**Essen als Ideologie oder Ersatzreligion**
Was steckt hinter Ernährungstrends?
(BZfE) – Immer mehr Menschen essen ohne medizinische Notwendigkeit
glutenfrei. Andere schwören auf „Clean Eating“, „low carb“ oder
propagieren den Nutzen des Intervall-Fastens. Noch nie gab es so viele
Ernährungstrends wie heute. Dahinter steckt nicht nur der Wunsch nach
lebenslanger Gesundheit und Fitness. Wer einen bestimmten Ernährungsstil
pflegt, wird dabei oft von einzelnen oder einem ganzen Bündel an Werten
geleitet. Oftmals ist die Ernährung ein Ausdruck des gesamten Lebensstils.
So bringen manche Veganer bewusst ihre ethische Haltung zum Ausdruck. Bei
„Clean Eating“ und „Paleo“ kann Kritik an der Lebensmittelindustrie
mitschwingen. Käufern von Bio-Lebensmitteln kann ein nachhaltiger
Lebensstil wichtig sein.
Gleichzeitig finden Menschen über das, was sie essen oder eben nicht,
schnell Kontakt zu Gleichgesinnten und grenzen sich von anderen ab. Sie
legen sich im Sinne von „du bist, was du isst“ eine Identität zu, die
ihnen Halt gibt. Dazu kommt ein ganz praktischer Nutzen: Ernährungsstile
mit klaren Regeln sorgen für Orientierung im Überangebot an Lebensmitteln
und erleichtern die tägliche Entscheidung, was auf den Teller kommt.
Das sollte im Hinterkopf haben, wer über Ernährungsthemen informiert oder
in der Beratung tätig ist: Statt fragwürdige Trends oder scheinbaren
Dogmatismus zu verurteilen, gilt es, die Beweggründe dahinter zu
verstehen. Besonders dann, wenn Klienten sich nicht ausgewogen ernähren
oder sich zwanghaft mit ihrem Essen beschäftigen.
Gabriela Freitag-Ziegler, http://www.bzfe.de