Archiv der Kategorie: Klassische Medizin

Forscher entdecken die Bedeutung von Kalium-Kanälen in unseren Zellen

Pharmakologischer Generalschlüssel zur Beruhigung von Nervenaktivität entdeckt

Internationales
Forschungsteam unter Leitung von Kieler Physiologinnen und Physiologen
entdeckt neuen pharmakologischen Mechanismus in Kaliumkanälen, mit
diesem könnte zu hohe elektrische Aktivität in Nerven- oder Muskelzellen
eingedämmt werden.

Elektrische
Signale bilden die Grundlage vieler Lebensvorgänge – sie ermöglichen,
dass das Herz schlägt, und dass wir denken, sehen, hören, schmecken,
riechen oder tasten können. Überschießende elektrische Aktivität von
Nerven- oder Muskelzellen kann aber auch schädlich sein und etwa zu
Epilepsie, unregelmäßiger Herztätigkeit (Herzarrhythmien),
Bluthochdruck, Migräne und anderen Schmerzzuständen führen. Elektrische
Signale entstehen durch das gezielte Öffnen und Schließen von
sogenannten Ionenkanälen. Dabei handelt es sich um Poren in der
Zellmembran, durch die elektrisch geladene Teilchen (zum Beispiel
Natriumionen und Kaliumionen) transportiert werden. Daher ist es nicht
verwunderlich, dass viele Medikamente auf Ionenkanäle wirken, und dass
insbesondere Medikamente, die überschießende elektrische Aktivität
reduzieren, von großem pharmakologischem Interesse sind. Die
Pharmakologie ist die Wissenschaft von der Wechselwirkung zwischen
Stoffen und Lebewesen.

Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftlern am Physiologischen Institut der
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) haben jetzt einen
neuartigen Mechanismus entdeckt, der wie ein Generalschlüssel bestimmte
Ionenkanäle gleichzeitig öffnet und dadurch überschießende Aktivität in
Zellen unterdrücken könnte. Die Entdeckung könnte der Pharmaindustrie
helfen, neue Medikamente mit weniger Nebenwirkungen zu entwickeln. Die
Ergebnisse veröffentlichten die Kieler Forschenden vergangenen Freitag
(22. Februar) in dem renommierten Wissenschaftsjournal Science.

Die
Kieler Arbeitsgruppe „Ionenkanäle“ um Professor Thomas Baukrowitz
erforscht die molekulare Biophysik von Ionenkanäle, also jene Prozesse,
die zum Öffnen und Schließen von Ionenkanälen in der Zelle führen. Dabei
liegt der Forschungsschwerpunkt auf einer besonderen Klasse der
Ionenkanäle, den sogenannten Kaliumkanälen (K+ Kanäle). Im menschlichen
Körper gibt es etwa 80 verschiedene Varianten von Kaliumkanälen, von
denen viele die Aufgabe haben, überschießende elektrische Aktivität in
Nerven- und Muskelzellen zu unterdrücken. Ohne diese elektrische
Beruhigung würden Zellen durch Übererregung absterben. 

„Kaliumkanäle
sind für uns Grundlagenforscher deshalb so interessant, weil sie
vielseitig regulierbar sind: Sie lassen sich durch Spannung, Temperatur
oder mechanischen Stress öffnen – aber auch durch den Einsatz bestimmter
Substanzen“, erklärt Baukrowitz. Solche Substanzen befinden sich in
einem Teststadium und sind noch nicht für Versuchsreihen oder den
Pharmamarkt zugelassen. Über den Mechanismus, wie diese Substanzen
wirken, war aber bisher nur wenig bekannt. In ihrer Publikation deckt
das Forschungsteam auf, dass eine Reihe schon lange bekannter Substanzen
(Versuchspharmaka) nicht wie ursprünglich gedacht spezifisch auf nur
eine Sorte von Kaliumkanäle wirken, sondern gleichzeitig viele
unterschiedliche Kaliumkanäle öffnen. Diese Vielfachwechselwirkung
(Polypharmakologie) war bis dahin für Kaliumkanäle unbekannt.

Das
veranlasste die Kieler Physiologen Professor Thomas Baukrowitz und Dr.
Marcus Schewe, den Mechanismus dahinter zu entschlüsseln – mit
internationaler Beteiligung. Dabei nutzten die Kieler Wissenschaftler
ein Netzwerk von Kooperationen wissenschaftlicher Arbeitsgruppen aus
Berlin, Marburg, Göttingen, Freiburg, Oxford und Talca/Chile. Durch die
unterschiedlichen Methoden – wie Computersimulationen,
Röntgenstrukturaufklärung, Molekularbiologie und Elektrophysiologie –
war es möglich, den exakten Bindungsort der Versuchspharmaka in den
Kaliumkanälen zu bestimmen und den Wirkmechanismus zu verstehen.

„Es
ist uns gelungen, eine pharmakologische Substanzklasse zu finden, die
neun von etwa 80 Kaliumkanälen gleichzeitig öffnet“, so Baukrowitz.
Erstautor Schewe ergänzt: „Außerdem haben wir herausgefunden, dass bei
allen Kanälen der gleiche Ort betroffen ist, an dem sich der Kanal
öffnet: am sogenannten Selektivitätsfilter. Der Selektivitätsfilter hat
die Funktion, nur Kaliumionen, nicht aber zum Beispiel Natriumionen
durch die Pore zu lassen.“ Das Besondere: Bei einigen Kaliumkanälen
verhält sich der Selektivitätsfilter wie eine Klappe, die erst durch
bestimmte Stimuli wie etwa elektrische Signale, Temperatur oder
mechanischen Druck geöffnet wird. „Wir fanden heraus, dass die
Versuchspharmaka direkt unterhalb dieser ‚Klappe‘ binden und diese durch
bestimmte Wechselwirkungen öffnen. Ähnlich einem Generalschlüssel
öffnen die Substanzen alle K+ Kanäle mit diesem Klappenmechanismus
gleichzeitig“, erzählt Schewe. Baukrowitz fügt hinzu: „Die
Versuchssubtanzen zweckentfremdeten gewissermaßen die natürliche
Funktionsweise der Kanalpore, um diese zu öffnen. Dass dieser
Klappenmechanismus in verschiedenen Sorten von Kaliumkanälen auf sehr
ähnliche Weise funktioniert, war so nicht bekannt und liefert ein
besseres Verständnis der Funktionsweise von Kaliumkanälen.“

Anhand
von Molekulardynamik-Simulationen in Kombination mit
röntgenkristallographischen und funktionellen Mutagenese-Daten konnte
die Forscherin Dr. Han Sun vom Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare
Pharmakologie in Berlin bestimmen, wo genau die negativ geladenen
Aktivatoren sich in den Kanälen befinden. Anhand von aufwendigen
Computersimulationen, die sie zum Teil am Norddeutschen
Hochleistungsrechenzentrum (HLRN) umsetzte, konnte der Ionenfluss durch
den Selektivitätsfilter simuliert werden. Aus dieser Analyse konnten die
Kieler Forscher den Mechanismus entschlüsseln.

Nebenwirkungen von Medikamenten reduzieren

Das
Wissen darum, wie die Testpharmaka in Kaliumkanälen wirken, könnte
beispielsweise Pharmaunternehmen helfen, effizientere neue Medikamente
zu entwickeln, insbesondere bei solchen, die zur Behandlung von
Krankheiten wie Epilepsie, Herzrhythmusstörungen (Arrhythmien),
Gefäßverengungen oder verschiedenen Schmerzzuständen zum Einsatz kommen.
„Auch könnte der neue Mechanismus es ermöglichen, bestimmte
Kaliumkanäle im Herzen davor zu schützen, durch Medikamente blockiert zu
werden“, meint Schewe. „Dadurch könnten Nebenwirkungen von Medikamenten
reduziert werden.“

Originalpublikation:
"A
pharmacological master key mechanism that unlocks the selectivity
filter gate in K+ channels". Marcus Schewe, Han Sun, Ümit Mert,
Alexandra Mackenzie, Ashley C. W. Pike, Friederike Schulz, Cristina
Constantin, Kirsty S. Vowinke, Linus J. Conrad, Aytug K. Kiper, Wendy
Gonzalez, Marianne Musinszki, 
Marie
Tegtmeier, David C. Pryde, Hassane Belabed, Marc Nazare, Bert L. de
Groot, Niels Decher, Bernd Fakler, Elisabeth P. Carpenter, Stephen J.
Tucker, Thomas Baukrowitz.
 Science  22 Feb 2019: Vol. 363, Issue 6429, pp. 875-880, DOI:  10.1126/science.aav0569. http://science.sciencemag.org/content/363/6429/875

Ein Foto und eine Abbildung stehen zum Download bereit:
www.uni-kiel.de/de/pressemitteilungen/2019/050-mechanismus-kaliumkanaele.jpg
Bildunterschrift:
(links) Erstautor Dr. Marcus Schewe (Wissenschaftlicher Mitarbeiter am
Physiologischen Institut der CAU) und Professor Thomas Baukrowitz
(Leiter der Arbeitsgruppe „Ionenkanäle“ am Physiologischen Institut der
CAU) an einem sogenannten Patch-Clamp-Messplatz, der auch im Rahmen der
Untersuchung zum Einsatz kam.

© Jürgen Haacks, Uni Kiel

www.uni-kiel.de/de/pressemitteilungen/2019/050-grafik-schluessel-kaliumkanaele.png
Grafik:
Schematische Darstellung eines Kaliumkanals, der den Bindungsort der
Versuchspharmaka (hier als Schlüssel dargestellt) am sogenannten
Selektivitätsfilter (Bindungsort der K+ Ionen) zeigt. Die bunten Pfeile
symbolisieren die Vielzahl von natürlichen Mechanismen, die in Zellen
den Selektivitätsfilter öffnen.

© Physiologisches Institut

Kontakt:
Professor Dr. Thomas Baukrowitz

Versteckte Zucker schaden der Gesundheit

Versteckte Zucker schaden der Gesundheit

Deutsche Diabetes Gesellschaft warnt vor unkontrolliertem Zuckerkonsum

Berlin � Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) warnt vor den gesundheitsschädlichen Folgen eines unkontrollie rten Zuckerkonsums. �In vielen Fertigprodukten stecken erhebliche Mengen Zucker, ohne dass sich die Konsumenten dessen bewusst wären�, erklärt Dr. Dietrich Garlichs, Geschäftsführer der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) aus Berlin. Nicht nur in Schokolade, Eis oder Softdrinks, sondern auch in Ketchup, Schinken oder Brot versteckt sich Zucker. Die Folgen sind Übergewicht, Diabetes und Herzkreislauf-Erkrankungen. Anlass für die Warnung der DDG ist die Ankündigung der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker e. V., eine Kampagne zur �nachhaltigen Imageverbesserung des Produktes Zucker� zu starten. �Notwendig ist keine Imageverbesserung, sondern Verbraucheraufklärung über einen kontrollierten, moderaten Zuckerkonsum�, kritisiert der DDG-Experte.

Im Schnitt verzehrt jeder Bundesbürger pro Jahr über 35 Kilogramm Zucker, fast 100 Gramm täglich � doppelt so viel, wie eine gesunde Ernährung vorsieht. Dass viele Menschen so große Mengen zu sich nehmen, liegt zum Teil am Stoff selbst. �Zucker kann ähnlich wie eine Sucht wirken, er macht Appetit auf mehr�, sagt Garlichs. Der Grund: Zucker gelangt ohne Umwege direkt in die Blutbahn, treibt den Blutzuckerspiegel hoch und lässt ihn ebenso schnell wieder abfallen � mit dem Ergebnis, dass sich der Hunger erneut meldet. Zudem ist die Empfänglichkeit für Süßes im Menschen angelegt. �Süße signalisiert uns seit Jahrtausenden, dass Nahrung nicht giftig ist�, erläutert Garlichs.

