Das Europäische Energieeffizienzpaket
Berlin. Eine Woche vor der offiziellen Vorstellung des europäischen Energieeffizienzpakets durch die Europäische Kommission war dieses Thema Gegenstand der Debatte im Rahmen des European Energy Colloquium (EEC) des Forum für Zukunftsenergien unter Vorsitz von Prof. Dr. Michael Köhler in Brüssel.
Prof. Dr. Michael Köhler (Kabinettschef des EU-Kommissars Günther Oettinger und ehrenamtlicher Vorsitzender des EEC) skizzierte zunächst die wesentlichen Inhalte des zu erwartenden Pakets. Er verdeutlichte, dass die Energieeinsparung zwar einerseits notwendig, die ehrgeizigen Ziele und Maßnahmen jedoch umstritten seien. Es seien u.a. die folgenden drei Akzente zu erwarten:
Zunächst werde es voraussichtlich keine rechtlich verbindlichen Vorgaben zur Energieeinsparung geben, stattdessen würde auf Anreize gesetzt werden. Weiterhin solle der öffentliche Sektor aufgefordert werden, mit gutem Beispiel voranzugehen, da in Europa ca. 12% des Gebäudebestandes direkt von der öffentlichen Hand kontrolliert würden. Zur Hebung der Einsparpotenziale solle in diesem Sektor die Energieeffizienz zum Vergabekriterium bei Modernisierungsaufträgen werden. Köhler stellte außerdem fest, dass die bisherigen, unzureichenden Energieeinsparergebnisse in der Industrie gezeigt hätten, dass in diesem Sektor offensichtlich der Kostendruck nicht ausreiche, um vorhandene Effizienz- und Einsparpotenziale zu heben. Deshalb solle es künftig für große Unternehmen ein verpflichtendes Energieeffizienz-Audit geben, das allerdings nicht zwingend von externen Beratern, sondern ebenso durch nachweisbare, interne Prozesse durchgeführt werden könne.
Axel Gedaschko (Präsident, GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V.) wies darauf hin, dass ein sehr differenziertes Herangehen für die Erschließung der Potenziale im Gebäudebestand notwendig sei. Zwar würden fast 25 % des Endenergieverbrauchs in Deutschland für Beheizung und Warmwasserversorgung benötigt, der Wohngebäudebestand weise aber – mit selbst genutzten Einfamilienhäusern, Eigentümergemeinschaften in Mehrfamilienhäusern und vermieteten Wohnungen – sehr unterschiedliche Nutzerstrukturen auf. Außerdem müsse die soziale Dimension, insbesondere die Belastbarkeit von Mieterhaushalten mit mittleren und kleineren Einkommen, berücksichtigt werden, da energetische Modernisierung zu steigenden Wohnkosten führe. Haushalte, die steigende Energiepreise nicht bezahlen können, könnten auch keine Modernisierung bezahlen. Da auch Gebäudeeigentümer, wie z.B. Wohnungsunternehmen, Maßnahmen an Bestandsgebäuden nur durchführen könnten, wenn diese wirtschaftlich darstellbar sind, sollte die Erschließung von Energieeffizienzpotenzialen aus Sicht des Gebäudeeigentümers betrachtet werden.
Ralf Diemer (Leiter des Brüsseler Büros des Verbands der Automobilindustrie e.V.) wies darauf hin, dass die öffentliche Wahrnehmung des Transportsektors an den CO2-Emissionen höher sei als sein wirklicher Anteil. Insgesamt (Straße, Wasserstrasse, Schiene) habe er einen Anteil an den weltweiten CO2-Emissionen von 17%. Der Straßenverkehr sei mit rund 12% daran beteiligt. Laut Umweltbundesamt seien die CO2-Emissionen von 1999-2010 in Deutschland trotz des steigenden Verkehrsaufkommens um 31 Mio Tonnen zurückgegangen. Mit den jetzt verabschiedeten EU-Verordnungen zur CO2-Regulierung für PKW und leichte Nutzfahrzeuge erreiche die europäische Automobilindustrie mit hauptsächlich technischen Maßnahmen an den Fahrzeugen bis 2015 eine Absenkung der CO2-Emissionen ihrer Neufahrzeugflotte um 20%. Diese Entwicklung werde durch die Investition von rund 21 Mrd. Euro / Jahr in Forschung und Entwicklung, insbesondere im Bereich der alternativen Antriebstechnologien, weiter vorangetrieben. Die Automobilindustrie verfolge dabei eine Fächerstrategie zur Absenkung der CO2-Emissionen, die aus den Komponenten "Einsparen", "Ergänzen" und "Ersetzen" bestehe. Um diese Strategie umzusetzen, bedürfe es großer Investitionen in die Optimierung der Verbrennungsmotoren und Entwicklung alternativer Antriebssysteme. Hinzu komme die gesetzliche Verpflichtung die Fahrzeuge ständig sauberer und sicherer zu machen. Vor dem Hintergrund dieser Anforderungen plädierte Diemer für Rahmenbedingungen, die nicht lediglich einseitig Ziele auferlegen, sondern wirtschaftliches Handeln ermöglichen. Dieses sei Voraussetzung für die geforderten weiteren Investitionen.
Dr. Carsten Rolle (Leiter der Abteilung Energie und Rohstoffe im BDI Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.) zeigte auf, dass die Industrie in der Vergangenheit den Löwenanteil der insgesamt erzielten Effizienzverbesserungen getragen habe. Die deutsche Industrie bzw. große Teile der europäischen Industrie wären in den Bereichen Energieeinsparung und effizientem Energieeinsatz weltweit führend. Zurückzuführen sei dies u.a. auf die im internationalen Vergleich sehr hohen Strompreise in der EU, die gerade bei energieintensiven Unternehmen seit langem dazu geführt hätten, dass Energie so effizient und sparsam wie möglich eingesetzt wird. Energieeffizienz sei nicht nur eine Frage der technischen Möglichkeiten sondern vor allem auch nach dem ökonomisch Sinnvollen und Machbaren. Dr. Rolle sprach sich deshalb dafür aus, den funktionierenden Energieeffizienzmärkten zu vertrauen. Weitere detaillierte Regulierungen oder staatlich vorgegebene Investitionslenkungen seien seiner Meinung nach weder hilfreich noch nützlich.