(Pioneer Breifing) – Das Problem der FDP in einem Wort? Unehrlichkeit.
Die Partei des Liberalismus ist nicht etwa gegenüber dem Bürger, der Wirtschaft oder dem Kanzler unehrlich. Sie ist unehrlich zu sich selbst.
Sie mag nicht von außen kritisiert werden, was man ja verstehen kann. Aber sie mag auch nicht nach innen freimütig diskutieren, warum sie da steht, wo sie steht. Die entscheidenden fünf Fragen bleiben auf diese Art nicht nur unbeantwortet. Sie bleiben ungestellt:
Warum haben sich gegenüber der erfolgreichen Bundestagswahl von 2021 knapp drei Millionen Wählerinnen und Wähler in die Büsche geschlagen?
Wieso hat die Partei alle Regierungsämter in Nordrhein-Westfalen verloren?
Saarland, NRW, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Berlin: Warum sind mittlerweile fünf Landtagswahlen hintereinander verloren gegangen?
Warum reicht es für eine liberale Großstadtpartei nicht mal in der Hauptstadt zu einem Sitz im Berliner Abgeordnetenhaus?
Warum kann die FDP von der Verbotsorgie der Grünen und den Steuererhöhungsfantasien von SPD und Grünen nicht profitieren?
Die demoskopischen Befunde, die Professor Manfred Güllner von Forsa gestern unter der Überschrift „Der große Wählerschwund der FDP“ veröffentlicht hat, sind von allen Weckrufen der vergangenen Monate der schrillste. Demnach…
… wandelt sich die FDP von einer Klientelpartei für den Mittelstand zu einer Protestpartei für junge Männer.
… verliert die FDP vor allem die älteren Wähler und auch jene mit geringerem Haushaltseinkommen.
….. haben ausgerechnet diejenigen FDP-Wähler das Vertrauen verloren, die mit einer pessimistischen Wirtschaftsentwicklung rechnen.
…. ist die Abwanderung in Ostdeutschland überproportional stark.
Die verlorene Berlinwahl illuminiert die Unehrlichkeit der FDP auf der großen Bühne. Vom Parteivorsitzenden bis zum Spitzenkandidaten sind sich noch in der Wahlnacht alle einig: Es lag nicht am Kandidaten, nicht an der Kampagne, auf keinen Fall an den tapferen Wahlkämpfern. Vermutlich hat sich das Bürgertum einfach geirrt oder – schlimmer noch – die Genialität der Wahlkampfführung nicht verstanden. Schäm dich, Wähler!
Es ist ja nicht so, dass es Christian Lindner an Dynamik und Selbstbewusstsein mangelt. In seinem Freiheitsdrang, der auch die Freiheit einer verweigerten Selbstbesinnung beinhaltet, erinnert er an den jungen Friedrich Schlegel, der in seiner Zeit als genial und unberechenbar galt. „Mein Ziel ist zu leben, frei zu leben“, verkündete er und riet selbst den Freunden davon ab, ihm zu nahe zu kommen. „Am liebsten besieht man mich aus der Ferne wie eine gefährliche Rarität.“
Die Mutter war nicht glücklich über die Entwicklung ihres einen Sohnes: „Gib ihm guten Rat und Vermahnung“, schrieb die Mutter von Friedrich an ihren Sohn August Wilhelm, auf dass er seinen jüngeren und dynamischeren Bruder zur Besinnung bringen möge: „Fritze, macht uns Not.“
Die oben genannten Umfrageergebnisse des Forsa-Instituts dürften bei einigen FDP-Politikern tiefe Sorgenfalten verursachen. Wo liegen die Gründe für die schlechten Zahlen aus der internen Sicht?
Das wollte ich von Ria Schröder wissen. Sie war Vorsitzende der Jungen Liberalen und sitzt seit anderthalb Jahren im Bundestag für die FDP als bildungspolitische Sprecherin ihrer Partei. Die Unzufriedenheit der FDP-Wähler auf Bundesebene ist laut Schröder auf externe Ursachen zurückzuführen: