11.02.2020 Kritik eines erfolgreichen Unternehmers an der deutschen Wirtschafts- und Umweltpolitik

Zunächst mein persönlicher Kommentar

‚Fokus online‘ hat mit Klaus Fischer, dem Sohn des Erfinders des Fischer-Dübels, Artur Fischer, Gründer der Firma Fischertechnik ein Interview geführt.
Der hat aber nicht nur den Fischer-Dübel und seine vielen Varianten entwickelt, der den Handwerkern das Leben erleichtert, sondern auch Fischertechnik, die Millionen von jungen Menschen den Zugang zur praktischen konstruktiven Technik ermöglicht hat.

Auch ich habe sehr von dieser Erfindung profitiert, denn als ich 1972 meine große Sendereihe ‚Einführung in die Digitaltechnik‘ entwickelte, ermöglichte mir dieser Baukasten für jedermann verständlich, die Theorie mit vielen praktischen Beispielen zu untermalen.

Diese Sendereihe wurde Anfang 1974 zunächst im WDR-Fernsehen ausgestrahlt und eröffnete schließlich mit Hunderten von Wiederholungen in den anderen 3. Programmen auf breiter Ebene das Verständnis für das zukünftige Digital-Zeitalter.

Mit Artur Fischer habe ich so manches Interview geführt. Er hat Anteil an dem großen Erfolg dieser Sendereihe und ich möchte mich hier ausdrücklich noch einmal bei ihm bedanken.

Jetzt erfahre ich durch das Fokus-Online-Interview, dass sein Sohn, Klaus Fischer, aus der Firma einen Weltkonzern geschmiedet hat.

Seine politischen Einstellungen und sein Verständnis für wirtschaftliche Gesetzmäßigkeiten und praktischen Anwendungen, waren die Vorraussetzungen für diesen Erfolg. Immerhin ist die Firma Fischer einer der kreativsten Mittelstandsfirmen Deutschlands im Besitz von tausenden Patenten, die weltweit Geltung haben. In seinem folgenden Interview übt er scharfe Kritik an dem derzeitigen Mainstream, insbesondere was Umwelt- und Klimapolitik anbelangt. Ähnlich wie ich befürchtet er, dass das auf Dauer die Deutschen stark ins Hintertreffen bringen wird und die wirtschaftliche Konkurrenzfähigkeit so schädigen, dass die Export-Industrie, insbesondere die vom Mittelstand geprägte, im nächsten Jahrzehnt vor dem Kollaps steht.

Hier das Interview mit dem FOCUS-Autor Donar Jujacinski im Firmensitz im Schwarzwald:

(Focus) – Herr Fischer ist gut gelaunt. Bis die Digitalisierung zur Sprache kommt. „Darüber“, sagt der Inhaber der Fischer-Werke, „ärgere ich mich ständig. Wenn ich von unserem Firmensitz im Waldachtal im Nordschwarzwald mit dem Auto nach Stuttgart fahre, bricht die Leitung mindestens sechsmal zusammen. Unglaublich!“
Klaus Fischer, der 1980 das Familienunternehmen von seinem Vater Artur Fischer übernahm und es zu einem Global Player machte, ärgert das deshalb, weil er ein Macher ist. Einer, der von Stillstand und leeren Versprechungen nichts hält. Besonders dann, wenn sie aus der Politik kommen. Dass er seinem Unmut gern laut und deutlich Luft macht, kann sich der 69-Jährige leisten. Die Unternehmensgruppe hat mehr als 1500 Patente angemeldet, steigerte 2018 den Umsatz um 52 Millionen Euro auf 864 Millionen. 2019 kamen noch ein paar Millionen dazu.

Autor: Herr Fischer, Ärger schadet der Gesundheit.

Ich bin gesund, mir fehlt nichts. Keine Sorge. Aber die Digitalisierung in Deutschland ist wirklich eine Katastrophe! Wir haben 3G und wollen 5G haben, obwohl es noch nicht mal überall 4G gibt. Mit dem Bau der Stromtrassen vom Norden in den Süden ist es genauso. Deutschland verliert den Anschluss. Der Staat tut viel zu wenig. Auf dem Weg in unseren Nachbarort konnte ich früher noch problemlos telefonieren. Das ist vorbei.

