Archiv der Kategorie: Erde, Klima, Umweltschutz

So schnell erwärmen sich die Dauerfrostböden der Welt

So schnell erwärmen sich die Dauerfrostböden der Welt

Neue globale Vergleichsstudie zeigt weltweiten Anstieg der Bodentemperatur in den Permafrostregionen

Bremerhaven/Potsdam, 16. Januar 2019. Die Erderwärmung hinterlässt immer
deutlichere Spuren in den Permafrostregionen der Welt. Wie die neue
globale Vergleichsstudie des internationalen Permafrost-Netzwerkes GTN-P
jetzt zeigt, ist in allen Gebieten mit Dauerfrostboden die Temperatur
des gefrorenen Untergrundes in mehr als 10 Metern Tiefe im Zeitraum von
2007 bis 2016 um durchschnittlich 0,3 Grad Celsius gestiegen – in der
Arktis ebenso wie in der Antarktis und in den Hochgebirgen Europas und
Zentralasiens. Besonders hoch fiel die Erwärmung in Sibirien aus. Dort
erwärmte sich der gefrorene Boden um nahezu 1 Grad Celsius. Die
wegweisende Studie erscheint jetzt im Online-Fachmagazin Nature
Communications.

Rund ein Sechstel der Landflächen unseres Planeten gelten als
Permafrostgebiete. Das heißt, ihr Boden ist mindestens zwei Jahre lang
dauerhaft gefroren. In den meisten Regionen aber steckt die Kälte seit
vielen Jahrtausenden im Erdreich, sodass der Permafrost im Extremfall
bis in eine Tiefe von 1,6 Kilometer reicht. Vor allem in der Arktis
nutzen Menschen den Dauerfrostboden als tragfähigen Untergrund für
Häuser, Straßen, Pipelines und Flughäfen. Im Zuge der Erderwärmung aber
nimmt die Standfestigkeit dieser Bauten nun ab, was enorme Schäden
verursacht. Die Permafrostböden enthalten außerdem jede Menge
konservierter Pflanzen- und Tierreste. Sollte dieses organische Material
gemeinsam mit dem Permafrost auftauen, würden Mikroorganismen die
Überreste zersetzen. Ein Prozess, bei dem so viel Kohlendioxid und
Methan emittiert werden könnte, dass die globale Temperatur bis zum Jahr
2100 um weitere 0,13 bis 0,27 Grad Celsius ansteigen würde.

Eine neue Vergleichsstudie des internationalen Permafrost-Netzwerkes
(GTN-P – Global Terrestrial Network for Permafrost) zeigt nun erstmals,
in welchem Ausmaß sich die Permafrostböden der Welt bereits erwärmt
haben. Dafür haben die Forscher zehn Jahre lang die Bodentemperatur in
Bohrlöchern in der Arktis, der Antarktis und in verschiedenen
Hochgebirgen der Welt gemessen und ausgewertet. Die Daten wurden in mehr
als 10 Metern Tiefe erhoben, sodass der Einfluss saisonaler
Temperaturschwankungen ausgeschlossen werden konnte.

Der komplette Datensatz umfasst 154 Bohrlöcher, von denen 123 Aussagen
über ein Jahrzehnt zulassen, während der Rest die Berechnung zu den
jährlichen Abweichungen verfeinert. Die Ergebnisse legen offen, dass
sich in den zehn Jahren von 2007 bis 2016 der Permafrostboden an 71 der
123 betrachteten Messstellen erwärmt hat. In 5 dieser Bohrlöcher taute
der Permafrost in der Tiefe sogar auf. An 12 Bohrlöchern sank die
Bodentemperatur dagegen, u.a. vereinzelt in Ost-Kanada, im südlichen
Eurasien und der antarktischen Halbinsel, an 40 Bohrlöchern blieb sie
nahezu unverändert.

Im Einzelfall Temperatursprünge von bis zu 1 Grad Celsius

Die deutlichste Erwärmung beobachteten die Wissenschaftler in der
Arktis: „Dort ist in Gebieten mit einem Permafrostanteil von mehr als 90
Prozent die Bodentemperatur innerhalb von zehn Jahren um
durchschnittlich 0,39 Grad Celsius gestiegen“, berichtet Erstautor Dr.
Boris Biskaborn, Mitglied der Forschungsgruppe Polare Terrestrische
Umweltsysteme von der Potsdamer Forschungsstelle des
Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und
Meeresforschung. Im Nordosten und Nordwesten Sibiriens betrug der
Temperatursprung an einzelnen Bohrlöchern sogar 0,90 Grad Celsius und
mehr. Zum Vergleich: Die Lufttemperatur in den entsprechenden Regionen
war im selben Zeitraum um durchschnittlich 0,61 Grad Celsius gestiegen.

Weiter südlich, in arktischen Gebieten mit einem Permafrostanteil von
weniger als 90 Prozent, erwärmte sich der gefrorene Untergrund im Mittel
nur um 0,2 Grad Celsius. „In diesen Regionen fällt immer mehr Schnee,
der den Permafrost nach dem Iglu-Prinzip im doppelten Sinne isoliert: Im
Winter bewahrt der Schnee den Boden vor extremer Kälte, was im
Durchschnitt zur Erwärmung führt. Im Frühjahr reflektiert er das
Sonnenlicht und schützt ihn zumindest bis zur vollständigen
Schneeschmelze vor zu großer Wärme“, erklärt Boris Biskaborn.

Eine deutliche Erwärmung zeichnet sich auch in den Permafrostgebieten
der Hochgebirge sowie in der Antarktis ab. Die Temperatur der dauerhaft
gefrorenen Böden in den Alpen, im Himalaya sowie in den Gebirgen der
nordischen Länder stieg im Mittel um 0,19 Grad Celsius. In den wenigen
tiefen Bohrlöchern der Antarktis verzeichneten die Forscher einen
Anstieg um 0,37 Grad Celsius.