Hinzu kommt der Umstand, dass viele Lebensmittel mehr Zucker enthalten, als den Verbrauchern häufig bewusst ist. Wer die Zutatenlisten studiert, kann schnell eine lange Reihe an Bezeichnungen zusammen stellen, die für Zucker stehen: Saccharose, Lactose, Fructose (-sirup), Fruchtzucker, Glucose(-sirup), Traubenzucker, Invertzuckersirup, Dextrose, Maltodextrin(e), Dextrine. �Laien sind diese Fachbegriffe oft nicht bekannt�, betont Garlichs. Wenig Aufklärung verspricht sich die DDG an dieser Stelle von der geplanten Kampagne der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker e. V. (WZV). �Zu befürchten ist eher, dass es hier rein um Imageverbesserung geht, um den Konsum anzuregen�, bedauert Garlichs. Die WZV-Kampagne soll in Kürze mit einem Jahresetat von rund 700 000 Euro starten.

Verbrauchern sei oft nicht klar, dass Lebensmittel Zucker enthalten, in denen sie diesen nicht vermuten: Milchbrötchen etwa oder geräucherter Lachs. �Im Ergebnis konsumieren wir unkontrolliert Zucker und nehmen mehr Kalorien zu uns, als eine gesunde Energiebilanz vorschreibt�, sagt der Pressesprecher der Deutschen Diabetes Gesellschaft, Professor Dr. med. Andreas Fritsche aus Tübingen. Die Folge: Bereits 15 Prozent der Drei- bis 17-Jährigen sind übergewichtig. Übergewicht wiederum erhöht nachweislich das Risiko für Herzkrankheiten, Krebs, Arthrose, Schlaganfall und auch Diabetes mellitus.

�Damit die Folgekosten für das Gesundheitswesen nicht völlig aus dem Ruder laufen, sollte der Staat regulierend eingreifen, wie es die Weltgesundheitsorganisation WHO fordert�, meint Fritsche. Eine Steuer für gesundheitsschädigende Lebensmittel sei ein möglicher Weg. Frankreich etwa diskutiert derzeit eine Steuer für Nussnougatcreme und Cola. Auf der anderen Seite könnte man entsprechend die Mehrwertsteuer für gesunde Lebensmittel senken.

P4-Medizin – Krebstherapie der Zukunft?

Die P4-Medizin – Krebstherapie der Zukunft?

Die
Versorgung von krebskranken Menschen befindet sich in einem
grundlegenden Wandel. Die Entwicklung neuer diagnostischer Methoden und
individueller Therapien verändert die onkologische Medizin, wie wir sie
bisher kennen. Das jüngst gewonnene Wissen über den Krebs und seine
molekularbiologische Vielfalt verlangt nach neuen Antworten. In dem vom
amerikanischen Biomediziner Leroy Hood geprägten Konzept der P4-Medizin
wird die mögliche Krebstherapie der Zukunft umrissen: Präventiv,
personalisiert, präzise und partizipativ.

Im
Zentrum der P4-Medizin stehen die Personalisierung und die damit
verbundenen Hoffnungen, die Therapie möglichst passgenau auf den
Patienten auszurichten beziehungs­weise Patientengruppen zu
identifizieren, die besonders – oder eben nicht – von einer Therapie
profitieren. So können individuelle Merkmale des Patienten oder
krankheitsspezifische Faktoren die Wirkweise von Medikamenten
beeinflussen.

Im
Grunde verfolgte die Medizin seit jeher das Anliegen auf den Patienten
zugeschnitten zu heilen. Aber erst die Fortschritte in der
Molekularbiologie und Diagnostik ermöglichten es, nicht mehr nur die
Zelle von außen zu betrachten, sondern in die erkrankte Zelle
hineinzuschauen und den Tumor auf genetischer Ebene zu bekämpfen. Haben
traditionelle Krebsmedikamente auch gesunde Zellen betroffen, geht es
nunmehr darum, das genetische Profil des Tumors zu erkennen und mittels
zielgerichteter Substanzen den Tumor wirkungsvoll zu bekämpfen bei
möglichst wenigen Nebenwirkungen. So konnten beim fortgeschrittenen,
nicht kleinzelligen Bronchialkarzinom genetische Veränderungen ausfindig
gemacht und gezeigt werden, dass auf diese Veränderungen gerichtete
Substanzen das Potential haben, das Überleben deutlich zu verlängern.
Weitere Informationen hierzu l
iefert das ONKO-Internetportal in seinem aktuellen Monatsthema unter www.krebsgesellschaft.de/thema_april2016.

Schlaf für Gedächtnis unentbehrlich

Schlaf für Lernen und Gedächtnis unentbehrlich

Wichtige Verbindungen zwischen Gehirnzellen werden gebildet

Gesunder Schlaf: Gehirn lernt dann wesentlich besser (Foto: SPL)
Gesunder Schlaf: Gehirn lernt dann wesentlich besser (Foto: SPL)

New York/Peking (pte008/06.06.2014/10:24) –

Den Mechanismus, durch den eine gute Nachtruhe Lernen und Gedächtnis
verbessert, haben Wissenschaftler der New York University School of
Medicine http://school.med.nyu.edu und der Peking University Shenzhen Graduate School http://english.pkusz.edu.cn erforscht.

Mit Hilfe von hochentwickelter Mikroskopie wurde die
Bildung neuer Verbindungen zwischen Gehirnzellen während des Schlafes
beobachtet. Die in "Science" veröffentlichte Studie hat zudem
nachgewiesen, dass auch intensives Training fehlenden Schlaf nicht
wettmachen konnte.

Ungestörte Schlafphasen wichtig

Es ist allgemein bekannt, dass Schlaf eine wichtige
Rolle für das Gedächtnis und Lernen spielt. Was genau im Gehirn
geschieht, war jedoch bisher Gegenstand intensiver Diskussionen. Für die
aktuelle Analyse brachten die Wissenschaftler Mäusen eine neue
Fähigkeit bei – und zwar das Balancieren auf einer sich drehenden
Stange.

In einem nächsten Schritt untersuchten die Forscher das
Gehirn der lebenden Tiere mit einem Mikroskop. Sie wollten
herausfinden, was passiert, wenn die Mäuse entweder schliefen oder unter
Schlafmangel litten. Es zeigte sich, dass die vorher ausgiebig
schlafenden Tiere deutlich mehr neue Verbindungen zwischen den Neuronen
bildeten und daher auch mehr lernten.

