Wenn Rheuma das Innenohr schädigt

Welttag des
Hörens am 3. März 2019:

Wenn Rheuma das
Innenohr schädigt

Berlin –
Entzündlich rheumatische Erkrankungen, unter denen in Deutschland anderthalb
Millionen Menschen leiden, greifen nicht nur die Gelenke an. Zu den wenig
bekannten Folgen gehören auch Schäden am Innenohr. Bei einigen Rheuma-Formen
kann es sogar zum plötzlichen Hörverlust kommen, wie ein Rheuma-Experte der
Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh) anlässlich des Welttags
des Hörens erklärt.

Das klassische Gelenkrheuma, die rheumatoide Arthritis (RA),
beginnt häufig im Alter von 50 bis 70 Jahren. In dieser Zeit lässt auch das
Hörvermögen vieler Menschen nach. „Es ist deshalb schwer zu beurteilen, ob die
RA die Entwicklung der Schwerhörigkeit im Alter fördert“, erläutert Professor
Dr. med. Hendrik Schulze-Koops, Präsident der Deutschen Gesellschaft für
Rheumatologie (DGRh) und leitender Rheumatologe am Klinikum der
Ludwig-Maximilians-Universität München: „Viele epidemiologische Studien deuten
jedoch darauf hin, dass Menschen mit RA häufiger als andere unter Hörstörungen
leiden.“ Die Zusammenhänge sind nach Auskunft des Experten bislang wenig
erforscht. Es sei unklar, ob die Gelenke zwischen den Hörknöchelchen betroffen
sind, die im Mittelohr den Schall verstärken. Denkbar sei auch, dass der
Empfänger im Innenohr durch die Erkrankung in Mitleidenschaft gezogen wird.
„Man kann aber davon ausgehen, dass die Entzündung bei der RA und bei anderen
entzündlichen Erkrankungen das Nervensystem schädigen und dies das Hören
beeinträchtigt. Hierzu gibt es beispielsweise Studien zu Riechen und dem
systemische Lupus erythematodes (SLE), die dies belegen,“ erläutert der
Experte.

Die RA ist nur eine von mehreren rheumatischen Erkrankungen, bei
denen das Immunsystem Gelenke und andere Körperstrukturen mit Antikörpern
angreift anstatt es zu schützen. Eine weitere ist der systemische Lupus
erythematodes (SLE), an dem in Deutschland etwa 30.000 Menschen leiden. Häufig
sind es jüngere erwachsene Frauen. Sichtbares Zeichen des SLE kann die
sogenannte Schmetterlingsflechte sein, die mit rötlichen schuppenartigen
Flächen im Gesicht einhergeht. Die Erkrankung ist jedoch nicht auf die Haut
beschränkt. Sie greift verschiedene Organe an, darunter auch das Innenohr. „Pathologen
haben Antikörper und Immunkomplexe im Innenohr nachgewiesen, die
Durchblutungsstörungen verursachen oder die Sinneszellen direkt schädigen“,
berichtet Professor Schulze-Koops. In schweren Fällen komme es zu einer
plötzlichen Schwerhörigkeit auf einem Ohr. „Glücklicherweise kann eine
rechtzeitige Behandlung dies häufig verhindern,“ so der Experte, „deshalb
gehören die Patienten dringend in die Hände von Rheumatologen“. Die Betroffenen
müssen oft lebenslang Medikamente einnehmen, die überschießende Reaktionen des
Immunsystems bremsen.

Auch die seltene entzündlich rheumatische Granulomatose mit
Polyangiitis schädigt das Gehör. Bei dieser Erkrankung kommt es im gesamten
Körper zu Ansammlungen kleiner Entzündungsknötchen, die das Gewebe schädigen. Betroffen
ist auch die Verbindung zwischen Mittelohr und Rachen, was
Mittelohrentzündungen begünstigt. In Deutschland sind wenige hundert Menschen
daran erkrankt. „Hörstörungen sind bei dieser Erkrankung sehr häufig“, erklärt
Professor Schulze-Koops.

Grundsätzlich rät der Experte allen Rheumakranken, ihr Gehör
regelmäßig überprüfen zu lassen. Professor Schulze-Koops erklärt: „Eine
Verschlechterung der Hörleistung kann darauf hinweisen, dass die Behandlung der
Erkrankung nicht optimal ist und die Dosis der Medikamente überprüft werden
muss.“ Entscheidend sei dabei, dass die Patienten so früh wie möglich zum
Facharzt gelangen und ihnen eine passgenaue Behandlung zukommt. Nur so lassen
sich langfristige Schäden verhindern.

Literaturangabe:

Emamifar A, Bjoerndal K, Hansen IM. Is Hearing Impairment Associated with Rheumatoid Arthritis? A Review.
Open Rheumatol J. 2016; 10: 26-32