„All diese Daten zeigen uns, dass sich der Permafrost nicht nur lokal
und regional erwärmt, sondern weltweit und nahezu im Takt mit der
Klimaerwärmung, die vor allem in der Arktis zu einer starken Erwärmung
der Luft und zu größeren Schneedicken führt. Beide Veränderungen
bedingen nun die Erwärmung des bisher dauergefrorenen Untergrundes“,
sagt Prof. Guido Grosse, Leiter der Sektion Permafrostforschung am
Alfred-Wegener-Institut in Potsdam.

Das Permafrost-Monitoring braucht einen institutionellen Rahmen

Diese umfassende Erkenntnis ist der Lohn für eine jahrzehntelange
internationale Zusammenarbeit von Wissenschaftlern aus 26 Ländern. Die
meisten der in der Studie genutzten Bohrlöcher hatten Forscher im
Internationalen Polarjahr 2007/08 gebohrt und mit Messinstrumenten
ausgestattet. Damals war eine erste Momentaufnahme der
Permafrost-Temperaturen gelungen. Seitdem hatten mehr als 50
verschiedene Forschergruppen die unterirdischen Messstationen gewartet
und die Daten einmal pro Jahr vor Ort ausgelesen. Im virtuellen Netzwerk
GTN-P wurden die Ergebnisse gebündelt, standardisiert und somit
vergleichbar gemacht.

„Die Permafrost-Temperaturen weltweit zu messen und die Daten in der
frei zugänglichen GTN-P-Datenbank zu bündeln, ist von enormer Bedeutung –
nicht nur für Wissenschaftler, Lehrer und Kommunikatoren, sondern auch
für viele andere Nutzer“, sagt Prof. Hanne H. Christiansen, Co-Autorin
der Studie und Vorsitzende der International Permafrost Association
(IPA).

„Die Permafrost-Temperatur gehört zu den anerkannten Klimavariablen. Sie
verrät uns auf direktem Wege, wie der gefrorene Untergrund auf den
Klimawandel reagiert“, so die Forscherin. Diese Informationen würden vor
allem in jenen Permafrostregionen benötigt, in denen sich der Boden
bereits erwärmt oder zu tauen begonnen hat und große Schäden entstehen,
weil der Untergrund wegsackt und Gebäude oder Straßen den Halt
verlieren. Aus diesem Grund wollen die Forscher die Bohrlöcher auch
künftig betreiben.

Im Gegensatz zur Wetterbeobachtung aber gibt es in der
Permafrostforschung bislang keine internationale Institution, die nach
dem Vorbild der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) die nationalen
Interessen erfolgreich bündelt. Sie würde gebraucht, um diese wichtigen
wissenschaftlichen Messungen zu koordinieren und das Betreiben solcher
Beobachtungsstellen langfristig zu gewährleisten.

Die Permafrost-Bohrlöcher und installierten Temperatursensoren werden
bisher durch viele kleine Projekte der einzelnen Forschergruppen am
Leben erhalten. Das Global Terrestrial Network for Permafrost (GTN-P)
betreibt ein webbasiertes Datenmanagementsystem (gtnpdatabase.org),
welches mit Fördergeldern der Europäischen Union in Zusammenarbeit
zwischen dem Alfred-Wegener-Institut und dem isländischen Arctic Portal
entwickelt wurde.

Invasion der Pflanzen

Leipzig-Halle (pte/15.07.2006/06:06) – Eingeschleppte Tier- und
Pflanzenarten geraten immer mehr in den Fokus der Forschung. Das
Bundesamt für Naturschutz schätzt den Schaden auf mindestens 100 Mio.
Euro pro Jahr in Deutschland. Wissenschaftler aus Spanien, Irland, der
Tschechischen Republik, der Schweiz und Deutschland stellen dazu ihre
aktuellen Ergebnisse und Prognosen innerhalb des Europäischen
Wissenschaftsforum ESOF http://www.esof2006.org vom 15. bis 19. Juli in
München vor. Initiator ist das Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle
(UFZ) http://www.ufz.de.

"Durch die eingeführten Tier- und Pflanzenarten werden die einheimische
Arten lokal verdrängt", erklärt Ingolf Kühn vom Umweltforschungszentrum
Leipzig-Halle (UFZ) im Gespräch mit pressetext. So führen
beispielsweise veränderte Stoffflüsse zu einer höheren
Stickstoffanreicherung und damit zu einer anderen Zusammensetzung der
Pflanzenarten. Dabei wird eine Pflanze meist dominant. Bei den Tieren
sind es vor allem der Mink und die Flusskrebse aus Nordamerika oder die
Zebramuscheln, die einheimische Tierarten verdrängen. Es gibt aber
Gebiete, wo die Auswirkung stärker ist, als in anderen, so Kühn.

So stellt der Riesenbärenklau eine Gesundheitsgefährdung für den
Menschen dar. Er enthält eine chemische Substanz in den Blätterhaaren,
die bei Kontakt auf der menschlichen Haut in Verbindung mit Sonnenlicht
Verbrennungen auslöst. Die Ambrosie ist ursprünglich in den USA und
Kanada heimisch. Durch den Flug- und Schiffsverkehr, aber auch mit
Saatgut und Getreide wurde sie nach Ungarn, Polen, Südfrankreich, der
Slowakei und Tschechien eingeschleppt. Über Österreich gelangt sie nun
nach Süddeutschland und breitet sich weiter aus. Sie hat ein extrem
hohes Allergiepotenzial und blüht sehr spät, erst im August. Damit
verschiebe sich die Allergikerzeit noch einmal um vier Wochen nach
hinten, erläutert Kühn.

Lediglich ein Zehntel aller zugewanderten Arten überlebt in ihrem neuen
Siedlungsgebiet. Davon bringt ein Zehntel das Ökosystem aus dem
Gleichgewicht und verursacht massive Schäden. Ein Beispiel für
importierte Pflanzen ist die Mahonie aus dem Nordwesten der USA. Wegen
seiner Farbenpracht wurde der immergrüne Strauch schnell bei den
Gärtnern in Europa beliebt. Doch inzwischen beschränkt sich die Pflanze
schon lange nicht mehr nur auf die Gärten, denn Vögel verbreiten den
Samen. Dadurch dominiert der Zierstrauch in einigen Teilen
Ostdeutschlands bereits die Bodenregion ganzer Wälder und verdrängt
dort die einheimischen Beerensträucher.

Importierte Pflanzen wie die Mahonie mutieren zu einer aggressiven Art
und verdrängen andere Arten und verändern den Charakter von
Landschaften. Die möglichen Ursachen untersuchen Wissenschaftler
verschiedener Forschungsprojekte weltweit bereits seit einigen Jahren.
Das Forschungsprojekt GIANT-ALIEN http://www.giant-alien.de forscht auf
den Gebieten der Taxonomie, Genetik, Populationsbiologie und Ökologie.
Bei DAISIE http://www.daisie.se werden alle bekannten Invasionsarten in
den Ländern Europas erfasst. Dabei werden Informationen zu Ökologie und
Verbreitung von invasiven Pflanzen und Tieren gesammelt und über eine
Internet-Datenbank allen Interessierten zugänglich gemacht. ALARM
befasst sich mit den Bereichen Klimawandel, dem Verlust an Bestäubern
wie Bienen, Hummeln und Schmetterlingen, den in der Umwelt vorhandenen
Schadstoffen sowie der Invasion gebietsfremder Tier- und Pflanzenarten.
An ALARM sind 54 Partner in 26 Ländern beteiligt.

Die Entstehung unserer Milchstraße

Zuhause ist es am schönsten � die Entstehung unserer Milchstraße�

Prof. Dr. Matthias Steinmetz, Direktor des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP) präsentiert in seinem Vortrag neueste Erkenntnisse rund um die Milchstraße.

Die Milchstraße ist unsere Heimatgalaxis. Zusammen mit der Sonne ziehen etwa 100 Milliarden Sterne verschiedenen Alters in einer dünnen Scheibe ihre Kreise um das galaktische Zentrum. Eingebettet ist diese Scheibe in ein ausgedehntes sphärisches System von Sternen, deren Alter zum Teil kaum jünger ist als 14 Milliarden Jahre, dem Alter des Universums. Die Milchstraße ist dabei ein typischer Repräsentant einer ganzen Klasse von Galaxien, den sogenannten Spiralgalaxien, wie sie im Universum viele Milliarden Mal vorkommen. Wohl das bekannteste andere Beispiel ist unsere Nachbargalaxis, die Andromedagalaxie.

Doch wie hat sich unsere Galaxis gebildet? War es in einem gewaltigen Urkollaps vor 10 Milliarden Jahren oder bildete sie sich langsam durch das sukzessive Verschmelzen kleinerer Galaxien? Ist letzteres der Fall, so sollte es Überreste geben, die von solchen galaktischen Zusammenstößen zeugen. Doch wurden diese Überreste über die Ja hrmilliarden bis nahe zur Unkenntlichkeit ausgewaschen.

Die neusten Großprojekte vom Boden und im Weltraum erlauben es jedoch, systematisch die Eigenschaften von Millionen von Sternen in unserer Milchstraße zu analysieren und so auch verwaschene Strukturen in unserer Milchstraße und in der Andromedagalaxie aufzuspüren. Computersimulationen mit den neusten Supercomputern erlauben es dann, die Entstehungsgeschichte unserer Milchstraße und anderer Galaxien zu rekonstruieren.

Vortragsreihe �Leibniz-Lektionen�

Die Leibniz-Gemeinschaft präsentiert in der Vortragsreihe �Leibniz-Lektionen� in Kooperation mit der Urania Berlin eine Auswahl aktueller Forschungserg ebnisse aus ihren Mitgliedsinstituten.

Klimawandel: Folgen für Natur bisher unterschätzt

Klimawandel: Folgen für Natur bisher unterschätzt
Massive Veränderungen der Lebensräume durch den Menschen schuld
 

Frankfurt am Main (pte018/24.08.2011/12:05) – Ein Drittel aller Tier- und Pflanzenarten stirbt aus, sollte es mit der Klimaerwärmung so weitergehen. Bis 2080 könnte bei einigen Lebewesen über 80 Prozent der genetischen Vielfalt innerhalb der Art verschwinden. Das ergab eine Studie des Biodiversität und Klima Forschungszentrums (BiK-F) http://bik-f.de und der Senckenberg Gesellschaft für Naturkunde http://senckenberg.de . Die Erhebung ist die erste, die den Verlust der biologischen Diversität auf Basis der genetischen Vielfalt quantifiziert. "Wir sollten Artenschutz betreiben, unabhängig von dem Ausmaß globaler Veränderung und des Klimawandels", so BiK-F-Forscher Steffen Pauls gegenüber pressetext.

Mensch zerstört Lebensräume

Ein verändertes Klima bedeutet für die betroffenen Arten, dass sie sich entweder an veränderte Umweltbedingungen anpassen müssen oder in andere Regionen vertrieben werden. "Der anthropogene Klimawandel hat vor allem zur Folge, dass Arten viel schneller als in der Vergangenheit, etwa nach den Eiszeiten, mit veränderten Bedingungen klar kommen müssen", sagt Pauls. Hinzu komme die menschliche Landnutzung und die toxische Belastung der Felder durch den Menschen.

Die beste Chance mit dieser immer stärker werdenden Belastung zurecht zu kommen, haben Arten dann, wenn sie ausreichend große Populationen haben. Denn dann verfügen sie über eine höhere genetische Diversität und können sich einfacher an neue Umweltbedingungen anpassen. "Beim Artenschutz kann es hilfreich sein, die genetische Diversität einer Art genau zu erfassen, um dann die genetisch diversesten Populationen vorrangig zu schützen", rät Pauls.

Wasserinsektarten dienen als Modell

Für die Studie wurde die Verbreitung von neun europäischen Wasserinsektenarten modelliert. Die Insekten sind bereits gut untersucht, so dass die regionale Verteilung und die evolutionären Linien bekannt sind. Wenn die durch den Weltklimarat IPCC prognostizierte Klimaerwärmung eintritt, werden sie nach den Modellberechnungen im Jahr 2080 auf wenige, kleine Inseln, etwa in Skandinavien und den Alpen, zurückgedrängt. Erwärmt sich Europa also nur um bis zu zwei Grad, so überleben acht der untersuchten Arten in Teilgebieten. Bei einer Erwärmung um vier Grad können 2080 wahrscheinlich noch sechs Arten in Teilgebieten überleben.

Die genetische Vielfalt wird durch das Aussterben lokaler Populationen in weitaus dramatischerem Umfang zurückgehen. Die untersuchten Wasserinsekten sind repräsentativ für viele Arten der Bergregionen Mitteleuropas. "Unsere Modelle der zukünftigen Verbreitung zeigen, dass die "Art" als solche meist überleben wird. Ein Großteil der jeweils nur an bestimmten Orten vorkommenden genetischen Varianten wird jedoch nicht überleben", sagt Pauls Kollege Carsten Nowak. Dabei ist die genetische Variation innerhalb der Art wichtig für die Anpassungsfähigkeit an Räume und klimatische Bedingungen. Ihr Verlust reduziert damit langfristig auch die Überlebenschancen einer Art.

 

Antibiotika in der Landwirtschaft nicht nötig

Experte setzt auf Ersatz in Ackerbau und Viehzucht

Karlsruhe (pte/14.10.2005/15:45) – Der Einsatz von Antibiotika in der
Landwirtschaft ist nicht notwendig. Zu diesem Schluss kommt der Experte
Friedhelm Berger, Präsident des Umweltbundes http://www.umweltbund.de
im pressetext-Interview. Berger reagiert mit seiner Aussage auf die
mehr als 9.000 Tonnen Antibiotika, die jährlich in der EU an Schweine,
Rinder und Geflügel verfüttert werden und die zu einem großen Teil mit
dem Mist wieder auf die Felder gelangen (pte berichtete
http://www.pressetext.de/pte.mc?pte=050919039 ). "Antibiotika werden
aber auch in Obstkulturen legal und illegal gegen Feuerbrand,
Bakterienbrand ausgebracht", so der Experte.

"Sowohl die Antibiotika aus der Tierhaltung als auch die aus den
Intensivkulturen wirken im Naturhaushalt und werden auch von
Bienenvölkern mitgesammelt und kommen in Bienenprodukte", erklärt
Berger. Daher gebe es sowohl in der konventionellen als auch in der
Bio-Produktion für den Menschen gefährliche Bakterienarten. "Gegen die
phytopathogenen Bakterienarten werden weltweit verschiedene Antibiotika
wie etwa Streptomycin oder Tetracyclin eingesetzt", führt der Forscher
aus. Darüber hinaus werde auch auf Antagonisten, das heißt Gegenspieler
gegen die phytopathogenen Bakterien gesetzt. "Solche Bakterien sind im
Allgemeinen säureproduzierende Arten oder Gattungen die damit den
anderen Bakterien das Leben schwer machen. Dies wird zum Beispiel bei
der Herstellung von Sauerkraut genutzt." Einige der Schmutzbakterien,
die auf Blättern und im Stall vorkommen, sind auch für den Menschen
gefährlich.

"Allerdings werden auch viele andere Bakterienarten in Zusammenhang mit
Krankheiten bei Mensch und Tier gebracht, wie bestimmte
Schmutzbakterien, die sogar vom manchen Wissenschaftler als die wahren
Erreger von BSE oder Creutzfeldt-Jakob genannt werden", erklärt der
Wissenschaftler im pressetext-Gespräch. "Bei hohen Dichten von
säureproduzierenden Bakterien wirkt aber die Säure auf lebenden
Pflanzen phytotoxisch. Das bedeutet, dass die Pflanzen sterben." Der
Wissenschaftler kritisiert, dass bei der Zulassung von
Pflanzenschutzmitteln leider nicht auf die Beeinflussung der
Artenzusammensetzung von Bakterien eingegangen werde. "Dadurch können
einzelne Arten gehemmt oder begünstigt werden. Bei Säuren und Basen
werden alle gleichmäßig abgetötet."

Berger hat als Alternative Versuche mit gesättigter Löschkalklösung
durchgeführt. "Dieses natürliche und ohnehin notwendige Düngemittel
wird in wenigen Stunden zu Karbonatkalk, der darüberhinaus sogar
Nahrungsergänzungsstoff ist", führt Berger aus. Kalk wird normalerweise
in der Vegetationsruhe als trockener Dünger im Tonnenbereich gestreut.
Um die Lösung allerdings gleichmäßig auf die Blattflächen zu bringen,
musste eine neue Technologie angewendet werden. Der Schweizer
Apparatehersteller Belatec konnte dieses Problem lösen: "Im
Praxisversuch zeigte sich danach sogar, dass durch das Ausbringen
solcher Düngemittel über das Blatt vollkommen auf Pflanzenschutzmittel
verzichtet werden konnte", erklärt der Wissenschaftler. Auch im
Tierbereich konnte Belatec http://www.belatec.ch eine Maschine
entwickeln mit welcher normales Trinkwasser mit etwas Salz so
aufbereitet wird, dass auch hier vollständig auf Antibiotika verzichtet
werden kann, erklärt Berger abschließend.

Deutsche Stammsammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen: http://www.dsmz.de/species/bacteria.htm

Arktis: Ein neuer Minusrekord kündigt sich an

Sommerliches Meereis-Minimum in der Arktis: Ein neuer Minusrekord kündigt sich an

Bremerhaven, 5. September 2011. Die sommerliche Meereis-Bedeckung der Arktis wird in diesem Jahr höchstwahrscheinlich auf das Rekordniveau aus dem Jahr 2007 zurückgehen oder eventuell sogar noch darunter liegen. Prof. Dr. Rüdiger Gerdes, Meereis-Physiker am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in der Helmholtz-Gesellschaft, sagte am Montag im Rahmen eines Arktis-Workshops in Bremen, alles deute auf ein sehr niedriges September-Minimum hin.
„Wenn wir uns die aktuellen Satellitenkarten ansehen, wird deutlich, wie viel Ei s noch bis zur Monatsmitte tauen wird. Die Eisdecke ist derzeit an den Rändern so stark aufgebrochen, dass die Sonneneinstrahlung die oberste Wasserschicht erwärmen kann und infolgedessen noch viele Schollen schmelzen werden“, sagt Rüdiger Gerdes.  
Von einem Fotofinish spricht auch Prof. Dr. Lars Kaleschke, Wissenschaftler am KlimaCampus der Universität Hamburg. „Unsere Vorhersage auf statistischer Basis deutet auf einen fast genau so großen Eisverlust wie im Jahr 2007 hin, nur verteilen sich die Eismassen in diesem Jahr räumlich anders“, sagt Lars Kaleschke. So gebe es in diesem Sommer auffällig große eisfreie Flächen innerhalb der Packeis-Zone, zum Beispiel in der Laptev-See im Norden Russlands. „Dieses Loch erweckt den Eindruck, als sei das Eis hier von unten geschmolzen. Es tat sich Anfang August auf, wurde immer größer und hat inzwischen die Größe Hollands erreicht“, erklärt Lars Kaleschke.
Zwei Faktoren scheinen in diesem Sommer eine wichtige Rolle zu spielen. Zum einen berichten Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Institutes, die erst vor kurzem an Bord des Forschungseisbrechers Polarstern bis zum Nordpol vorgedrungen waren, von einer sehr geringen Dicke des Meereises. Messungen hatten einen Durchschnittswert von 90 Zentimetern ergeben. Zum Vergleich: Im Jahr 2001 hatte die Meereisdicke im Durchschnitt zwei Meter betragen.  Zum anderen gibt es einen steten Transport von Meereis in eisfreie Regionen des Nordpolarmeeres. „Dort sind die Wassertemperaturen wegen der Einstrahlung und Absorption hoch, sodass Schollen, die in dieses Gebiet dri ften, schnell abschmelzen“, erklärt Rüdiger Gerdes.
Ob das diesjährige Meereis-Minimum am Ende tatsächlich unter der Rekordmarke aus dem Jahr 2007 liegen wird, entscheidet sich aber erst am Ende des Monats. Vor vier Jahren wurde der bisherige Tiefstwert  erreicht. Die Eisausdehnung war damals auf eine Fläche von 4,3 Millionen Quadratkilometer zurückgegangen.

Das Alfred-Wegener-Institut forscht in der Arktis, Antarktis und den Ozeanen der mittleren sowie hohen Breiten. Es koordiniert die Polarforschung in Deutschland und stellt wichtige Infrastruktur wie den Forschungseisbrecher Polarstern und Stationen in der Arktis und Antarktis für die internationale Wissenschaft zur Verfügung. Das Alfred-Wegener-Institut ist eines der 17 Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation Deutschlands.
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Der KlimaCampus bündelt und vernetzt seit 2007 die Hamburger Klimaforschung, in der Naturwissenschaftler, Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler, Medienexperten und Friedensforscher eng zusammenarbeiten. Beteiligt sind die Universität Hamburg, das Max-Planck-Institut für Meteorologie, das Helmholtz-Zentrum Geesthacht und das Deutsche Klimarechenzentrum. Keimzelle des KlimaCampus ist der Exzellenzcluster „Integrated Climate System Analysis and Prediction“ (CliSAP), der im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder gefördert wird.

3D-Atlas macht Spurenmetalle im Ozean sichtbar

Eisen, Cadmium, B
lei & Co. – neuer 3D-Atlas macht Spurenmetalle im Ozean sichtbar
Bremerhaven,
den 19. März 2014. Ein neuer, digitaler 3D-Atlas verrät schon auf den
ersten Blick, dass der Ozean ein langes Gedächtnis hat. In etwa 500 bis
2.000 Metern Tiefe zieht sich darin eine rote Fahne quer durch den
Atlantischen Ozean und signalisiert: Hier unten schwimmt vermutlich ein
großer Teil des Bleis, das vor der Einführung bleifreien Benzins in
Nordamerika und Europa aus den Auspuffrohren unserer Autos quoll. Blei
ist aber nur einer von vielen Spurenstoffen, deren Verteilung in den
Weltmeeren erstmals in dieser Detailtiefe sichtbar wird. In einem
weltumspannenden Kraftakt arbeiten derzeit über 30 Instit
ute aus 10 Ländern an einem internationalen Projekt namens „Geotraces“,
um Quellen, Senken und Verbreitungswege von Eisen, Cadmium, Blei &
Co. im Meer aufzuspüren und sichtbar zu machen. Der neue 3D-Atlas zeigt
erste Zwischenergebnisse für den Atlantik, die Arktis und den Indischen
Ozean.
„Wir
finden beim Blei aber nicht nur Spuren vergangener Umweltverschmutzung,
wir können ebenfalls sehen, dass umweltpolitische Gegenmaßnahmen
Wirkung zeigen“, sagt Dr. Reiner Schlitzer vom Bremerhavener
Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und
Meeresforschung, der den dreidimensionalen Atlas entwickelt hat. Denn
die gleiche Abbildung des Atlantiks offenbart, dassWasserschichten oberhalb 500 Metern
wesentlich geringere Bleikonzentrationen enthalten. Sie traten erst nach
Verbot bleihaltigen Benzins an die Oberfläche des Ozeans und haben sich
mit den tiefer liegenden Wasserschichten noch nicht vermischt.
„Insgesamt
sprechen wir hier von sehr geringen Konzentrationen in einer
Größenordnung von etwa einem Teil Blei auf tausend Milliarden Teile
Wasser“, erläutert Reiner Schlitzer, warum die im Atlantik gemessenen
Bleikonzentrationen keine unmittelbare Umweltgefährdung darstellen. Die
geringen Nachweismengen verdeutlichen aber auch den enormen analytischen
Aufwand, der für ein solches Projekt erforderlich ist und nur i
n einem großen Forschungsverbund realisiert werden kann.
„Weltweit
gibt es nur wenige, hoch spezialisierte Labore, die einzelne
Spurenstoffe in derart geringen Konzentrationen zuverlässig messen
können“, so Schlitzer. Und ergänzt: „Es sind nicht nur sehr
anspruchsvolle, sondern auch sehr viele Analysen nötig, um einen solchen
Atlas der Weltmeere erstellen zu können. Bisher wurden mehr als
fünfundzwanzigtausend Wasserproben unterschiedlicher Tiefe von etwa
achthundert Messstationen auf über 200 Stoffe untersucht. Fünfzehn
Schiffsexpeditionen waren erforderlich, um die bis jetzt eingearbeiteten
Daten zu erheben. Weitere werden folgen. In D
eutschland sind außer dem Alfred-Wegener-Institut noch das Geomar
Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel, das Max-Planck-Institut
für Chemie in Mainz, das Institut für Chemie und Biologie des Meeres an
der Universität Oldenburg und das Max-Planck-Institut für Marine
Mikrobiologie an dem Projekt beteiligt.
Welchen
wissenschaftlichen Schatz die Forscher dabei in einprägsamen
Visualisierungen aus der Tiefe des Ozeans auf den Bildschirm befördert
und sichtbar gemacht haben, zeigt auch das Beispiel „Eisen“. Im Ozean
ist Eisen häufig ein Mangelelement. Staubeinträge von Land gelten bisher
als dominierende Quelle des wichtigen Mikronährst
offes für Algen, der im Ökosystem „Meer“ deshalb von großer Bedeutung
ist. Ein Blick auf den digitalen Atlas aber zeigt, dass auch im Umfeld
von Seebergen auf dem Mittelatlantischen Rücken oder am
Kontinentalschelf Westafrikas viel Eisen in den Ozean eingetragen wird.
Die relativ hohen Cadmium-Konzentrationen wiederum, die sichin
einem auffälligen Band entlang der südamerikanischen Atlantikküste
ziehen, deuten nicht etwa auf einen erhöhten Umweltfrevel angrenzender
Länder hin. Das Schwermetall spiegelt hier die Ausbreitungsmuster
verschiedener Meeresströmungen wider.
Solche
Zusammenhänge für alle Weltmeere auf einen Blick erkennbar zu m
achen, ist das Ziel des neuen elektronischen Atlas, der seit kurzem für
jeden im Internet verfügbar ist. Und nicht nur das. „Durch regelmäßige
Vergleiche werden wir künftig auf einfache Art erkennen können, wie der
Klimawandel oder auch menschliche Emissionen die Verteilung von Nähr-,
Schad- und anderen Spurenstoffen im Ozean verändert“, resümiert Reiner
Schlitzer und blickt auf langsam rotierende 3D-Animationen von Eisen-,
Blei- und Mangan-Konzentrationen im Arktischen Ozean. Vorausgesetzt
natürlich, dass hunderte Forscherkollegen in aller Welt den neuen Atlas
auch weiterhin kontinuierlich mit Daten füttern.
Hinweise für Redaktionen: Druckbare Bilder finden Sie unter www.awi.de/de/aktuelles_und_presse/pressemitteilungen. Eine Auswahl von 3D-Animationen sind in unserem Youtube-Kanal „AWIresearch“ veröffentlicht: http://www.youtube.com/user/AWIresearch.
Weitere Informationen über den elektronischen Spurenstoffatlas gibt es unter http://www.egeot
races.org
Ihre Ansprechpartner am Alfred-Wegener-Institut sind Dr. Reiner Schlitzer (Tel. 0471 4831-1559 (E-Mail: Reiner.Schlitzer@awi.de) und Ralf Röchert, Abteilung Kommunikation und Medien, Tel. 0471 4831-1680 (E-Mail: medien@awi.de).
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Das
Alfred-Wegener-Institut forscht in der Arktis, Antarktis und den
Ozeanen der mittleren und hohen Breiten. Es koordiniert die
Polarforschung in Deutschland und stellt wichtige Infrastruktur wie den
Forschungseisbrecher Polarstern und Stationen in der Arktis und
Antarktis für die internationale Wissenschaft zur Verfügung. Das
Alfred-Wegener-Institut ist eines der 18 Forschungszentren der
Helmholtz-Gemeinschaft, der größten Wissenschaftsorganisation
Deutschlands.

Algenblühen: Kunstdünger und Großstädte schuld

pte20150519001 Umwelt/Energie, Forschung/Technologie

Algenblühen: Kunstdünger und Großstädte schuld

Forscher klären Rolle von Wassertemperatur und Nährstoffkonzentration

(pte001/19.05.2015/06:00) – Das zum Nationalen Forschungsrat CNR gehörende Istituto per lo Studio degli Ecosistemi http://www.ise.cnr.it hat neue Erkenntnisse über das besonders wegen seiner
Geruchsbelästigung unangenehme Phänomen des Algenblühens gewonnen. Das
Team um Projektleiter Piero Guilizzoni griff bei seiner Analyse auf 200
Jahre alte Sedimentproben aus 108 Seen und weitere 18 Bodenanalysen
zurück.

Stickstoffverbindungen relevant

"Dabei hat sich gezeigt, dass das massive Auftreten der photosynthetisch
aktiven Cyanobakterien zeitlich mit dem massiven Einsatz von
industriellem Kunstdünger und der Ausbreitung der städtischen
Ballungszentren übereinstimmt", so Guilizzoni. Bisher war die Forschung
davon überzeugt, dass Nährstoffkonzentration und Wassertemperatur die
Hauptursachen für das Algenblühen darstellen.

Die neuen Forschungsergebnisse hingegen zeigen, dass die Nährstoffe –
und hierbei vor allem in Verbindung mit den aus der Atmosphäre
stammenden Stickstoffverbindungen – eine entscheidende Rolle spielen.
Innovativ war vor allem der Nachweis der auch als Blaualgen bekannten
Cyanobakterien anhand der photosynthetischen Pigmente, die sich im Laufe
der Jahrzehnte auf dem Seegrund abgesetzt haben.

Die Analyse macht die Entwicklung der für viele Gewässer typischen
Algen- und Bakterienstämme in Abhängigkeit der sich ändernden
Umweltbedingungen deutlich. Neu war auch die Streubreite der
Untersuchung, da sowohl große und kleine, eutrophe und oligotrophe, in
großer und geringer Höhe sowie stadtnahe wie weit abgelegene Seen
einbezogen wurden.

Wärme wichtiger Faktor in Bergseen

Bei den hoch gelegenen Seen zu beobachten war, dass dort die Wärme als
wichtiger Faktor ins Spiel kommt. Tatsächlich war bei den Bergseen, bei
denen in den zurückliegenden fünf Jahren eine mittlere Lufttemperatur
von über 10,5 Grad Celsius gemessen wurde, selbst in Jahren der
Nährstoffknappheit eine Zunahme des Algenblühens zu beobachten.

Die wissenschaftliche Untersuchung ist in enger Zusammenarbeit mit der kanadischen McGill University http://mcgill.ca in Montreal und Forschern aus weiteren vier Nationen durchgeführt
worden. Einzelheiten sind in der internationalen Fachzeitschrift
"Ecology Letters" http://onlinelibrary.wiley.com nachzulesen.

Wissenschaftler werten das Ausmaß der Ozeanversauerung aus

Wissenschaftler werten das Ausmaß der Ozeanversauerung aus

Bremerhaven,22. August 2013. Bereits zum Ende dieses Jahrhunderts könnte die Ozeanversauerung das Ökosystem unserer Meere verändern. Biologen des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), haben deshalb erstmals das Ausmaß dieser bed rohlichen Veränderung bewertet. In einer neuen Studie haben sie alle verfügbaren Daten über die Reaktion von Meerestieren auf die Ozeanversauerung zusammengetragen und analysiert. Dabei stellten die Wissenschaftler fest, dass zwar die meisten der untersuchten Tierarten von der Ozeanversauerung betroffen, die jeweiligen Auswirkungen jedoch sehr artspezifisch sind. Die Ergebnisse der AWI-Forscher erscheinen am 25. August 2013 vorab online bei Nature Climate Change.

Die Ozeane entziehen der Luft jährlich mehr als ein Viertel des Kohlendioxids, das Menschen in die Atmosphäre freigeben. Sie bilden damit einen natürlichen Speicher, ohne den es heute auf der Erde um einiges wärmer wäre. Doch ihre Speicherkapazitäten sind begrenzt und die Aufnahme von Kohlendioxid ist nicht folgenlos. Denn löst sich Kohlendioxid im Wasser, entsteht Kohlensäure und diese lässt den pH-Wert der Meere sinken – mit Folgen für viele Meeresbewohner. In den letzten Jahren wurde daher intensiv erforscht, wie einzelne Arten auf die Kohlendioxid-Anreicherung und das saurer werdende Wasser reagieren. Bislang war das gesamte Ausmaß dieser Veränderungen auf marine Tiere jedoch weitestgehend unbekannt.

Um einen ersten Überblick zu gewinnen, haben Dr. Astrid Wittmann und Prof. Hans-Otto Pörtner vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Me eresforschung (AWI), alle bisherigen Studien zusammengefasst, die sich mit den Konsequenzen der Ozeanversauerung für marine Arten aus fünf Tierstämmen befasst hatten: Korallen, Krebstiere, Weichtiere, Wirbeltiere wie Fische und Stachelhäuter wie Seesterne und Seeigel. Am Ende lagen ihnen insgesamt 167 Studien mit den Daten von über 150 verschiedenen Arten vor. Um diese Ergebnisse einzuordnen, verwendeten sie die Emissions-Szenarien für Kohlendioxid, die auch dem Weltklimabericht zugrunde liegen. Diese Szenarien ermöglichen es, die Auswirkungen unterschiedlicher Kohlendioxidkonzentrationen in der Atmosphäre bis weit in die Zukunft vorherzusagen.

Die Ergebnisse dieser neuen Einordung sind eindeutig. „Unsere Studie hat gezeigt,
dass alle Tiergruppen, die wir betrachtet haben, negativ von erhöhten Kohlendioxidkonzentrationen betroffen sind. Vor allem Korallen, Stachelhäuter und Weichtiere reagieren sehr empfindlich auf einen sinkenden pH-Wert“, sagt Dr. Astrid Wittmann. Einige Stachelhäuter wie beispielsweise Schlangensterne weisen bereits bei Kohlendioxidwerten, die für das Jahr 2100 vorausgesagt werden, reduzierte Überlebenschancen auf. Auf Krebstiere wie die große Seespinne oder den Taschenkrebs scheinen sich dagegen erst höhere Kohlendioxidkonzentrationen auszuwirken. Die Empfindlichkeit der Tiere gegenüber einem sinkenden pH-Wert kann jedoch zunehmen, wenn gleichzeitig die Meerestemperatur steigt.

Welche Folgen die Ozeanversauerung auf die Fitness der einzelnen Arten hat, haben die Wissenschaftler des Alfred-Wegener-Instituts anhand körperlicher Merkmale bestimmt. „Wir haben beispielsweise untersucht, ob sich der Stoffwechsel, das Wachstum, die Kalkbildung oder das Verhalten bei erhöhten Kohlendioxidkonzentrationen verändern“, erklärt Prof. Hans-Otto Pörtner.

Der Grund dafür, dass verschiedene Tiergruppen unterschiedlich auf die Ozeanversauerung reagieren, liegt daran, dass sie sich in ihren Körperfunktionen grundlegend unterscheiden. Während zum Beispiel Fische körperlich sehr aktiv sind und einen zunächst fallenden pH-Wert in ihrem Blut sehr gut wieder ausgleichen können, haben es Korallen schwer. Sie verbringen ihr ganzes Leben an einem Ort und können sie einen erhöhten Kohlendioxidgehalt im Körper nicht so gut kompensieren, weil ihnen die entsprechend leistungsfähigen physiologischen Mechanismen fehlen. Ein nicht kompensierter pH-Wert in den Körperflüssigkeiten kann dann beispielsweise dazu führen, dass die Koralle in geringerem Ausmaß kalzifiziert, das heißt ihr Kalkskelett weniger vor Erosion schützt und es nicht reparieren oder ausbauen kann.

Die Vermutung, dass Fische besser mit der Ozeanversauerung zurechtkommen als Korallen, legt auch ein Blick in die Vergangenheit nahe. „Wir haben unsere Ergebnisse mit dem Massensterben von Arten vor circa 250 und 55 Millionen Jahren verglichen, als es ebenfalls hohe CO2 Konzentrationen gab. Trotz der relativ groben Aussagen, die wir mit Hilfe von Sedimentproben aus der Vergangenheit ziehen können, konnten wir ähnliche Empfindlichkeiten bei den gleichen Tierstämmen entdecken“, erzählt Prof. Hans-Otto Pörtner. So schrumpften das Verbreitungsgebiet der Korallen und die Größe der Riffe vor 55 Millionen Jahren drastisch, während Fische ein großes Anpassungsvermögen zeigten und ihre Dominanz weiter ausbauen konnten.

Die Erkenntnis, dass Fische in der Vergangenheit keine größere Empfindlichkeit gegenüber saurerem Wasser aufwiesen, überrascht die Wissenschaftler. Denn aktuelle Forschungsergebnisse zeigen, dass Fische im Larvenstadium durchaus empfindlich auf die Ozeanversauerung reagieren. „Nicht alle Effekte, die wir derzeit messen, sind möglicherweise langfristig für das Schicksal einer Art entscheidend“, erklärt Prof. Hans-Otto Pörtner.  

Di e Studie der Biologen des Alfred-Wegener-Instituts entstand im Rahmen des fünften Weltklimaberichts und soll einen Überblick über den aktuellen Wissenstand zur Ozeanversauerung geben. „Dabei war uns wichtig, die Forschungsergebnisse der letzten Jahre nicht nur darzulegen, sondern zu bewerten, welche Auswirkungen die Klimaveränderung auf Arten haben wird“, sagt Prof. Hans-Otto Pörtner.

Es ist der erste Weltklimabericht, der die Folgen des Klimawandels für die Ökosysteme der Ozeane umfassend dokumentiert. Der Bericht wird Ende März 2014 erscheinen und von der so genannten zweiten Arbeitsgruppe erarbeitet. Diese untersucht, wie sich der Kli mawandel auf sozioökonomische und ökologische Systeme auswirkt.

Die Arbeit des Forschungsteams heißt im Original „Sensitivities of extant animal taxa to ocean acidification“ und erscheint vorab online am 25. August 2013 in der Fachzeitschrift Nature Climate Change. (doi: 10.1038/nclimate1982)

 

Bodenerosion hat viele Gesichter

Internetbilder sollen aufklären helfen

(aid) – Ob tiefe Rillen, zerklüftete Furchen oder matschige Mulden: Die Zerstörung von Ackerboden durch Erosion hat vielfältige Formen. Und genau diese kann man sich ab sofort im Internet anschauen. Der Bodenforscher Volker Prasuhn von der Schweizer Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon (ART) hat zahlreiche Dokumentationsbilder online veröffentlicht. Der Wissenschaftler untersucht seit zwölf Jahren regelmäßig betroffene Äcker im Kanton Bern. Mit den über 700 Aufnahmen dokumentiert Prasuhn aber nicht nur die möglichen Formen von Bodenerosion. Er nennt auch die Ursachen und empfiehlt mögliche Schutzmaßnahmen, geordnet nach Anbaukulturen. Ein Begleittext liefert hierzu kurze Erklärungen.
Bodenerosion ist ein großes Problem. Allein in der Schweiz gehen jährlich 840.000 Tonnen Ackerboden verloren. In Deutschland betragen die jährlichen Verluste bezogen auf rund 11,9 Millionen Hektar Ackerfläche 32 Millionen Tonnen.
aid, Dagmar Barkmann