10.12.2019 Lügenpresse, wer diffamiert da wen ?

Liebe Freunde, es geht um die Glaubwürdigkeit der Presse. Presse ist aber nicht gleich Presse. Nicht umsonst musste das Rundfunkgesetz zum Mediengesetz umbenannt werden. Da gibt es beispielsweise die öffentlich-rechtlichen Medien, daneben – seit über 35 Jahren – die privaten Rundfunkanstalten auch im TV.

Ich erinnere mich noch gut, als mich 1984 der damalige Intendant von RTL, Gust Graas, anrief, um sich mit mir in einem feinen Restaurant, der Tomate in der Aachener Straße in Köln, zu treffen.

Mit dabei war auch der berühmte Generaldirektor Helmut Thoma. Die beiden boten mir an, stellvertretender Direktor zu werden. Dabei spielte die Tatsache eine Rolle, dass ich 1978 im 1. Programm eine Sendung unter dem Titel „Fernsehen aus dem Weltraum“, das bevorstehende Satelliten-Direktprogramm als Autor und Moderator ausgestrahlt habe.

Schon damals konnte ich schlüssig beweisen, dass RTL das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erreichen könnte. Folglich besuchte ich für die Sendung RTL und interviewte diesbezüglich sowohl Gust Graas und Frank Elstner, der zu der Zeit RTL-Direktor war.

Den ARD-Chefs in München gefiel das überhaupt nicht, besonders, weil die Öffentlich-Rechtlichen dann ihr Monopol verlieren würden. Aber als Physiker, der sich intensiv mit dieser Sache beschäftigt hatte, konnte ich nicht umhin, meine Zuschauer davon in Kenntnis zu setzen. Trotzdem ließen sie mich gewähren. Aber noch viel wichtiger, mir fehlte schon damals die Schere im Kopf.

So war mir auch klar, dass ich das spätere RTL-Angebot ablehnen musste. Ich war überzeugt, dass der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk für unsere liberale Demokratie unentbehrlich war. In der Hinsicht bin und bleibe ich – auch nach meiner Pensionierung – stets ein Überzeugungstäter.

Dabei spielte auch mit, dass ich niemals in den über 35 Jahren meiner Tätigkeit als Redaktionsgruppenleiter von den WDR-Oberen gegängelt wurde. Ich konnte meine Themen völlig selbstständig wählen. So entstand auch die Hobbythek. Weisungen für ein bestimmtes Thema wurden mir nie erteilt.

Doch vielleicht noch viel wichtiger, man hat mir kein einziges – von mir als wichtig erachtetes Vorhaben – verboten und mich später gerüffelt. Einen solch tollen Arbeitgeber verlässt man nicht gerne.

Ob das heute noch so ist, kann ich nicht beurteilen, aber jedenfalls geht ja die oft geäußerte Kritik an die Öffentlich-Rechtlichen immer wieder in diese Richtung. Man unterstellt, dass sozusagen den Redakteuren nur angepasste und ideologisch geprägte Themen vorgegeben werden. Dem muss ich entschieden widersprechen, schon allein, weil das meiner Vorstellung von Pressefreiheit diametral entgegensteht.

Wenn die AFD dieses immer wieder behauptet und sie dafür den schlimmen Begriff der „Lügenpresse“ geprägt hat, soll sie sich an die eigene Nase fassen. Ich selbst musste einen Shitstorm aus dieser Richtung nur deshalb ertragen, weil ich auf Facebook bestimmte Ideologien innerhalb dieser Partei kritisierte. Dabei ist die AFD sehr wehleidig, während sie selbst teilweise völlig unfair angreift. Ja, es gehört zu ihrer Methode, mit unhaltbaren Äußerungen die Schlagzeilen zu beherrschen, um das dann anschließend wieder zu demontieren.
Um zu beweisen, dass beispielsweise der öffentlich-rechtliche Sender ZDF auch starke Kritik an der eigenen Berichterstattung zulässt, möchte ich Ihnen im Folgenden belegen.

Peter Hahne hat in seiner Sendung dieses Thema „Lügenpresse“ aufgegriffen und einem Wissenschaftler die Möglichkeit gegeben, darauf analytisch zu reagieren. Da kommt das ZDF nicht immer gut weg. Dieses Video möchte ich Ihnen nicht vorenthalten.

An der dort geäußerten Kritik ist einiges nicht abzustreiten. Allerdings dann von Lügenpresse zu sprechen, ist einfach falsch.

Alles in allem beobachte auch ich mit Unbehagen, dass nicht nur die öffentlich-rechtlichen Medien sehr stark dem Mainstream folgen. Aber das zu verallgemeinern ist einfach unredlich. Viel gefährlicher ist, dass manche Journalisten glauben, sie hätten eine Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit und müssten sich hüten, gewisse Fakten nicht zu verschweigen, um z. B. keine Fremdenfeindlichkeit zu schüren. Das sind oft Urinstinkte, die auch modernen Menschen zueigen sind. Wenn jemand gegen dieses Prinzip verstößt, wird er sehr schnell in die rechte Ecke gedrängt und als Populist bezeichnet. So kann es passieren, dass manche Journalisten den Weg des geringsten Widerstandes gehen und nicht merken, dass sie nach und nach der „Schere in den Kopf“ erliegen.

Jedoch viel schlimmer ist, was sich derzeit in den neuen Medien abspielt. Seinerzeit glaubten wir, Facebook, Youtube, Instagram, Twitter & Co würden der Demokratie ganz besonderen Vorschub leisten. Niemals zuvor konnte der Einzelne sich so viele Informationen besorgen.

Aber leider ist das Gegenteil der Fall. Wir haben seinerzeit nicht daran gedacht, dass es eine psychologische Gesetzmäßigkeit gibt, die ich „selektive Wahrnehmung“ nennen möchte. In der Regel holt sich der Bürger nur das aus dem Chaos des Internets, was zufälligerweise in seine vorherigen Vorstellungen mit allen seinen vermeintliche Gewissheiten und Vorurteilen passt.

So werden diese Einstellungen zementiert und entziehen sich immer mehr der Vernunft. In Verbindung mit bewussten Falschmeldungen, den sogenannten Fakenews, stellt der kritische Beobachter in letzter Zeit immer mehr einen Hang zu einer postfaktischen Berichterstattung fest. Fakten spielen dabei keine Rolle. US-Präsident Trump, aber ebenso Johnson aus Großbritannien, Erdogan aus der Türkei, Bolsonaro aus Brasilien, usw. zieren sich nicht, ihren eigenen Landsleuten einen Bären nach dem anderen aufzubinden und die Wissenschaft komplett zu negieren oder zu verhunzen.

Aus dieser Erfahrung heraus müssen wir sehr gut aufpassen, dass das nicht auch bei uns Einzug hält. Insofern kann ich sehr gut die Skepsis vieler Bürger verstehen, aber wenn wir auch in den seriösen Medien die Glaubwürdigkeit verlieren, ist unsere Demokratie in großer Gefahr.
Das ist einer der Gründe, weshalb ich mich nicht nur bei Facebook engagiere, sondern auch meine wissenschaftliche Homepage unterhalte. Ich garantiere dafür Wahrheit und Quellen Seriosität.

Gott sei Dank bin ich nicht der Einzige, es gibt auch Institutionen. An erster Stelle möchte ich den Deutschen Presserat nennen, der die schlimmsten Auswüchse einer nur dem finanziellen Erfolg verschriebenen Presse versucht auszubügeln.

Ihr Jean Pütz