Autor: Sie sind viel im Ausland unterwegs. Schämen Sie sich manchmal wegen der deutschen Digitalisierungspolitik?

Es ist schon unangenehm. Ich war gerade in Südafrika. Da kann man überall telefonieren. Selbst im Busch. Kein Witz. Und nicht nur das ist problematisch. Wir verlieren auch den Anschluss in der Bildung, weil Aus- und Weiterbildung nicht mehr auf dem aktuellen Stand sind. Weil es an gut ausgebildetem Personal fehlt, werden die Kinder oft schon im Kindergarten nicht entsprechend ihren Begabungen gefördert. In den Schulen ist es ähnlich. Das ist eine Sünde, weil Kinder zwischen ihrem dritten und zwölften Lebensjahr die höchste Auffassungsgabe haben. Deutschland wird mehr und mehr abgehängt.

Autor: Das glauben Sie tatsächlich?

Ja. Ich habe unserer Gemeinde 30.000 Euro gegeben, um für die Schule Computer zu kaufen, die sie teilweise aber nicht nutzen können, weil sie keinen WLAN-Anschluss haben. Bei unserem jährlich stattfindenden Fischer-Abiturientenforum, in dem es um die Digitalisierung ging, beklagten sich Schüler und Lehrer darüber, dass sie nicht unterstützt werden. Dabei ist Bildung das, was für die Zukunft entscheidend ist.

Autor: Was läuft noch falsch?

Ich gebe Ihnen ein Beispiel: In der Nähe von Freudenstadt gibt es den 10.000 Hektar großen Nationalpark Schwarzwald, in dem gerade ein Besucherzentrum gebaut wird, das jetzt 50 anstatt 25,5 Millionen Euro kostet. Damit landete das Zentrum sogar im Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler. Aber in den Schulen können die Schüler teilweise nicht die Toiletten benutzen, weil diese in einem miserablen Zustand sind. Und das in einem Staat, der ein so wahnsinnig hohes Steueraufkommen hat. Das ist nicht nachvollziehbar.

Autor: Bundesbildungsministerin Anja Karliczek sagte kürzlich, dass sie mit der Bilanz ihrer Politik sehr zufrieden ist.

Das würde ich an ihrer Stelle auch sagen. Was mir bis vor Kurzem gar nicht klar war: Keine zehn Prozent unserer Politiker haben einen wirtschaftlichen Hintergrund, und einige haben nicht einmal eine abgeschlossene Berufsausbildung. Wie Juso-Chef Kevin Kühnert. Er hat zwei Studiengänge abgebrochen, stellt sich aber hin und sagt, dass wir die Reichensteuer brauchen und er die Gesellschaft verändern will. Das ist in China anders. Dort haben viele Politiker zuvor in der Wirtschaft – vor allem im Ausland – Erfahrungen gesammelt.

Autor: Ihr Unternehmen hat dort Produktionsstandorte.

Ja. Beim Besuch der Elite-Universität Tongji in Shanghai sagte mir ein Professor, dass sie so viel Geld vom Staat bekommen, dass sie gar nicht wissen, wohin damit. Wenn Sie sich im Gegenzug die deutschen Universitäten anschauen – die haben seit 10, 20 Jahren einen Renovierungsstau, der in die Milliarden geht. Deshalb ist es zwingend notwendig, dass es mehr Politiker gibt, die die wirtschaftlichen Zusammenhänge verstehen.

Autor: Sprechen wir über die Kernenergie. War der Ausstieg nach Fukushima richtig?

Der Ausstieg war der größte Fehler von Frau Merkel. Die Kernenergie ist die sauberste Energie der Welt, und die deutschen Kernkraftwerke waren und sind die sichersten der Welt. Dafür bauen jetzt Frankreich und sogar Schweden neue Kraftwerke. Ein anderes Beispiel: Auch in der Gentechnologie sind wir nicht mehr führend, und die Absolventen gehen nach ihrem Studium ins Ausland, weil sie dort – besonders in der Forschung – bessere Chancen haben.

Autor: Macht Ihnen das Sorge?

Natürlich. Wie viel investiert Deutschland denn in die Forschung? Zu wenig gegenüber Ländern wie den USA oder China. Wenn wir in den nächsten Jahren nicht mehr in sie investieren, wird Deutschland bald der große Verlierer sein.

Autor: Welche Werte vermissen Sie bei Politikern noch?

Glaubwürdigkeit, Begeisterung, Zuverlässigkeit und dass sie die Menschen bei Zukunftsthemen mitnehmen, um ihnen damit Sicherheit für die Zukunft zu geben. Das Problem ist, dass immer auf die nächste Wahl geschaut wird. Die Politiker sollten sich aber besser darauf besinnen, Deutschland wieder wettbewerbsfähiger zu machen und sich vor allem wieder mit den starken Nationen vergleichen und die richtigen Schritte einleiten. Dann könnte Deutschland eines Tages wieder eine ganz, ganz starke Nation sein.

Autor: Viele Menschen fürchten Risiken, weil Sie Angst um ihren Wohlstand, ihren Besitz haben.

Wenn sich in Bezug auf ein mutigeres Vorgehen hinsichtlich Bildung, Digitalisierung, künstlicher Intelligenz oder dem Klima- und Umweltschutz nicht bald etwas ändert, werden wir große Probleme bekommen. Dazu brauchen wir politische Visionäre, die anpacken und sich auf diese wichtigen Themen konzentrieren, anstatt sie zu zerreden. Dieses Zerreden ist übrigens genau das, was ich den Politikern in erster Linie vorwerfe. Dadurch werden wir nicht auf die Zukunft vorbereitet. Hinzu kommt: Der Sozialstaat Deutschland lebt von der Wirtschaft und kann langfristig nur finanziert werden, wenn wir wirtschaftlich wettbewerbsfähig bleiben.

Autor: Haben Sie eine Idee, wer diesen Wettbewerb nach der Merkel-Ära verbessern kann? Friedrich Merz vielleicht?

Na ja. Herrn Söder sollte man auch nicht abschreiben. Er ist clever und ein gescheiter Kopf. Meiner Meinung nach ist er jemand, der die Kraft hätte, Deutschland wieder voranzubringen. Deshalb bin ich mir nicht sicher, ob am Ende nicht doch Markus Söder zur Verfügung steht.

Autor: Dann halten Sie Friedrich Merz für weniger gescheit?

Herr Merz ist ein außergewöhnlich kluger Mann. Aber ich glaube nicht, dass er es schafft. Er war zu lange weg von der Politik. Aber natürlich ist er jemand, der die Industrie gut kennt und wäre deshalb eine gute Alternative zu Markus Söder.

Autor: Trauen Sie die Aufgabe NRW-Chef Armin Laschet zu?

Das kann aus meiner Sicht nicht funktionieren. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er der richtige Mann für diese Position ist. Wir müssen jetzt schauen, dass die CDU wieder richtig positioniert wird. Dass sie so weit nach links abgerutscht ist, ist mit ein Grund, dass die AfD so weit kam. Jetzt brauchen wir jemanden, der die CDU wieder mehr nach rechts rückt. Dies ist nicht das Ziel von Herrn Laschet. Im Gegenteil. Das können nur Söder oder Merz.

Autor: Viele Ihrer Unternehmerkollegen sprechen von Rezession.

Die haben wir schon. Da wird nur deshalb nicht viel darüber geschrieben, weil der Umwelt- und Klimaschutz im Augenblick das entscheidende Thema ist. Wobei das ja nichts Neues ist. Das war ja vor zwei Jahren nicht anders als heute. Nur jetzt hat man das Gefühl, die Welt würde in den nächsten Jahren untergehen. Tut sie aber nicht.

Autor: Der Klimahype hängt stark mit Greta Thunberg zusammen.

Sie ist eine junge Persönlichkeit mit viel Mut. Wenngleich ich nicht alles gut finde, was Greta Thunberg veranstaltet. Wir müssen aufpassen, dass die Klimadiskussion nicht dazu führt, dass Deutschland am Ende als Verlierer dasteht. Es ist wichtig, Klimapolitik gemeinsam weltweit zu betreiben und nicht national.

Autor: Die Fischer-Werke sind auch Zulieferer der Autoindustrie, stellen Luftausströmer oder Ablagefächer her. Unter den Abnehmern ist auch der Autobauer Tesla, der im brandenburgischen Grünheide ein neues Werk bauen will. Freut Sie das?

Was ich nicht verstehen kann, ist, dass man für Tesla alle Register zieht, um sie nach Berlin zu bekommen, und die deutsche Automobilindustrie so gut wie gar nicht unterstützt. Im Gegenteil: Ihr bereitet man immer mehr Probleme. Richtig ist, dass Fehler passiert sind. Jetzt aber ist der Zeitpunkt gekommen, nicht mehr nach hinten, sondern nach vorne zu schauen und sich mit den Herausforderungen der Zukunft zu beschäftigen.

Autor: Warum wird um Elon Musk so ein Aufheben gemacht?

Das kann ich nicht beurteilen. Es wäre aber gut, wenn sich Wirtschaftsminister Peter Altmaier für die deutsche Automobilindustrie auch so einsetzen würde.

Autor: Bekommt die Wirtschaft in Baden-Württemberg ausreichend Unterstützung?

Es wird von der Landesregierung in Baden-Württemberg immer von der Unterstützung des ländlichen Raumes gesprochen. Ein Beispiel: Wir haben in Freudenstadt einen Campus, einen Vorlesungsstandort, der zur Universität Stuttgart gehört. Für diesen Campus wurde mir von der Landesregierung für den Zeitraum von fünf Jahren eine Unterstützung von drei Millionen Euro versprochen, also jedes Jahr 600.000 Euro. Am Ende haben wir aber nur eine Million Euro bekommen, über die der Campus nicht einmal vollständig verfügen kann.

Autor: Haben Sie sich beschwert?

Ja. Das Beispiel zeigt, inwieweit die Investitionen am Standort Deutschland noch sinnvoll sind. Inzwischen gibt es Länder, die die Wirtschaft mit offenen Armen empfangen – sowohl in Europa als auch in Fernost. Nach Serbien, Bulgarien oder Rumänien gehen sehr viele deutsche Firmen, vor allem Automobilzulieferer, für die dort sehr viel getan wird. Natürlich wird auch in Deutschland subventioniert. Aber zu einseitig. Wir sollten nicht nur auf E-Mobilität setzen, sondern auch auf andere Antriebe wie Wasserstoff oder neue Brennstoffe. Anstatt das Geld in die Forschung für neue Technologien wie beispielsweise den Wasserstoff zu geben, unterstützt man Elektroautos, für die noch nicht genügend Strom produziert werden kann und es bis heute auch noch keinen konkreten Plan für die Entsorgung des Elektroschrotts gibt.

Autor: Sie sind Oldtimer-Sammler. Besitzen Sie auch ein E-Mobil?

Ich persönlich nicht. Ich weigere mich zurzeit auch, ein E-Auto zu kaufen, weil es erst ab 220.000 Kilometern CO2-neutral ist. Außerdem halte ich es für einen Riesenfehler, den Verbrennungsmotor abzuschreiben. Da ist noch sehr viel Potenzial vorhanden. Dass die CO2-Werte und der Feinstaub reduziert werden müssen, steht außer Diskussion. Die Frage ist nur, ob es richtig ist, nur die Symptome zu bekämpfen und nicht an die Ursachen zu gehen. Es wäre doch sinnvoller zu schauen, was die drei größten Ursachen in Bezug auf den Klimawandel sind und die Themen weltweit gemeinsam zu bearbeiten.