Wie ein erneuter Schlaganfall verhindert werden kann

Pressekonferenz der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) am 25. Oktober zum Weltschlaganfalltag

Schlaganfall – und dann?! Wie ein erneuter Hirninfarkt verhindert werden kann

Berlin, Oktober 2018 Ein Schlaganfall kommt oft nicht alleine: Wer bereits einen Hirninfarkt
erlitten hat, besitzt gegenüber Gleichaltrigen ohne Vorbelastung ein
zehnfach höheres Risiko, erneut daran zu erkranken. Doch einem zweiten
Schlaganfall kann effektiv vorgebeugt werden: Laut Experten der
Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) sind 90 Prozent des
Erkrankungsrisikos auf behandelbare Faktoren wie Bluthochdruck, hohes
Cholesterin, Vorhofflimmern oder Rauchen zurückzuführen. Sie empfehlen
daher eine intensive präventive Behandlung – die aus ihrer Sicht
hierzulande momentan zu kurz kommt. Was muss sich konkret ändern, damit
mehr erneute Schlaganfälle verhindert werden? Darüber diskutieren
Experten der DSG unter anderem auf einer Pressekonferenz in Berlin am
Donnerstag, den 25. Oktober 2018, anlässlich des Weltschlaganfalltages
am 29. Oktober.

„Seit
vielen Jahren stehen hierzulande wissenschaftlich gesicherte
Behandlungsstrategien wie Blutdrucksenkung, Cholesterinsenkung oder
gerinnungshemmende Therapien zur Verfügung. Diese Strategien helfen
nachweislich, einen erneuten Schlaganfall zu verhindern“, sagt
DSG-Experte Professor Dr. med. Heinrich Audebert. „Problematisch ist
jedoch, dass die verfügbaren Präventionsmaßnahmen in der
Langzeit-Behandlung nach einem Schlaganfall nicht konsequent genug
genutzt werden.“

So
hat eine Berliner Studie gezeigt, dass ein halbes Jahr nach dem
Schlaganfall bei lediglich weniger als der Hälfte der Patienten
verbreitete Risikofaktoren wie Bluthochdruck ausreichend eingestellt
waren – eine solche Nachsorge sehen jedoch die Leitlinien vor. Nach
Einschätzung von Audebert ist die Prävention in Deutschland damit im
internationalen Vergleich zu wenig wirksam. „Viele Patienten könnten von
einer intensiveren ambulanten Betreuung profitieren“, so der Ärztliche
Leiter der Klinik und Hochschulambulanz für Neurologie an der Charité
Universitätsmedizin Berlin. „Zudem sind offensichtlich viele Betroffene
nach dem Schlaganfall mit der Umsetzung der teilweise komplexen
medizinischen Empfehlungen überfordert.“

Was
müsste nun konkret passieren, damit die Prävention hierzulande
effektiver wird? DSG-Experte Audebert fordert ein Umdenken: „Wir sollten
den Schlaganfall nicht nur als akutes Notfallereignis verstehen,
sondern vielmehr als chronische Erkrankung. Die starke Trennung zwischen
krankenhausbasierter Akutbehandlung und ambulanter Nachbetreuung macht
eine wirksame und patientenorientierte Sekundärprävention zu einer
großen Herausforderung.“

Mit
einem überschaubaren Aufwand ist es nach Einschätzung von Audebert
möglich, nach einem ersten Schlaganfall einen wesentlich besseren Schutz
zu bewirken. „Unmittelbar nach der Erkrankung sollten gezielte
Nachbetreuungsprogramme einsetzen“, meint der Neurologe. „Dafür ist es
wichtig, dass die behandelnden Ärzte – sowohl in der Akuteinrichtung als
auch in Hausarztpraxen – eng zusammenarbeiten.“

Zudem
sei eine gute Logistik entscheidend. Besonders wichtig sind dabei gute
Anbindungen an Kliniken mit Schlaganfallspezialeinrichtungen,
sogenannten Stroke Units. „In Ballungszentren mit universitären
Hochschulambulanzen ist dies natürlich eher gegeben“, so Audebert. „Für
eine ideale Versorgung müssen jedoch bundesweit möglichst flächendeckend
spezialisierte Ambulanzen einrichtet werden.“ Solche
Unterstützungsprogramme werden momentan von Schlaganfall-Experten
hinsichtlich ihrer Effektivität untersucht, Studien dazu stehen
teilweise kurz vor ihrem Abschluss. Die Ergebnisse der multizentrischen
und internationalen Studie zur „Intensivierten Sekundärprävention mit
Intention einer verringerten Rezidivrate bei TIA- und minor-stroke
Patienten“ (INSPiRE-TMS-Studie) sollen beispielsweise im Frühjahr
kommenden Jahres vorliegen.

Die
Unterstützungsprogramme sollen dabei in Ergänzung zur
Hausarztbehandlung und in enger Abstimmung mit den niedergelassenen
Ärzten durchgeführt werden. „Ziel ist es, die Patienten in ihrer
Eigenverantwortung zu stärken“, sagt der Experte. „Die Programme sollen
den Betroffenen helfen, ihre medikamentösen Behandlungen einzuhalten und
einen gesünderen Lebensstil zu führen.“ Wenn solche gezielten Maßnahmen
zukünftig häufiger umgesetzt würden, könnte das zu einer spürbaren
Senkung der Schlaganfallhäufigkeit in Deutschland führen – denn circa
ein Viertel der Betroffenen erleidet einen Schlaganfall als
Wiederholungsereignis.

Fachlicher Kontakt bei Rückfragen:

Prof. Dr. med. Heinrich Audebert

Leiter der INSPiRE-TMS-Studie