ein Wissenschaftlerteam am Helmholtz
Zentrum München zeigt, wie sich die direkte Umgebung der DNA verändert,
nachdem Eizelle und Spermium miteinander verschmelzen. Die Ergebnisse
lassen erahnen, warum aus den Keimzellen alle erdenklichen Körperzellen
werden können. Nachzulesen ist die Studie in ‚Genes and Development‘.
Bevor es zum viel zitierten Wunder der Geburt
kommt, müssen bereits Monate zuvor zahlreiche Ereignisse stattfinden,
die die Wissenschaft bislang noch nicht im Detail verstanden hat. Dazu
gehört etwa die Frage, wie eine einzige Zelle den Ursprung für alle
weiteren Zellen im künftigen Organismus bilden kann. Zu ergründen, wie
das möglich ist, ist das Ziel von Prof. Dr. Maria-Elena Torres-Padilla,
Direktorin des Instituts für Epigenetik und Stammzellen (IES) am
Helmholtz Zentrum München und Professorin für Stammzellbiologie an der
Ludwig-Maximilians-Universität München.
„Uns interessiert vor allem, was passieren
muss, damit die Zellen sich so vielfach teilen und in so
unterschiedliche Strukturen wie Haut, Leber oder Herz entwickeln
können“, erklärt die Forscherin. Dazu untersuchten sie und ihr Team in
einer aktuellen Studie das sogenannte Chromatin, also die DNA und die
Proteine (Histone) um diese herum. „Wir haben uns angeschaut, wie
bestimmte Histone nach der Befruchtung verändert werden und konnten
dabei einen neuen Mechanismus aufklären.“*
Kleine Anhängsel, große Auswirkungen
Die Autoren fanden heraus, dass das Molekül
Suv4-20h2, eine sogenannte Histon-Methyltransferase, über das Chromatin
fährt und kleine chemische Veränderungen (sogenannte Methylgruppen) an
die Histone anhängt. Solange das stattfinde, sei die Zelle nur
eingeschränkt teilungs- und entwicklungsfähig, erklärt Torres-Padilla.
Kommt es aber zur Befruchtung, verschwinden die Anhängsel und die Zelle
kann sich zum Organismus weiterentwickeln.
Um diese Ergebnisse zu überprüfen, testeten
die Forscher im Versuchsmodell, wie es sich auswirkt, wenn man Suv4-20h2
auch in der befruchteten Eizelle aktiv hält. „Wir konnten zeigen, dass
in diesem Fall die Methylgruppen an den Histonen bestehen blieben“, so
Erstautor Andre Eid, Doktorand am IES. „Dadurch geriet die Entwicklung
ins Stocken und die Zellen kamen über die erste Teilung nicht hinaus.“
In weiteren Experimenten konnte das Team
zeigen, dass dieser Mechanismus vermutlich darauf beruht, dass die
Methylgruppen an den Histonen zu einem Fehler bei der Verdopplung des
Erbmaterials führen und der Zellzyklus zum Erliegen kommt.
„Unsere Ergebnisse geben uns einen Einblick in
die komplexen Zusammenhänge zwischen dem Chromatin und der Fähigkeit
von Zellen, sich in andere Zelltypen zu entwickeln – die sogenannte
Totipotenz“, ordnet Torres-Padilla die Ergebnisse ein. Dies sei sowohl
ein wichtiger Schritt für die menschliche Embryologie, als auch für das
Verständnis von bestimmten Krebskrankheiten, bei denen die Zellen ganz
ähnliche Mechanismen zeigen, die sich auf ihr Wachstum auswirken.
Weitere Informationen
* Konkret zeigten die Forscher, dass Suv4-20h2
für H4K20me3-Methylierungen verantwortlich ist. Anders als bei
somatischen Zellen inhibieren diese in den Keimzellen die Zellteilung
und die Pluripotenz.
Hintergrund:
Die Studie
ist das Ergebnis eine Kooperation des Helmholtz Zentrums München mit dem
Institut de Génétique et de Biologie Moléculaire et Cellulaire (IGBMC)
in Straßburg, von wo aus Torres-Padilla an die Isar gewechselt war.