Werbung: Kinder reagieren intensiv und werden fett

Werbung steigert Kalorienaufnahme bei Kindern

Studien: Kinder essen mehr, wenn sie Snack-Spots gesehen haben. Ampelkennzeichnung fördert gesünderen Konsum.

Berlin Die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) begrüßt die
Forderung der Verbraucherschutzministerkonferenz, gegen an Kinder
gerichtete Werbung für energiereiche Lebensmittel vorzugehen. Eine
aktuelle Studie aus Australien zeigt, dass Kinder schon durch eine kurze
Werbeeinwirkung messbar mehr Kalorien pro Tag zu sich nehmen. „Die
Politik muss endlich Kinder vor dieser gesundheitsschädlichen
Beeinflussung schützen“, sagt DANK-Sprecherin Barbara Bitzer.

Jedes
siebte Kind in Deutschland ist laut KiGGS-Studie zu dick: Über 15,4%
der Kinder und Jugendlichen zwischen drei und 17 Jahren sind
übergewichtig, rund 5,9% sogar adipös (Schienkiewitz et al 2018). In dem
Experiment der Universitäten Sydney, Liverpool und Wollongong wurden
160 Kinder eines Feriencamps zufällig in vier Gruppen eingeteilt (Norman
et al 2018). Gruppe 1 sah täglich einen 10-minütigen Film mit
Werbeunterbrechungen für ungesunde Produkte wie Frühstücksflocken, ein
Burger-Menü oder Schokoladencreme. Gruppe 2 spielte zusätzlich noch ein
kurzes Computerspiel mit ähnlicher Werbung. Gruppe 3 und 4 erhielten
dieselbe Intervention, sahen aber Werbung für andere Produkte
(Non-Food). Gemessen wurde dann, wie viel die Kinder bei Frühstück und
Mittag sowie in einer Snackpause direkt nach dem Film/Spiel essen.

Ergebnis:
Kinder, die in TV und Computerspiel Werbung für ungesunde Produkte
sahen, aßen am Tag durchschnittlich 46 kcal mehr als die Kinder der
beiden Kontrollgruppen. Besonders ausgeprägt war der Effekt bei bereits
übergewichtigen Kindern – sie aßen 95 kcal mehr. Dabei wurden nicht
einmal die beworbenen Produkte angeboten: Die Werbung verführte die
Kinder offenbar generell dazu, mehr zu essen. Bietet man den Kindern
genau den beworbenen Snack an, fällt der Effekt noch dramatischer aus –
das zeigt eine Studie aus den USA mit 60 Vorschulkindern (Jennifer et al
2016). Sie konsumierten mit Snack-Werbung 30% mehr Kalorien als ohne.

Die
Studien bestätigen die Befunde vieler anderer Untersuchungen mit
Kindern, die ebenfalls einen erhöhten Nahrungsmittelkonsum nach Werbung
feststellen (Boyland und Whalen 2015). „Wissenschaftlich ist hinreichend
erwiesen, wie schädlich Snack-Werbung für Kinder ist“, sagt Prof. Dr.
med. Hans Hauner, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Diabetes Stiftung,
„es ist deshalb nicht zu erklären, dass wir das als Gesellschaft immer
noch zulassen.“ Die DANK fordert die Bundesregierung auf, Werbung für
ungesunde Produkte für Kinder generell zu verbieten.

Umgekehrt,
auch das zeigen Studien, kann der Lebensmittelkonsum durch
verständlichere Nährwertinformationen auch positiv beeinflusst werden.
Die Experten begrüßen daher die Ankündigung des Herstellers Danone, ab
2019 das fünfstufige Ampelsystem „Nutri-Score“ auch in Deutschland
einzuführen. Mehrere Studien in Online- und realen Supermärkten haben
gezeigt, dass sich dadurch die Nährwertqualität des eingekauften
Warenkorbs um 6 bis 9% verbessert (Chantal und Hercberg 2017) – auch bei
Personen mit geringem Einkommen. „Die Ergebnisse zeigen, dass die
derzeitige Kennzeichnung in Deutschland, kleingedruckt und auf der
Rückseite der Verpackung, nicht ausreicht“, sagt Bitzer, die auch
Geschäftsführerin der Deutschen Diabetes Gesellschaft ist: „Verbraucher
haben das Recht auf verständlichere Informationen – dann treffen sie
auch gesündere Kaufentscheidungen.“ Die DANK fordert ein verpflichtendes
Ampelsystem in Deutschland. Dies wird, ebenso wie ein Verbot von an
Kinder gerichtetes Marketing für dickmachende Produkte, auch von der
Weltgesundheitsorganisation empfohlen.