Durch das Stören spezifischer Schlafphasen konnten die
Experten nachweisen, dass entweder der REM-Schlaf oder der weniger tiefe
Non-REM-Schlaf für das Entstehen von Erinnerungen nötig ist. In diesem
Stadium spielt das Gehirn die Aktivitäten des Tages erneut ab. Laut
Wen-Biao Gan von der New York University ist die Erkenntnis, dass Schlaf
die Bildung neuer Verbindungen zwischen den Neuronen bewirkt, neu.

Eindrücke werden erneut verarbeitet

"Wir sind davon ausgegangen, dass Schlaf hilft. Es
hätten aber auch andere Auslöser sein können. Jetzt haben wir
nachgewiesen, dass er wirklich hilft, Verbindungen entstehen zu lassen
und dass das Gehirn während des Schlafes aktiv ist und noch einmal
abspult, was während eines Tages geschehen ist. Der Schlaf scheint bei
der Entstehung neuer Verbindungen wirklich von entscheidender Bedeutung
zu sein", so Gan.

Weitere Tests bestätigten die Wichtigkeit des Schlafes.
Mäuse, die eine Stunde trainierten und dann schliefen, wurden mit
Tieren verglichen, die drei Stunden lang intensiv trainierten und dann
aber nicht schlafen durften. Der Unterschied blieb eindeutig. Die
ausgeruhten Tiere schnitten besser ab und das Gehirn bildete mehr neue
Verbindungen.

Diese Forschungsergebnisse sind laut Gan auch für
Studien mit Kindern von Bedeutung: "Wenn man sich etwas für eine lange
Zeit merken will, dann braucht man genau diese Verbindungen zwischen den
Zellen. Also ist es wahrscheinlich besser, zu lernen und sich dann
auszuschlafen als einfach weiterzumachen."

Körpereigenes Eiweiß verhindert Harnwegsinfektionen

fzm – Ein bereits 1950 im Harn entdecktes Eiweiß kann beim Menschen
Harnwegsinfektionen verhindern. Dies berichten Nephrologen aus
Österreich in der jüngsten Ausgabe der DMW Deutschen Medizinischen
Wochenschrift (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2005). Nach Auskunft von
Dr. Marcus Säemann von der Universität Wien hat das
Tamm-Horsfall-Eiweiß eine doppelte Wirkung: Es bindet einmal
Krankheitserreger, die über die Harnröhre in die Blase eingedrungen
sind, und verhindert dadurch eine Besiedlung der Blasenwand mit
Bakterien. Säemann: "Die Erreger werden abgefangen und mit dem Harn
ausgespült". Sollten die Erreger die Blasenwand bereits besiedelt
haben, stimuliert Tamm-Horsfall-Eiweiß die Immunantwort und sorgt
dafür, dass die Erreger von den Abwehrzellen beseitigt werden.

Die Entdeckung erklärt möglicherweise, warum einige Frauen immer wieder
an Harnwegsinfektionen erkranken, andere jedoch selten oder niemals.
Säemann hofft, dass die neuen Erkenntnisse in "innovative und potente
Strategien" zur Behandlung dieser rezidivierenden Harnwegsinfektionen
münden werden.

Das Tamm-Horsfall-Eiweiß wurde von den amerikanischen Virologen Igor
Tamm und Frank Horsfall entdeckt. Es wird in den Nierenkanälchen
gebildet und dann über den Harn ausgeschieden. Ein halbes Jahrhundert
haben die Forscher über die Funktion des Eiweißes gerätselt. Erst in
den letzten Jahren wurde entdeckt, dass das Tamm-Horsfall-Eiweiß bei
der Abwehr von Bakterien in den Harnwegen eine Rolle spielt.

M. Säemann, T. Weichart:

Ursachen der rezidivierenden Harnwegsinfektionen: neue Erkenntnisse

Deutsche Medizinische Wochenschrift 2005; 130 (36): 2031-2034

Krebs in Speiseröhre ohne Operation entfernen

Hannover – Krebserkrankungen in Magen, Speiseröhre und Enddarm lassen sich auch ohne Operation entfernen. Mit einer in Japan entwickelten Technik, die derzeit auch in Deutschland Fuß fasst, können selbst größere Schleimhauttumore mit Hilfe eines Endoskops abgetrennt werden. Experten stellen das Verfahren auf dem 40. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Endoskopie und Bildgebende Verfahren (DGE-BV) in Hannover vor.

„Eine Endoskopische Submukosa-Dissektion (ESD) ist immer dann möglich, wenn die Krebserkrankung noch auf die Schleimhaut beschränkt ist”, erläutert Tagungspräsident Professor Dr. med. Jürgen Hochberger, der das Verfahren am St. Bernward Krankenhaus in Hildesheim durchführt. Der Eingriff erfolgt über ein hochflexibles, kleinfingerdickes Endoskop in leichtem Sedierungsschlaf. Zunächst markiert der Arzt die Ausdehnung des Tumors. Dann spritzt er mit einer feinen Nadel Flüssigkeit unter die Schleimhaut. Der Tumor wird dadurch vom Untergrund abgehoben. Jetzt kann der Arzt ihn von den Seiten her in einem Stück entfernen. Was sich einfach anhört, ist in der Praxis ein schwieriges Unterfangen, da der Arzt keinesfalls die Wand von Magen, Speiseröhre oder Enddarm durchtrennen darf.

Entwickelt wurde die ESD in Japan. „Dort ist der Magenkrebs sehr viel häufiger als in Deutschland und eine Früherkennung durch Magenspiegelung seit vielen Jahren üblich”, berichtet Professor Hochberger: „Die Ärzte suchten nach einer Methode, den Patienten eine Operation zu ersparen.” Die Lösung lautet ESD. Zunächst wurden nur kleinere Tumore entfernt. Heute werden regelmäßig Tumore mit einer Ausdehnung von zwei Zentimetern oder mehr entfernt.

In Japan und Korea wurden bereits mehrere tausend Patienten behandelt. In Deutschland sind es deutlich weniger. Ein deutschlandweites ESD-Register sammelt seit August 2008 die Erfahrungen der deutschen Ärzte. Im ersten Jahr meldeten 13 Kliniken 68 Operationen. 56 wurden an Magen und Speiseröhre, die restlichen im Dickdarm durchgeführt. Nicht immer ging alles glatt: Bei vier Patienten kam es zu einer Perforation der Darmwand. Drei Mal mussten die Patienten im Rahmen der ESD operiert werden.

Das Register in Deutschland ist deshalb wichtig, um zu ermitteln für welche Patienten die Behandlung infrage kommt und wie sich Komplikationen vermeiden lassen. Besonders anspruchsvoll ist die Operation in der Speiseröhre. Der Herzschlag überträgt sich auf die Wand der Speiseröhre und auch die Eigenbewegungen der Muskulatur erschweren die Behandlung. Professor Hochberger hat bisher fünf Patienten in der Speiseröhre, über 30 im Enddarm und etwa 20 im Magen mit ESD behandelt. Dabei gelang es ihm, teilweise ausgedehnte Veränderungen eines Barrett-Ösophagus zu entfernen. Es handelt sich um Schleimhautschäden infolge langjährigen Säure- und Gallerückflusses in die Speiseröhre, die jedoch lediglich bei etwa 50 Prozent der Patienten mit Sodbrennen und Schmerzen einhergehen.

Hochberger entfernt dabei in einem Stück sowohl den Schleimhautkrebs, als auch die Risikoschleimhaut, in dem sich das Frühkarzinom entwickelt hat. Die größte Resektion hatte eine Größe von 16 mal 10,3 cm, davon 7 cm in der Speiseröhre und der Rest im Magen als sogenannte R0 Resektion. Nach der ESD sind jedoch für den Patienten nicht immer alle Probleme beseitigt. Wenn der Schleimhautkrebs Lymphgefäße bereits erreicht hat, muss gegebenenfalls eine große Operation nachfolgen, um die umgebenden Lymphknoten mit zu erreiche. Dies ist jedoch erfreulicherweise lediglich bei weniger als 10 Prozent der Veränderungen der Fall, die durch ESD entfernt wurden. Im Gegensatz zu bisherigen endoskopischen Abtragungstechniken, die flächige Schleimhautveränderungen nur in zahlreichen kleine Stücken entfernen können, senkt die ESD die lokale Rezidivrate von 20 bis 35 Prozent deutlich auf unter 3 Prozent.. Welche Patienten von ESD profitieren können und erste Ergebnisse des Deutschen ESD-Registers sind die Themen mehrerer Veranstaltungen im Rahmen des 40. DGE-BV-Kongresses.

Quellen:

J. Hochberger, E. Kruse, T. Gaertner, K.-F. Bürrig, D. Menke

Endoskopische Submukosadissektion (ESD) im Ösophagus

Endoskopie heute 2010; 23: 2–8

T. Nordmann, H. Neuhaus

Endoskopische Submukosadissektion bei Frühkarzinom des Magens

Endoskopie heute 2010; 23: 9–13

E.Kruse, K. Sochiera, K.-F. Bürrig, D. Menke, M. Fröhlich, G. Wilhelms V. Siems, S. Dammer, J. Hochberger:

Endoskopische Submukosadissektion (ESD) bei großflächigen Polypen im Rektum: Erfahrungen an 30 Fällen.

Endoskopie heute 2010; 23: 19-23

A. Probst, H. Messmann: Endoskopische Submukosadeissektion im Colon

Endoskopie heute 2010; 23: 14-18

J. Hochberger, S. Dammer, et. al.

Technische Aspekte bei der Endoskopischen Submucosa Dissektion (ESD)

Endoskopie heute 2010; 23: 23-33

Maßgeschneiderte Medizintechnik im Verbund

Maßgeschneiderte Medizintechnik im Verbund
Aachener Cluster „Personalisierte Medizintechnik“ zieht positive Zwischenbilanz
idw-online.de/pages/de/news436082

Personalisierte Medizin ist eine der Antworten auf die großen Herausforderungen im Gesundheitswesen und birgt ein großes Potential im Hinblick auf hochwirksame und innovative Therapien. Patientenadaptierte individuelle Lösungen und Therapien sind jedoch nicht nur bei der Biopharmazeutika-Entwicklung oder der Pharmakogenomik, sondern auch in den medizintechnischen Applikationen auf dem Weg zum Patienten.
Das Aachener Medizintechnik Cluster „innovating medical technology in.nrw“ erforscht und entwickelt seit Sommer 2010 eine neue Generation biomedizinischer Geräte und Systeme insbesondere für die kardiovaskuläre Therapie. Gemeinsam arbeiten 40 Partner aus der Region in sechs Forschungs- und Entwicklungsprojekten zusammen, um innovative Lösungen und Therapien für individuelle Patientenkonstellationen zu erarbeiten. Das Projektteam aus Wissenschaft, Versorgung und Wirtschaft ging als Sieger aus dem InnoMet.NRW – Wettbewerb des Ministeriums für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen hervor und wird mit insgesamt 13 Millionen Euro aus dem NRW-EU-Ziel2-Programm unterstützt.
Zentraler Ansatzpunkt ist es, mit der Personalisierung der Medizintechnik ein enormes, bislang ungenutzt ökonomisches und therapeutisches Potential zu erschließen. Mit dem Hauptaugenmerk auf die kardiovaskuläre Therapie sollen medizintechnische Systeme auf die patientenspezifische pathologische Bedarfslage zugeschnitten werden. Mit der kardiovaskulären Ausrichtung wird nicht nur ein besonders relevantes Krankheitsgebiet, das in Deutschland immer noch die Haupttodesursache darstellt, adressiert. Mit dem Themenfokus werden auch bestehende Stärken in Wissenschaft und Wirtschaft der Aachener Region aufgegriffen. Und es werden gleichzeitig die Weichen für eine weitere Profilierung gestellt. In den F&E-Vorhaben arbeiten jeweils spezialisierte Verbünde an verschiedenen innovativen medizintechnischen Systemen, deren Schwerpunkte von Telemedizin über kardio-pulmonale Assistenzsysteme und bildgeführte Interventionen bis hin zu patientenoptimierten Implantaten reichen.
Mit der Ausrichtung auf patientenadaptierte und kardiovaskuläre Fragestellungen hat die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Cluster ein gemeinsames übergeordnetes Ziel. Die unterschiedlichen Fachdisziplinen von der Medizin über die Informationstechnologien und die Materialwissenschaften bis hin zur Lasertechnik und dem Tissue Engineering finden so themenbezogen zusammen.
Nach einem Jahr wird das Cluster mit allen Partnern und dem externen Beirat am 22. September 2011 in Aachen eine erste Zwischenbilanz ziehen. Schon jetzt ist klar, dass diese positiv ausfallen wird. Georg Wagner, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Lehr- und Forschungsgebiets Kardiovaskuläre Technik (CVE), Institut für Angewandte Medizintechnik (AME) im Helmholtz-Institut Aachen, wurde beispielsweise in den USA für seine Arbeiten im Teilvorhaben des Clusters ausgezeichnet. Auf der 7. "International Conference on Pediatric Mechanical Circulatory Support Systems and Pediatric Pulmonary Perfusion", die vom 5. bis zum 7. Mai in Philadelphia stattfand, wurde Wagner für seine Arbeit mit dem Titel „I³-Assist: Individual, Interactive and Integrated Cardiopulmonary Assist – A Concept" der "Biomedical Engineering Award” verliehen. Das Konzept, welches die Funktionen einer Herz-Lungen-Maschine (HLM) für Kurzzeitunterstützung und einer Extrakorporalen Lungenunterstützung (ECMO/ECLA) für Langzeitanwendung durch ein modulares System verbindet, überzeugte die Fachjury und entstand in enger Kooperation zwischen Ingenieuren des CVE/AME, Ärzten der Kliniken für Anästhesiologie und für Operative Intensivmedizin des Universitätsklinikums der RWTH Aachen sowie den Unternehmen Medos Medizintechnik AG und qcmed GmbH.
Auf der BMT 2011 wird sich das Cluster vom 27. bis 30. September 2011 in Freiburg dem Fachpublikum präsentieren. Viele der medtec-in.nrw Partner sind mit wissenschaftlichen Beiträgen und Postern im diesjährigen Programm vertreten. In der Ausstellung werden die Teilvorhaben mit ihren Aspekten der Personalisierung anhand von Exponaten und Präsentationen vorgestellt.

Weshalb Tumore der Immuntherapie entkommen

Weshalb Tumore der Immuntherapie entkommen

Gemeinsame Pressemitteilung
des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in
der Helmholtz-Gemeinschaft und des Berliner Instituts für
Gesundheitsforschung

Die
Immuntherapie gegen Krebs ist eine neue vielversprechende Therapieform.
Bei vielen Patienten treten jedoch nach der Therapie erneut Tumoren
auf. Ein Forschungsteam vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare
Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC), dem Berliner Institut
für Gesundheitsforschung (BIH) und der Charité – Universitätsmedizin
Berlin erklärt nun in der aktuellen Ausgabe des Journal of Experimental
Medicine, weshalb manche Tumoren wiederkehren, und wie dies verhindert
werden kann. Die Erkenntnisse helfen bei der Wahl
geeigneter Angriffspunkte für die Immuntherapie.  

Eine Form der Immuntherapie gegen Krebs ist die
T-Zellrezeptor-Gentherapie. Hier werden bestimmte Immunzellen,
sogenannte T-Zellen, aus dem Blut entnommen, im Reagenzglas spezifisch
gegen die Krebszellen ausgerichtet und zurück in die Blutbahn der
Erkrankten gegeben. Dort finden und zerstören die T-Zellen den Tumor.
Bei bestimmten Krebsarten war dieses Verfahren in klinischen
Studien erfolgreich, jedoch traten bei den Behandelten oft wieder neue
Tumoren auf.

„Die Tumoren werden von den
T-Zellen nicht erkannt“, beschreibt Dr. Ana Textor das Problem. Die
Postdoc-Forscherin im Team von Prof. Thomas Blankenstein am MDC und der
Charité ist Erstautorin der aktuellen Studie. „Wir wollten herausfinden,
wie man erreichen kann, dass die Krebserkrankungen nach der
Therapie seltener wieder auftreten“, sagt die Biologin.

T-Zellen töten andere Zellen mit bestimmten Oberflächenmerkmalen

Um dieses Ziel zu erreichen, konzentrierte sich die Forscherin auf
bestimmte Moleküle auf der Oberfläche der Zellen, die Epitope. Diese
stehen im Zentrum der Immunantwort. Sie werden im Inneren der Zelle
hergestellt, indem spezialisierte Enzyme andere Proteine in kurze
Fragmente aufspalten und an die Oberfläche der Zelle bringen. Bei Krebs
sind Proteine durch Mutation krankhaft verändert – auch diese werden auf
der Zelloberfläche als sogenannte „Neo-Epitope“ präsentiert. Trägt
eine Zelle ein Neo-Epitop, kann dieses von T-Zellen erkannt werden,
welche die Zelle abtöten.

Bestimmte Epitope entkommen den geschärften T-Zellen

Für eine erfolgreiche T-Zellrezeptor-Gentherapie gilt es, T-Zellen mit
Hilfe eines passenden Neo-Epitops zu trainieren. Hierfür werden T-Zellen
auf ein passendes Neo-Epitop angesetzt und so geschärft, dass diese den
Tumor erkennen und zerstören können.

Die
Forscher trainierten im Experiment zwei verschiedene T-Zell-Arten, die
je eines von zwei Tumor-charakteristischen Epitopen erkannten. Eine der
T-Zell-Arten zerstörte die Tumoren im Mausmodell dauerhaft. Nach der
Behandlung mit der anderen T-Zell-Art kam es nach anfänglicher
Tumorrückbildung zu einem Rückfall.

Epitope werden in der Zelle unterschiedlich hergestellt

Die Forscher stellten fest, dass in dem wiederaufgetretenen Tumor das
Epitop nicht mehr in ausreichender Menge an der Zelloberfläche
präsentiert wurde. Der Grund war, dass das Epitop in diesen Krebszellen
nicht mehr korrekt enzymatisch zurechtgeschnitten wurde – in diesem Fall
durch das Enzym ERAAP. ERAAP wird erst richtig aktiv, wenn die Zelle
durch das Signalmolekül Interferon-Gamma stimuliert wird.
Die Tumorzellen waren gegenüber Interferon-Gamma
allerdings unempfindlich, und konnten von den T-Zellen nicht mehr
erkannt werden, weil sie das Epitop nicht mehr herstellten.

Das Epitop auf den Zellen des erfolgreich bekämpften Tumors benötigte
dagegen keine Verarbeitung durch ERAAP, und war daher auch von einer
Stimulation durch Interferon-Gamma unabhängig.

Die neuen Erkenntnisse sind somit ein entscheidender Schritt zu einer
erfolgreicheren Anwendung der T-Zellrezeptor-Gentherapie, wie Ana Textor
erklärt: „Epitope, die keine Bearbeitung durch das Enzym ERAAP
benötigen, sind daher vermutlich eine bessere Wahl für die
Immuntherapie.“

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Die Studie wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (Sonderforschungsbereich-Transregio, SFB-TR36) gefördert.

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Ana Textor et al. (2016): „Preventing tumor escape by targeting a post-proteasomal trimming independent epitope.“ Journal of Experimental Medicine.

Gemeinsame Pressemitteilung
des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in
der Helmholtz-Gemeinschaft und des Berliner Instituts für
Gesundheitsforschung

Die
Immuntherapie gegen Krebs ist eine neue vielversprechende Therapieform.
Bei vielen Patienten treten jedoch nach der Therapie erneut Tumoren
auf. Ein Forschungsteam vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare
Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC), dem Berliner Institut
für Gesundheitsforschung (BIH) und der Charité – Universitätsmedizin
Berlin erklärt nun in der aktuellen Ausgabe des Journal of Experimental
Medicine, weshalb manche Tumoren wiederkehren, und wie dies verhindert
werden kann. Die Erkenntnisse helfen bei der Wahl
geeigneter Angriffspunkte für die Immuntherapie.  

Eine Form der Immuntherapie gegen Krebs ist die
T-Zellrezeptor-Gentherapie. Hier werden bestimmte Immunzellen,
sogenannte T-Zellen, aus dem Blut entnommen, im Reagenzglas spezifisch
gegen die Krebszellen ausgerichtet und zurück in die Blutbahn der
Erkrankten gegeben. Dort finden und zerstören die T-Zellen den Tumor.
Bei bestimmten Krebsarten war dieses Verfahren in klinischen
Studien erfolgreich, jedoch traten bei den Behandelten oft wieder neue
Tumoren auf.

„Die Tumoren werden von den
T-Zellen nicht erkannt“, beschreibt Dr. Ana Textor das Problem. Die
Postdoc-Forscherin im Team von Prof. Thomas Blankenstein am MDC und der
Charité ist Erstautorin der aktuellen Studie. „Wir wollten herausfinden,
wie man erreichen kann, dass die Krebserkrankungen nach der
Therapie seltener wieder auftreten“, sagt die Biologin.

T-Zellen töten andere Zellen mit bestimmten Oberflächenmerkmalen

Um dieses Ziel zu erreichen, konzentrierte sich die Forscherin auf
bestimmte Moleküle auf der Oberfläche der Zellen, die Epitope. Diese
stehen im Zentrum der Immunantwort. Sie werden im Inneren der Zelle
hergestellt, indem spezialisierte Enzyme andere Proteine in kurze
Fragmente aufspalten und an die Oberfläche der Zelle bringen. Bei Krebs
sind Proteine durch Mutation krankhaft verändert – auch diese werden auf
der Zelloberfläche als sogenannte „Neo-Epitope“ präsentiert. Trägt
eine Zelle ein Neo-Epitop, kann dieses von T-Zellen erkannt werden,
welche die Zelle abtöten.

Bestimmte Epitope entkommen den geschärften T-Zellen

Für eine erfolgreiche T-Zellrezeptor-Gentherapie gilt es, T-Zellen mit
Hilfe eines passenden Neo-Epitops zu trainieren. Hierfür werden T-Zellen
auf ein passendes Neo-Epitop angesetzt und so geschärft, dass diese den
Tumor erkennen und zerstören können.

Die
Forscher trainierten im Experiment zwei verschiedene T-Zell-Arten, die
je eines von zwei Tumor-charakteristischen Epitopen erkannten. Eine der
T-Zell-Arten zerstörte die Tumoren im Mausmodell dauerhaft. Nach der
Behandlung mit der anderen T-Zell-Art kam es nach anfänglicher
Tumorrückbildung zu einem Rückfall.

Epitope werden in der Zelle unterschiedlich hergestellt

Die Forscher stellten fest, dass in dem wiederaufgetretenen Tumor das
Epitop nicht mehr in ausreichender Menge an der Zelloberfläche
präsentiert wurde. Der Grund war, dass das Epitop in diesen Krebszellen
nicht mehr korrekt enzymatisch zurechtgeschnitten wurde – in diesem Fall
durch das Enzym ERAAP. ERAAP wird erst richtig aktiv, wenn die Zelle
durch das Signalmolekül Interferon-Gamma stimuliert wird.
Die Tumorzellen waren gegenüber Interferon-Gamma
allerdings unempfindlich, und konnten von den T-Zellen nicht mehr
erkannt werden, weil sie das Epitop nicht mehr herstellten.

Das Epitop auf den Zellen des erfolgreich bekämpften Tumors benötigte
dagegen keine Verarbeitung durch ERAAP, und war daher auch von einer
Stimulation durch Interferon-Gamma unabhängig.

Die neuen Erkenntnisse sind somit ein entscheidender Schritt zu einer
erfolgreicheren Anwendung der T-Zellrezeptor-Gentherapie, wie Ana Textor
erklärt: „Epitope, die keine Bearbeitung durch das Enzym ERAAP
benötigen, sind daher vermutlich eine bessere Wahl für die
Immuntherapie.“

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Die Studie wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (Sonderforschungsbereich-Transregio, SFB-TR36) gefördert.

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Ana Textor et al. (2016): „Preventing tumor escape by targeting a post-proteasomal trimming independent epitope.“ Journal of Experimental Medicine.

Kokain bewirkt rasche Gehirnveränderung

Sucht: Kokain bewirkt rasche Gehirnveränderung
Bereits zwei Stunden nach der Einnahme wird Abhängigkeit erlernt
 
Nervenzellen im Gehirn: Kokain verändert die Struktur rasend schnell (Foto: SPL)

Berkeley/San Francisco (pte018/26.08.2013/11:10) – Der Konsum von Kokain kann die Struktur des Gehirns innerhalb von Stunden in Richtung erster Schritte einer Drogenabhängigkeit verändern, wie die University of California Berkeley http://berkeley.edu und die University of California San Francisco http://ucsf.edu herausgefunden haben.

Dendritische Dornen relevant

Tierversuche haben laut einem Bericht in Nature Neuroscience http://nature.com/neuro gezeigt, dass neue Strukturen in Zusammenhang mit dem Lernen und dem Gedächtnis kurz nach der Einnahme der Droge zu wachsen begannen. Die Mäuse mit den größten Veränderungen wiesen auch eine größere Präferenz für Kokain auf. Experten beschreiben diesen Vorgang als Erlernen einer Sucht durch das Gehirn.

Das Team um Linda Wilbrecht suchte nach winzigen Erhebungen des Gehirns, den sogenannten dendritischen Dornen. Sie spielen bei der Bildung von Erinnerungen eine entscheidende Rolle. Der Ort oder die Umgebung, in der Drogen konsumiert werden, spielen eine wichtige Rolle bei der Entstehung einer Sucht.

Bei Experimenten wurde den Mäusen erlaubt, zwei verschiedene Kammern frei zu erkunden. Jede der beiden Kammern verfügte über einen anderen Geruch und eine andere Oberfläche. Hatten die Tiere ihren bevorzugten Platz ausgesucht, wurde ihnen Kokain injiziert. Mittels Lasermikroskopie wurde in den Gehirnen der Mäuse nach den dendritischen Dornen gesucht.

Neue Erinnerungen durch Droge

Die Tests haben gezeigt, dass sich mehr dendritische Dornen bildeten, wenn den Tieren anstelle von Wasser Kokain injiziert wurde. Damit liegt nahe, dass mit dem Drogenkonsum auch neue Erinnerungen geschaffen wurden. Der Unterschied konnte innerhalb von zwei Stunden nach der ersten Dosis Kokain festgestellt werden.

Laut Wilbrecht liefern diese Bilder klare Beweise dafür, dass Kokain zu einer raschen Zunahme neuer Dornen führt. "Je mehr Dornen die Mäuse ausbildeten, desto mehr hatten sie auch über die Droge gelernt. Damit wird ein möglicher Mechanismus beim Drogenkonsum erklärbar, der dazu führt, dass wieder ein Verlangen nach dieser Substanz entsteht." Mit diesen Veränderungen im Gehirn könnte auch erklärt sein, wie das Suchtverhalten beim Menschen für das Treffen von Entscheidungen zum dominierenden Faktor wird.

Geringer Mutterstress in der Schwangerschaft ist positiv

Studie: Stress fördert Entwicklung des Kindes

Baltimore, USA (pte/17.05.2006/15:30) – Eine Studie der John Hopkins
Bloomberg School of Public Health’s Department of Population and Family
Health Sciences http://www.jhsph.edu besagt, dass leichter Stress
während der Schwangerschaft den Reifeprozess eines Kindes fördert. In
der Mai/Juni Ausgabe des Journal Child Development wurde die Studie nun
veröffentlicht. Die Ergebnisse der Studie belegen, dass normale Ängste
und Stress, verursacht durch die Ansprüche der modernen Zeit, keinen
negativen Einfluss auf das ungeborene Kind haben. Die Wissenschafter
folgern, dass werdende Mütter keine Bedenken um ihren emotionalen
Zustand haben müssen.

Die Forscher begleiteten 137 Frauen ab der zweiten Hälfte ihrer
Schwangerschaft bis zum zweiten Geburtstag des Kindes. Werdende Mütter
berichteten ab dieser Zeit von ihren Ängsten, Depressionen und Stress.
94 Kinder wurden dann bis zum zweiten Lebensjahr in ihrer geistigen und
motorischen Entwicklung der Kinder bewertet. Entgegen aller Erwartungen
fanden die Forscher heraus, dass Stress die Entwicklung während und
nach der Schwangerschaft nicht negativ, sondern sogar positiv
beeinflusst. Dafür gebe es folgende Erklärungen, so der
Forschungsbericht: Frauen, die sehr viel Stress haben, produzieren mehr
von dem Hormon Cortisol. Dieses benötigt der menschliche Körper zur
Entwicklung der Organe. Es wirkt somit leistungssteigernd auf die
Entwicklung der Organe des Kindes während der Schwangerschaft. Das
Ergebnis der Studie ersetzt somit frühere Forschungen, die besagen,
dass Stress die Entwicklung von Kindern hemme und Fehlgeburten fördere.

Untersucht wurde die Erfahrung von gestressten und ängstlichen Müttern
sechs Wochen und zwei Monate nach der Geburt. Die Ergebnisse zeigen
auch, dass vorgeburtlicher Mutterstress nicht das kindliche
Temperament, seine Aufmerksamkeit oder sein Verhalten beeinflusst.
Außerdem verursacht Stress während der Schwangerschaft keine
Hyperaktivität bei Kindern. Einzige Ausnahme in der Studie ist, dass
Kinder von Müttern, die Ihre Schwangerschaft negativ betrachten, ihre
Gefühle weniger kontrollieren können und nicht so aufmerksam sind. Die
Teilnehmerinnen der Studie waren meistens gut gebildete und finanziell
abgesicherte Frauen, die keine klinisch diagnostizierten Probleme
hatten. Dennoch wird in der Studie nicht befürwortet, dass Frauen sich
ständig Stress aussetzen sollen, da die mütterliche Erschöpfung keine
gute Vorbereitung auf die Anstrengung bei der Entbindung und der
Beanspruchung bei der Kindererziehung ist. In weiteren Forschungen muss
nun untersucht werden, ob die Ergebnisse der Studie aus dem
biologischem Wechsel während der Schwangerschaft resultieren oder
genetisch bedingt sind.