Wasserstoffs, zu Helium. Dabei wurde eine Wärmeleistung von 59 Megajoule freigesetzt, mehr als doppelt so viel wie bei einem Experiment aus dem Jahr 1997 in der gleichen Anlage.
Zu klein für Netto-Energiegewinn
In der Einheit Leistung (Energie pro Zeit) ausgedrückt, erreichte JET etwas mehr als elf Megawatt über fünf Sekunden. Der bisherige Energierekord aus dem Jahr 1997 lag bei knapp 22 Megajoule Gesamtenergie und 4,4 Megawatt Leistung im Durchschnitt über fünf Sekunden. Die Energie, die zugeführt wurde, um die Fusion in JET in Gang zu setzen, war jedoch weitaus größer. Dass die Fusion nicht aufrechterhalten werden konnte, hat die Forscher aber nicht geärgert. Insgesamt sind in Culham mehrere 100 Wissenschaftler aus zahlreichen Ländern beschäftigt. Die Brennkammer von JET ist einfach zu klein, um einen Netto-Energiegewinn zu erzielen.
Der jetzige Erfolg zeigt, dass die Chancen für den weitaus größeren Fusionsreaktor ITER, der im französischen Cadarache gebaut wird, groß genug sind, ein länger dauerndes Plasma – so nennt man das über 100 Mio. Grad Celsius heiße Gemisch aus Deuterium und Tritium in der Brennkammer – zu erzeugen und sogar einen Energieüberschuss zu erzielen. JET war zuvor mit einer neuen Brennkammerwand ausgestattet worden, die aus dem gleichen Material besteht wie bei ITER: Aus einer Legierung aus Beryllium und Wolfram. Diese schluckt nicht so viele Neutronen wie die frühere Wandverkleidung aus Kohlenstoff. Diese „Leckage“ kühlt das Plasma ab, sodass die Fusion erstirbt.
Wissensvorsprung für ITER erreicht
„Die jüngsten Experimente im JET sind ein wichtiger Schritt hin zu ITER. Was wir in den vergangenen Monaten gelernt haben, wird es uns erleichtern, Experimente mit Fusionsplasmen zu planen, die wesentlich mehr Energie erzeugen, als für ihre Heizung benötigt wird“, so Sibylle Günter, wissenschaftliche Direktorin des IPP. Begeistert vom Ergebnis ist auch ITER-Generaldirektor Bernard Bigot: „Für unser Projekt sind die JET-Ergebnisse ein deutlicher Hinweis darauf, dass wir auf dem richtigen Weg sind, um die volle Fusionsleistung zu demonstrieren.“